Das Spiel gegen Katar hat seine Spuren hinterlassen, es bleibt der Traum von Olympia. Vor der Partie gegen Kroatien (14 Uhr im LIVE-TICKER) spricht Patrick Groetzki im Interview mit SPOX über Schmerzen, auffällige Schiedsrichter-Entscheidungen und eine gute Perspektive.
SPOX: Herr Groetzki, wie haben Sie und die Mannschaft die bittere Niederlage gegen Katar bisher verkraftet?
Patrick Groetzki: Die Enttäuschung ist nach wie vor da, die bekommt man auch nicht ganz so leicht weg. Weil uns natürlich bewusst ist, was wir für eine große Chance verpasst haben. Die erste Nacht nach dem Spiel war deswegen nicht schön. Egal, mit wem ich mich darüber unterhalten habe, wir alle konnten nur schlecht schlafen. Nach so einer Niederlage hat man gleich wieder Schmerzen, wenn man morgens aufwacht.
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SPOX: Hat sich am Mittwochabend direkt jeder in seinem Zimmer verkrochen oder wurden noch ein paar Frust-Bier gekippt?
Groetzki: Das nicht unbedingt. Aber wir waren gemeinsam essen und haben noch einmal alles besprochen, was in diesem Spiel passiert ist. Wir versuchten, uns wieder in eine bessere Stimmung zu bringen. Das ist zwar nicht wirklich gelungen. Trotzdem tat es gut, mit allen anderen zusammen zu sein und das Erlebte zumindest ein wenig aufzuarbeiten.
SPOX: Was ist denn genau aus Ihrer Sicht in diesem Spiel passiert? Welche Dinge wurden beim Abendessen besprochen?
Groetzki: Erst mal ist es gut, dass ich dieses Viertelfinale nun schon etwas weniger emotional betrachten kann. Die Analyse ist einfach die, dass wir in vielen Bereichen nicht gut genug waren. Da kann man die Wurfausbeute hernehmen, wo ich selbst gerade am Ende Chancen liegen gelassen habe. In der Abwehr passte es in der ersten Halbzeit nicht, wir machten zu viele technische Fehler.
SPOX: Und das Thema Schiedsrichter spielte keine Rolle?
Groetzki: Wir wollen auf uns selbst schauen und deshalb nicht zu viel über die Schiedsrichter sprechen.
SPOX: Es lag sicher nicht in erster Linie an den Schiedsrichtern, Gjorgji Nachevski und Slave Nikolov spielten aber eine Rolle. Kann man das wirklich einfach so wegstecken als Spieler?
Groetzki: Sicherlich gab es Entscheidungen, über die man diskutieren kann. Und es gibt auch nicht so viele Spiele, in denen es passiert, dass recht ähnliche Situationen auf beiden Seiten unterschiedlich bewertet werden. Das hat einen direkt nach dem Spiel und auch schon im Spiel wütend gemacht. Wobei ich finde, dass wir es trotz der Diskussionen noch geschafft haben, relativ ruhig zu bleiben.
SPOX: Es gab einige Leute, die schon nach der Ansetzung des mazedonischen Duos die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen haben. Wie wurde das im Team aufgenommen?
Groetzki: Vielleicht war das so, weil mazedonische Schiedsrichter irgendwo ein bisschen einen Ruf weg haben. Aber ich muss ganz klar sagen: Die beiden Schiedsrichter haben uns mit den Rhein-Neckar Löwen auch schon in der Champions League gepfiffen. Und da machten sie über weite Strecken eigentlich einen guten Job. Was eben diesmal ein bisschen komisch war - und das hat jetzt nicht unbedingt mit der Schiedsrichterleistung an sich zu tun - ist, dass die Linie der Schiedsrichter im gesamten Turnier eine ganz andere war, als es im Spiel gegen Katar der Fall war. Aber vielleicht ist es ab dem Viertelfinale ja so, dass dann etwas anderes passiert.
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SPOX: An was denken Sie konkret?
Groetzki: Naja, in der Vorrunde wurde quasi jede Berührung beim Wurf am Kreisläufer abgepfiffen und es gab einen Siebenmeter. Das sind wir aus der Bundesliga anders gewohnt. Da gibt es nur einen Siebenmeter, wenn es klare Fouls sind. Das wurde gegen Katar aber anders gehandhabt und das war auffällig.
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SPOX: Wie schafft man es nun, den Motor trotz der Enttäuschung wieder hochzufahren und sich für die Platzierungsspiele zu motivieren? Haben Sie darauf überhaupt noch Lust?
Groetzki: Ich finde es sogar gut, dass diese Spiele noch anstehen. So bekommen wir noch einmal die Möglichkeit zu zeigen, was in uns steckt. Ich finde, es wäre schlimmer, wenn wir direkt heimreisen müssten. So fällt es einem ein wenig einfacher, positiv nach vorne zu schauen. Und: Diese Platzierungsspiele sind ja alles andere als bedeutungslos.
SPOX: Weil es um das Ticket für eines der Quali-Turniere für die Olympischen Spiele 2016 in Rio geht. Eine der beiden Partien muss gewonnen werden, damit man sicher dabei ist.
Groetzki: Genau. Und zu Olympischen Spielen zu fahren, wäre für alle ein riesiger Traum. Aus dieser Mannschaft war mit Mimi Kraus bisher nur ein Spieler bei Olympia. Deshalb brauchen wir diesen Quali-Platz unbedingt, darauf müssen wir uns jetzt fokussieren. Und aus diesem Traum ziehen wir unsere Kraft.
SPOX: Die schlechte Nachricht ist: Es wird nicht einfacher - ganz im Gegenteil. Erst geht es gegen Kroatien, danach gegen Dänemark oder Slowenien. Katar war auf dem Weg zu einem Quali-Turnier eigentlich die leichtere Aufgabe, oder?
Groetzki: Das stimmt. Vom Papier her war Katar ein einfacherer Gegner als die Mannschaften, die mit uns nun um die drei Plätze kämpfen.
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SPOX: Plötzlich hat Deutschland bei dieser WM etwas zu verlieren.
Groetzki: Sicher ist die Gefahr da. Aber wir fahren gut damit, weiter positiv zu denken und uns an den guten Leistungen, die wir gezeigt haben, aufzurichten. Dann haben wir durchaus auch die Chance, gegen diese Mannschaften zu überraschen. Gegen Slowenien haben wir beispielsweise in den vergangenen Jahren gut ausgesehen. Ich kann mich an zwei Freundschaftsspiele erinnern, die wir beide gewannen. Mit den Slowenen sind wir auf Augenhöhe. Kroatien und Dänemark waren von vornherein ein bisschen vor uns. Aber wir haben bei diesem Turnier bewiesen, dass wir auch gegen solche Teams gut aussehen können. Das wollen wir weiter zeigen.
SPOX: Auch wenn noch zwei wichtige Spiele anstehen: Wie fällt Ihr vorläufiges WM-Fazit aus deutscher Sicht aus?
Groetzki: Wir haben die Chance, hier dabei zu sein, erst durch die Wildcard bekommen. Das muss man erwähnen. Aber ich finde es super, wie gut wir diese Chance genutzt haben. Auch wenn wir diesen letzten Schritt nicht weitergehen konnten.
SPOX: Die Perspektive für eine erfolgreiche Zukunft ist nicht so schlecht.
Groetzki: Das sehe ich auch so. Das Fundament für die Zukunft ist bei diesem Turnier gelegt worden. Man muss sich nur mal die erste Sieben anschauen. Da ist nur ein Spieler mit über 30 Jahren dabei. Der heißt Carsten Lichtlein und steht im Tor. Und Torhüter können bekanntlich ja auch ein bisschen länger spielen. Deshalb freue ich mich einfach auf die nächsten Jahre mit der Nationalmannschaft. Ich glaube, dass wir in den nächsten Jahren - vielleicht kommen noch ein oder zwei jüngere Spieler dazu - gute Ergebnisse erzielen können.
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