Nur noch Fußball

SPOX
11. Dezember 201417:08
Michel Platini und die UEFA stehen vor einer neuen Äragetty
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Die Nations League ist beschlossene Sache. Nur, was für ein Format erwartet Spieler und Fans? Wer profitiert - und wird der Bogen mit einem zusätzlichen Wettbewerb für die Akteure nicht endgültig überspannt?

Was ist die Nations League?

Erste Gedankenspiele um einen geregelten Wettbewerb an Stelle der Flut an Testspielen, die die Landesverbände stets selbst im Rahmenterminkalender platzieren und auswählen durften, gab es bereits vor über drei Jahren. In der "Resolution zum Nationalmannschaftsfußball 2018-2022" wurde ein neues Modell diskutiert und auf den Weg gebracht.

Die größtenteils unattraktiven Freundschaftsspiele wurden zwar in den offiziellen Begriff "Testspiele" umgewandelt, hinter der etwas moderateren Verpackung verbargen sich für den Großteil der Nationalmannschaften aber unspektakuläre Pflichttermine gegen Gegner aus der zweiten, dritten oder vierten Reihe.

Im März 2014 wurde deshalb im kasachischen Astana auf dem UEFA-Kongress die Einführung der so genannten Nations League ab dem Jahr 2018 einstimmig beschlossen und vor wenigen Tagen auch offiziell verabschiedet.

Turniermodus statt Testspiele

Im Prinzip handelt es sich um eine Umwandlung der Testspiele in einen geregelten und von der UEFA organisierten Wettbewerbsmodus. "Die Verjüngung des Nationalmannschafts-Fußballs und die Nations League rühren von dem Wunsch der UEFA und vor allem des UEFA-Präsidenten, die Qualität und das Ansehen der Nationalmannschaften zu verbessern", erklärte die UEFA etwas verquer.

Dahinter steckt die Idee, ab der Saison 2018/19 die Zahl der Testspiele deutlich zu verringern und stattdessen alle 54 Mitgliedsverbände des Kontinentalverbands in einen Turniermodus zu quetschen. Dieser wird dann im Zweijahresrhythmus ausgetragen.

Auswirkungen auf die EM- und WM-Qualifikationsrunden soll der neue Wettbewerb nicht haben, die Termine werden nicht miteinander kollidieren. Die Premieren-Vorrunde wird von September bis November 2018 stattfinden, die Finalspiele dann im Jahr 2019.

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Seite 2: Wie sieht der Turnier-Modus aus?

Seite 3: Wer profitiert davon?

Seite 4: Isolieren sich die europäischen Nationen damit?

Seite 5: Werden die Spieler damit verheizt?

Wie sieht der Turnier-Modus aus?

Im Herbst 2018, nach der Weltmeisterschaft in Russland, nimmt die Nations League ihren Betrieb auf. Gespielt wird dann in vier Staffeln mit jeweils vier Untergruppen, im Modus Jeder gegen Jeden mit Hin- und Rückspiel. Eingeteilt werden die Gruppen anhand des Länderkoeffizienten des jeweiligen Verbandes. In jeder Gruppe werden drei oder vier Nationen platziert.

Wie im "normalen" Ligabetrieb variieren Auf- und Abstiege auch die Staffeln und ihre Untergruppen. Im Sommer 2019 steht dann ähnlich wie beim Basketball oder Handball ein Final Four-Turnier an mit den vier Gruppensiegern aus der ersten Staffel - das eigentliche Endturnier.

EM-Teilnahme als Schmankerl

Als zusätzliches Schmankerl für die eher schwächeren Teams hat die UEFA geplant, eine Art Alternativweg für die Qualifikation zur Europameisterschaft 2020 anzubieten: Sollte ein Team die EM in der regulären Qualifikationsrunde verpassen, besteht weiterhin die Chance, sich über die Nations League quasi auf dem zweiten Bildungsweg noch zu qualifizieren.

Hier treten innerhalb jeder Staffel die Untergruppensieger in Playoffs gegeneinander an, um aus der jeweiligen Staffel den Gesamtsieger zu ermitteln, der dann an der EM 2020 teilnehmen darf.

Insgesamt stehen also für die Nationalmannschaften zwischen sechs und zehn Termine auf dem Programm - je nach Gruppenstärke und sportlichem Erfolg.

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Wer profitiert davon?

Die UEFA versucht, die Vorteile besonders für die kleineren Verbände herauszustreichen. In der Tat haben etliche Nationen mittlerweile große Schwierigkeiten, die Testspiele gegen vornehmlich unattraktive Gegner entsprechend lukrativ zu vermarkten.

In den Genuss der großen Gegner wie Deutschland, England, Frankreich, Spanien, Italien oder die Niederlande kommen die wenigsten in einem Testspiel, vielmehr spielen diese Nationen in den letzten Jahren vermehrt immer wieder untereinander.

Das wird sich auch mit Einführung der Nations League nicht großartig ändern - schließlich werden die Topteams in der ersten Staffel auch fast ausschließlich unter sich bleiben. Erst mit den ersten Auf- und Abstiegen kommt dann etwas Bewegung in die Sache.

Was aber für die neue Liga spricht: Jeder Verband hat auf Grund der festgelegten Gegner und Termine eine garantierte Einnahmequelle, um die sich im Prinzip die UEFA als Veranstalter kümmert.

Platini als Förderer

UEFA-Präsident Michel Platini, der "dank" der Vergabe der EM 2012 nach Polen und die Ukraine vor sieben Jahren ins Amt gehievt wurde, gilt als Förderer der kleineren Verbände - Kritiker behaupten vor allen Dingen deshalb, weil es am Ende genau diese Verbände waren, die dem Franzosen damals mit ihren Stimmen den Weg zum mächtigsten Mann des europäischen Fußballs erst ermöglichten.

Nicht zufällig jedenfalls wurde jetzt nach der Aufblähung der EM-Endrunden von 16 auf 24 Mannschaften auch eine zusätzliche Liga eingeführt - sehr zum Gefallen der Nationen aus der zweiten, dritten oder vierten Reihe.

Aber auch den großen Nationen wird ein wenig Arbeit abgenommen: In der Nations League stehen naturgemäß nur Spiele gegen die großen Rivalen auf dem Programm. Das verspricht attraktive Spiele und auch entsprechende Einnahmen - zumal der Wettbewerb an sich von einem Sponsor präsentiert und das Final Four finanziell komplett ausgeschlachtet werden könnte.

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Isolieren sich die europäischen Nationen damit?

Es ist eine der dringenden Fragen, die im Raum stehen: Die großen Mannschaften aus Übersee, Brasilien, Argentinien, oder die afrikanischen und asiatischen Länder könnten nun fürchten, für ihre - ebenfalls gesponsorten und verkauften - Europa-Tourneen nicht mehr so leicht die entsprechend spektakulären Gegner zu finden.

Und im Gegenzug wird sich auch keine der europäischen Großmächte die begehrten Spielansetzungen gegen nicht-europäische Großkaliber entgehen lassen wollen. Deshalb wird es auch in Zukunft neben der Nations League noch Testspiele gegen Mannschaften aus dem nicht-europäischen Raum geben. Zumindest für den Deutschen Fußball-Bund.

"Bei uns war es in den letzten Jahren ohnehin Politik, die Testspiele vermehrt auch gegen die großen Mannschaften auszutragen, sagt DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Teammanager Oliver Bierhoff änderte vor einigen Jahren die Marschrichtung, weg von den Spielen gegen kleinere Gegner und hin zu attraktiven Begegnungen gegen die Großen des Weltfußballs.

Niersbach: EM und WM bleiben Highlights

Man werde auch in Zukunft "immer noch ein bisschen Freiraum für attraktive Freundschaftsspiele gegen nicht-europäische Gegner haben", wie Niersbach betont. Die Termine werden prinzipiell aber weniger werden. Europa bleibt ab dem Jahr 2018 vermehrt unter sich.

"Für mich bleiben die Finalturniere der WM und EM immer das absolute Highlight. Da kann und darf auch nicht dran gerüttelt werden. Aber in den ungeraden Jahren den Gewinner der Nations League nach einem Final-Four-Turnier zu haben - das kann etwas werden, auch wenn es dafür keine Garantie gibt", hofft Niersbach. Der hat den DFB in den Diskussionen immer etwas distanziert der Idee gegenüber vertreten.

"Es war ein langer Prozess, und ich verhehle nicht, dass der DFB und auch ich persönlich ganz offen Bedenken geäußert haben. Die Skepsis ist sicherlich auch noch nicht total verschwunden. Aber wir müssen akzeptieren und respektieren, dass die Mehrheit der Verbände ganz einfach etwas ändern möchte."

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Werden die Spieler damit verheizt?

Unter die paar positiven Begleitumstände mischen sich auch jede Menge Zweifel an der Umsetzbarkeit des Wettbewerbs - und vor allen Dingen darüber, warum die ohnehin schon enorme Belastung der Protagonisten bald noch mehr auf die Spitze getrieben werden soll.

Ein Beispiel: Stuttgarts Timo Werner könnte im kommenden Sommer an der U-21-EM in Tschechien teilnehmen. Dem Angreifer wird auch durchaus der Sprung in die A-Nationalmannschaft zugetraut, die dann 2016 die EM in Frankreich spielen wird. Und 2017 als Weltmeister am Confed Cup teilnehmen wird. Und 2018 bei erfolgreicher Qualifikation an der WM in Russland. Und dann - ebenfalls im Fall eines erfolgreichen Abschneidens - am Final Four der Nations League im Sommer 2019. Und ein Jahr später dann an der EM 2020. Und wieder ein Jahr später vielleicht am Final Four der Nations League. Und so weiter.

Für die Spieler wird es die Regenerationsphasen des Sommers so wie bisher gelernt nicht mehr geben. "Ich habe nicht direkt ein Freudenfest angezettelt. Ich glaube, die Entscheidung würde anders ausfallen, wenn die Jungs, die die Entscheidung getroffen haben, auch spielen müssten", motzte BVB-Coach Jürgen Klopp schon im Frühjahr.

Klopp: "Der Körper ist nur bedingt belastbar"

Was den meisten Verantwortlichen in den Vereinen - und diese bezahlen die Spieler schließlich - aufstößt: Es wurde vor der Entscheidungsfindung nicht wirklich mit den Klubs debattiert. "Wir wurden nicht gefragt. Und es wäre doch schön gewesen, wenn man Spieler und Trainer miteinbezogen hätte", so Klopp weiter, der sich schlicht übergangen fühlt und auf Dauer gesundheitliche Konsequenzen aus der Überbelastung befürchtet. "Der Körper ist nur bedingt belastbar. Es ist ein Irrglaube, dass einzelne Spiele weniger intensiv sind, wenn du sie gewinnen willst."

Unterstützung bekam er dabei aus Leverkusen. "Ich befürchte, dass der Fußball in Gefahr gerät, sich zu inflationieren. Wenn man einen weiteren Wettbewerb hinzufügt, kann man sich gegenseitig kannibalisieren", sagt Geschäftsführer Michael Schade.

Die UEFA führt andere Argumente ins Feld. Es werde weniger Freundschaftsspiele geben, denen oft der sportliche Wert fehlt. Außerdem entfielen die enormen Reisestrapazen für Spiele in Übersee. Das entlaste die Spieler und damit in letzter Konsequenz auch die Klubs, die ihre Spieler früher wieder bei sich hätten.

Löw hält sich bedeckt

Karl-Heinz Rummenigge müsste als Vorstandsvorsitzender des FC Bayern München eigentlich auch eher gegen die Einführung der Nations League sein. Rummenigge ist aber zeitgleich auch Vorsitzender der Klub-Vereinigung ECA und sieht sich deshalb in einer diplomatischen Zwickmühle.

"Wir sind nicht gegen den Nations Cup. Wir haben Verständnis, dass speziell die kleinen und mittleren Nationalverbände die Freundschafts-Länderspiele nicht mehr vermarkten können", sagt Rummenigge deshalb.

Bundestrainer Joachim Löw hält sich auch noch einigermaßen bedeckt. "Wir wollen am liebsten immer gegen die großen Nationen im Weltfußball spielen. Wenn dies innerhalb der Nations League für uns gewährleistet wird, können wir aus rein sportlicher Sicht damit leben."

Und selbst der umtriebige Bierhoff, ansonsten neuen Einnahmequellen gegenüber durchaus aufgeschlossen, äußert leise Bedenken. "Ich bin ein Freund davon, Neuerungen offen entgegenzutreten. Aber wir alle stehen in der Verantwortung, die Schraube nicht zu überdrehen."

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