"Ich habe noch ein Jahr Vertrag, aber ich mache mir auch Gedanken, wie es weitergeht", sagte der Niederländer nach dem ernüchternden 1:2 (0:0) gegen den Hamburger SV: "Ich arbeite hier im Moment von Woche zu Woche."
Nach der erneuten sportlichen Bankrotterklärung der zweitteuersten Bundesliga-Mannschaft, die vor einem Jahr noch im Champions-League-Viertelfinale stand, ist ein schneller Abschied des Trainers nicht mehr unwahrscheinlich.
Rutten Top-Kandidat beim PSV Eindhoven
Rutten, der bei der PSV Eindhoven Top-Kandidat als neuer Chefcoach ist, scheint mit seinem Latein am Ende und hat offensichtlich erkannt, dass er auf Schalke gescheitert ist. Der neue Manager, über den der Aufsichtsrat noch in dieser Woche entscheiden will, bekommt auf jeden Fall sofort viel Arbeit.
Entweder beendet er als erste Amtshandlung das Missverständnis Rutten, oder er muss bereits nach einem Nachfolger suchen, weil schon zuvor die Notbremse gezogen wurde.
Neben Ex-Nationaltorwart Oliver Kahn, von dem Aufsichtsratschef Clemens Tönnies auch am Rande des HSV-Spiels schwärmte ("Er hat einen sehr guten Eindruck hinterlassen"), sind Frankfurts Vorstandsvorsitzender Heribert Bruchhagen, Wolfsburgs Trainer-Manager Felix Magath und Schalkes Ex-Coach Huub Stevens die Kandidaten für die Nachfolge des abberufenen Andreas Müller.
Wachsende Resignation auf Schalke
Rutten musste am Sonntag mit wachsender Resignation feststellen, dass aus seiner Mannschaft jegliches Leben gewichen ist. Die lethargische Vorstellung gegen das letzte HSV-Aufgebot übertrug sich auch auf das Umfeld.
Hatten die Fans vor zwei Wochen noch wütend gepfiffen und den Rauswurf von Manager und Trainer gefordert, waren sie am Sonntag regelrecht apathisch. Nach dem Ende aller Europapokal-Hoffnungen gab es noch nicht mal Pfiffe.
"Die Liga ist noch nicht zu Ende. Wir können nicht die letzten neun Spiele einfach wegschmeißen", meinte Rutten - und legte damit den Verantwortlichen indirekt nahe, die Länderspielpause zu einer Entscheidung zu nutzen. Tief blicken ließ auch seine Aussage, die auf die zahlreichen Nationalspieler gemünzt war.
HSV machte aus der Not eine Tugend
"Manchmal ist es gut für den Kopf, wenn man eine Woche weg ist von Schalke." Sein Landsmann Martin Jol erlebt derweil in Hamburg die Freuden des Bundesliga-Geschäfts. Dass sogar die unendliche Verletztenserie den HSV nicht aus der Erfolgsspur geworfen hat, überraschte den Niederländer selbst. "Das ist fast unglaublich", meinte Jol, der aus der Not eine Tugend gemacht hatte.
Weil neben Mladen Petric und Piotr Trochowski kurzfristig auch der grippekranke Ivica Olic ausgefallen war, stellte er die komplette Offensive um: Hinter Paolo Guerrero als einziger Spitze bot er David Jarolim als Zehner sowie Jonathan Pitroipa und Marcell Jansen als Flügel auf.
Komplettes Team umgekrempelt
"Im Nachhinein war das ein Vorteil", sagte Jol. Matchwinner Guerrero war mit seinen beiden Toren (70. und 75.) "für uns lebenswichtig". Er sei immer schon von dem Peruaner begeistert gewesen, beteuerte der HSV-Coach: "Das einzige Problem war, dass wir noch Spieler wie Petric und Olic haben."
Die fehlten auf Schalke, und so war Jol "froh, dass Guerrero da ist". Stolz durfte sich der Niederländer auch auf seine Fahne heften, dass er innerhalb kürzester Zeit eine komplette Mannschaft umgekrempelt und zu einem Titelanwärter - in der Bundesliga, dem DFB-Pokal und dem UEFA-Cup - geformt hat.
Die namhaften Abgänge Rafael van der Vaart, Nigel de Jong und Vincent Kompany habe man "gut verkraftet, das ist eine sehr gute Geschichte". Nun fehlt nur noch die Krönung: "Wenn wir etwas gewinnen, dann ist das wunderbar."
Schalke 04 - Hamburger SV: Daten & Fakten