Transfer-Tops und -Flops der Bundesliga: Ex-Schalker startet durch, Fehlgriffe bei BVB und Bayern

Filippo Cataldo
21. Dezember 202016:46
SPOX
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Die Bundesligisten hatten wegen Corona lange Zeit, um neue Spieler zu verpflichten, dennoch griffen auch die Spitzenklubs bei einigen Spielern wieder daneben - die Transfer-Tops und -Flops der Bundesligisten.

Bis zum 5. Oktober durften sich die Bundesligisten wegen der Corona-Pandemie in dieser Saison auf dem Sommer-Transfermarkt bedienen. Die meisten Klubs hielten sich dennoch zurück, setzten vorwiegend auf günstige Transfers oder Leihen. Gaben die Bundesligisten im Sommer 2019 747 Millionen Euro für neue Spieler aus, waren es 2020 nur 321 Millionen Euro.

Was sich nicht änderte: Die Ablösesumme allein ist kein Kriterium, ob Neuzugänge einschlagen oder nicht. Gutes Scouting und ordentliche Vorbereitung dagegen schon eher.

Diese fünf Neuzugänge haben in den bisherigen 13 Saisonspielen bis zur kurzen Winterpause am meisten überzeugt, bei fünf Spielern (Seite 2) besteht noch Luft nach oben.

TOP: Ridle Baku (22, VfL Wolfsburg)

  • Gewechselt von: FSV Mainz 05
  • Ablöse: 10 Millionen Euro
  • Bundesligaspiele 2020/21: 11 für Wolfsburg, 2 für Mainz
  • Tore/Vorlagen: 2/1

Bei Mainz 05 war der nach dem 1990er-Weltmeister Karl-Heinz Riedle benannte Ridle Baku in der vergangenen Saison noch ein Pendler zwischen Rasen und Bank, und auch beim VfL Wolfsburg galt er eigentlich als Not-Verpflichtung nach den Verletzungen von William und Kevin Mbabu.

Doch der Rechtsverteidiger machte seine Sache so gut, dass er einfach immer weiter in der Mannschaft blieb - und im November beim 1:0 gegen Tschechien sogar sein Debüt in der DFB-Elf feierte.

Die zehn Millionen Euro Ablöse an Mainz, die im Corona-Jahr noch als reichlich hoch bewertet wurden für einen, der trotz seiner 50 Bundesligaspiele noch lange nicht als etablierter Bundesligaspieler galt, waren gut investiert.

Zumal der VfL den Rechtsverteidiger vorwiegend mit den Geldern aus der Marktwertversicherung für Ignacio Camacho bezahlte. Camacho hatte nach drei Jahren und 17 Spielen für Wolfsburg im Sommer wegen hartnäckiger Sprunggelenksprobleme seine Karriere beenden müssen. Der Marktwert des früheren spanischen Nationalspielers war mit elf Millionen Euro versichert.

Ridle Baku ist der Durchstarter beim VfL Wolfsburggetty

Baku macht mächtig Dampf auf den Flügeln, rückt immer wieder klug auch in die gefährlichste Zone ein, erzielte zwei Tore, gab eine Vorlage und leistet sich in der Defensive keine entscheidenden Fehler.

Von den vier sehr klugen Transfers der Wolfsburger im vergangenen Transfersommer - der Ex-Dortmunder Maximilian Philipp (auf Leihbasis von Dinamo Moskau) belebt die Flügel, Maxence Lacroix aus Sochaux verstärkt das Abwehrzentrum, Bartosz Bialek (aus Lubin) ist eine vielversprechende Wette in die Zukunft - war die Verpflichtung von Ridle Baku bisher die beste.

Die Neuzugänge des VfL Wolfsburg in der Übersicht:

NameAbgebender VereinAblöseSpiele (Tore)
Ridle BakuFSV Mainz 0510 Millionen Euro13 (2)
Maximilian PhilippDinamo Moskauausgeliehen9 (1)
Bartosz BialekZaglebiue Lubin5 Millionen Euro6 (1)
Maxence LacroixFC Sochaux5 Millionen Euro12

TOP: Daniel Caligiuri (32, FC Augsburg)

  • Gewechselt von: FC Schalke 04
  • Ablöse: keine
  • Bundesligaspiele 2020/21: 13
  • Tore/Vorlagen: 4/3

Vermutlich würde Schalke, wenn Daniel Caligiuri noch dort spielen würde, nicht ganz so tief in der Tinte stecken. Ganz sicher würde der FC Augsburg ohne Daniel Caligiuri keine ganz so sorgenfreie Saison spielen.

Der 32-Jährige, der emsigste noch aktive Zweikämpfer der Liga, übernahm sofort die Chefrolle im Augsburger Spiel. Caligiuri verleiht den Augsburgern das nötige Maß an Stabilität, Flexibilität und Selbstbewusstsein. Caligiuri spielte unter Trainer Heiko Herrlich auf beiden Flügeln, er ist mit vier Toren und drei Vorlagen zudem vor Ruben Vargas der Top-Scorer des FCA.

Dass die Kritik an Trainer Heiko Herrlich und Sportchef Stefan Reuter nach der nicht so wirklich geschmackssicheren Verabschiedung des langjährigen Kapitäns und Mittelfeldchefs Daniel Baier im Sommer schnell verstummte, liegt auch an klugen Einkäufen wie dem von Caligiuri. Auch sonst kaufte Augsburg gut ein, neben Caligiuri schlugen auch Verteidiger Felix Uduokhai und Torwart Rafal Gikiewicz voll ein.

TOP: Max Kruse (32, Union Berlin)

  • Gewechselt von: Fenerbahce
  • Ablöse: keine
  • Bundesligaspiele 2020/21: 10
  • Tore/Vorlagen: 6/5

Max Kruse ist ein Phänomen: In der Anfangsphase der Saison hob der Offensivspieler seine Mannschaft scheinbar ganz allein auf ein anderes Niveau. Union, das in seiner Bundesliga-Premierensaison vor allem durch mannschaftliche Kompaktheit und ganz viel Herz überzeugt hatte, lebte zwar immer noch von brandgefährlichen Standards, zelebrierte plötzlich aber auch Ballbesitzfußball.

Ob vor allem dank Scorerkönig Kruse oder vor allem für Kruse wurde nie ganz klar, doch unbestritten war der einstige deutsche Nationalspieler der Neuzugang mit dem größten Einfluss auf seine neue Mannschaft - und blieb es sogar, nachdem er sich beim 1:3 im Derby bei der Hertha einen Muskelbündelriss zuzog und die letzten drei Spiele ausfiel.

Auch ohne Kruse spielt Union weiter Kruse-Fußball.

TOP: Jude Bellingham (17, Borussia Dortmund)

  • Gewechselt von: Birmingham City
  • Ablöse: 23 Millionen Euro
  • Bundesligaspiele 2020/21: 11
  • Tore/Vorlagen: 0/2

23 Millionen Euro Ablöse für einen 17-Jährigen sind ein Brett. Wenn besagter 17-Jähriger aber auf Anhieb genauso spielt, wie es gemeinhin von einem 23-Millionen-Einkauf erwartet wird, dann ist diese Leistung noch viel höher einzuschätzen. Jude Bellingham übererfüllte beim BVB, von dem man das mal wieder nur eingeschränkt behaupten kann, jedenfalls alle Erwartungen.

Der Mittelfeldspieler zeigte keinerlei Anlaufschwierigkeiten in der Bundesliga, er verlieh dem BVB-Spiel in seinen ersten Wochen Physis, taktische Reife und erinnerte bisweilen an Ilkay Gündogan. Dass er in den letzten Wochen von Lucien Favres Amtszeit mit unterging, ändert nichts an der grundsätzlichen Bewertung der Hinrunde. Für ein paar Wochen hielt er sogar den Rekord des jüngsten BVB-Torschützen der Geschichte. Immerhin den Rekord des jüngsten Vorlagengebers der Liga konnte ihm Youssoufa Moukoko bisher noch nicht nehmen.

TOP: Ritsu Doan (22, Arminia Bielefeld)

  • Gewechselt von: PSG Eindhoven
  • Ablöse: Ausgeliehen
  • Bundesligaspiele 2020/21: 13
  • Tore/Vorlagen: 2/2

Wieso sollte ein Überraschungsaufsteiger wie Arminia Bielefeld mit der zweitschlechtesten Offensive der Liga nicht auch über einen veritablen Unterschiedsspieler verfügen? Ritsu Doan ist in der zuletzt immer mehr in der Bundesliga ankommenden Bielefelder Mannschaft der Mann für die schönen Momente im Leben. Zu anderen Zeiten würde allein die Möglichkeit, den Japaner spielen zu sehen, für viele Fans das Eintrittsgeld wert sein.

7,5 Millionen Euro zahlte PSV Eindhoven 2019 an den FC Groningen für Doan, der ähnlich wie Mario Götze, der jetzt bei PSV wirbelt, alle Positionen in der Offensive bespielen kann. Vor seinem ersten Bundesligator vernaschte er in Benjamin Pavard einen Weltmeister - und war hinterher vor allem enttäuscht, dass es nur das Tor zum 1:4 gegen den FC Bayern München gewesen war. Mit seinem zweiten Bundesligator und seiner zweiten Vorlage führte er sein Team dann zum zweiten Saisonsieg gegen Mainz, auch beim 1:0 gegen Schalke spielte er zuletzt stark.

Bielefeld hat sich eine Kaufoption in den Leihvertrag mit PSV schreiben lassen, doch eigentlich ist der Nationalspieler viel zu gut für die Arminia.

FLOP: Alexander Sörloth (25, RB Leipzig)

  • Gewechselt von: Crystal Palace
  • Ablöse: 20 Millionen Euro
  • Bundesligaspiele 2020/21: 12
  • Tore/Vorlagen: 0/0

Der Norweger sollte einer von mehreren Spielern sein, die den Weggang von Timo Werner zum FC Chelsea auffangen sollten, doch vor allem in der Bundesliga wurde nie ganz klar, ob dem 25-Jährigen das Torglück abhanden gekommen ist, ob er seiner Form hinterherläuft, viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist - oder ob er es einfach nicht besser kann. Dass er bei seiner letzten Leihstation Trabzonspor in der vergangenen Saison mit 24 Treffern Torschützenkönig wurde, ist angesichts seiner Darbietungen für RB schwer zu glauben.

"Er muss den Kopf frei kriegen. Er wirkt sehr verkopft und nicht ganz frei in der Rübe", gab ihm Trainer Julian Nagelsmann mit in die kurze Winterpause.

FLOP: Deyovaisio Zeefuik (22, Hertha BSC)

  • Gewechselt von: FC Groningen
  • Ablöse: 4 Millionen Euro
  • Bundesligaspiele 2020/21: 9
  • Tore/Vorlagen: 0/0

Eigentlich sollten die Tage von Peter Pekarik bei Hertha BSC schon seit Monaten gezählt sein, schon in der vergangenen Saison sollte der 34-Jährige eigentlich durch einen jüngeren Rechtsverteidiger ersetzt werden. Doch dann kam Bruno Labbadia - und Pekarik erlebte die Schlussphase der Spielzeit als Stammspieler. Im Sommer kam nun nach langem Hin- und Her um die Ablösemodalitäten in Deyovaisio Zeefuik (erst wollte sein Ausbildungsverein Ajax Amsterdam auch noch einen Teil des Vier-Millionen-Kuchens, dann wollte Groningen ihn lieber nach Southampton verkaufen, das mehr Ablöse bot) ein Spieler zur Hertha, den Trainer Labbadia als absoluten Wunschspieler anpries. Für Pekarik war immerhin noch die Rolle des Backups für den Niederländer eingeplant.

Und nun? Stand Pekarik 13-mal auf dem Platz und Zeefuik neunmal - aber nie über die volle Spielzeit. Wenn er spielte, fiel er meistens eher durch unpräzise Flanken und wilde Läufe auf. Beim 1:2 bei RB Leipzig Ende Oktober gelang Zeefuik das Kunststück, in der 46. Minute eingewechselt zu werden, nach einem Foul in der 47. Minute Gelb zu bekommen und nach einem weiteren Foul in der 50. Minute mit Gelb-Rot vom Platz zu fliegen. Kurioser wurde es nicht mehr, besser aber auch nicht.

FLOP: Marc Roca (24, FC Bayern München)

  • Gewechselt von: Espanyol Barcelona
  • Ablöse: 9 Millionen Euro
  • Bundesligaspiele 2020/21: 2
  • Tore/Vorlagen: 0/0

Bereits 2019 war Bayern stark an Roca interessiert. Der damals 23-Jährige hatte eine ansprechende Saison bei Espanyol Barcelona hinter sich, in der er die Mannschaftsteile der Katalanen immer wieder "wie Klebstoff zusammengehalten hatte", wie La Vanguardia bewundernd schrieb. Einzig die 40-Millionen-Euro Ablöseforderung schreckte die Bayern ab.

Im Transferschlussverkauf dieser Saison bekamen die Münchner ihn für 9 Millionen Euro - als Absteiger aus der Primera Division. Sein Klebstoff war wohl nicht klebrig genug gewesen. Zu Bayern kam er als Backup, sollte Joshua Kimmich mal eine Pause brauchen auf der Sechs.

Doch als Kimmich nach seiner Knie-Verletzung tatsächlich eine Pause brauchte, spielte nicht Roca auf der Sechs, sondern eigentlich Fachfremde wie Alaba, Musiala oder Tolisso. Für Roca, der seine Position für den Geschmack von Trainer Hansi Flick allzu defensiv interpretiert, stehen so bisher nur 20 Bundesligaminuten auf der Habenseite. Der Spanier kämpft schon mit mehr als Anlaufschwierigkeiten. Rocas Ablöse kann übrigens im Erfolgsfall durch Boni noch auf bis zu 15 Millionen Euro steigen. Momentan spricht wenig dafür, dass er so teuer wird.

FLOP: Vedad Ibisevic (36, FC Schalke)

  • Gewechselt von: Hertha BSC
  • Ablöse: keine
  • Bundesligaspiele 2020/21: 4
  • Tore/Vorlagen: 0/0

Es klang wie im Traum und warf die Frage auf, ob vielleicht doch noch alles irgendwie okay werden könnte beim FC Schalke: Ein etablierter Führungsspieler und treffsicherer Stürmer, der soeben Hertha BSC mit sieben Toren im Schlussspurt vor dem Abstieg bewahrt hat, schließt sich Anfang September zum absoluten Billigtarif dem FC Schalke an, um vor seinem Karriereende noch ein bisschen sein Torkonto zu füllen. 100.000 Euro pro Jahr sollte Vedad Ibisevic bei Schalke verdienen. "Ich habe noch absolut Bock auf Fußball", sagte er.

Ende Dezember wissen sie bei Schalke nicht mal mehr, wie man okay ausspricht, steht Ibisevics Torkonto noch immer bei 127 Bundesligatreffern und wird er von den 100.000 Euro auch nur maximal 33.333 Euro sehen - sein Vertrag wird zum 31. Dezember 2020 aufgelöst. Nach einem Streit im Training mit Co-Trainer Naldo brach der damalige Cheftrainer Manuel Baum Ende November das Training ab. Man einigte sich auf die Vertragsauflösung, gleichzeitig wurden Nabil Bentaleb und Amine Harit wegen anderer Vergehen suspendiert. Baum ist mittlerweile auch schon wieder Geschichte bei Schalke, Naldo ist noch da, Harit zurück, Bentaleb schmollt. Und Ibisevic? Bei Schalke weiß man nie.

FLOP: Thomas Meunier (29, Borussia Dortmund)

  • Gewechselt von: Paris Saint-Germain
  • Ablöse: keine
  • Bundesligaspiele 2020/21: 10
  • Tore/Vorlagen: 0/2

Viel größer hätten die Vorschusslorbeeren für Thomas Meunier nicht sein können: Stammspieler als rechter Verteidiger bei PSG, langgedienter belgischer Nationalspieler, ablösefrei, tadelloser Leumund: Was sollte da schon schiefgehen?

Zum Beispiel, dass Meunier ein ganz anderer Spielertyp ist als der zu Inter Mailand gewechselte Achraf Hakimi, der beim BVB so gute Erinnerungen hinterlassen hat. Oder dass der BVB mit Meunier auf dem Platz, so schien es unter Trainer Lucien Favre, entweder ein System spielen musste, das nicht zu Meunier passte, oder eben eines, das nicht zur restlichen Mannschaft passte. Oder dass Meunier in seinem Bestreben, es unbedingt richtig machen zu wollen und mit nach vorne zu arbeiten, plötzlich auch bei seiner eigentlichen Kernkompetenz Schwächen offenbarte. Kurzum: Meunier und der BVB - das passt noch lange nicht.

Während des desaströsen 1:5 beim VfB Stuttgart, das Favre das Amt kostete, fehlte Meunier wegen eines Muskelfaserrisses. Beim 1:2 bei Union Berlin feierte er sein Comeback unter Neu-Coach Edin Terzic - und verlor nicht nur das Luftduell gegen Prömel vor dem 0:1, sondern insgesamt 21 Bälle. Mehr Ballverluste hatte kein BVB-Spieler.

"Ehrlich gesagt: Ich bin nicht super talentiert", hatte Meunier bei seiner Vorstellung Anfang Juli gesagt, "ich arbeite hart, gebe immer alles. Das ist es." Damals wurde dies als Beleg für seine Charakterstärke gewertet. Und heute?