Das Zentrum holt den Titel

Benedikt Treuer
06. Mai 201512:47
Ist der DFB-Kader gut genug für den EM-Titel?getty
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Gleich zwei internationale Großereignisse stehen für die U17 des DFB 2015 im Idealfall im Terminkalender. Nach der erfolgreichen Qualifikation startet ab Mittwoch die Europameisterschaft in Bulgarien. Der Kader ist talentiert besetzt, der Titel das Ziel. Vor dem ersten Gruppenspiel gegen Belgien (Mi., 18.00 Uhr im LIVE-TICKER) macht SPOX eine Bestandsaufnahme.

Das DFB-Team reist mit einer anderen Vorgeschichte als die restlichen Teams nach Bulgarien: Aufgrund eines Freiloses stieg die Mannschaft von Trainer Christian Wück erst in der finalen Phase der EM-Qualifikation ein, der sogenannten Eliterunde.

Diese bestand aus 31 Mannschaften, die sich in den vorherigen Qualifikationsrunden durchsetzten, plus dem in diesem Jahr topgesetzten DFB. Die acht Gruppensieger sowie die sieben besten Gruppenzweiten sind ab Mittwoch bei der Endrunde mit dabei - der Gastgeber selbstredend auch.

Um der Konkurrenz in Sachen Spielzeit und Teamfindung nicht deutlich nachzustehen, kickte Wücks Team im Februar beim Algarve Cup in Portugal, bei dem die DFB-Junioren nach Siegen gegen den Gastgeber (1:0), die Niederlande (1:0) und den amtierenden Europameister England (2:0) auch den Titel holten.

U17-EM in Bulgarien: Players to Watch

Die starke Form setzte Deutschlands U17 anschließend auch in der Eliterunde fort: Mit je 3:0 fertigten Wücks Jungs die Slowakei und die Ukraine ab, ehe man im abschließenden Qualifikationsspiel trotz einer frühen Roten Karte gegen Gökhan Gül nach einer Notbremse noch ein 2:2 gegen Italien holte. Das reichte zum Gruppensieg und katapultierte den DFB endgültig in den Favoritenkreis für die Endrunde.

An dieser nehmen 2015 erstmals seit 2002 wieder 16 Mannschaften teil. Im Vorjahr erlebte der DFB mit nur einem Punkt aus den Gruppenspielen gegen die Schweiz, Schottland und Portugal sein Waterloo - das Aus in der Vorrunde. Das darf in diesem Jahr nicht passieren, denn nur die besten sechs Teams der EM sind im Oktober auch bei der WM in Chile dabei. Ist Wücks neues Team gefestigt genug, den gestiegenen Erwartungen gerecht zu werden? SPOX stellt das Team vor.

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Die Torhüter

Den Konkurrenzkampf im Tor hat Constantin Frommann gegen Markus Schubert für sich entschieden. Achtmal stand Frommann schon für Wücks Elf zwischen den Pfosten, darunter bei allen drei Spielen der Eliterunde. In Bulgarien kommen im Optimalfall sechs weitere Einsätze hinzu.

Der 16-Jährige ist in der B-Junioren-Bundesliga Süd/Südwest Stammkeeper beim SC Freiburg, wo er in 22 Einsätzen in dieser Saison schon achtmal die Null gehalten hat. Frommann hat ein starkes Stellungsspiel und eine gute Antizipation für lange Bälle des Gegners. Zudem ist er durch seine klaren Kommandos für die Vorderleute einer der Taktgeber im deutschen Team.

In Bulgarien wird es darauf ankommen, dass er seine Vorderleute gewohnt sicher dirigiert und die erste Instanz in Sachen defensiver Ordnung ist. Seine Reflexe auf der Linie werden dem DFB gerade in den engen Spielen weiterhelfen. Die Marschrichtung hat er jedenfalls klar vor Augen: "Das Halbfinale zu erreichen, ist auf jeden Fall unser Ziel. Aufgrund der guten Quali kommt uns eine gewisse Favoritenrolle zu", äußerte sich Frommann gegenüber Fupa. SPOX

Mit Schubert ist Deutschland auch in der zweiten Reihe gut besetzt. Sollte er für Frommann einspringen müssen, kann sich Wück darauf verlassen, ein weiteres Top-Talent im Tor zu besitzen. Mit nur 16 Jahren gehört er bei Dynamo Dresden schon zum Bundesliga-Kader der älteren A-Junioren, für die er trotz starker Konkurrenz 2014/15 schon elfmal von Beginn an ran durfte. Auch in der U17 des DFB hat er schon zwei Startelf-Einsätze.

Fazit: Auf der Torhüterposition braucht sich der DFB auch in den nächsten Jahren keine Sorgen machen. Mit Frommann und Schubert ist die U17 in Bulgarien erstklassig besetzt. Beide können in engen Spielen der wichtige Rückhalt im Tor sein. Frommann hat für sein Alter schon reichlich Erfahrung und wird von hinten heraus Sicherheit ausstrahlen.

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Die Abwehr

Im Rahmen der EM-Nominierung bereitete die Defensive dem Bundestrainer am meisten Kopfzerbrechen. Durch Güls Sperre aus dem Italien-Spiel wird der Abwehr-Chef im Auftaktspiel gegen Belgien noch fehlen. Aus diesem Grund nominierte er mit Joel Abu Hanna (Bayer Leverkusen) einen weiteren Abwehrspieler, "um die Viererkette zu stärken" - die einzige Kader-Veränderung im Vergleich zur Eliterunde.

Ab dem zweiten Gruppenspiel wird Gül wieder die Säule im deutschen Abwehrverbund sein. Der 16-Jährige in Diensten des VfL Bochum hat dort vor allem in der B-Jugend schon auf der Sechs gespielt, wird in der A-Jugend und auch in der U17 des DFB häufig als Innenverteidiger eingesetzt. Im letzten Jahr trug er beim DFB sogar die Kapitänsbinde, ehe Felix Passlack übernahm.

Bezeichnend, dass er den Spitznamen "Pac-Man" trägt, sinnbildlich für das "Auffressen" der offensiven Gegenspieler. Gül ist zweikampf- und kopfballstark und besitzt ein gutes Stellungsspiel, was ihn beim VfL selbst in der U19 unverzichtbar macht. Einzig in Sachen Schnelligkeit kann der Deutsch-Türke noch zulegen. Auf lange Sicht wird es für den DFB wichtig sein, Gül zu binden. Denn für welche Nation er bei den Senioren spielen will, weiß er bislang noch nicht: "Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Das ist alles noch so weit weg", ließ er die Zukunft gegenüber der WAZ offen.

Neben Gül, der in der Eliterunde zum torgefährlichsten Verteidiger avancierte (zwei Treffer), sind auch Enes Akyol (Hertha/11 DFB-Einsätze) links und Erdinc Karakas (Bochum/10) zentral neben Gül in der Abwehr-Viererkette gesetzt. Vor allem Letzterer soll sich zuletzt in den Fokus von RB Leipzig, des FC Chelsea sowie türkischen Top-Klubs gespielt haben. Auch er gehört in Bochum schon zum älteren A-Jugend-Kader.

Rechts agierte zuletzt Jonas Busam (SC Freiburg/8) als gesetzter Außenverteidiger - anders als im Verein, wo er im defensiven Mittelfeld spielt. Neben Frommann und Kapitän Passlack war er der einzige Spieler, der in der Eliterunde alle Spiele über die volle Distanz absolvierte. Abu Hanna und Daniel Nesseler (Leverkusen/9) sind wohl als erste Backups für die Innenverteidigung vorgesehen, auch Dzenis Burnic (Dortmund/7) kann dort oder im defensiven Mittelfeld auflaufen.

Fazit: Im Zentrum ist das DFB-Team hochklassig aufgestellt, auch die Erstbesetzung auf den Außenpositionen gibt keinen Anlass zur Sorge. Sollten Busam oder Akyol jedoch ausfallen, wird sich Wück - gerade gegen temporeiche Gegenspieler - etwas einfallen lassen müssen.

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Das Mittelfeld

"Natürlich wollen wir Europameister werden", formulierte Wück gegenüber SPOX die Zielsetzung für die EM. Damit das gelingen kann, kommt es allem voran auf das Mittelfeld an: Das Zentrum mit der Doppelsechs ist das Herzstück des aktuellen DFB-Teams.

Angeführt vom zuletzt überragenden Kapitän Passlack (Borussia Dortmund/10 U17-Einsätze beim DFB), der im Prinzip auf jeder Position eingesetzt werden kann, soll das Mittelfeld für die deutsche Dominanz sorgen. Vorstellbar ist, dass Wück gegen vermeintlich schwächere Gegner auf ein offensiveres System mit Passlack hinter den Spitzen oder auf den Außen zurückgreift. Gegen die starken Nationen könnte er eine Doppelsechs mit Passlack und dem Bayern-Spieler Niklas Dorsch (ebenfalls 10 Spiele) aufbieten.

"Felix Passlack geht vorweg - nicht nur, weil er die Binde am Arm hat, sondern weil er charakterlich einfach ein Führungsspieler ist. Er hat nicht von ungefähr gerade einen Profivertrag in Dortmund unterschrieben. Zusammen mit Niklas Dorsch vom FC Bayern zieht er die Fäden im Mittelfeld. Diese Spieler sind schon sehr weit und gefestigt", stellt Wück im SPOX-Interview klipp und klar heraus.

Passlack geht im Mittelfeld auf und entwickelt von dort große Torgefahr. Eigentlich als Außenverteidiger ausgebildet, machte er zuletzt im Mittelfeld einen riesen Entwicklungssprung. Zuletzt bewarb er sich mit einem sehenswerten Fallrückzieher auch für das Tor des Monats in der Sportschau. "Ich möchte meine eigenen Fähigkeiten abrufen, mich in den Dienst der Mannschaft stellen und als Kapitän voran gehen", so Passlack gegenüber Ruhrnachrichten.

Abgesehen vom gesetzten Duo gehörte auch Görkem Saglam (Bochum/10) fast immer zum Stammkader. Der 17-jährige Rechtsfuß kann sowohl im offensiven Zentrum als auch über die Außenbahnen für die nötige Kreativität im Team sorgen. Gleiches gilt für Werder Bremens Niklas Schmidt, der in neun Einsätzen schon fünfmal traf. Alternativen im Mittelfeld sind Dennis Geiger (1899 Hoffenheim/3) und Salih Özcan (1. FC Köln/5), wobei Geiger eher defensiv, Özcan vermehrt in der Offensive zum Einsatz kommt.

Fazit: Das Zentrum entscheidet über Wohl und Wehe des Turniers aus DFB-Sicht. Funktioniert die Zentrale mit Passlack und Dorsch, werden Wücks Jungs gegen jeden Gegner bestehen können und dabei große Dominanz ausstrahlen. Das Mittelfeld verfügt über viel Technik und Kreativität, verinnerlicht aber nach wie vor typische Tugenden wie Zweikampfhärte und Stellungsspiel. Ganz klar: Der wichtigste Baustein für den Erfolg des DFB-Teams.

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Der Angriff

Vitaly Janelt (Leipzig/9) war der Leidtragende der Gül-Sperre, da anstelle von ihm Abu Hanna nominiert wurde. Auch wenn er mit bisher zwei Treffern durchaus zu den starken Alternativen im Sturm zählte, wird der EM-Kader diese Umstellung problemlos verkraften können.

Denn mit Johannes Eggestein hat der DFB eines der heißesten Eisen im Feuer, die es im aktuellen Nachwuchs-Fußball überhaupt gibt. Der Werderaner hat in zehn Spielen schon fünfmal getroffen und ist seit geraumer Zeit einer der absoluten Leistungsträger im Team.

Als U17-Spieler war er in Bremen Anfang des Jahres das erste Mal mit der A-Jugend im Einsatz und feierte prompt einen Bundesliga-Fünferpack - überragend! Zudem knipste er auch in der B-Junioren-Bundesliga schon 19-mal.

Neben Eggestein, der je nach Gegner und taktischer Formation womöglich als einzige Sturmspitze agieren muss, drängte sich auch Mats Köhlert (Hamburger SC/7) zuletzt auf. Er kann sowohl neben Eggestein stürmen als auch über den linken Flügel kommen. Wück hat dahingehend mehrere Optionen. SPOX

Der Dritte im Bunde, der aktuell wohl eher perspektivisch denkt, ist Janni Serra. In bisher fünf Einsätzen für die DFB-U17 gelang ihm zwar noch kein Tor, jedoch könnte er trotzdem zum wichtigen Joker für Wücks Mannschaft werden, wenn es hinten raus noch einmal an Schwung fehlt. "Klar wünsche ich mir auch Einsatzzeiten", so Serra im Gespräch mit Ruhrnachrichten. Seinen Platz im Kader kann er aber wohl auch gut einschätzen.

Fazit: Mit Eggestein hat der DFB wohl einen der aktuell besten Nachwuchsstürmer Europas in seinen Reihen. Torgefahr wird vor allem von ihm ausgestrahlt werden. Schafft es das Mittelfeld, den Bremer in Szene zu setzen, wird es für die Gegner schwer werden, ihn zu stoppen. Köhlert ist die gewünschte Alternative, mit der die DFB-Bubis Optionen in der Spitze und im Mittelfeld haben.

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