"Mr. T's Goldketten werde ich nie vergessen"

Bastian Strobl
03. Juli 201313:36
Paul Rodriguez gewann bei den X-Games bislang vier Goldmedaillengetty
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Paul Rodriguez gehört zu den besten Street-Skateboardern der Welt. Bei den X-Games in München stellte der 28-Jährigen sein Können erneut unter Beweis und gewann mit Silber seine nächste Medaille. Im Interview spricht "P-Rod" über seine Promi-Kindheit, den Schuh-Deal mit Nike und verriet, was ihn mit Jennifer Lopez verbindet.

SPOX: Paul, Du bist momentan viel unterwegs. Erst die X-Games in Barcelona, am vergangenen Wochenende das Event in München und Anfang August steht das nächste Highlight in Los Angeles an. Ist das Leben on the road anstrengend?

Paul Rodriguez: Man gewöhnt sich daran. Außerdem liebe ich es, die Welt zu bereisen und unterschiedliche Kulturen kennen zu lernen. München war das beste Beispiel. Die Stadt ist toll, die Leute sind cool, und das Bier ist natürlich auch nicht schlecht (lacht).

SPOX: On Tour gibt es sicherlich einige Partys. Ist es schwer, diesen Verlockungen zu widerstehen?

Rodriguez: Ich konzentriere mich auf das Wesentliche, darauf kommt es an. Natürlich darf man auch mal abschalten, das bringt der Lifestyle mit sich und gehört auch dazu. Aber im Großen und Ganzen muss man Disziplin beweisen. Das macht häufig den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg aus.

SPOX: Würdest Du Dich als Workaholic bezeichnen?

Rodriguez: Wahrscheinlich schon. Wenn ich mal nichts mache, fühle ich mich fast ein wenig schuldig. Deswegen versuche ich mich an jedem Tag im Jahr zu verbessern und in meiner Karriere voranzukommen. Dass ich dafür einiges opfern muss, erklärt sich von selbst. Mein Platz bei Familienfeiern oder Hochzeiten bleibt häufig leer, auch die High-School-Abschlussfeier meines Cousins habe ich leider verpasst. Aber so ist nun mal das Leben. Als Skateboarder hat man nur ein gewisses Zeitfenster, um erfolgreich zu sein. Wenn ich irgendwann einmal zurücktrete, kann ich hoffentlich vieles nachholen.

SPOX: Die harte Arbeit hat sich allerdings ausgezahlt. Du hast in Deiner Karriere bislang vier Goldmedaillen bei den X-Games gewonnen. Lebst Du bereits Deinen Traum?

Rodriguez: Ja und nein. Ich bin glücklich, was ich erreicht habe. Die Medaillen, meine eigene Schuhkollektionen bei Nike, mein Auftritt in einem Tony-Hawk-Videospiel, das macht mich stolz. Aber ich bin noch nicht am Ende des Weges angekommen und habe noch Ziele. Das treibt mich an.

SPOX: Das klingt sehr bodenständig, gerade für den Sohn einer kleinen Berühmtheit. Dein Vater Paul Rodriguez arbeitet als Comedian und Schauspieler. Wie hast Du Deine Kindheit in Erinnerung?

Rodriguez: Die Leute haben häufig eine falsche Vorstellung davon. Ich habe nicht in einem Schloss gelebt und wurde auch nicht mit goldenen Löffelchen gefüttert. Mein Vater war ja kein Megastar wie Brad Pitt. Ich habe in diese Welt reingeschnuppert und hatte ein paar Annehmlichkeiten, aber das war's.

SPOX: Trotzdem dürfte es als Kind nett gewesen sein, den einen oder anderen Star zu treffen. Kannst Du aus dem Nähkästchen plaudern?

Rodriguez: Es gibt eine coole Anekdote mit Mr. T bei einem Weihnachtsumzug in Pasadena. Mein Vater gab gerade Interviews, als ich dringend aufs Klo musste. Das hat Mr. T gesehen und mit seiner dunklen Stimme zu mir gesagt: "Komm' her, kleiner Mann, ich bringe dich auf die Toilette." Im nächsten Moment saß ich schon auf seinen Schultern und habe alles von oben gesehen. Ich kann mich noch erinnern, wie seine Goldketten gefunkelt haben. Das werde ich nie vergessen.

SPOX: War der Promi-Status Deines Vaters Segen oder Fluch für Deine Karriere?

Rodriguez: Das hat keinen großen Unterschied gemacht. In der Entertainment-Branche wäre es vielleicht etwas anderes gewesen. Wenn die Kinder von Will Smith in Filmen mitspielen, hat das für viele Menschen einen bitteren Beigeschmack. Aber beim Skateboarden gilt: Wenn du nicht skaten kannst, kannst du nicht skaten. Da hilft dir ein berühmter Vater auch nicht weiter. Mein Dad hat für mich ja nicht die X-Games gewonnen.

SPOX: Neben den ganzen Medaillen wurde Dir im "Transworld Skateboarding" eine große Ehre zuteil. Das Magazin wählte Dich unter die 30 einflussreichsten Skater aller Zeiten. Was bedeutet Dir diese Auszeichnung?

Rodriguez: Das ist mir mehr wert als alle Medaillen und Siege zusammen. Als ich davon gehört habe, wäre ich fast in Tränen ausgebrochen. In dieser Liste sind alle großen Namen aufgeführt, angefangen von Tony Hawk über Rodney Mullen bis zu meinem großen Idol Eric Koston. Das war für mich der Beweis: Ich bin angekommen, diese Legenden akzeptieren mich, ich gehöre zu ihnen.

Teil 2: Rodriguez über Sellout-Ängste und seinen Spitznamen

SPOX: Eine weitere Bestätigung dürfte Dein Vertrag mit Nike gewesen sein. Du bekamst immerhin Deinen eigenen Signature Schuh. Inwiefern bist Du bei der Entwicklung beteiligt?

Rodriguez: Ich bin dafür verantwortlich, dass der Schuhe sich auf dem Skateboard gut anfühlt. Ich muss nicht auf das Design achten, dafür haben wir die besten Leute auf diesem Planten. Aber ich will ihnen vermitteln, was einen guten Skateboard-Schuh ausmacht. Insbesondere der Halt auf dem Board ist ganz entscheidend. Sie zeichnen dann 20, 30 Modelle, ich wähle meine Favoriten aus und merze die kleinen Macken aus. Die ganze Entwicklung dauert ein gutes Jahr.

SPOX: Fühlst Du Dich durch diesen Deal nicht als Sellout, der die Szene verraten hat?

Rodriguez: Nein, warum auch! Man sollte nie seine Wurzeln vergessen, gleichzeitig muss man aber gewisse Angebote einfach wahrnehmen. Ich höre ja auch nicht auf, neue Tricks zu lernen, sondern versuche immer, den nächsten Level zu erreichen. Und genauso verhält es sich mit dem Nike-Deal. Warum sollte ich nur auf Sponsoren setzen, die im harten Kern der Szene hoch angesehen werden? Am wichtigsten bleibt, dass man nie die Leidenschaft für das Skaten verliert.

SPOX: Wirst Du dennoch von Deinen Kollegen kritisch beäugt?

Rodriguez: Es gab ein paar negative Kommentare, aber ich kann mein Leben nicht nur nach anderen Leuten richten. Die Auszeichnung von "Transworld Skateboarding" hat mir gezeigt, dass ich auch von den Hardcore-Leuten weiterhin respektiert werde. Ich bin kein Außenseiter und habe in beiden Lagern, sowohl im harten Kern als auch bei den Mainstream-Jungs, gute Freunde. Trotzdem: Jeder darf seine Meinung haben, zum Glück muss ich nicht darauf hören (schmunzelt).

SPOX: Durch Deinen eigenen Signature Schuh stehst Du in einer Reihe mit Sportgrößen wie LeBron James, Roger Federer und Tiger Woods. Wie hört sich das an?

Rodriguez: Verrückt. Das hätte ich nicht für möglich gehalten. LeBron, Kobe, Michael Jordan, alle haben bei Nike ihren eigenen Schuh, und jetzt gehöre ich dazu. Wer weiß: Vielleicht ist es in zehn oder 20 Jahren wirklich so, dass Skateboarder auf einem Level mit LeBron und Co. sind. Ich hätte dann meinen Teil dazu beigetragen.

SPOX: Damit hättest Du Deinen Platz in den Geschichtsbüchern sicher. Als P-Rod, immerhin wirst Du kaum mit Deinem richtigen Namen gerufen. Woher kommt dieser Spitzname eigentlich?

Rodriguez: Diese Story glaubt mir wohl niemand. Ich habe mir im Fernsehen das "MTV Diary" von Jennifer Lopez angeschaut, da müsste ich 16 gewesen sein. Sie wurde darin allerdings immer nur J.Lo genannt. Also habe ich gedacht: Wie hört sich wohl mein Name an, wenn ich ihn genauso abkürze? P-Rod, okay, ziemlich bescheuert. Aber meine Kumpels haben ihn irgendwie übernommen, und auf einmal kannten ihn auch die Fans. Seitdem ist es explodiert, für jeden bin ich nur noch P-Rod. Aber das ist okay.

SPOX: Deinen Fans hast Du zuletzt mit einer sechsteiligen Dokumentation einen ganz besonderen Blick hinter die Kulissen ermöglicht. Dabei kamen einige sehr private Momente heraus, unter anderem ein Besuch bei Deiner Großmutter nach deren Krebsdiagnose. Warum hast Du Dich dafür entschieden?

Rodriguez: Ich fand es früher schade, dass man von den Skateboardern abseits der Events so wenig mitbekommt. Ich wollte immer wissen, wie zum Beispiel Eric Koston tickt, was er für ein Leben führt, worüber er sich Gedanken macht. Deswegen habe ich der Dokumentation zugestimmt. Dass es dabei sehr private Augenblicke gab, war so gar nicht geplant, aber ich habe es nicht bereut. Vielleicht hat mir das auch geholfen, den Krebs-Schock zu verdauen. Weiter würde ich aber nicht gehen, gewisse Themen gehören nicht in die Öffentlichkeit.

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