"Seb und ich hatten anderes im Kopf"

Dominik Geißler
06. April 201711:36
Maximilian Götz (M.) sicherte sich 2003 den Meistertitel in der Formel BMW vor Sebastian Vettelxpb
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Maximilian Götz startet 2015 mit Mücke Motorsport in seine erste DTM-Saison. Der 29-Jährige spricht im Interview mit SPOX über seine Erwartungen, die Höhen und Tiefen seiner bisherigen Karriere und seine Erlebnisse mit Sebastian Vettel und Lewis Hamilton. Zudem erzählt Götz von seiner eigenen Bar und seiner Tätigkeit bei der freiwilligen Feuerwehr.

SPOX: Herr Götz, Sie starten dieses Jahr mit Mücke Motorsport für Mercedes in Ihre erste DTM-Saison. Wann haben Sie von dem Engagement erfahren?

Maximilian Götz: Direkt erfahren habe ich es am 23. Dezember. Das war natürlich ein sehr schönes Vorweihnachtsgeschenk. So etwas Gutes erfährt man nicht jeden Tag, deswegen war das genau zum richtigen Zeitpunkt.

SPOX: Was erwarten Sie sich für die Saison 2015?

Götz: Wir waren testen und da merkt man, dass die anderen Jungs erfahrener und länger dabei sind. Im ersten Jahr steht deswegen primär das Lernen im Vordergrund, einen Rhythmus zu finden und klar: So viele Punkte wie möglich einzufahren. Top-Ten-Platzierungen sind also definitiv ein Ziel. Ein persönliches Highlight wäre eine Podiumsplatzierung. Das wäre die Krönung für mein erstes DTM-Jahr.

Der DTM-Rennkalender im Überblick

SPOX: Mit 29 Jahren haben Sie relativ spät den Sprung in die DTM geschafft. Sehen Sie dadurch vielleicht Vorteile, insbesondere zu den anderen Rookies?

Götz: Egal ob du 23 oder 29 bist, du hast schon eine gewisse Erfahrung. Persönlich bin ich vielleicht ein bisschen reifer - auch durch meine Vergangenheit im Motorsport. Ich würde schon sagen, dass es Unterschiede gibt. Aber was das Fahrerische betrifft, sind alle auf einem ähnlichen Stand. Es ist eher die Herangehensweise und das Abgeklärte dann im Rennen. Und da sehe ich schon einen kleinen Vorteil, ja.

SPOX: Sie sprechen Ihre Vergangenheit an. In der Formel BMW sind Sie gegen Nico Rosberg gefahren und haben 2003 Sebastian Vettel geschlagen. Wie haben Sie sich mit den beiden verstanden?

Götz: Ich bin mit elf Jahren bis wir volljährig waren mit Sebastian gefahren. Auf der einen Seite waren wir Konkurrenten, ganz klar war das knallharter Kampf. Auf der anderen Seite: Mit 15 Jahren in Monaco hatten Seb und ich zum Beispiel noch andere Dinge im Kopf. Da waren wir zusammen im Hafenbecken fischen. Wir haben uns eine Angelschnur im Laden nebenan gekauft und einen Köder rausgeschmissen. Wir haben nicht nur Motorsport gemeinsam erlebt, sondern auch private Momente gehabt. Das vergisst man natürlich nicht. Wenn wir uns sehen, trinken wir einen Kaffee gemeinsam und reden über die alte Zeit.

SPOX: Und mit Lewis Hamilton? Sie waren Teamkollegen.

Götz: Das ist ähnlich: Wir sind zusammen Kart und Formel 3 gefahren. Letztes Jahr bei Stars and Cars, dem Saisonabschluss von Mercedes in Stuttgart, haben wir uns umarmt und uns gefreut, dass wir uns wieder gesehen haben. Da gibt es auf jeden Fall eine Bindung, vor allem wenn man schon so lange zusammen im Motorsport unterwegs ist.

SPOX: Sind Sie neidisch auf den heutigen Erfolg der drei?

Götz: Nein. Ich bin sehr froh, dass ich in der DTM bin und von daher gibt es für mich überhaupt keinen Grund für Neid. Sie haben es verdient. Jeder ist seinen Weg gegangen, der eine etwas schneller, der andere etwas langsamer. Ich bin genau da, wo ich hin wollte. Das war mein Ziel, mein Traum. Von daher ist alles gut.

SPOX: Kommen wir auf Ihre Anfänge zu sprechen. Wie sind Sie zum Motorsport und zum Kartfahren gekommen?

Götz: Mein Vater ist früher schon Rennen gefahren und ich war als kleiner Bub immer dabei. Am Norisring habe ich mit neun Jahren Bernd Schneider auf der Rennstrecke fahren sehen und dachte mir: 'Boah, da magst du auch mal hin!' Meine Eltern wollten am Anfang eigentlich nicht, dass ich Kart fahre, aber ich hatte richtig Spaß daran und es ist immer mehr geworden. Die Gene sind also schon von meinem Vater durchgebrochen.

SPOX: Ihr Talent war unbestritten, dennoch mussten Sie aus finanziellen Gründen aus der Formel 3 zurücktreten. Haben Sie jemals ans Aufgeben gedacht? SPOX

Götz: Ich habe an den Dingen, die passiert sind, gezweifelt. Aber im Endeffekt muss man da drüber stehen und immer weiter kämpfen. Selbst als ich mal anderthalb Jahre nicht im Auto gesessen bin, habe ich jeden Tag trainiert und irgendwann kam der Tag, an dem einen das positive Schicksal ereilt. Man kann sowas nicht planen und wie es am Ende wird, weiß keiner. Deswegen: Immer daran glauben, immer weiter kämpfen und immer seine Ziele verfolgen.

SPOX: Das heißt, Sie haben immer an die Chance geglaubt, eines Tages in der DTM fahren zu können?

Götz: Nein, es war ein Traum. Erst nachdem ich im Kundensport mit AMG gefahren bin, Erfolge da waren und es die ersten Anzeichen Richtung DTM-Tests gab, war es dann ein Ziel. Ich habe die Chance gepackt und im Endeffekt hat es geklappt. Es waren Etappen, die dazu geführt haben.

SPOX: Bereuen Sie irgendeine Entscheidung in Ihrer Karriere?

Götz: Eigentlich nicht. Ich bin sehr froh, wie es gelaufen ist und ich kann sehr froh sein, wo ich jetzt stehe - hoffentlich vor einer langen DTM-Karriere. Klar, im Nachhinein hätte man das und das anders machen können, aber ich finde, das gehört dazu. Genauso wie sich Michael Schumacher damals mit Willi Weber reingefuchst hat, um im Jordan das erste Formel-1-Rennen fahren zu können.

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SPOX: Was war - bis auf das DTM-Engagement - der schönste Moment Ihrer bisherigen Karriere?

Götz: Mein erster großer Titel 2003 in der Formel BMW war damals mit 17 Jahren mega. Mein persönliches Highlight war aber der 24-Stunden-Sieg an der Seite von Bernd Schneider, meinem großen Vorbild in der DTM im Jahr 2013. Mit ihm so ein mega Rennen gleich im ersten Anlauf zu gewinnen ist nicht selbstverständlich. Es hat einfach alles gepasst und war für mich emotional das Größte.

SPOX: Sie sind Formelwagen gefahren, waren im GT-Sport erfolgreich unterwegs und haben Erfahrung mit Tourenwagen gesammelt. Wie unterscheiden sich Ihrer Meinung nach die verschiedenen Rennklassen?

Götz: Monoposto ist das direkteste, was du machen kannst. Es ist wie Go-Kart fahren, nur noch viel geiler. Das ist einfach das pure Fahren. Man hat viel Aerodynamik, ein leichtes Fahrzeug, man kann sehr spät bremsen und hat keine Servolenkung. Der GT im Vergleich ist sehr schwer und relativ groß. Man hat ein Dach über dem Kopf, ABS und Traktionskontrolle. Man kann sich auch mal gegenseitig anlehnen, sodass die Spiegel bei der Konkurrenz wegfliegen. In der DTM hat man im Vergleich zum GT viel mehr Downforce, ein leichteres Auto, Keramikbremsen und die Technik ist noch verfeinert. Es ist eigentlich wieder ein Schritt hin zum Monoposto-Gefühl. DTM und Monoposto macht dementsprechend am meisten Spaß.

SPOX: Was sehen Sie als ihre größte Stärke beim Fahren an?

Götz: Dass ich einen kühlen Kopf bewahre, nichts überstürze und vorausschauend Richtung Punkte und Meisterschaft denke. Also ich gucke gar nicht so auf die Einzelplatzierung, sondern eher auf das ganze Jahr. Das ist meine Stärke, dass ich die Ruhe bewahren kann, das Gesamtpaket sehe und nicht den Einzelsieg. Ich bin also jemand, der sehr überlegt fährt.

SPOX: Was sehen Sie als Ihre größte Schwäche beim Fahren an?

Götz: Ich schaue zu oft in den Rückspiegel (lacht). Meine größte Schwäche ist vielleicht, dass bei mir im Qualifying der Kopf ein bisschen zu viel mitspielt und ich mir denke: Wenn ich hier zu viel riskiere, habe ich vielleicht einen Quersteher und verliere ein Zehntel. Also gehe ich eher von unten an die Sache heran und nicht von oben. Das kann im Qualifying das ein oder andere Tausendstel kosten.

SPOX: Man sagt, dass es in der Formel 1 keine Freunde, sondern nur Konkurrenten gibt. Wie ist das bei Ihnen?

Götz: Auf der Rennstrecke geht es für jeden nur darum, der Beste zu sein. Man hat vielleicht ein bisschen mehr Respekt, wenn es der direkte Teamkollege ist. Man schaut dann schon auf das Ergebnis des Herstellers, aber im Endeffekt gibt es keine Freunde. Das muss man ganz hart so sagen. Klar, abseits der Rennstrecke gibt es welche, mit denen man sich gut versteht. Aber sobald die Ampel auf Grün schaltet, ist Schluss mit lustig. Ich glaube, das ist in jedem Sport so.

SPOX: Stellen Sie sich vor, Sie wären nicht professioneller Rennfahrer geworden. Wie würde Ihr Leben wohl dann heute aussehen?

Götz: Ich glaube, ich wäre in die Automobil-Entwicklung gegangen. Das würde mir sehr gut liegen, da ich ein Gespür dafür habe, wie sich etwas anfühlt und was vielleicht besser sein kann. Ansonsten: Ich habe auch noch eine Bar, die ich mit meinem Bruder zusammen betreibe. Die läuft eigentlich sehr gut und ich habe sehr viel Spaß daran. Aber das ist von den Jahren her sehr begrenzt, in denen man das macht. Irgendwann hat man die Nase voll davon, immer in der Bar zu stehen und immer dann zu arbeiten, wenn die anderen frei haben.

SPOX: Wenn Sie nicht trainieren, wie verbringen Sie dann Ihre Freizeit?

Götz: Ich bin viel in der freien Natur, fahre gerne Rennrad oder Mountainbike. Natürlich verbringe ich sehr viel Zeit mit Freunden und meiner Familie. Das ist mir sehr wichtig. Ab und zu bin ich auch bei der freiwilligen Feuerwehr (lacht).

SPOX: Hatten Sie bei der freiwilligen Feuerwehr auch schon Einsätze?

Götz: Ja, klar. Wenn es mal brennt, bin ich natürlich am Start. Ich darf das Feuerwehrauto - das natürlich ein Mercedes Benz ist - dann zum Einsatz fahren und habe auch schon einige Sachen miterlebt. Es macht mir Spaß, Leuten zu helfen. Das ist eine Selbstverständlichkeit für mich, deswegen gehe ich da gerne hin.

SPOX: Wenn Sie fahren, sind Sie wahrscheinlich immer der Erste am Einsatzort.

Götz: Ja, so ziemlich. Ich werde nicht im letzten Auto sitzen, sondern wenn ich fahre, bin ich auch relativ schnell vor Ort (lacht).

Marco Wittmann im SPOX-Interview

SPOX: Im Hollywoodfilm "Rush", der die Rivalität zwischen Niki Lauda und James Hunt behandelt, hatten Sie eine Rolle als Stuntman. Wen haben Sie verkörpert und was war das für eine Erfahrung für Sie?

Götz: Es war cool, die alten Kisten zu fahren! Das war schon sehr interessant, mal in einem Hollywoodfilm mitzuwirken. Ich bin ein paar Mal James Hunt, Niki Lauda und Clay Regazzoni gefahren, also die Ferraris und McLarens. Das war eine coole Erfahrung. Manchmal haben wir Laudas und Hunts Darsteller Daniel Brühl und Chris Hemsworth am Set gesehen. Daniel ist sehr offen, hat auch viel Wissen über Motorsport und sich in die Story von Niki Lauda eingelesen. Er hatte auch viel Spaß am Fahren und hat auch selbst mal ein paar Runden auf der Rennstrecke gedreht.

SPOX: Und könnten Sie sich vorstellen, nach Ihrer Karriere komplett in die Schauspielbranche einzusteigen?

Götz: Mal gucken, ob ich der richtige Mann dafür bin (lacht). Ich habe schon mehrere solcher Szenen gemacht, auch Werbespots gedreht. Es ist nicht ohne, aber es macht Spaß, hinter die Kulissen zu gucken und vielleicht könnte es nach der Karriere wirklich eine Option sein.

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