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Videobeweis für mehr Klarheit!

Von Adrian Fink

Es ist einer der größten Skandale der jüngeren Bundesliga-Geschichte: Die Ecke kommt herein, Stefan Kießling köpft daneben, durch ein Loch im Netz landet der Ball aber im Tor und Dr. Felix Brych zeigt zur Mitte. Die Liga hat ihr nächstes Phantomtor. Doch anders als noch bei den irregulären Treffern von Thomas Helmer 1994 oder Arne Larsen Okland 1981 wäre Kießlings Phantomtor 2013 absolut vermeidbar gewesen. Denn die Technologie des 21. Jahrhunderts offenbart neue Möglichkeiten als noch vor 20 Jahren.

So ist der Videobeweis bei vielen anderen Sportarten wie zum Beispiel beim Football, Basketball, Baseball, Feldhockey, Eishockey, Fechten, Tennis oder etwa Rugby längst gang und gäbe. Besonders beim Rugby hat sich der Einsatz der technischen Hilfsmittel zum essentiellen Bestandteil des Spiels entwickelt.

"Anfangs durften die Schiedsrichter nur nachschauen, ob ein Try erfolgreich war oder nicht. Mittlerweile wurden die Möglichkeiten erweitert und die Referees dürfen bei strittigen Situationen überprüfen lassen, ob es ein Foul war oder nicht", erklärt der deutsche Rugby-Bundestrainer Frederik Potgieter gegenüber SPOX.

"Glaube, Videobeweis wäre nächster Schritt"

Als Team- und Ballsportart kann Rugby mit seiner entfernten Ähnlichkeit in Sachen Dynamik und Geschwindigkeit dem Fußball in diesem Fall als Vorbild dienen. Denn auch beim Rugby gab es - wie beim Fußball heute - Gegenstimmen, die befürchteten, dass der Fluss des Spiels verloren gehen könnte. "Heute sehen die meisten Leute aber den Vorteil der Technologie", so Potgieter, der anfügt: "Allerdings ist es beim Rugby einfacher, weil die Beteiligten generell offener gegenüber Dingen sind, die das Spiel verändern."

Konkret meint der Südafrikaner den Weltverband World Rugby, der den Videobeweis trotz des Gegenwinds durchgeprügelt hat. Nach der Einführung wurde das System Schritt für Schritt getestet, bis es vor ein paar Monaten sogar bei der WM in England eingesetzt wurde. Potgieter sieht den Verband in der Pflicht: "Wenn man jeden fragt, bekommt man 1000 Meinungen. Es ist wichtig, dass eine Instanz die Verantwortung übernimmt. Beim Fußball müsste die FIFA diese Rolle einnehmen."

Dem 34-Jährigen zufolge würde der Videobeweis den Schiedsrichter aus dem Fadenkreuz nehmen. "Es gibt ja bereits die Torlinientechnik. Ich glaube, der Videobeweis wäre der nächste Schritt und erleichtert dem Schiedsrichter die Aufgabe, da er bei wichtigen Szenen nachfragen kann."

Großer Zuspruch von den Fans

Während sich die Unparteiischen beim Fußball regelmäßig heftigster Kritik ausgesetzt sehen, werden die Referees beim Rugby mit größtem Respekt und Akzeptanz behandelt. Beleidigungen oder öffentliche Schuldzuweisungen sind ein No-Go. Kein Wunder, dass sich Herbert Fandel, Vorsitzender der DFB-Schiedsrichter-Kommission, für die Einführung ausgesprochen hat.

Zumindest hierzulande erfährt die Idee auch bei den Anhängern großen Zuspruch: Eine überwältigende Mehrheit der deutschen Fans von knapp 84 Prozent hat sich für den Videobeweis in der Bundesliga ausgesprochen. Das ergab eine Umfrage des unabhängigen Marktforschungsunternehmens SLC Management.

Bei all der Freude über die neu gewonnenen Möglichkeiten ist es allerdings wichtig, dass das technische Hilfsmittel nicht inflationär herangezogen wird. "Wie beim Rugby geht es darum, die richtige Balance zu finden, sonst dauert das Spiel zu lange", weiß Potgieter. Beim oben genannten Beispiel hätte der Videobeweis den Spielfluss allerdings sogar beschleunigt. Denn statt minutenlanger Hoffenheimer Proteste hätte ein Video-Schiedsrichter die Situation in wenigen Sekunden klären können.

Spielfluss kaum gestört

Um die Spielzeit generell nicht unnötig in die Länge zu ziehen, muss es klare Vorgaben geben, wann der Videobeweis eingefordert werden kann. Einerseits sollte nicht nur der Schiedsrichter Anspruch auf die Technologie, sondern auch beide Trainer eine gewisse Anzahl von Challenges zur Verfügung haben. Andererseits dürfen aber keinesfalls triviale Entscheidungen, die einen Einwurf oder Eckball zur Folge haben, überprüft werden.

Bei fundamentalen Situationen wie potentiellen Elfmetern oder möglicherweise entscheidenden Abseitspositionen ist der Videobeweis hingegen überfällig. Auch bei gefährlichen Foulspielen wie kürzlich bei Sebastian Boenisch kann die Technologie für Klarheit sorgen, um die angemessene Strafe festzulegen.

Zu diesem Zweck könnte ein Video-Schiedsrichter seinem Kollegen auf dem Platz per Headset die entsprechenden Informationen mitteilen. Der Spielfluss würde in diesem Fall kaum gestört werden. "Ich glaube, dass das technisch bald möglich ist und man nicht immer abwarten muss, bis die Situation unterbrochen ist", ist der Rugby-Bundestrainer überzeugt.

Mehrgewinn für die Zuschauer

Unabhängig davon, dass der Spielfluss unvermeidbar hin und wieder ins Stocken gerät, überwiegen ganz klar die Vorteile und der Videobeweis birgt einen deutlichen Mehrwert für die Zuschauer: Beim Rugby werden die Video-Überprüfungen live auf dem Stadionbildschirm übertragen - zusätzliches Mitfiebern ist garantiert.

Die Arbeit des Referees wird offen dargelegt und im besten Fall können die Fans die Einschätzung des Schiedsrichters nachvollziehen, wodurch die Akzeptanz der Unparteiischen wächst. Der Videobeweis ist also mehr Chance als Gefahr. Wiederholungen von Bundesligapartien wegen fälschlich gegebener Phantomtore sollten dann der Vergangenheit angehören.

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