Thesen zum 32. Bundesliga-Spieltag: BVB-Lichtblick und die gefährliche Ginter-Rückkehr

Stefan Rommel
03. Mai 202212:44
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Die sich anbahnende Rückholaktion des Nationalspielers ist für Freiburg Chance und Risiko zugleich. In Dortmund bringt ein Youngster ein paar gute Gefühle zurück und Bayer Leverkusen darf sich über ein echtes Schnäppchen freuen.

Die mögliche Ginter-Rückkehr ist nachvollziehbar - und gefährlich

Es ist ja nicht so, dass sie mit Rückholaktionen keine guten Erfahrungen gemacht hätten beim SC Freiburg. Jonathan Schmid ist so ein verlorener Sohn, natürlich auch Vincenzo Grifo. Da würde eine Rückkehr von Matthias Ginter allein aus Nostalgie-Gründen schon Sinn machen. Und eine schöne Herzschmerz-Geschichte ist das ja auch. Sollte der Nationalspieler wirklich zurück nach Freiburg gehen - und danach sieht es im Moment sehr aus - dann darf man den Breisgauern dazu gratulieren, auf den Verlust von Nico Schlotterbeck sofort die passende Antwort gefunden zu haben.

Wobei der Transfer im Sommer schon auch ein paar Fragen aufwerfen würde, zuvorderst jene, ob sich die Freiburger Strategie mit so einem spektakulären wie auf Sicht auch kostspieligen Kraftakt nicht beißt. Und ob das nun eine einmalige Angelegenheit bleiben wird oder angesichts der zu erwartenden aus dem internationalen Geschäft auch Freiburg auf dem Transfermarkt eine Spur größer oder sagen wir: anders denken wird? Verrückte Dinge machen sie beim Sport-Club nur sehr selten, für Transfers wie den von Grifo (für rund sieben Millionen Euro) oder Baptiste Santamaria (für kolportierte zehn Millionen Euro) sind sie in den letzten Jahren durchaus auch ins Risiko gegangen. Mal mit sportlichem Erfolg wie bei Grifo, mal mit wirtschaftlichem wie bei Santamaria, den Freiburg nach einer schwachen Saison tatsächlich nochmal teurer weiterverkaufen konnte.

Matthias Ginter ist jetzt 28 Jahre alt, ein Weiterverkauf für großes Geld ist eher unwahrscheinlich. Einen Spieler in diesem Alter als Stammspieler zu holen, passt nicht so ganz in die Freiburger Konzeption. Der Wohlfühlfaktor bei allen Beteiligten ist da aber ähnlich groß wie bei Grifo und Schmid (2019, für vier Millionen Euro vom FC Augsburg) und damit auch die Hoffnung auf sportliche Erfolge.

Ginter dürfte aber einer der Großverdiener werden oder sogar zum Spitzenverdiener der Mannschaft. Das kann dann schon ein Unterschied sein, auch in der Kabine. Fußball-Profis reden immer über Geld, der Standort Freiburg ist da keine Ausnahme. Und auf frühere Verdienste wird sich Ginter nicht so leicht berufen können: Seit seinem Weggang vor acht Jahren sind nur noch Schmid, Christian Günter und Chico Höfler da.

Bald Mannschaftskollegen? Matthias Ginter (l.) und Freiburgs Lucas Hölergetty

BVB: Für mehr Bynoe-Gittens bei Dortmund!

Beim Kracher in der Allianz Arena hatte sich Marco Rose noch nicht getraut, obwohl schon da der eine oder andere Jamie Bynoe-Gittens in der Dortmunder Startelf erwartet hatte. Rose entschied sich gegen den 17-Jährigen und für Reinier - und wurde vom Brasilianer einmal mehr bitter enttäuscht. So wie am letzten Wochenende dann von seiner kompletten Mannschaft beim nächsten schlimmen Heimauftritt gegen Bochum. Einer der wenigen Lichtblicke: Jamie Bynoe-Gittens.

"Er zeigt ein paar Dinge, die uns fehlen, die wir auch so gar nicht in unserem Kader haben", sagte Dortmunds Trainer nach dem Spiel über seinen Youngster. Das spricht einerseits nicht eben für die Kaderstruktur, bei deren Planung für diese Saison der Verlust des besten Dribblers Jadon Sancho offenbar nicht ganz korrekt eingeschätzt wurde oder andere Spieler - wie Reinier - überschätzt wurden.

Es spricht andererseits aber auch für die Unbekümmertheit des Talents und dass der die Chance auf dauerhafte Einsatzzeiten nutzen will und kann. Bynoe-Gittens jedenfalls steht nicht im Verdacht, mit der ziemlich verkorksten Saison der Profis viel zu tun zu haben und das merkt man ihm auch an. Der Engländer ist ein Farbtupfer in einer tristen Endphase der Saison und sollte allein schon im Hinblick auf die neue Spielzeit und weil die Fans nach frischen, motivierten Spielern lechzen, auch in den letzten Partien das Vertrauen geschenkt bekommen.

Bielefeld: Warum Nilssons Premiere Gold wert sein könnte

Ein einziges Tor hat Joakim Nilsson für Arminia Bielefeld in der Bundesliga erzielt, es war der Ausgleich am Wochenende gegen Hertha BSC. Das Tor rettete nicht nur diesen einen Punkt, sondern hielt auch die Hoffnung auf die Rettung der Arminia über die Relegation am Leben. Bei einer Niederlage wäre Stuttgart drei Punkte und sieben Tore weg gewesen, die Arminia hätte also in den beiden letzten Spielen der Saison punkten müssen.

Nun ist der Abstand von zwei Zählern mit einem einzigen Sieg aufzuholen und Bielefeld im Vergleich zum VfB mit dem leichteren Restprogramm gesegnet. Während die Stuttgarter auf erwartbar scharfe Bayern treffen und am letzten Spieltag den 1. FC Köln auf großer Europa-Mission empfangen und null Punkte Ausbeute kein wirklich unrealistisches Szenario sind, hat Bielefeld erst gegen die geretteten Bochumer und dann bei günstiger Konstellation im Heimspiel gegen ein in der Liga bereits glückliches Leipzig die Chance auf den notwendigen Dreier.

Zumal Leipzig unmittelbar danach die möglicherweise zwei größten Spiele der jungen Klubgeschichte abhalten darf: Das bereits sichere POkalfinale gegen Freiburg und das mögliche Europa-League-Finale. Und dass Leipzig da an einem für sie selbst unwichtigen letzten Liga-Spieltag auch vor drastischen Umwälzungen nicht halt macht, konnte man schon ein paar Mal bestaunen: Etwa vor drei Jahren, als RB im Spiel gegen Werder Bremen mit der Aussicht aufs das Pokalfinale gegen die Bayern eine Woche später zehn Spieler schonte. Und am Ende 1:2 verlor.

Bayer Leverkusen: Der mögliche Schick-Nachfolger ist schon da

Der Start von Sardar Azmoun bei Bayer Leverkusen ging völlig daneben. Der Iraner kam im Winter aus einer längeren Verletzung aus St. Petersburg nach Leverkusen, fing sich dann erst Covid ein und danach zwei andere bakterielle Infekte. Deshalb wurde Azmoun erst im Frühjahr zu einer echten Option für Trainer Gerardo Seouane - aber immerhin noch rechtzeitig genug, um sein großes Potenzial zu zeigen und den Verantwortlichen auch ein wenig mehr Sicherheit zu geben.

Auf den ersten Blick wurde Azmoun als potenzieller Nachfolger von Patrik Schick verpflichtet. Die Gerüchte um den Torjäger reißen nicht ab. Schick ist aktuell drauf und dran, den Klub-internen Rekord von 25 Bundesligatoren in einer Saison von Stefan Kießling zu brechen. Das wiederum würde den Spieler aber auch nochmal eine Spur interessanter machen für andere Klubs.

Mit Azmoun scheint Bayer die schnelle Lösung schon parat zu haben und sollte Schick seinen Vertrag doch verlängern, dann hat Seoane nun auch schon eine alternative Position für den gelernten Mittelstürmer Azmoun gefunden. Zuletzt spielte der als eine Art hängende Spitze hinter Schick, mal neben dem Tschechen, mal als klassischer Regisseur - und wusste voll zu überzeugen. Es mag im Bewegungsablauf nicht immer ganz rund wirken, aber Azmoun ist äußerst geschickt mit dem Ball am Fuß und auch kreativ genug, seine Mitspieler einzusetzen. Und damit für nur 2,5 Millionen Euro Ablöse ein echtes Schnäppchen.