Kentucky ist weiter auf dem Weg zu 40-0, hat gegen Notre Dame jedoch den ersten Schuss vor den Bug kassiert. Die Badgers hoffen im Rematch (2.45 Uhr im LIVE-TICKER) auf ein brandheißes Duo und Treffsicherheit von außen. Duke und Coach K setzen gegen die Spartans (0 Uhr im LIVE-TICKER) vor allem auf den möglichen Top-Pick im NBA-Draft - und der Außenseiter um den Deutschen Gavin Schilling will einfach härter sein als der Gegner. Die Final-Four-Teams in der Vorschau.
Kentucky: Erste Delle in der Rüstung
Eigentlich haben die Wildcats ja schon Geschichte geschrieben: Noch kein College-Team brachte es jemals auf 38 gewonnene Partien, das letzte unbesiegte Team (Indiana 1976) musste schließlich weniger Spiele absolvieren. Aber gegen Notre Dame hat nicht viel gefehlt und die Über-Truppe von John Calipari wäre zum Gespött der Nation geworden. "Sie sind direkt auf uns los", musste der Coach zugeben. "Sie hatten keine Angst, sie waren selbstbewusst."
Aber: "Wir haben in der Schlussphase gut gespielt." Vor allem in den letzten zweieinhalb Minuten. Denn da zeigte die gefürchtete Defensive der Wildcats um Big Man Karl-Anthony Towns ihre Zähne und ließ keinen einzigen Zähler mehr zu. "Der Druck hat uns wahrscheinlich angetrieben", erklärte Andrew Harrison, der mal wieder mit einem Big Shot glänzte - ein Dreier drei Minuten vor dem Ende. "Wir hatten keine Wahl, sonst hätten wir verloren."
So ganz im Geheimen wird sich Dompteur Calipari wohl darüber freuen, dass seinem Team in der Schlussphase so richtig die Pumpe ging. Wer derart dominiert und dank des eigenen Talents durch manche Spiele fast schon schlafwandeln darf, kann einen solchen Schrecken gut gebrauchen. "Wir wissen, dass wir nicht perfekt sind", gab er sein Mantra dann auch zum Besten. "Wir sind noch ungeschlagen, aber nicht perfekt. Wir sind ein sehr junges Team, und das hat man gesehen."
In der Tat. Wer Jahr für Jahr derart viel Talent in die NBA schleust, der muss auf Erfahrung eben verzichten. Nur zwei Spieler, die gegen die Fighting Irish mehr als zehn Minuten den Court sahen, duften sich im Finales des vergangenen Jahres beweisen, die Harrison-Zwillinge. Der Rest: Freshmen und Junior Willie Cauley-Stein, der verletzt hatte zuschauen müssen.
Nun geht es also ans Rematch gegen die Badgers, die Andrew Harrison im letzten Jahr mit seinem unglaublichen Clutch-Dreier ausgeknockt hatte. Eine Leistungssteigerung ist dringend vonnöten, denn Wisconsin ist extrem gut drauf. Vor allem die Dreierschützen muss man in den Griff bekommen - besonders oft wird sich der Gegner womöglich gar nicht in die Zone wagen. Gut für Calipari: Defensiv-Garant Karl-Anthony Towns hat gegen Notre Dame auch offensiv überzeugt (10/13 FG), die NBA-Scouts dürften aufgemerkt haben. "In der zweiten Hälfte (8/8 FG) habe ich den Coaches einfach vertraut. Das Resultat spricht für sich", so der mögliche Top-Pick im Draft.
Und im Zweifelsfall bleiben ja immer noch die Harrisons. Rufen die in der Crunchtime ihre Fähigkeiten und ihre Erfahrung ab, ist man in ein paar Tagen womöglich sowohl ungeschlagen als auch perfekt.
Wisconsin: Mehr Glück im Rematch?
Seit 1941 warten die Badgers auf die Meisterschaft. Kein Wunder also, dass Forward Sam Dekker nach dem Sieg gegen Arizona zu Center Frank Kaminsky ging und ihn mit den Worten grüßte: "Auf geht's, lass uns einen Titel holen." Wieder fehlen zwei Siege und wieder steht das mächtige Kentucky im Weg.
Das Selbstvertrauen im Team von Bo Ryan ist dennoch enorm hoch. Dazu hat man allen Grund: Im letzten Jahr fehlte bekanntlich nicht viel, man hat pünktlich zum Tournament die eigene Bestform erreicht - und Notre Dame macht Hoffnung. Schließlich sind die Badgers eine verbesserte Version der Irish, wenn man so will. "Wisconsin spielt ein bisschen so wie wir, sie sind technisch stark und sie können die gegnerische Defense auseinanderziehen", wusste schon Notre-Dame-Coach Mike Brey, nachdem er vom Final-Four-Matchup erfuhr. "Und sie sind etwas kräftiger, unter dem Korb größer als wir."
Tatsächlich ist Wisconsin, vor allem mit dem Duo Dekker und Kaminsky, fast perfekt dazu geeignet, die Schwächen der Wildcats auszunutzen. Gegen Towns, Cauley-Stein und Co. ist unter dem Korb nicht viel zu holen - aber wenn Kaminsky, dessen Range fast bis zum Parkplatz reicht, seinen Gegenspieler an die Dreierlinie herausziehen kann, verschieben sich die Kräfte. 29 Punkte legte er gegen Arizona auf.
Dekker ist fast noch heißer: 50 Punkte in den letzten zwei Spielen, gegen die Wildcats 20 Punkte nach der Pause. Ein ums andere Mal traf er von draußen, einen Dreier nach dem anderen. Dazu kommt die starke Supporting Cast mit weiteren sicheren Dreierschützen, die mit dafür sorgte, dass Ryans Team in der Regular Season die beste Offensive Efficiency seit Beginn der KenPom-Aufzeichnungen 2002 hinlegte und Arizona so viele Punkte beibrachte wie noch kein Team in diesem Jahr.
Wenn ein Team Kentucky von außen abschießen kann, dann sind die Badgers Kandidat Nummer eins (10/12 3FG in der zweiten Hälfte gegen Arizona, eines der besten Defensiv-Teams der letzten Jahre). Heiße Schützen von außen, disziplinierte Defense mit sehr wenigen Fouls, genügend Länge unter dem Korb - nur Kentucky ist größer - und ein One-Two-Punch, der sich sehen lassen kann. Legen Kaminsky und Dekker zusammen wieder 50 Zähler auf, ist alles möglich.
"Meine Spieler sind noch nicht zufrieden", so Ryan. Und: "Sie wissen, was nötig ist: Ein perfektes Spiel, oder zumindest nah dran, um diese Jungs zu schlagen. Wir werden sehen, ob es in uns steckt."
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Duke: Amerikas Lieblingsfeind als Außenseiter
Amerikas Basketball-Retter. Olympiagold-Macher. Und Duke-Ikone. Coach K - Mike Krzyzewksi für die Uneingeweihten - gehört zum Big Dance dazu wie kein Zweiter. Zum zwölften Mal ist der Mann mit der markanten Nase, aber dem sonst recht unscheinbaren Äußeren, beim Final Four dabei. Niemand hat mehr Teilnahmen auf dem Konto. Niemand hat in der Division I, also dem höchsten College-Level, 1000 Siege auf dem Konto - nur Coach K.
Er ist nicht die gleiche NBA-Legehenne wie "One and done" Calipari, zumindest derzeit nicht. Aber er ist aktuell ganz sicher die größte Coaching-Legende der NCAA. Und er hat etwas gutzumachen: Zum ersten Mal seit fünf Jahren sind die Blue Devils wieder beim Finalwochenende dabei. "Es ist kein Geburtsrecht, man muss es sich jedes Jahr wieder verdienen", weiß der 68-Jährige. Er stapelt tief: "Wenn man das NCAA-Tournament erreicht, kann es gar keine Enttäuschung sein." Aber er weiß: So wie sich das Bracket entwickelt hat, muss Duke das Finale erreichen. Muss, muss, muss.
Das Besondere dabei: Sollte er es mit seinen Jungs schaffen, könnte Amerika zum ersten Mal nicht geschlossen gegen das Team aus Raleigh stehen. Spätestens seit Christian Laettner ist das ja eigentlich Pflicht: Auf der einen Seite stehen Freiheit, Pickup-Trucks und Double-Cheeseburger - und auf der anderen Duke. Aber wenn es im Endspiel gegen Kentucky geht, wäre Duke plötzlich der David. Und jeder sieht Goliath gern fallen (außer der Teil der Bevölkerung, der seine Dollars auf die Wildcats gesetzt hat).
Genügend Talent hätten die Blauen aus North Carolina sicherlich zu bieten. Zu Jahlil Okafor und seinen offensiven Fähigkeiten im Post ist eigentlich alles gesagt: Man wird schließlich nicht umsonst zum Favorit auf den Number-one-Pick. Aber selbst als der Big Man im Elite Eight gegen Gonzga nur acht Punkte und neun Rebounds auflegte, zog man souverän in die nächste Runde ein.
Schließlich gibt es ja auch noch Forward Justise Winslow. 19 Jahre, rund zwei Meter groß, athletisch, beste Draft-Option auf seiner Position und deshalb Außenseiter auf die Top drei. Oder Guard Tyus Jones, der von Coach K gerne die Schlüssel in die Hand gedrückt bekommt, wenn es eng wird. Oder die Schützen Quinn Cook und Matt Jones (16 Punkte gegen Gonzaga).
Das Team ist nicht besonders tief und es ist jung. "Wir haben nur acht Jungs. Vier davon sind Freshmen. Kommt schon, es ist das jüngste Team, das ich je hatte", betont Coach K. Aber er hat aus seinen Jungspunden eine abgezockte Truppe gemacht - nur drei Turnover erlaubte man sich in der letzten Runde.
Und: Schon im Oktober durfte man sich gegen die Spartans beweisen. Das Resultat: 81:71, mit einem starken Okafor (17 Punkte, 8/10 FG). Auf dem Papier ist die Frontline von Michigan State nicht groß genug, um ihn zu stoppen. Also auf ins Duell gegen Kentucky? Blau gegen Blau?
Michigan State: This is Sparta!
Drei Top Seeds haben sich durch ihr jeweiliges Bracket gespielt. Dreimal hat sich der große Favorit durchgesetzt. Dreimal war ganz Gallien von den Römern besetzt. Und dann gab es noch die Spartans von Tom Izzo.
Irgendwie poetisch, dass sich die Spartaner gleich mehrfach gegen vermeintlich überlegene Gegner durchgesetzt haben, dank überlegener Taktik, Mut, Leidenschaft, dem nötigen Glück. Gegen Georgia (10), Virginia (2), Oklahoma (3) und schließlich gegen Louisville, an Nummer vier gesetzt. Fehlt eigentlich nur noch ein Top Seed. Oder gleich zwei.
"Sie sind richtig gut, das überrascht mich überhaupt nicht", sagte Coach K gegenüber Mlive.com. "Sie gehen mit einem großartigen Game Plan ins Spiel, mit Härte und gleichzeitig uneigennützig. Sie schlagen sich nicht selbst." Und den Mann auf der anderen Bank kennt er nur zu gut. Ist Tom Izzo doch ebenfalls eines der großen NCAA-Masterminds.
Der hat es trotz vergleichsweise wenig Talent zum siebten Mal unter die letzten Vier geschaft und strickt mit nunmehr 60 Lenzen an seiner Michigan-Legende: In Michigan geboren, in Northern Michigan gespielt und dann bis zum Coach von Michigan State hochgearbeitet, wo er seit 20 Jahren die Geschicke lenkt. Sein Motto: "Spieler spielen - aber harte Spieler gewinnen."
Izzo ist selbst etwas überrascht vom Erfolg in diesem März. "Ich glaube nicht wirklich an das Schicksal, sondern an harte Arbeit. Aber es macht schon echt viel Spaß, im richtigen Tournament zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein."
So qualifizierten sich Schilling und MSU für das Final Four
Wenn man auch gegen die Blue Devils zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein will, müssen die starken Guards Travis Trice und Denzel Valentine (zusammen knapp 30 Punkte und zehn Assists pro Spiel) richten. Besonders Senior Trice ist der "Quarterback" des Teams und der verlängerte Arm von Izzo auf dem Parkett - der auch mal selbst die Ansprachen im Huddle hält. "Travis hatte schon immer einen hohen Basketball-IQ, aber in dieser Saison hat er nochmal einen Sprung gemacht. In den letzten sechs Wochen war er einfach elektrisch."
Und dann gibt es ja noch den deutschen Junioren-Nationalspieler Gavin Schilling. Der war aufgrund von Foul Trouble kein Faktor gegen Louisville (sechs Punkte, drei Rebounds), dürfte gegen Winslow aber alle Hände voll zu tun bekommen. Kann er den übertalentierten Duke-Freshman irgendwie im Zaum halten, beweist Trice weiter seine "Onions" in engen Situationen, und lässt man sich von Okafor nicht dominieren, könnte der nächste Gigant auf der Strecke bleiben.
Klar, die Spartans sind Außenseiter. Aber das hat sie in den letzten Runden schließlich auch nicht gestört.