Adler Mannheim gegen den ERC Ingolstadt (19.30 Uhr im LIVE-TICKER) - Finals, Baby! Der 35-jährige Adler-Geschäftsführer Daniel Hopp räumt im Interview mit SPOX mit einem Märchen auf, spricht über seinen Vater Dietmar, 1899 Hoffenheim, Leon Draisaitl und die Probleme im deutschen Eishockey.
SPOX: Herr Hopp, es gibt diese Geschichte, die sich Ende der 90er Jahre abgespielt haben soll, als es den Adlern finanziell schlecht ging. Mit knapp 18 Jahren - als Mannheim-Fan mit einer Dauerkarte ausgestattet - sollen Sie Ihren Vater Dietmar überredet haben, den Verein zu kaufen. Wie lief das damals ab?
Daniel Hopp: Das ist ein Märchen, das sich seit mittlerweile fast 20 Jahren hält. Ich hätte die Adler zum 18. Geburtstag geschenkt bekommen und ähnlicher Blödsinn wurde erzählt. Das ist dem Reich der Fabeln entsprungen.
SPOX: Wie war es wirklich?
Hopp: Mein Vater war seinerzeit noch Vorstand bei SAP, das ein gewisses Sponsoring bei den Adlern leistete. In der schwierigen wirtschaftlichen Situation der Adler war es daher nahe liegend, mit den größten Sponsoren zu sprechen. Das waren unter anderem SAP und mein Vater als Privatperson. Man hat sich dann alles in Ruhe angesehen und kam zu der Überzeugung, dass es Sinn ergibt, bei den Adlern einzusteigen. Dass es gut für die Region ist, wenn Profi-Eishockey in Mannheim erhalten wird. Also entschloss man sich, den Verein aus der drohenden Insolvenz herauszuholen.
SPOX: Sie hatten damit also gar nichts zu tun?
Hopp: Zumindest nicht so, wie es oft dargestellt wird. Es war nicht so, dass ich alles dafür unternommen hätte, die Adler zu übernehmen. Sagen wir es so: Ohne mein persönliches Interesse am Eishockey - ich war damals tatsächlich sehr häufig im Stadion - wäre es wohl nicht zur Klub-Übernahme gekommen.
SPOX: Sie sagen ganz offen, dass Ihnen der Name Hopp in der Vergangenheit geholfen hat. Inwiefern?
Hopp: Ohne den wirtschaftlichen Erfolg meines Vaters würde ich jetzt nicht mit Ihnen sprechen. Ich sage ganz ehrlich: Ich hätte nie die Möglichkeit bekommen, meinen jetzigen Job zu machen.
SPOX: Sie waren sehr jung, als Sie bei den Adlern in eine verantwortliche Position gekommen sind. Wie verlief die Anfangszeit?
Hopp: Es war zu Beginn nicht so, dass ich tagtäglich auf der Geschäftsstelle mitgearbeitet hätte. Zunächst stand mein Abitur im Vordergrund. Die Sache nahm erst so richtig Fahrt auf, als klar wurde, dass wir im alten Stadion und mit der damaligen Infrastruktur keine Überlebenschance haben. Es musste eine Veränderung her, wir entschieden uns zu einer neuen Arena. Als diese Entscheidung gefallen war, war klar, dass ich fortan deutlich mehr im operativen Geschäft tätig sein würde. Das war erst 2001 oder 2002 der Fall.
SPOX: Dafür schmissen Sie sogar Ihr Studium hin, richtig?
Hopp: Ja, das stimmt. Das hatte sich durch die Arena quasi so ergeben.
SPOX: Was meinen Sie genau?
Hopp: Der Bau war politisch nur in dieser Zeit durchsetzbar. Die Stadt Mannheim zeigte ein großes wirtschaftliches Engagement, meine Familie auch. Deshalb war klar, dass sich jemand aus der Familie darum kümmern muss. Mein Vater wollte das verständlicherweise selbst nicht machen. Also stellte sich die Frage, ob ich meine berufliche Zukunft im Rahmen des Eishockey-Sports und der Mannheimer Multifunktionsarena sehe. Das war eine riesige Möglichkeit, eine riesige Aufgabe für mich. Also entschloss ich mich, das zu machen. Es war dann wiederum klar, dass ich von Beginn an voll dabei sein musste, auch um in der Bau- und Planungsphase meine Ideen einzubringen. Das ging sich mit dem Studium zeitlich nicht aus.
SPOX: Mittlerweile kann man sagen, dass es sich gelohnt hat, die Adler stehen mal wieder im Finale. Die letzte Meisterschaft liegt allerdings acht Jahre zurück. Wie sehr lechzt Mannheim nach dem Titel?
Hopp: 2007 ist in der Tat lange her, 2012 waren wir nah dran. Wir werden alles geben, den Titel mal wieder nach Mannheim zu holen. Zunächst sind wir aber stolz, überhaupt im Finale zu stehen. Wir wissen, was nun auf uns zukommt.
SPOX: Mannheim ist einer der Traditionsklubs im deutschen Eishockey. Erklären Sie uns bitte, welche Bedeutung die Sportart und insbesondere die Adler in der Region genießen.
Hopp: Man muss sich nur den Zuschauerschnitt, die Anzahl der Dauerkartenbesitzer und Fans, die uns zu Auswärtsspielen begleiten, anschauen. Das sagt schon alles. Eishockey ist in unserer Stadt die Nummer eins und spielt für viele Menschen in der Region eine wichtige Rolle.
SPOX: Die Saison verläuft bisher einwandfrei, im Halbfinale wurde Wolfsburg mit 4:0 ausgeschaltet. Dabei gelang den Adlern das Kunststück, drei Mal einen 0:3-Rückstand zu drehen. Was sagt das über den Charakter der Mannschaft aus?
Charly Fliegauf im SPOX-Interview
Hopp: Zunächst einmal ist es kein Ruhmesblatt, in drei von vier Spielen mit 0:3 zurückzuliegen (lacht). Aber klar: Es ist großartig, wie sich die Truppe zurückgekämpft hat. Das Team hat derzeit ein festes Vertrauen in sich selbst, solche Partien noch drehen zu können. Und einen enormen Siegeswillen. Mit welcher Ruhe und Ausgeglichenheit die Mannschaft agiert - ich bin wirklich stolz auf die Jungs.
SPOX: Der gute Kader ist unbestritten. Dass daraus nicht automatisch Erfolg resultiert, konnte man beispielsweise beim EHC Red Bull München beobachten. Welche Rolle spielt also Trainer Geoff Ward?
Hopp: Ich sprach eben von Ruhe und Ausgeglichenheit. Genau das lebt das gesamte Trainerteam vor. Geoff hat in der Zusammenstellung unseres Kaders sehr viel mitgearbeitet, er entspricht damit seiner Vorstellung. Seit er da ist, hat ein neues Flair, eine neue Philosophie in unserem Klub Einzug gehalten. Was er, auch dank seiner Erfahrung aus Nordamerika, unter der Woche im Training und auf der Bank macht, ist toll anzusehen. Er hat bisher immer die richtigen Entscheidungen getroffen.
SPOX: Um noch mal auf die Halbfinal-Serie zurückzukommen: Was Wolfsburgs Coach und Ex-Adler-Spieler Pavel Gross gemacht hat, hatte teilweise wenig mit Ruhe und Ausgeglichenheit zu tun. Wie bewerten Sie sein mitunter unsportliches Verhalten?
Hopp: Das ist für mich Vergangenheit. Nur so viel: Jeder hat seinen Stil. Und der Stil von Pavel Gross ist nicht unserer.
SPOX: Im Finale trifft Hauptrundenmeister Mannheim auf Titelverteidiger Ingolstadt. Nehmen die Adler die Favoritenrolle an?
Hopp: Ach wissen Sie: Wenn jetzt jeder sagt, dass der andere Favorit ist, dann ist das doch nur Geplänkel. Am Freitag ab 19.30 Uhr interessiert das keinen Menschen mehr. Dann werden zwei Mannschaften auf dem Eis stehen, die beide den Titel holen wollen. Und dann wollen wir mal sehen, wer zuerst vier Spiele gewinnt.
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SPOX: Sie legen in Mannheim sehr viel Wert auf ein klares Konzept, wobei die Jugendarbeit eine zentrale Rolle spielt. Warum funktioniert die bei den Adlern so gut und sind Sie der Meinung, dass andere DEL-Klubs in dieser Hinsicht zu wenig machen?
Hopp: Man muss ehrlich sagen, dass wir durch die Dietmar-Hopp-Stiftung tolle Möglichkeiten haben, um im Nachwuchs etwas zu machen. Wir haben ein großes Internat, ein Konzept, das bis hinunter zur Laufschule geht. Wir bringen jedes Jahr über 1000 Kinder auf das Eis, die mit dem Schlittschuhlaufen beginnen. Das alles können wir aufgrund der wirtschaftlichen Voraussetzungen machen. Deshalb ist unser Konzept nicht unbedingt auf alle DEL-Standorte zu duplizieren. Natürlich wäre es aber schön, mehr Projekte dieser Art zu haben. Die Jugend ist unsere Zukunft, dafür sollte in jedem Verein möglichst viel getan werden.
SPOX: Der aktuell bekannteste Spieler, der dem Nachwuchsprojekt in Mannheim entsprungen ist, ist Leon Draisaitl. Wie bewerten Sie seinen Werdegang?
Leon Draisaitl im SPOX-Interview
Hopp: Sein Werdegang, mit dem Potenzial, das in ihm steckt, deutete sich früh an. Er ist ein außergewöhnlicher Spieler. Wenn seine Entwicklung so weitergeht, seine Konzentration auf den Sport so bleibt - und davon ist auszugehen - wird er seinen Weg in Nordamerika machen.
SPOX: Auch in der NHL?
Hopp: Das traue ich ihm absolut zu. Von seinen Fähigkeiten her ist er selbstverständlich in der Lage, in der NHL zu spielen.
SPOX: Manch einer glaubt, Draisaitl könne für das deutsche Eishockey ein ähnliches Aushängeschild werden, wie es Dirk Nowitzki für Basketball ist. Er wird nicht umsonst German Gretzky genannt. Sind derartige Lobhudeleien für einen jungen Kerl eine Gefahr?
Hopp: Er hat ein gutes Umfeld, wurde gut auf seine Karriere vorbereitet und weiß, mit derartigen Vorschusslorbeeren umzugehen. Deshalb sehe ich diese Gefahr bei Leon eigentlich nicht.
SPOX: Kommen wir zurück zu Ihnen. Geschäftsführer der Adler, Leiter der SAP-Arena, dazu auch noch bei den Rhein-Neckar Löwen involviert. Warum halsen Sie sich so viel Arbeit auf?
Hopp: Weil mir mein Job großen Spaß macht. Meine Hauptaufgabe ist heute die Leitung der SAP-Arena, wir haben über 100 Veranstaltungen im Jahr - jeglicher Art. Und Eishockey ist einfach ein großer Teil meines Lebens. Deshalb engagiere ich mich nicht nur bei den Adlern, sondern auch im Rahmen der DEL und des Verbandes. Ich möchte dabei helfen, dass es dem gesamten deutschen Eishockey in Zukunft ein Stück weit besser geht.
SPOX: Sie sprechen es an. Was ist aktuell das größte Problem im deutschen Eishockey?
Hopp: Das größte Problem ist, dass die Nationalmannschaft nur den 13. Platz in der Weltrangliste belegt. Wir sind bei einer Weltmeisterschaft kein sicherer Kandidat für das Viertelfinale und waren bei den letzten Olympischen Spielen nicht dabei. Daran müssen wir arbeiten. Da sind die Vereine, die Liga, der DEB und die Landesverbände gefragt. Die Interessen gehen teilweise auseinander. Diese Interessen müssen zusammengefügt werden, um das ganze Schiff in die richtige Richtung zu lenken.
SPOX: Wie kann das gelingen?
Hopp: Es geht nur mit verstärkter Nachwuchsarbeit. Wir müssen mehr gute Spieler ausbilden und ihnen die Möglichkeit geben, in einem vernünftigen Ligabetrieb zu spielen. Es wurde in den vergangenen Jahren mit DEL und DEL2 ein Schritt in die richtige Richtung gemacht, aber es liegen noch immer große Aufgaben vor uns. Ich glaube, dass viele verstanden haben, dass es nicht wie in der Vergangenheit weitergehen kann. Hoffentlich verstehen es irgendwann alle.
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SPOX: Welche Bedeutung hat in diesem Zusammenhang die anstehende WM in Prag?
Hopp: Eine sehr große. Sie ist sehr wichtig für die Platzierung in der Weltrangliste. Außerdem wäre es wichtig, vielleicht doch noch Heimrecht bei einem Olympia-Qualifikationsturnier zu genießen. Deutschland muss 2018 in Südkorea dabei sein, das ist für unsere Sportart immens wichtig. 2017 haben wir dazu mit Frankreich zusammen die WM im eigenen Land. Es stehen insgesamt also wirklich ganz wichtige Aufgaben an.
SPOX: Lassen Sie uns noch über Ihren Vater sprechen. Man sieht ihn immer im Zusammenhang mit 1899 Hoffenheim. Wie sehr schlägt sein Herz eigentlich für die Adler?
Hopp: Während der Hauptrunde ist er bei 60 bis 70 Prozent der Heimspiele dabei, in den Playoffs immer. Er fiebert also kräftig mit.
SPOX: Sie kündigten bereits mehrfach an, eines Tages seine Rolle bei der TSG zu übernehmen. Allerdings möchten Sie nicht ins operative Geschäft einsteigen. Kann man sagen, dass Sie sich in erster Linie um den Fußball kümmern würden, weil dieses Projekt Ihrem Vater so sehr am Herzen liegt?
Hopp: Nein, so würde ich das nicht sagen. Ich verfolge die Entwicklung von 1899 Hoffenheim schon von Beginn an. Also seit mein Vater dort eingestiegen ist. Ich scheue mich nicht davor, auch bei der TSG etwas zu machen. Aber Eishockey wird immer mein Hauptjob bleiben. Die Adler sind mir emotional sehr nahe, ich würde zu ihren Lasten nie etwas anderes anfangen.
SPOX: Wann Sie für Ihren Vater bei 1899 einsteigen werden, ist nach wie vor völlig offen, oder?
Hopp: Das ist weder kurz- noch mittelfristig geplant. Mein Vater ist ja auch nicht operativ bei der TSG tätig, sondern als Gesellschafter. Diese Rolle wird er hoffentlich noch ganz viele Jahre ausfüllen können.
SPOX: Ihr Vater wurde von diversen Fan-Gruppierungen teilweise auf das Übelste angefeindet. Erleben Sie so etwas im Eishockey auch?
Hopp: Nein. Im Eishockey ist das glücklicherweise kein Thema. In der DEL gibt es viele Privatpersonen als Gesellschafter oder Red Bull in München. Das ist also an der Tagesordnung.
SPOX: Wie gehen Sie persönlich damit um, wenn der Vater angefeindet wird?
Hopp: Je weniger man über dieses Thema spricht, desto besser. Seine Gefühlslage breitzutreten, ist doch nur Wasser auf die Mühlen derjenigen, von denen diese Anfeindungen kommen. Deshalb ignoriere ich die Anfeindungen.