Baseball-Endspurt: Red Sox hui, Yankees pfui

Stefan Petri
20. September 201318:40
Strike three called! Alex Rodriguez (r.) auf dem Weg zur Bankgetty
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Bestandsaufnahme vor der Postseason: Während in Boston gejubelt wird, gehen im Big Apple langsam die Lichter aus. Trotzdem bleibt der Kampf um die Playoffs spannend, genauso wie bei den MVP-Awards: Miguel Cabrera und Mike Trout erhitzen die Gemüter. Während der Sport auf eine ungewisse Zukunft zusteuert, nimmt eine Legende Abschied - Exit Sandman.

Red Sox hui: Viel hat sich bei den Boston Red Sox getan, seit das Team vom Fenway Park im letzten Jahr eine Saison zum Vergessen hinlegte. 93 Niederlagen bedeuteten für die in den letzten Jahren erfolgsverwöhnten Fans harte Zeiten, am ersten spielfreien Tag wurde Manager Bobby Valentine prompt vom Hof gejagt und durch John Farrell von den Toronto Blue Jays ersetzt.

Darüber hinaus verordneten die Besitzer dem teuren Kader eine Rosskur: Im August wurden Stars wie Josh Beckett, Carl Crawford und Adrian Gonzalez in einem Monster-Trade zu den Los Angeles Dodgers abgeschoben. Stattdessen setzte man auf gute Stimmung im Clubhouse und einen Mix aus Nachwuchsspielern, guten Pitchern und gezielten Trades.

Das Rezept ging bisher voll auf: Acht Partien vor Schluss ist den Red Sox der Division Title nur noch theoretisch zu nehmen, mit einer Bilanz von 93-61 ist man das beste Team in der Major League. Verpflichtungen wie Mike Carp von den Mariners und Mike Napoli von den Rangers schlugen voll ein, David Ortiz (28 HR, 96 RBI) ist mit 37 so gut wie eh und je.

Auch auf dem Mound präsentiert sich das Team bärenstark: Mit Jake Peavy hat man einen erfahrenen Mann von den White Sox geholt, Jon Lester, John Lackey und Clay Buchholz komplettieren die Top 4, die sich vor keiner anderen Rotation verstecken müssen. Und dann gibt es da ja noch Closer Koji Uehara, der im September mal eben rekordverdächtige 37 Hitter in Folge ausschaltete - und das trotz stolzer 38 Jahre.

Nun bleiben noch zwei Wochen, um kleinere Verletzungen auszukurieren und die Rotation für die Playoffs in die Reihe zu bringen. Bis dahin heißt es abwarten, welches Team den Kampf um die Wild Card in der American League für sich entscheidet. "Wir haben noch Ziele", sagte Lackey, schließlich ist die Division noch nicht endgültig eingetütet. Die Playoffs hat man in Beantown zum ersten Mal seit 2009 aber sicher.

SPOX

Yankees pfui: Um die kämpfen auch die New York Yankees, und zwar mit Klauen und Zähnen. Dabei hat das Evil Empire, das seit 1995 nur einmal die Playoffs verpasste hatte, mit einer wahren Seuchensaison zu kämpfen.

Um die Luxury-Tax-Zahlungen möglichst niedrig zu halten, verpflichtete das Management vor der Saison hauptsächlich Altstars für ein oder zwei Jahre - schon da war eine überragende Saison mehr als fraglich. Danach kam es aber knüppeldick: Stars und Franchise-Ikonen wie Derek Jeter, Alex Rodriguez, Curtis Granderson, Kevin Youkilis und Mark Teixeira verpassten große Teile der Saison, die Offense hatte in der Folge mächtig zu kämpfen.

Durch einen anfangs starken Pitching Staff um den Japaner Hiroki Kuroda - das eigentlich Ace C.C. Sabathia spielt eine miserable Saison - konnte man den Rückstand auf die Playoff-Plätze in Grenzen halten, ein Midseason-Trade für den früheren Yankee Alfonso Soriano (15 HR in 50 Spielen für New York) und die Rückkehr von Rodriguez sorgten zwischendurch sogar für einen Zwischenspurt. Die beiden Wild-Card-Plätze schienen in Reichweite.

Aber dann verabschiedete sich "Captain" Jeter mit einer weiteren Knöchelverletzung, Outfielder Brett Gardner erwischte es ebenfalls, und der Bullpen fing an zu schwächeln. Von sieben Spielen gegen die Red Sox im September gewann man nur ein einziges und ließ dabei unglaubliche 59 Runs zu. "Wir sind verdammt kurz davor, jedes Spiel gewinnen zu müssen", sagte ein resignierter Manager Joe Girardi am Dienstag. "Wir sind an einem Punkt, an dem wir nicht mehr viel verlieren dürfen."

Wild-Card-Wahnsinn: Ähnlich würden das wohl eine ganze Reihe weiterer Manager in der American League formulieren: Im Kampf um die Hintertür in die Playoffs ist das reinste Chaos am Werk.

Zur Erinnerung: Im vergangenen Jahr führte die MLB die zweite Wild Card ein. Beide Wild-Card-Gewinner spielen in einer Sekt-Oder-Selters-Partie einen Sieger aus, der dann in eine Playoff-Serie gegen das beste Regular-Season-Team startet. So weit, so gut. Nur balgen sich kurz vor Saisonende gleich sechs Team mit realistischen Chancen um die beiden Plätze.

Texas, Tampa Bay, Cleveland, Baltimore, Kansas City und New York liegen gerade einmal dreieinhalb Siege auseinander, bei noch acht oder neun ausstehenden Partien ist alles möglich. "Wir nehmen jeden Sieg, egal wie", schnaufte Terry Francona von den Indians nach einem 2:1-Sieg gegen Houston am Donnerstagabend. Derzeit sieht es so aus, als würde sich die endgültige Playoff-Konstellation erst in der allerletzten Sekunde entscheiden.

Die Red Sox (AL East), Tigers (AL Central) und Athletics (AL West) können sich das Massaker mit ruhigem Blutdruck anschauen: Sie haben ihren Division-Titel schon so gut wie in der Tasche. In der National League ist die Lage ebenfalls ungleich entspannter: Atlanta (NL East) und die Dodgers (NL West) haben ihre Division sicher, in der Central Division machen St. Louis, Pittsburgh und Cincinnati den Division-Winner und die beiden Wild Cards untereinander aus.

Moment... Pittsburgh? Die Pirates??? Tatsächlich: Die langjährige Lachnummer im Baseball hat es endlich geschafft. Am vierten September gelang dem Team um Center Fielder Andrew McCutchen der 81. Saisonsieg - der gleichzeitig bedeutete, dass das Team aus Pennsylvania zum ersten Mal seit 1992(!) keine negative Saisonbilanz einfahren würde. Der Division Title ist noch in Reichweite, die Wild Card ist den Freibeutern nicht mehr zu nehmen. Zeit also für knallende Korken? "Wir sind hier, um die World Series zu gewinnen. Das ist nur der erste Schritt", betont McCutchen, der eine überragende Saison spielt (.327 AVG, 20 HR, 27 SB).

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Kershaw for MVP: Damit reiht sich McCutchen in die Riege der MVP-Kandidaten in der National League ein. Der 26-Jährige überzeugt sowohl offensiv als auch defensiv und steigerte seine Leistung im September noch einmal auf einen Average von .469. Stellt man seine gesammelten Statistiken gegen andere Ausnahmespieler wie Matt Carpenter (führt die NL mit 177 Hits, 114 Runs und 77 Doubles an), Joey Votto (23 HR, .307 AVG) oder Paul Goldschmidt (34 HR, 118 RBI), sollte er zum jetzigen Zeitpunkt die Nase vorn haben.

Wenn da nicht Clayton Kershaw wäre. Wenn man nach dem derzeit besten Pitcher im Baseball fragen würde, der Linkshänder der Dodgers läge wohl haushoch vorn: Ein ERA von derzeit 1,94 führt die Majors komfortabel an, 214 Strikeouts und 223 Innings auf dem Mound tun ihr übriges. Mit Matt Harvey von den Mets und Rookie Jose Fernandez (Marlins) gibt es weitere würdige Kandidaten, aber Kershaw ist ihnen haushoch überlegen.

Experten spekulieren, dass der nächste Deal des 25-Jährigen, dessen Vertrag in diesem Jahr ausläuft, die 300-Millionen-Dollar-Grenze sprengen könnte - er ist schlicht und ergreifend so unfassbar gut (und die Dodgers haben unfassbar viel Geld, das sollte man dazusagen). Die Vereinigung der amerikanischen Baseball-Journalisten wird schließlich entscheiden müssen, ob Kershaws Leistung auch den MVP-Award verdient. Den Cy-Young-Award für den besten Pitcher hat er längst in der Tasche.

Glaubenskampf in der Baseball-Szene: In der American League, bietet sich, ähnlich wie im Kampf um die Wild Card, ein schwierigeres Bild. Dort entwickelt sich die Vergabe der der Awards wohl ein weiteres Mal zum "Kampf der Kulturen": Wer den Film "Moneyball" mit Brad Pitt gesehen hat, der weiß, dass sich bei der Beurteilung der Spieler in den letzten 15 Jahren einiges getan hat. In einem Sport, der wie kein zweiter auf Tradition und "Codes" und "Das haben wir schon immer so gemacht" bedacht ist, mahlen die Mühlen langsam.

Während Hitter, ja man kann fast sagen "jahrhundertelang", nach den gleichen Kategorien beurteilt wurden (Hits, Runs, Average, RBIs, Homeruns) - ähnlich sieht es bei Pitchern mit gewonnenen Partien und ERA aus - hat sich ein vorzugsweise jüngeres Publikum anderen Analyse-Methoden verschrieben: "Sabermetrics" heißt das Zauberwort. SPOX

Dabei kommt den Analysten zugute, dass sich Baseball im Vergleich zu Sportarten wie Basketball und Fußball schön säuberlich in einzelne Spielzüge einteilen lässt, die man anschließend auswerten kann. Zudem sind die einzelnen Akteure größtenteils unabhängig von der Performance ihrer Mitspieler. Dadurch haben sich Statistiken wie etwa xFIP (Expected Field Independent Pitching ) und ERA+ für Pitcher entwickelt, oder aber UZR (Ultimate Zone Rating) für die Defense. Websiten wie "Baseball Prospectus" oder "Fangraphs" bündeln die Energie der Analysten gleich in allumfassende Bewertungsmethoden wie WAR (Wins Above Replacement - wie viele "Siege" ist ein Spieler wert) oder Win Shares.

Umgekehrt werden traditionelle Statistiken wie Wins bei den Pitchern oder RBIs bei den Hittern belächelt, da diese zum (Groß)Teil kontextabhängig sind - ein Pitcher wird viel mehr Siege einfahren, wenn sein Team offensiv stark ist, ein Slugger mehr Runs produzieren, wenn er in einem guten Team spielt.

Daraus hat sich ein wahrer Glaubenskampf in der Baseball-Szene entwickelt, gerade wenn es um individuelle Auszeichnungen geht: Spielt es eine Rolle, ob das betroffene Team in die Playoffs einzieht? Kann man die althergebrachten Bewertungsmethoden einfach vernachlässigen? Hat ein von "Statheads" entwickeltes WAR nun die Deutungshoheit über die guten alten Homeruns und RBIs inne?

Cabrera / Scherzer oder Trout / ???: Zwei Stars der Detroit Tigers liegen dabei ganz besonders im Fokus: Third Baseman Miguel Cabrera ist am Schlagmal der wohl derzeit beste Spieler dieses Planeten. In der letzten Saison lag der Slugger bei Homeruns (44), Average (.330) und RBIs (139) vorn und sicherte sich damit die "Triple Crown" - zum ersten Mal seit 1967 lag ein Spieler in diesen drei Kategorien vorn. Dementsprechend wurde er mit haushohem Vorsprung zum MVP gewählt.

Aber schon damals deuteten einige Statistiken auf einen anderen Spieler: Mike Trout von den Angels wurde mit 21 zum Rookie of the Year gekürt, und obwohl die nackten Zahlen vielleicht nicht ganz so beeindruckend schienen, lag er bei den Sabermetrics dank guter Defense und starkem Baserunning eigentlich vorn.

Dieses Jahr stellt sich ein ähnliches Problem: Cabrera spielt bis dato eine wieder überragende Saison (44 HR, 134 RBI, .347 Avg) - wird die Triple Crown aber nicht verteidigen können. Trout (26 HR, .330 Avg., 33 SB, 108 R) hat dagegen im Vergleich zum Vorjahr noch einmal eine Schippe draufgepackt - und liegt in Sachen WAR wieder in Führung. Allerdings haben seine Angels keine Chance auf die Postseason. Sollte er sich trotzdem den MVP-Award sichern, könnte das eine Wachablösung im Baseball einläuten.

Bei den Pitchern liegen derzeit mehrere Asse Kopf an Kopf und können sich realistische Chancen auf den begehrten Cy-Young-Award machen. Annibal Sanchez (2,51 ERA), Yu Darvish (2,81 ERA, 260 K), Hisashi Iwakuma (2,76 ERA, 211.2 IP) und Max Scherzer (2.95 ERA, 227 K) haben alle gute Karten. Letzterer pitcht jedoch für Powerhouse Detroit und hat dank guter Offense hinter sich 19 Siege und nur drei Niederlagen auf dem Konto.

Eine Bilanz von 19-3 ist ungefähr so selten wie eine totale Sonnenfinsternis und wäre in der Vergangenheit eigentlich automatisch mit dem Award einhergegangen. Bei Scherzer werden jedoch immer wieder skeptische Stimmen laut - sodass Tigers-Manager Jim Leyland kürzlich der Kragen platzte. "Ich glaube nicht an das ganze Zeug", wetterte er, "ich höre da nicht zu und habe auch keine Lust, darüber zu reden. Macht doch, was ihr wollt." Er hätte lieber "einen Pitcher über den niemand spricht und der 15 Spiele gewonnen hat als einen, bei dem sich alle vor Begeisterung überschlagen, der aber nur fünf Siege auf dem Konto hat".

Damit steht Leyland exemplarisch für die wachsende Kluft im Baseball in Sachen Analyse und Spielerbewertung. Gut für ihn: Einen wirklich überragenden Pitcher a la Kershaw gibt es in dieser Saison in der American League nicht, Scherzer hat also gute Chancen. Sollte ihm Saison-Endspurt kein "Fehlstart" unterlaufen, wird ihm der Win-Loss-Record wohl die Auszeichnung sichern.

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Exit Sandman - Mo auf Abschiedstour: Der beste Closer aller Zeiten hängt seinen Handschuh an den Nagel. Mariano "Mo" Rivera beendet nach der Saison seine Karriere. Nachdem sich der 43-Jährige, der sich im Mai des letzten Jahres beim Warmmachen einen Kreuzbandriss zugezogen hatte, schob er seinen Abschied um ein weiteres Jahr hinaus und kehrte 2013 ein letztes Mal auf die große Bühne zurück - 23 Jahre, nachdem er von den Yankees gedraftet wurde.

Mit einem Earned Run Average von 2,25 und sieben verpassten Saves spielt der wohl dominanteste Reliever aller Zeiten (0,70 ERA in den Playoffs!) eine gute, aber für seine Verhältnisse nicht überragende Saison. 44 Saves konnte er auf seiner Abschiedstour durch die gegnerischen Stadien schon sammeln - und die ließen sich nicht lumpen. Wo immer Rivera zum letzten Mal aufs Feld tritt, überbieten sich die Gegner mit Ehrungen und die Fans mit Standing Ovations.

Dabei haben sie es jahrelang gehasst, wenn der in Panama geborene Pitcher zu den Klängen von Metallicas "Enter Sandman" aus dem Bullpen kam und die Gegner im neunten Inning mit seinem Cutter reihenweise niedermähte. Jetzt hagelt es Memorabilien: Plaketten, zerbrochene Baseball-Schläger, Schaukelstühle und jede Menge Schecks für seine Stiftung - über die Jahre hat Mo auch die Herzen der gegnerischen Fans erobert. Beim All-Star-Game in diesem Jahr pitchte er ein Inning und wurde prompt zum MVP gekürt,

"Wir sind wie Brüder", sagte Derek Jeter über seinen langjährigen Teamkollegen, mit dem er fünfmal die World Series gewonnen hat. "Wenn man von einem anderen Team kommt, hört man immer 'toller Typ, toller Teamkollege, einfach unglaublich'", beschreibt Relief-Pitcher Shawn Kelley den gläubigen Christen, der nebenher in einer Gemeinde als Pastor aktiv ist. "Man hört das alles, und wenn man ihn endlich trifft, dann enttäuscht er dich nicht. Man sieht ihn und denkt: 'Wow.' Eigentlich kann niemand so gut und fehlerfrei sein, dass er solchen Erwartungen gerecht wird. Aber er ist es. Er ist das einzig Wahre."

Wenn alles für die Yankees läuft, wird man in den Playoffs ein letztes Mal Riveras Musik hören können. Aber selbst wenn die Bronx Bombers die Postseason verpassen: Mos Rekorde (652 Saves, 13x All-Star, World Series MVP 1999) stehen für die Ewigkeit. Die Hall of Fame kann kommen - wenn er es sich nicht doch noch einmal anders überlegt. "Es gibt keinen Grund, warum er im nächsten Jahr nicht zurückkommen könnte", hofft Manager Joe Girardi. One Mo time: Warum eigentlich nicht?

Quo vadis, Baseball? Baseball - "Amerikas liebster Zeitvertreib" - steht am Scheideweg. Behaupten die einen. Das Spiel bietet zu wenig Action, die Partien dauern viel zu lang, die Einschaltquoten sinken, die Jugend wendet sich eher Basketball und Fußball zu. Der Sport ist gesund, halten die anderen dagegen: TV-Verträge erreichen regelmäßig Rekordsummen - die Dodgers unterschrieben Anfang des Jahres einen lokalen Deal über 25 Jahre, für den sie unfassbare sieben Milliarden Dollar bekommen - internationale Talente kommen in die Liga, das Interesse im Ausland wächst.

In Sachen Einnahmen machen die Teams tatsächlich einen enormen Reibach, da der Wert von Live-Events im Fernsehen ständig steigt und Baseball immerhin 162 Tage bietet, Playoffs exklusive. In der öffentlichen Wahrnehmung gibt es allerdings Nachholbedarf. Basketball-Superstars wie LeBron James und Kobe Bryant transzendieren ihren Sport in aller Welt, Football bietet seinem Sport mit Quarterbacks wie Tom Brady und Peyton Manning ein Gesicht. Miguel Cabrera und Clayton Kershaw sind dagegen wohl nur eingefleischten Baseball-Fans wirklich ein Begriff. SPOX

Eine neue Studie von "ESPN" fragte kürzlich 1028 Fans nach dem "Gesicht von Baseball". Wer steht momentan wie kein Zweiter für den Sport. Ergebnis: 22 Prozent der Befragten nannten Alex Rodriguez von den Yankees - einen 38-Jährigen im Spätherbst seiner Karriere, der zudem gerade öffentlichkeitswirksam gegen eine Rekordsperre von 211 Spielen wegen Dopings kämpft. Auf Rang zwei mit zwölf Prozent folgt Derek Jeter, 39, ebenfalls auf der Zielgeraden seiner Laufbahn, der fast die ganze Saison verletzt fehlte.

Jeter bringt auf genauso viele Nennungen wie Cabrera und Trout gemeinsam, dabei sind sie die mit Abstand besten Spieler. Kein Pitcher brachte es auf mehr als ein Prozent. Mindestens genauso bedeutsam: Für elf Prozent der Fans gibt es kein Gesicht des Sports. Selbst als ihnen die Forscher eine Liste mit Spielern vorlegten, aus denen sie bis zu drei Spieler aussuchen durften, brachte es nur Jeter über 25 Prozent. Jungstars wie Bryce Harper, Yasiel Puig oder Manny Machado? Fehlanzeige.

Nun ist es bei einem Sport, in der selbst ein Superstar nur jedes neunte Mal schlägt und ein Pitching Ace nur alle fünf Tage aufläuft, schwierig, die Bekanntheitsgrade eines LeBron zu erreichen, der in jeder Sekunde auf dem Feld der bestimmende Mann sein kann. Zudem hält sich die Liga traditionell zurück, wenn es darum geht, Einzelpersonen über die Teams zu stellen.

Das führt dazu, dass die Teams bis auf Ausnahmen wie die Yankees oder die Red Sox vor allem "regionale Größen" sind, deren Stars für die eigenen Anhänger das Gesicht des Sports darstellen. Das führt aber gleichzeitig dazu, dass der Gelegenheitsfan oder neutrale Beobachter immer weniger zu greifen hat, keine Namen findet, er ihn im Oktober vor den Fernseher zieht. Und es deswegen kein Wunder ist, wenn die World Series im nächsten Monat wieder verhältnismäßig wenige Zuschauer anlockt.

Balentien knackt Nippon-Rekord: Ein kleiner Seitenblick über den großen Teich lohnt sich hin und wieder auch einmal. In der "Nippon Professional Baseball"-Liga in Japan hat Slugger Wladimir Balentien den 49 Jahre alten Homerun-Rekord von Legende Sadaharu Oh gebrochen. Am vergangenen Sonntag schlug der 29-Jährige, der in der MLB Aufenthalte bei den Seattle Mariners und den Cincinnati Reds vorzuweisen hat, gleich zwei Pitches aus dem Jingu Stadion in Tokio.

Damit hatte der Outfielder aus Curacao, der für die Tokyo Yakult Swallows spielt, 2013 insgesamt 57 Home Runs auf dem Konto - zwei mehr als Oh. "Ich möchte den Fans für ihre Unterstützung danken", sagte er danach. "Es war ein tolles Gefühl, so etwas werde ich wohl nie wieder erleben." Bei noch einigen ausstehenden Partien könnte er sogar die 60er-Marke knacken. Dabei steht sein Rekord aber auch für einen Wandel in Japan.

Denn bereits vor Balentien waren mehrere Spieler nahe dran am Rekord - nur um festzustellen, dass Oh, der in seiner Karriere insgesamt unfassbare 868 Homeruns schlug - im Land der aufgehenden Sonne eine Art nationales Heiligtum ist. Tuffy Rhodes und Alex Cabrera waren zu Beginn des Millenniums ebenfalls kurz davor, wurden dann von den Pitchern per Walk daran gehindert, die Bestmarke einzustellen. Mittlerweile ist Oh aber nicht mehr als Trainer im Baseball aktiv - offenbar hat sich die Lage entspannt.

Da ist es nur eine Randnotiz, dass die japanische Liga im Juni zugegeben hatte, einen neuen Ball eingeführt zu haben, der den drastischen Anstieg an Homeruns in diesem Jahr erklärt. Balentien wird es sicherlich Recht sein.

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