Felix Neureuther und Fritz Dopfer werden zur deutschen Version von Bud Spencer und Terence Hill. Außerdem: die Vonn'sche Farm, Fessel vs. Christkind und die bösen Kombinierer-Geister.
Tops:
Madonna of the Rocks: Tja, liebe Österreicher (und Ungarn), jetzt haben wir auch eine Monarchie. Nicht unbedingt eine k.u.k.-Monarchie, dafür eine F&F-Monarchie. Felix und Fritz. Neureuther und Dopfer. Zwei wie Pech und Schwefel. Vier Fäuste für ein Halleluja. Die rechte und die linke Hand des Teufels.
Bevor das jetzt zu einem Bud-Spencer-Terence-Hill-Best-of wird, zurück zu den Fakten: 22. Dezember 2014. Madonna di Campiglio. Nachtslalom. Oder anders ausgedrückt: Die große Show der deutschen Alpinen.
Was auf der Piste Canalone Miramonti am Montagabend passiert ist, lässt sich eigentlich nicht in Worte fassen. Schon nach dem ersten Durchgang grüßten Neureuther und Dopfer von den beiden Spitzenplätzen, der zweite Lauf wurde dann zum Showdown.
Dopfer katapultierte sich herunter, baute seinen Vorsprung auf den Schweden Jens Byggmark sogar aus, bevor er im unteren Teil einen kleinen Fehler drin hatte. Aber nicht verzagen, Fritz fragen: 0,04 Sekunden rettete der 27-Jährige in Ziel - kommentiert mit einem kräftigen "Jawoll"!
Doch dann kam Neureuther, es kam die deutsche Nummer eins, es kam die Explosion. Sein zweiter Lauf war schlicht herausragend, am Ende hatte er gewaltige 0,82 Sekunden Vorsprung. Auch TV-Experte und Ex-Skifahrer Frank Wörndl war völlig fertig und forderte sofort ein Bier zum Runterkommen.
Das bekam Neureuther nicht - dafür gab's eine Schampus-Dusche, an der Dopfer trotz Aufforderung ("Fritz, komm unter die Dusch"), nicht nachging. Das war allerdings auch egal, Geschichte haben beide trotzdem geschrieben.
Zum Beispiel damit, dass erst zum sechsten Mal zwei Deutsche auf dem Podest standen. Und Felix natürlich auch persönlich, immerhin darf er sich jetzt erfolgreichster deutscher Skifahrer im Weltcup aller Zeiten nennen - mit zehn Siegen, einem mehr als Markus Wasmeier.
Aber Mr. Cool bleibt natürlich ganz entspannt: "Bester Deutscher mit 'nur' zehn Weltcupsiegen zu sein, rühmt mich jetzt nicht so. Mein Ziel war es immer, über die Saison gesehen der beste Slalomfahrer der Welt zu sein."
Und da ist er auf gutem Weg, immerhin führt Neureuther in der Disziplinenwertung, 24 Punkte vor Weltmeister Marcel Hirscher und Dopfer. Übrigens: Dass der König der Nacht beim Versuch, auf die höchste Stufe des Podests zu klettern, auf dem Hosenboden landete, verschweigen wir jetzt mal.
Ich glaub', mich knutscht ein Kalb: Die Vonn'sche Farm nimmt Gestalten an. Fünf Kühe nannte Lindsey Vonn vor dem Wochenende ihr Eigen, die illustre Runde wurde durch ihren 61. Weltcupsieg in Val d'Isere um ein Kalb erweitert. "Ich nenne es Winnie", zollte Vonn ihrer Physiotherapeutin Lindsay Winninger Respekt und ließ leichte Muttertriebe erkennen: "Das ist das süßeste Geschöpf, das ich je gesehen habe."
Begonnen hatte die Post-Karriereplanung Codename "Bauernhof" bereits 2005. Für ihren ersten Abfahrtssieg erhielt Vonn eine Kuh, taufte sie Olympe - und verzichtete dafür überraschend auf das Preisgeld in Höhe von 5.000 Dollar. Olympe wurde schließlich schwanger und das Farm-Personal wuchs. "Ich erinnere mich, dass sie an der Siegesfeier die Kuh zurück haben und mir einen Scheck geben wollten", blickte Vonn zurück. Sie flippte daraufhin aus und bestand auf dem Hausrind.
Aber selbst Winnie konnte nicht komplett über Vonns enttäuschenden Auftritt beim Super-G am Sonntag hinwegtrösten. Die 30-Jährige stürzte, doch der Tröster war schnell gefunden: "Ich fahre jetzt nach Zürich und gehe Roger schauen." Watch out, Tiger!
Fabelhafte Amelie: Dass Amelie Kober überaus hart im Nehmen ist, hat sie uns ja bereits in Sotschi eindrucksvoll bewiesen. Trotz eines Kapselrisses im Ellbogen ging die 27-Jährige damals beim Parallel-Slalom an den Start und kämpfte sich zu Bronze. Verglichen damit ist ein missglückter Weltcup-Auftakt so wichtig wie die U12-Meisterschaft im Hallen-Halma.
Trotzdem: Nachdem Deutschlands Vorzeige-Snowboarderin beim ersten Kräftemessen in Carezza völlig überraschend in der Quali gescheitert war, titulierte SPOX die Blondine bereits als "Mimi Gössner auf einem Brett". Das wollte Kober so natürlich nicht auf sich sitzen lassen.
Ein starker zweiter Platz in Schruns folgte, inklusive die WM-Qualifikation für die Wettbewerbe in Kreischberg. Dazu ein starker 4. Platz beim Team-Event mit Alex Bergmann. Kober nach ihrem Rennen: "Das Resultat war ganz, ganz wichtig, nachdem der Auftakt in Carezza richtig in die Hose gegangen ist. Da war ich sehr enttäuscht. Jetzt bin ich erleichtert!" Das macht doch Hoffnung auf mehr. Fabelhaft, Amelie!
Freitags Samstags-Gala: Absoluter Wahnsinn, was in Engelberg geboten wurde! Beim Springen am Samstag überraschte Richard Freitag mal eben alle Top-Favoriten, die sich beim Springen in der Schweiz auf die Tournee einstimmen wollten. Satte 135,5 Meter legte der Sachse im 2. Durchgang hin. Erster Sieg seit März 2013!
Und der wurde gefeiert: "ARD"-Experte Dieter Thomas lief mit zwei gigantischen Kuhglocken vor der Schanze herum und bimmelte den Sieges-Marsch für Super-Richie. Kollege Opdenhövel wollte bremsen: "Dieter, wir sind hier nicht beim Alm-Abtrieb!" Alles umsonst: Deutschlands Springer sind fit für die Tournee!
Am Sonntag legte Freitag mit Rang 5 nach, Marcus Eisenbichler (6.) lieferte sein bestes Weltcup-Ergebnis und Severin Freund rundete als 10. das starke DSV-Ergebnis ab. Entsprechend locker gab sich der Sieger. "Weihnachten kann kommen, vielleicht muss ich noch ein Gedicht lernen", meinte Freitag. Vielleicht ja Goethes "Triumph der Tugend"? Der Schluss: "Rief, als er in die Lüfte stieg: Sieg! Sieg!"
Iron Luitz: Faserriss! Ärgerlich? Kreuzbandriss? Verdammt! Aber ganz ehrlich: Die Verletzung von Alpin-Hoffnung Stefan Luitz will sich kein Mensch vorstellen. Den 22-Jährigen hatte es am Donnerstag beim Training im italienischen Pfelders schwer erwischt.
"Ich habe eingefädelt, die Bindung hat ausgelöst, und dann bin ich mit dem Knie auf die Kante des Skis gefallen", erklärt Luitz. Die Folge: Die Skikannte durchtrennte mal eben den mittleren Oberschenkelmuskel im rechten Bein. Per Helikopter ging es in die Unfallklinik nach Murnau. Kumpel Neureuther twitterte da bereits seine Genesungswünsche.
Und Iron Luitz? Der konnte den Wirbel nicht so wirklich verstehen. "Nö, nö, nö, bei der WM bin ich dabei", versprach er dem verdutzten Alpindirektor Wolfgang Maier. SPOX sorgt vor: Sollte Luitz am 2. Februar in Vail tatsächlich an den Start gehen, wird er auf unserer Seite künftig nur noch als "Luitzinator" oder eben "Iron Luitz" auftauchen. Gute Besserung!
Fessel(n) gesprengt: Selbst ist die Frau! Nicole Fessel legte mit ihrem zweiten Platz in Davos das beste Weltcup-Resultat ihrer Karriere hin, wurde auf den Schultern ihrer Teamkameradinnen durch den Zielraum getragen und hatte anschließend eine klare Ansage an den Mann mit dem roten Anzug und dem weißen Rauschebart: "Chrischtkindle, du kannst bleiben, wo du bist. Ich mache mir meine Geschenke selber." Rumms! Oder so. Das Preisgeld von umgerechnet rund 8.300 Euro sollte Fessel bei ihrer Mission am 24. helfen.
Der Auftritt auf den zehn Kilometern davor war bereits aller Ehren wert: Fessel, für die es erst der dritte Karriere-Podestplatz war, durchbrach die Norwegische Dominanz und ließ Stars wie Heidi Wenig und Therese Johaug hinter sich. So hatte auch Kollegin Steffi Böhler ein Wortspiel auf Lager: "Du hast den rotgesagten Thron erklommen. Ein schöneres Weihnachtsgeschenk hättest du dem deutschen Langlauf nicht machen können."
Bundestrainer Frank Ullrich, der zuletzt eher weniger zu feiern hatte, konnte dem nur zustimmen: "Dass es so weit nach vorn gehen kann, hätte ich nicht gedacht. Da lacht das Herz. Für das Selbstvertrauen ist das enorm wichtig."
Tops: Felix und Fritz wie Bud und Terence, Iron Luitz und Fessel vs. Christkind
Flops: ÖSV-Abfahrer, die bösen Kombinierer-Geister und die Biathlon-Hölle
Flops:
ÖSV-Abfahrer: Nein, in den Speed-Disziplinen liegen derzeit nicht unbedingt die Stärken des deutschen Wintersports, mit Ruhm bekleckern wir uns hier selten. Doch für die (einstige) Abfahrtsnation Österreich kommt es deutlich dicker: In Gröden setzte es die dritte schwere Niederlage für diese Saison, Olympiasieger Matthias Mayer war als Siebter noch der beste Fahrer in rot-weiß-rot.
"Mir ist schon mehrmals aufgefallen, dass wir in gewissen Passagen viel zu viel Zeit verlieren. Wir müssen schleunigst herausfinden, warum das so ist", forderte Mayer anschließend. Es rumort bei unseren Nachbarn, Altstars wie Stephan Eberharter und Michael Walchofer meldeten sich schon unter der Woche zu Wort und nahmen die Abfahrer in die Pflicht, Hannes Reichelt konterte: "Wenn gewisse Leite Ideen haben, sollen sie kommen und uns das selbst mitteilen."
Nicht deutlich genug? Bitte sehr: "Und ich habe schon zu meinen Kollegen gesagt: Haut's mir rechtzeitig eine rein, wenn ich nach meinem Rücktritt auch einmal so werde." Vielleicht ist aber auch die Taktik von Max Franz, der in Gröden ebenfalls schon im oberen Teil viel Zeit verlor, die richtige: "Im Ziel dachte ich, nur so schnell wie möglich weg."
Grundsatzkrise im Wintersport: Nicht etwa Winter-Olympiasieger Eric Frenzel oder Winter-Olympiasieger Felix Loch - nein, Sommer-Europameister Robert Harting wurde von rund 1.200 Sportjournalisten zum deutschen Sportler des Jahres ausgezeichnet. Eine Abwertung des Wintersports? SPOX meint ja - und ist ganz bei Maria Höfl-Riesch, die zumindest das entsprechende weibliche Pendant abräumte.
"Ich finde es bedenklich, dass ein Europameister aus dem Sommer anscheinend mehr wert ist als ein Olympiasieger aus dem Winter. Das finde ich für den Wintersport sehr traurig, ein Armutszeugnis", schimpfte Höfl-Risch und selbst Trikot-Zerreißer und Diskus-Olympiasieger Harting gab sich kleinlaut: "Ich muss mich bei meinen Wintersport-Kollegen entschuldigen, dass ich in einem olympischen Wintersportjahr gewonnen habe."
Mangelware Schnee: Petrus scheint keine große Lust auf Wintersport zu haben. Der Damen-Weltcup am Semmering? Abgesagt. Der Ski-Weltcup am Olympiaberg? Abgesagt. Es sind die beiden prominentesten Ausfälle, dazu kamen diverse Absagen, vor allem im Nachwuchsbereich. Kurzum: Trotz moderner Beschneiungstechniken können aufgrund der warmen Temperaturen oftmals keine renntauglichen Pisten geschaffen werden.
Am Zauberberg in Semmering war es die erste Absage der Geschichte, FIS-Damen-Renndirektor Markus Mayr konstatierte: "Wegen der prekären Schneelage mussten die Rennen am Semmering ersatzlos gestrichen werden." München dagegen drohen durch Petrus' Launen jetzt langfristige Konsequenzen: Es ist die dritte Absage in den letzten fünf Jahren, die Entscheidung des Aufsichtsrats der Olympiapark GmbH, über eine Vertragsverlängerung mit dem internationalen Skiverband zu verhandeln, ist höchst umstritten.
Die bösen Kombinierer-Geister: Deutschlands Kombinierer erlebten am Wochenende ein Sotschi-Deja-vu der ungewollten Art, und das in gleich mehrerer Hinsicht. Wieder war es Fabian Rießle, der sich als Schlussläufer in der Staffel dem Norweger Jörgen Graabak knapp geschlagen geben musste. Und wieder stieß er im Einzel ausgerechnet mit Teamkollege Johannes Rydzek zusammen - Ungläubigkeit machte im deutschen Lager die Runde.
"Wir haben es eigentlich drauf, doch dann vermasseln wir es uns selbst. Wir haben Weihnachtsgeschenke verteilt", klagte Bundestrainer Hermann Weinbuch. Schlechtreden wollte dann aber trotz des ärgerlichen Abschlusses doch keiner der Beteiligten das Jahr im Rückblick - den Running Gag aus Sotschi dürfen Rießle und Rydzek aber gerne im alten Jahr zurück lassen.
Frauenquote im Bob: In Calgary wurde am Sonntag Sportgeschichte geschrieben: Zum ersten Mal traten mit Elana Meyers und Kaillie Humphries zwei weibliche Piloten im Viererbob in einem Weltcup-Rennen direkt gegen die Männer an - über den Sinn lässt sich wohl streiten. Humphries (+1,03 Sekunden) und Meyers (+1,68 Sekunden) machten am Ende die letzten beiden Plätze unter sich aus und SPOX kann da Bundestrainer Christoph Langen nur zustimmen: Ganz oder gar nicht!
"Das ist ein Mischmasch, ein bisschen was und nichts", monierte der 52-Jährige bei der "ARD": "Man könnte einen Mixed-Vierer machen, in dem zwei Frauen und zwei Männer fahren, oder auch einen Frauen-Vierer, jeweils mit eigener Weltcup-Wertung - aber so ist das von der FIBT nicht zu Ende gedacht." Respekt trotzdem für den Mut der beiden Damen.
Vom Himmel in die Hölle: Platz sechs im Sprint am Donnerstag, Platz eins in der Verfolgung am Samstag. Eigentlich lief das Wochenende in Pokljuka für Darya Domracheva ziemlich gut. Doch dann kam der Sonntag - und die gelebte Biathlon-Hölle.
Im Massenstart kam sie gerade aus einer Strafrunde, als die Französin Sophie Boilley in selbige einbog. Oder einbiegen wollte. Denn die beiden kamen sich ins Gefecht - und Domracheva flog in hohem Bogen durch die Luft.
Ärgerlich, klar, aber noch kein Weltuntergang. Zumindest noch nicht. Denn zu allem Überfluss verlor die Weißrussin dabei zwei Magazine und musste zur Ersatzwaffe greifen. Das klingt an sich ja nicht so schlimm, aber die Beziehung zwischen einer Biathletin und ihrem "Werkzeug" ist nun mal ungefähr so sensibel wie das derzeitige Verhältnis zwischen den USA und Nordkorea.
Die Folge? Nein, ein Kinofilm wurde nicht abgesagt, dafür verfehlte sie im Liegendanschlag vier Scheiben und warf ziemlich genervt die Flinte ins Korn. Sony, übernehmen Sie!
Tops: Felix und Fritz wie Bud und Terence, Iron Luitz und Fessel vs. Christkind
Flops: ÖSV-Abfahrer, die bösen Kombinierer-Geister und die Biathlon-Hölle
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