Welttorhüter? Torhüter von Welt!

Johannes Mittermeier
09. September 201414:43
Servus, Edwin! Oliver Kahn und van der Sar bei einem Länderspiel im August 2005getty
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Früher beeindruckten sie mit ihren Paraden, Hechtsprüngen und Reflexen. Mit Draufgängertum und einer frivolen Ader. Heute sind die Torwart-Legenden der 90er Jahre in anderen Bereichen unterwegs. Eine Geschichte von Restaurantbesitzern, Rennfahrern - und der neuen Leichtigkeit des Titanen.

Ganz geheuer ist ihm die Sache ja nicht, so viel steht fest. Sein altes Trikot soll er unterschreiben, als Widmung sozusagen, und dann ist es ausgerechnet das Shirt dieses verhängnisvollen 30. Juni 2002. Aber Rivaldo bittet höflich darum, also kneift Oliver Kahn die Lippen zusammen und setzt seine Signatur auf das blaue Torwarttrikot von Yokohama. Jetzt ist Rivaldo glücklich. Und Kahn? Vielleicht.

Die Pointe an der Story ist, dass es natürlich ein harmloser Schuss von Rivaldo war, den sich der beste Spieler der WM 2002 selbst aus den Fangarmen löffelte. Brasilien wurde Weltmeister, Deutschland nicht. Rivaldo ist noch immer der Schlaks von damals, inzwischen 42 Jahre jung, sein Gesicht wirkt dürr, fast eingefallen. Daneben steht Kahn, drei Jahre älter, Fußball-Pensionär seit 2008. Rivaldo hat den Dienst erst in diesem Frühjahr quittiert.

Seite an Seite, wie in später Brüderlichkeit vereint, thronen sie auf dem Podest des "ZDF"-Studios an der Copacabana, in Erwartung des WM-Halbfinals zwischen Brasilien und Deutschland. Wenige Tage nach seinem Abschiedsspiel im September 2008 war Kahn zum TV-Experten geworden, sechs Jahre macht er den Job mittlerweile.

"Beim Fernsehen ist es viel entspannter"

Seitdem hat sich alles verändert auf der Welt, aber Kahn hat sich regelrecht gewandelt. Früher war er der Über-Ehrgeizling im Torgehäuse, ein verbissener, zuweilen manischer Einzelkämpfer, hart zu anderen, sehr hart zu sich. Heute ist Kahn Unternehmer, Autor und Redner, er leitet eine Stiftung und hat BWL studiert. Erfolgreich, logisch, der Wettkampftyp. Die Aufgabe im Fernsehen ergänzt das Portfolio.

In dieser Rolle hat er einen Prozess durchlaufen müssen. Anfangs trat nicht Oliver Kahn auf, sondern der Titan, und manchmal schien es, als würde er jeden Moment den Moderator mit Heiko Herrlichs Hals verwechseln. Und falls nicht den Moderator, dann das Mikrophon.

Mit zunehmender Bildschirmpräsenz ist Kahn locker geworden, verblüffend relaxed, manchmal versucht er sich gar an einem Witz. Den "Druck", der ihn zu Spielerzeiten elendig peinigte, "den empfinde ich nicht mehr. Darüber bin ich froh, weil dieses ständige Adrenalin ungesund ist. Früher war ich vor jedem Match im Tunnel. Beim Fernsehen ist es viel entspannter, da versuche ich über Fußball zu reden und, wenn möglich, dem Zuschauer einen Mehrwert zu liefern", erklärt er dem "Tagesspiegel".

Auf dem Rasen in Madrid...

Seine Ägide als Keeper, die ihn mit zig persönlichen und kollektiven Auszeichnungen überhäufte, vermisse er nicht, sagt Kahn. "Wirklich nicht. Ich vermisse nur in manchen Situationen das Zusammensein mit der Mannschaft. Deshalb ist dieser TV-Job die Chance für mich, weiterhin nah am Fußballgeschehen zu sein. Wenn ich in Madrid den Rasen betrete, kommen die alten Bilder nochmal hoch."

Als Profi hat Kahn alles gewonnen, nur nicht die Zuneigung des Volkes. Es ist schon erstaunlich, was etwas Abstand zum Fußballkosmos auslösen kann. Sogar Fans, die dem FC Bayern und seiner langjährigen Symbolfigur negativ gegenübertraten, finden Kahn plötzlich "irgendwie sympathisch." Ein bisschen zumindest.

Mehmet Scholl mochten sie schon früher, trotz seiner Münchner Verbundenheit. Noch so ein Mysterium. Der Ex-Dribbler ist Kahns Pendant bei der "ARD", ein Humorbolzen mit Charme. Kahn und Scholl personifizieren eine Generation, die sich vom Fußballfeld abgeseilt hat, ohne den Kontakt zur Branche zu verlieren. Bei anderen Stars, die zur Jahrtausendwende in der Bundesliga glänzten, fällt der Kontrast größer aus: Johan Micoud, der geniale Bremer Spielgestalter, betreibt ein Weingut nahe Bordeaux. Giovane Elber ist Rinderfarmer in Brasilien. Während der WM lieferte er Analysen für's deutsche Fernsehen - so ganz können sie vom Fußball dann doch nicht lassen.

Zanetti, Giggs, Puyol: Dem Klub verbunden

Genau wie Javier Zanetti (41), dessen Karriereende unmittelbar in die Funktionärsebene bei Inter Mailand mündet. Genau wie Carles Puyol (36) in Barcelona und Ryan Giggs (40) bei Manchester United. Einige Legenden der letzten Dekade(n) haben sich unlängst vom Profidasein verabschiedet, der Argentinier Juan Sebastian Veron (39) und der Brasilianer Juninho (39) passen in diese Reihe. Dagegen zögern alte Helden vom Schlage Alessandro del Piero (39), Gianluigi Buffon (36), Andrea Pirlo (35), Thierry Henry (37) oder Raul (37) ihre Karriere nach der Karriere noch hinaus.

Rauls ehemalige Madrider Komparsen sind da einen Schritt weiter. David Beckham bastelt in Miami gerade an seinem eigenen Klub, Luis Figo tritt als Botschafter - für den Kampf gegen Tuberkulose - und alle Monate wieder als Losfee der UEFA in Erscheinung.

Zudem hat der Weltfußballer des Jahres 2001 eine Stiftung ins Leben gerufen, die Kinder aus der Dritten Welt unterstützt. Mit derartigen Initiativen ist er nicht allein, siehe Kahn, siehe auch Vitor Baia. Der Portugiese ist einer jener Torhüter, die in den 90er und frühen 2000er Jahren zu Ikonen avancierten - und sich heute anderen Tätigkeitsfeldern zuwenden. Die Palette reicht vom Restaurantbesitzer zum Rennfahrer.

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Vitor Baia (44)

Mit 30 Titeln in 20 Jahren ist Vitor Baia einer der hochdekoriertesten Spieler der Geschichte, 2007 zog er den Schlussstrich unter eine Epoche in Porto und Barcelona. "Um ehrlich zu sein, hätte ich gedacht, dass mir der Fußball weitaus mehr fehlen wird", gesteht Baia im Gespräch mit "fifa.com".

Dabei verbindet er fabulöse Erinnerungen an seine aktive Zeit, speziell ein Tag ragt heraus. "Ich werde nie vergessen, als ich zurück nach Porto kam: Die Straßen waren voller Menschen, ich wurde auf Schultern getragen und das Stadion war ausverkauft. Unbeschreiblich!"

2004 gründete Baia, heute 44, die Organisation für Benachteiligte, gemeinsam mit seiner Frau. "Das war immer eines meiner Hauptziele", offenbart er. "Ich glaube, dass Profifußballer eine immense soziale Verantwortung tragen, und mir gefiel es stets, denen zu helfen, die Hilfe benötigen."

Daneben fungiert Baia in Portugal als TV-Kommentator. Wenig überraschend: Die Expertenrolle vor Millionenpublikum ist eine beliebte Spielwiese für Weltstars, aller beruflichen Neuausrichtung zum Trotz.

Fabien Barthez (43)

Fabien Barthez ist da anders gestrickt. Er lässt sich durchaus im Fernsehen blicken, besonders bei sportlichen Ereignissen. Olympique Marseille, der AS Monaco und Manchester United sind die prägendsten Stationen seiner Verweildauer als Torsteher, das ist ein paar Jahre her. Allerdings verweigert sich Barthez nach wie vor der passiven Betätigung, lediglich Bühne und Equipment haben gewechselt: Asphalt statt Rasen, Renn - statt Torwarthandschuhe. Der 43-jährige verdingt sich als Rennfahrer, und das mit beachtlichen Resultaten.

Nach einer naturgemäß schwierigen Startphase auf fremdem Terrain gewann Barthez im vergangenen Jahr die französische GT Meisterschaft. Beim Frankreich-Grand-Prix der FIA GT-Serie raste der Glatzkopf gegen Landsmann Sebastien Loeb um Ruhm und Ehre. Loeb ist neunfacher Rallye-Champion.

"Ich wollte schon immer wissen, wie es sich am Steuer eines Rennwagens anfühlt", sagt Barthez zu "LeMansLive.com". Mit der Praxiserfahrung habe er jedoch bis zum Ende seiner Fußball-Karriere (2007) warten müssen, der Unfallgefahr wegen. "Das ist das Gute: In der Rennerei kannst du auch noch etwas erreichen, wenn du 35 bist - also in jenem Alter, als ich die Torwart-Handschuhe ans Außennetz gehängt habe."

Bei der Weltmeisterschaft 1998 zählte es zum Ritual, dass Laurent Blanc das kahle Haupt seines Keepers küsste. Und Blanc küsste oft, am liebsten nach dem gewonnenen Finale. Frankreich war Weltmeister, Barthez der Weltmeister-Torhüter. Zum Leidweisen seines brasilianischen Gegenübers.

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Claudio Taffarel (48)

Mit 0:3 verlor die Selecao das Endspiel von Paris, die beiden Kopfballtore von Zinedine Zidane zieren die Bücher. Claudio Taffarels Bilanz stagnierte bei einem WM-Titel, 1994 in den USA, als er im Elfmeterschießen gegen Italien einen Schuss parierte.

Dunga war damals Kapitän der Selecao, nun coacht er den fußballerischen Stolz Brasiliens zum zweiten Mal. Taffarel folgt ihm als Torwarttrainer, zugleich wird er dieses Amt weiterhin bei Galatasaray ausüben. Seit 2011 ist der 48-Jährige dort tätig, schon zu Spielerzeiten reifte er bei Gala zur Instanz.

SPOX"Als ich 1998 nach Istanbul wechselte, wusste ich nichts über die Türkei, gar nichts. Aber bereits nach ein paar Tagen dachte ich: Wahnsinn, hier ist es wie im Paradies, noch nie haben mich die Menschen so unterstützt", schwärmt Taffarel bei "11Freunde". Istanbul, sagt er, "ist meine zweite Heimat geworden."

Wie zum Beweis liefert er eine Anekdote aus dem Alltag. "Auf der Straße sprechen mich Gala-Fans an und Spieler scherzen gerne: 'Taffa, du bist nur Torwarttrainer, trotzdem mögen dich die Fans mehr als uns Spieler...'"

Jose Luis Chilavert (49)

Den freundlichen Gruß auf der Straße teilt Taffarel mit einem, der so gar nicht in vorgefertigte Schemata zu zwängen war. "Sobald ich das Haus verlasse, sprechen mich die Fans an, obwohl ich schon längst nicht mehr spiele. Und es sind Anhänger von allen Klubs. Das ist einfach fantastisch", freut sich Jose Luis Chilavert, der dreimal Welttorhüter war (1995, 1997 und 1998) und immerzu ein unangepasster Querdenker. Manche behaupten: Ein unangepasster Grenzgänger.

Das fing mit seiner Extravaganz auf dem Fußballplatz an. 62 Treffer erzielte der Freistoßspezialist Chilavert, vornehmlich mit dem linken Fuß von der rechten Seite. Der eigentliche Grund seiner umstrittenen Charakteristik aber waren Aktionen, die den gewiss nicht schüchternen Oliver Kahn wie ein frommes Lamm erscheinen lassen. 1994 erhielt Chilavert eine Gefängnisstrafe, weil er einen Balljungen schlug; 1999 wurde er in Argentinien für 13 Monate gesperrt, weil er ein Vereinsmitglied niederstreckte; bei der WM 2002 verpasste er das Auftaktspiel, weil er den Brasilianer Roberto Carlos ins Gesicht gespuckt hatte.

Und dennoch ist Chilavert in Paraguay eine Koryphäe. Klar, dass diese dominante Persönlichkeit ins Fernsehen drängt, doch damit wäre ein Tausendsassa nur unzureichend ausgelastet: Der 49-jährige besitzt verschiedene Unternehmen, darunter ein Restaurant in Asuncion, und kooperiert mit einer Augenklinik. "Ich habe mir zunächst eine Auszeit gegönnt. Meine Frau scherzte in dieser Zeit häufig, dass ich wohl der einzige Spieler sei, der nach seinem Karriereende nichts mehr mit Fußball am Hut hat", berichtet Chilavert bei "fifa.com".

Der Ex-Keeper hat höhere Ziele: Er strebt den Präsidentenposten an, aber nicht jenen des Fußballverbandes - sondern der Nation. Außerdem schielt Chilavert auf eine weitere Funktion: "Seit der Weltmeisterschaft träume ich davon, Nationaltrainer Paraguays zu werden." Er gab das Interview 2005.

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Rene Higuita (47)

Die Parallelen sind unverkennbar, beinahe unheimlich: Südamerikaner, Exzentriker, Fließbandtorschütze, nicht frei von Skandalen - und verehrt wie ein Halbgott. Die kolumbianische Ausgabe von Chilavert heißt Rene Higuita, genannt "El Loco" - der Verrückte.

Zweimal wurden Kokainrückstände in seinem Blut entdeckt (2002 und 2004), schon in den Neunzigern war Higuita in heikler Mission unterwegs: Er beteiligte sich an der Geldübergabe für die entführte Tochter eines Freundes, wurde ins Gefängnis gesteckt und gelangte durch einen Hungerstreik an die Freiheit. Das war Higuita.

Als Reminiszenz seiner Künste hinterließ der Lockenkopf den "Scorpion Kick" von 1995; im Länderspiel gegen England klärte er einen Schuss mit den Fußunterseiten, während sein Oberkörper vorne überkippte. Spektakel mit einem Hang zum Größenwahn. Das war Higuita.

55 Tore schoss er, zumeist vom Elfmeterpunkt, im Jahr 2011 war es genug. Heute trainiert Higuita die Torhüter des saudi-arabischen Klubs Al-Nasr, in der "Mundo Deportivo" philosophiert der 47-Jährige über Vergangenheit und Zukunft: "Ich träumte davon, ein großer Torhüter zu werden, und ich wurde ein großer Torhüter. Dann träumte ich davon, Tore zu schießen, und ich schoss Tore. Nun träume ich davon, ein großer Trainer zu werden." Frag nach bei Chilavert.

Peter Schmeichel (50)

Die Träume von Peter Schmeichel sind nicht überliefert, dafür seine Taten. Europameister 1992, Champions-League-Sieger 1999, zweimaliger Welttorhüter. "Schmeichel war der vielleicht beste Keeper aller Zeiten. Er war zu wirklich irren Paraden fähig", huldigt Sir Alex Ferguson, und aus dem Mund des für sein "hairdryer treatment" gefürchteten Schotten - Ferguson stellte sich im Zentimeterabstand vor Spielern auf und brüllte sie an - ist das so etwas wie ein verbaler Ritterschlag.

Schmeichel legte keinen Ämteraufstieg auf dem Reißbrett hin. Sein Bildungsweg verlief konträr und kompliziert. Als Jugendlicher hielt er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser, mal als Reinigungskraft in einer Seniorenresidenz, mal in einer Textilfabrik, mal in einer Bodenlegerfirma. 1987 schaffte Schmeichel bei Bröndby IF den Durchbruch als Fußballer.

Besonderen Legendenstatus hat der EM-Titel 1992 angenommen, zumal den nachgerückten Dänen das Klischee einer Fast-Food-Truppe am Revers heftet. "Es klingt immer so, als seien wir eine Freizeitmannschaft gewesen. Das ist unfair", verteidigt sich Schmeichel bei "11Freunde".

Inzwischen ist er selbst Meinungsmacher, präsentiert seit 2004 mit Preber Elkjær Larsen und Brian Laudrup die Champions League im dänischen Fernsehen. Darüber hinaus verdingte sich Schmeichel in TV-Formaten ohne Bezug zum runden Leder, nahm an Tanzshows teil, moderierte Quiz-Duelle und Unterhaltungssendungen. Ein Allrounder. Sohn Kasper (27) ist ebenfalls Torwart, momentan bei Leicester City.

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Edwin van der Sar (43)

Einer von Schmeichels Nachfahren im Tor von Manchester United war Edwin van der Sar. Gemessen an seinen Qualitäten spulte sich die Karriere eher unüblich ab: 2005, mit 34 Jahren, holten ihn die Red Devils vom Mitteklasseklub Fulham. Ein später Aufstieg.

Sicher, da gab es die Periode bei Juventus Turin, aber dort konnte sich van der Sar nicht wirklich entfalten. Vielleicht lag es an der italienischen Fußballkultur, die ihm seiner Stärken beraubte. Denn van der Sar war ein Pionier auf seinem Gebiet, der erste mitspielende Toreverhinderer auf Weltniveau.

Er räumte zweimal die Champions League ab (1995 mit Amsterdam, 2008 mit United), kam 130 Mal für die Niederlande zum Einsatz (Rekord) und stellte in der Saison 2008/2009 einen Bestwert auf: 1311 Minuten ohne Gegentor. Dabei war van der Sar ein Pragmatiker, keiner für die Show. "Wenn ich hechten muss, dann ist davor etwas schief gelaufen", bemerkte er einst.

2011 trat er vom Leistungssport zurück, im November 2012 folgte die Berufung zum Ajax-Marketingdirektor. "Natürlich fehlt einem der Fußball, die Spiele, die Späße in der Kabine", sagt der 43-Jährige zu "fifa.com". Zwar sei er dem Geschäft erhalten geblieben, "aber das Umfeld ist ein vollkommen anderes. Ich kann Ihnen versichern, dass es viel härtere, aber auch erfüllendere Arbeit ist. Für mich ist das eine tolle Gelegenheit, viel über mich zu lernen."

In Amsterdam versammelt sich im Übrigen eine ganze Riege holländischer Ex-Stars: Frank de Boer trainiert die erste Mannschaft, Dennis Bergkamp ist sein Assistent, Marc Overmars der Sportdirektor.

David Seaman (50)

England, deine Torhüter... David Seaman war ein Klassemann, aber im Gedächtnis setzten sich vor allem seine Patzer fest. Wie er etwa bei der WM 2002 einen Ronaldinho-Freistoß so kolossal unterschätzte, dass es den Briten die Tränen in die Augen trieb - das war ein Abziehbild des ewigen englischen Dilemmas zwischen den Pfosten.

Aber konnten sie Seaman böse sein? 13 Jahre hielt er Arsenal die Treue, von 1990 bis 2003, das war die Ära mit Pferdeschwanz. Seine Popularität auf der Insel verlagerte sich ins Leben nach der Laufbahn. Bereits zu aktiven Zeiten war der Kult-Keeper ein gern gesehener Gast in diversen TV-Shows, und als die Zwänge des Profitums gefallen waren, wagte sich Seaman auf dünnes Eis - im wahrsten Sinne. 2004 nahm er am Prominenten-Eistanzen teil, ersetzte spontan Paul Gascoigne und gewann. Nicht sein letzter Ritt auf Kufen.

Die Malheure als Torhüter verarbeitet der 50-Jährige mit einer Portion Selbstironie. Freilich: Auf der DVD "Goalkeeper's Nighmares" vereinigen sich auch jene Paraden, die dafür sorgten, dass David Seaman zu einem Unikum wurde.

Nur sein Äußeres wirkt seltsam-unvertraut: 2005 fiel der Pferdeschwanz. Für Wohltätigkeitszwecke.

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