Rene Higuita (47)
Die Parallelen sind unverkennbar, beinahe unheimlich: Südamerikaner, Exzentriker, Fließbandtorschütze, nicht frei von Skandalen - und verehrt wie ein Halbgott. Die kolumbianische Ausgabe von Chilavert heißt Rene Higuita, genannt "El Loco" - der Verrückte.
Zweimal wurden Kokainrückstände in seinem Blut entdeckt (2002 und 2004), schon in den Neunzigern war Higuita in heikler Mission unterwegs: Er beteiligte sich an der Geldübergabe für die entführte Tochter eines Freundes, wurde ins Gefängnis gesteckt und gelangte durch einen Hungerstreik an die Freiheit. Das war Higuita.
Als Reminiszenz seiner Künste hinterließ der Lockenkopf den "Scorpion Kick" von 1995; im Länderspiel gegen England klärte er einen Schuss mit den Fußunterseiten, während sein Oberkörper vorne überkippte. Spektakel mit einem Hang zum Größenwahn. Das war Higuita.
55 Tore schoss er, zumeist vom Elfmeterpunkt, im Jahr 2011 war es genug. Heute trainiert Higuita die Torhüter des saudi-arabischen Klubs Al-Nasr, in der "Mundo Deportivo" philosophiert der 47-Jährige über Vergangenheit und Zukunft: "Ich träumte davon, ein großer Torhüter zu werden, und ich wurde ein großer Torhüter. Dann träumte ich davon, Tore zu schießen, und ich schoss Tore. Nun träume ich davon, ein großer Trainer zu werden." Frag nach bei Chilavert.
Peter Schmeichel (50)
Die Träume von Peter Schmeichel sind nicht überliefert, dafür seine Taten. Europameister 1992, Champions-League-Sieger 1999, zweimaliger Welttorhüter. "Schmeichel war der vielleicht beste Keeper aller Zeiten. Er war zu wirklich irren Paraden fähig", huldigt Sir Alex Ferguson, und aus dem Mund des für sein "hairdryer treatment" gefürchteten Schotten - Ferguson stellte sich im Zentimeterabstand vor Spielern auf und brüllte sie an - ist das so etwas wie ein verbaler Ritterschlag.
Schmeichel legte keinen Ämteraufstieg auf dem Reißbrett hin. Sein Bildungsweg verlief konträr und kompliziert. Als Jugendlicher hielt er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser, mal als Reinigungskraft in einer Seniorenresidenz, mal in einer Textilfabrik, mal in einer Bodenlegerfirma. 1987 schaffte Schmeichel bei Bröndby IF den Durchbruch als Fußballer.
Besonderen Legendenstatus hat der EM-Titel 1992 angenommen, zumal den nachgerückten Dänen das Klischee einer Fast-Food-Truppe am Revers heftet. "Es klingt immer so, als seien wir eine Freizeitmannschaft gewesen. Das ist unfair", verteidigt sich Schmeichel bei "11Freunde".
Inzwischen ist er selbst Meinungsmacher, präsentiert seit 2004 mit Preber Elkjær Larsen und Brian Laudrup die Champions League im dänischen Fernsehen. Darüber hinaus verdingte sich Schmeichel in TV-Formaten ohne Bezug zum runden Leder, nahm an Tanzshows teil, moderierte Quiz-Duelle und Unterhaltungssendungen. Ein Allrounder. Sohn Kasper (27) ist ebenfalls Torwart, momentan bei Leicester City.
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