Ein ungewöhnlicher Kreisligist: Wacker München war in den 1920er Jahren ein Spitzenteam und hat sich mittlerweile als Vorbild für Integration einen Namen gemacht. Zum 111. Jahrestag der Gründung kommt der FC Bayern in den Münchner Süden. SPOX begleitet Wacker auf dem Weg zum großen Highlight. Teil 4: So will Wacker den FCB stoppen.
Ob es ihm gerade bewusst ist? Bernd Klemm verzieht keine Miene. Aus einem Paket holt er drei Einttskarten und übergibt sie. Die Tickets zum Testspiel seines FC Wacker München gegen den FC Bayern sind gefragt. So gefragt, dass der Wacker-Coach plötzlich zum Kassier wird. Ob es ihm gerade bewusst ist, dass viele Trainer-Kollegen gleich doppelt neidisch sind?
Zum einen sind es nur noch wenige Tage, bis sich Klemm und Pep Guardiola vor dem Spiel ihrer Teams die Hände schütteln werden. Ein Spiel gegen den Rekordmeister und amtierenden Weltpokalsieger haben die wenigsten Amateur-Trainer erlebt. Das große Spiel bringt Klemm noch einen weiteren Luxus: Anders als seine Kollegen muss er sich um die Breite seines Kaders trotz Abstiegs keine Sorgen machen.
60 Spieler zur Verfügung
"Ich habe", sagt der Polizeibeamte und blickt zur Kontrolle kurz auf eine sorgfältig geführte Tabelle, "60 Spieler zur Verfügung. Davon muss ich 22 auswählen." Keine einfache Aufgabe für den erfahrenen Coach, der Wacker letztes Jahr zum umjubelten Aufstieg geführt hatte.
Gegen die Bayern läuft es anders. "Ehrgeiz hat da nichts zu suchen, es geht uns um den Spaß. Das Wichtigste ist, dass sich kein Spieler verletzt", fordert Klemm. Für den großen Spaß hat er sich eine gewagte Taktik überlegt: "Wir werden nach vorne spielen!"
Laufen statt Taktik
Im Training ist eine Woche vor dem Spiel davon wenig zu sehen. Wer sich auf taktische Schulungen gefreut hat, ist falsch. Die Wacker-Jungs drehen Runde um Runde mit Laufschuhen. Vorbereitung eben. Seit einer Woche läuft das Training wieder in Sendling und von Abstiegsfrust ist wenig zu spüren.
Als Aufsteiger zahlte der Traditionsverein in der Kreisliga hohes Lehrgeld. "Macht nichts, unser Augenmerk liegt nicht auf sportlichem Erfolg", wiederholt Vorstand Marcus Steer regelmäßig. Und genau deshalb hat der Klub eine wertvolle Kooperation mit dem FC Bayern erreicht, die wichtige Unterstützung für die vielen Sozialprojekte garantiert.
Integration vor Ort
Das nächste wird eine Herkules-Aufgabe. "Viele Kulturen - eine Leidenschaft", nennt der Klub seine Geburtstags-Party am kommenden Wochenende. Das Spiel gegen den FCB wird - typisch Wacker - in einen sozialen Kontext eingearbeitet. Man will weiter aufmerksam machen. Auf Probleme, aber auch Möglichkeiten und Lösungen im multi-kulturellen München.
Dort im Süden sitzen während des Wacker-Trainings zahlreiche Teenager rund um den Rasenplatz. Weil Wacker auf der Bezirkssportanlage trainiert, ist alles öffentlich zugänglich. Es passt dazu: Hier treffen sich Schulfreunde unterschiedlicher Herkunft, hier geschieht Integration. Abseits von Bürokratie und Vorurteilen.
Man beschränkt sich nicht auf Fußball, rund um das Wochenende soll das Fest auf dem Gelände in erster Linie Menschen zusammenbringen. Neben dem FC Bayern ist zwei Tage später auch der Drittligist SpVgg Unterhaching zu Gast. Dazu: ein buntes Rahmenprogramm mit Musik und Kunst. So feiert man als Wacker München stilecht Geburtstag.
Gewinner der Freikarten:
Die Gewinner sind ermittelt und werden von SPOX schriftlich benachrichtigt. Viel Spaß beim Spiel!
Seite 1: So feiert Wacker stilecht Geburtstag
Seite 2: Wer stoppt Lewandowski?
Wen genau Pep Guardiola zur großen Party mitbringt, steht offiziell noch nicht fest. Aber: Weil die FCB-Amateure zeitgleich beim Regionalliga-Auftakt gegen Würzburg gefordert sind, wird der Spanier sein Team mit einigen Jugendspielern auffüllen. Dafür wird Neuzugang Robert Lewandowski wohl sein Debüt im FCB-Trikot feiern.
"Noch haben wir keine Bestätigung, wer genau kommt", bremsen die Wacker-Verantwortlichen die große Euphorie, die nicht nur die Spieler längst erfasst hat.
Tickets nur für Mitglieder
Bis zu 4000 Zuschauer dürften zum Spiel. Aber: Der Klub will das Fest familiär halten. Tickets gibt es nur für Wacker-Mitglieder oder Personen aus dem Vereinsumfeld. Etwa 1800 Zuschauer werden es wohl werden. Ums Geld verdienen geht es hier nicht.
Genauso wenig wie um das Endergebnis. Trotzdem hat der Coach klare Erwartungen. "Ich will, dass sich meine Spieler etwas abschauen und vom Gegner lernen."
Aus den 60 Spielern hat Klemm 22 ausgewählt. Nicht nur wegen sportlicher Leistungen. Mehrere Spieler aus der Reserve werden auflaufen, die sich über die Jahre bei Wacker abseits des Rasens engagiert haben. In der Halbzeit wird elfmal gewechselt.
Mit 4-4-2 gegen den FCB
Verzichten muss Klemm wohl auf seinen Ex-Profi Vitali Matvienko. Der Georgier will wegen laufender Prüfungen nichts riskieren. Er hat sich ohnehin freiwillig als Nummer 2 positioniert. Michael Hennhöfer wird das Wacker-Gehäuse hüten.
Und auch taktisch steht die Marschroute bereits fest. "Wir spielen unser 4-4-2 mit Raute", erklärt der Coach. Die Außenverteidiger sollen hoch stehen und trotz des starken Gegners den Weg nach vorne suchen.
Das erklärte Ziel ist neben dem Spaß ein Ehrentreffer gegen den Rekordmeister. Wer den erzielen kann? "Ich habe einige Kandidaten, die darauf brennen", meint Klemm mit einem Grinsen.
Wer stoppt Lewy?
Bleibt noch Robert Lewandowski. Der Pole wechselte nach lang anhaltender Debatte ablösefrei von Dortmund nach München. Im USA-Urlaub tankte er Kraft für die anstehende Saison. Gegen Wacker kann er erstmals das FCB-Trikot tragen.
Von Angst ist in Sendling nichts zu spüren. "Der muss erstmal vorbeikommen", meint die Defensiv-Abteilung um Keeper Hennhöfer betont locker.
Von besonderen Maßnahmen hält auch Klemm nichts: "Wir werden ihn sicher nicht doppeln. Genau wie unsere Spieler sollen auch die Bayern etwas Spaß haben!"
Es ist also alles angerichtet für ein besonderes Fußball-Fest. So richtig kann der Wacker-Trainer die Vorfreude aber noch nicht genießen. Statt seine Spieler vorzubereiten, ist er als Ansprechpartner für alle Kartenwünsche gefordert. Das Training übernehmen seine Assistenten. Der kurzfristige Neid seiner Kollegen ist ihm trotzdem gewiss.