Alle 18 Bundesligisten haben die Vorbereitung auf die Rückrunde aufgenommen. In jedem Kader findet man Spieler, für die das zweite halbe Jahr der Saison aus unterschiedlichen Gründen entscheidenden Charakter haben wird. Teil drei handelt von Leistungsträgern, die bislang enttäuschten, einem echten Juwel und Bayerns Dauerpatient.
Tim Matavz (FC Augsburg, 10 Spiele, 2 Tore)
Für vier Millionen Euro vom PSV Eindhoven gekommen war Tim Matavz für viele Fans des FCA der große Hoffnungsträger unter den zahlreichen neuen Offensivspielern. Allerdings war die Hinrunde für den Slowenen schnell gelaufen, beim Spiel gegen den Hamburger SV musste er nach zwölf Minuten vom Platz.
Die Diagnose Bänderverletzung im linken Sprunggelenk bremste Matavz aus. Selbst beim Trainingsauftakt am 7. Januar war er noch immer nicht fit - Trainer Markus Weinzierl entschied sich dagegen, seinen Stürmer zum Laktattest zu schicken.
Der teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte muss sich also noch in Geduld üben. Seine zwei Tore in den ersten zehn Einsätzen ließen durchblitzen, wozu er im Stande ist - mehr aber auch noch nicht. Manager Stefan Reuter sprang dem Neuzugang zur Seite: "Ich habe bei Borussia Dortmund sehr viele Zugänge erlebt, die im ersten halben Jahr noch nicht annähernd ihr Leistungspotenzial ausgeschöpft haben."
Kurz vor seiner Verletzung deutete der Stürmer allerdings selbst an, sich immer besser zurecht zu finden. "Ich spüre, dass es Tag für Tag besser wird." Die Verletzung warf ihn zurück, in der Rückrunde gilt es zu beweisen, wie viel von den Tagen der Besserung hängen geblieben ist. Dann ist Matavz eine echte Waffe, die den FCA noch stärker machen könnte.
Teil 1: Seuchenvogel, Lichtblick, Superstar
Kevin-Prince Boateng (FC Schalke 04, 7 Spiele, kein Tor)
Der 27-Jährige hat eine Seuchen-Hinrunde erlebt. Zweimal musste er wegen seines lädierten Sprunggelenks insgesamt sechs Ligaspiele pausieren, hinzu kam eine Pause von weiteren zwei Spielen aufgrund einer Bänderdehnung. Richtig fit war Boateng währen der gesamten Hinserie nicht.
Schlagzeilen machte er abseits des Platzes. Wie "Ruhrnachrichten" und "kicker" berichten, sollen sich mehrere Klubverantwortliche, darunter auch das Schalker Ehrenpräsidium über Boatengs "wenig sozialverträgliches Verhalten" beschwert haben. Es geht um einen Vorfall auf einer Champions-League-Reise. Boateng soll eine Stewardess während des Fluges nach Lissabon beleidigt haben.
Anfang des Jahres wurde zudem die Trennung Boatengs von seinem langjährigem Berater Roger Wittmann bekannt.
2015 beginnt für Boateng dagegen vielversprechend. Das Sprunggelenk hat die ersten Trainingseinheiten in Katar problemlos überstanden. "Kevin macht auch einen stabilen Eindruck. Es wäre sehr wichtig für uns, wenn er ohne Probleme in die Rückrunde starten kann", sagte Sportvorstand Horst Heldt. Schalke 04 ist eine andere Mannschaft mit einem gesunden Boateng - eine bessere.
Augsburgs Waffe und Schalkes Sorgenkind
Gladbachs Unbeständiger und Leverkusens Juwel
Wolfsburgs "Diva" und Bayerns Bester
Raffael (Borussia Mönchengladbach, 15 Spiele, 3 Tore)
Neun Tore erzielte Raffael in der Hinrunde der vergangenen Saison, vier weitere legte er seinen Mannschaftskollegen auf. In der aktuellen Spielzeit hängt der Brasilianer dieser Form allerdings hinterher - nur drei Treffer und eine Vorlage, viele ausgelassene Großchancen.
Raffael deshalb als Totalausfall zu bezeichnen, trifft natürlich nicht zu. Zum einen konnte die Mannschaft dessen fehlende Präsenz und Torgefährlichkeit streckenweise abfangen, zum anderen zeigte der 29-Jährige auch ausgezeichnete Leistungen, wie beim 4:1-Sieg gegen Ex-Klub Schalke.
Eine Steigerung verspricht man sich Gladbach dennoch von Raffael, der nach seiner Verletzung Ende der Rückrunde im Trainingslager behutsam an die Mannschaft herangeführt wird. "Raffael ist sehr wichtig für uns, er kann Spiele im Alleingang entscheiden", beschreibt Trainer Lucien Favre seinen Zögling, den er schon nach Zürich und Berlin lotste.
Raffaels Bedeutung für die Fohlen steht außer Frage, auch wenn der Brasilianer in Thorgan Hazard und Branimir Hrgota erstmals zwei Konkurrenten auf der Position hinter den Spitzen hat, derer er sich erwehren muss. Klar ist aber: Will Gladbach die Saison mit einer Platzierung auf den Champions-League-Rängen beenden, wird man einen formstarken Raffael brauchen - und seine Tore.
Tin Jedvaj (Bayer Leverkusen, 14 Spiele, 2 Tore)
Der 19-Jährige fehlte nur bei drei Bundesliga-Spielen der Werkself. Jedvaj spielte in der Hinrunde den Part als wohl bester U-20-Spieler der Bundesliga. Egal ob als Rechtsverteidiger oder in der Mitte, der Kroate liefert gute bis herausragende Leistungen ab und scheint das Spielsystem von Roger Schmidt voll verinnerlicht zu haben.
Dass ihm gelegentlich noch die Ruhe und Abgeklärtheit fehlen, verwundert angesichts der geringen Erfahrung nicht. Jedvaj definiert sich dagegen viel über Einsatz, Kampfgeist und Stärke im defensiven Eins-gegen-Eins. Als Flügelspieler treibt er zudem unermüdlich das Offensivspiel an.
Kein Wunder also, dass Leverkusen um seinen Verbleib kämpfen wird. Bleiben würde er auch gerne in Deutschland, die Roma zeigt sich jedoch noch nicht gewillt, ihn komplett zu verkaufen. "Bayer ist besser als Rom, ich möchte in Leverkusen bleiben. Die Bundesliga ist eine bessere Liga als die Serie A", machte Jedvaj gegenüber "Sportske novosti" seine Absichten deutlich.
Somit könnte die Rückrunde wegweisend werden. Auf dem Platz geht es für Jedvaj um den Einzug in die Champions League oder sogar einen Titel mit der Werkself. Seine Zukunft wird jedoch neben dem Platz entschieden. Jedvaj kann sich mit guten Leistungen weiter empfehlen und Leverkusen dazu bewegen, in den Verhandlungen mit dem AS Rom den einen oder anderen Euro draufzulegen.
Augsburgs Waffe und Schalkes Sorgenkind
Gladbachs Unbeständiger und Leverkusens Juwel
Wolfsburgs "Diva" und Bayerns Bester
Nicklas Bendtner (VfL Wolfsburg, 9 Spiele, 1 Tor)
"Die nächste letzte Chance", titelte SPOX nach Bekanntwerden des Transfers von Nicklas Bendtner nach Deutschland. Das fußballerische Talent des Dänen ist unbestritten, sein Hang zu Faulheit im Training und ausschweifenden Partys auch.
Der VfL entschied sich nach langer Stürmersuche schließlich für Bendtner - und wurde enttäuscht. Nach einem passablen Start mit zwei Einsätzen über 90 Minuten stand der 26-Jährige ab dem 9. Spieltag sechs Mal nicht im Kader.
"Nicklas beschränkt sich selbst. Ich erwarte, dass er sich auch im Training noch mehr in der Arbeit gegen den Ball engagiert", sagte Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking Anfang Dezember. Die lasche Einstellung im Training wurde Bendtner erneut zum Verhängnis.
Bendtner reagierte via Twitter eigenwillig über seine Nicht-Nominierung: "Ich könnte so laut lachen, dass mein Herz herausspringt." Startet Bendtner in der Rückrunde nicht endlich durch, könnte ihm das Lachen schnell vergehen. Es ist eine weitere letzte Chance für den Lord.
Teil 2: Zwei Härtefälle und die Leitwölfe
Holger Badstuber (FC Bayern München, 3 Spiele, kein Tor)
Den Ritterschlag bekam Badstuber am 22. Juli 2014 am Gardasee. Während des Bayern-Trainings sagte Pep Guardiola zu seinem Co-Trainer Hermann Gerland: "Hermann, Hermann. Wir haben zwei überragende Spieler, Innenverteidiger, immer in der Saison gehabt. Aber Badstuber ist besser. Er ist der beste Spieler, den ich je hatte!"
Badstuber musste nur wenig vorspielen, um seinen Trainer davon überzeugen, dass er auch nach zwei Kreuzbandrissen und einer elend langen Zwangspause das Fußballspielen nicht verlernt hat. Der 25-Jährige war zu Saisonbeginn gesetzt, doch bereits am 3. Spieltag ereilte Badstuber das nächste Malheur: Sehnenriss im Oberschenkel, Operation, lange Pause.
Am 4. Januar nahm Badstuber einen neuen Anlauf. Drei Tage vor dem offiziellen Trainingsstart legte er an der Säbener Straße los. "Die erste Einheit ist immer etwas zäh, aber es hat Spaß gemacht. Ich freue mich jetzt auf die Strapazen", sagte Badstuber.
Mit dem gesetzten Jerome Boateng, Mehdi Benatia und Dante hat Badstuber starke Konkurrenz. Der derzeit noch verletzte Javi Martinez war von Guardiola ebenfalls für die Dreierkette vorgesehen. Badstuber sollte möglichst schnell auf ein hohes Niveau kommen, damit er seine Einsätze bekommt. Etwas beweisen muss er seinem Trainer nicht mehr.
Augsburgs Waffe und Schalkes Sorgenkind