18 Siege in 22 Pflichtspielen und 71 erzielte Tore - Borussia Dortmund befindet sich unter Trainer Thomas Tuchel auf einem formidablen Weg. Einige Leistungsträger der Jahre mit Jürgen Klopp an der Seitenlinie fristen derzeit allerdings ein Reservistendasein. SPOX blickt auf fünf BVB-Spieler, für die die aktuelle Spielzeit alles andere als ideal verläuft.
Sven Bender (26, im Verein seit 2009)
Der 26-Jährige wird kaum mit großer Freude auf das Fußballjahr 2015 zurückblicken. Ein gutes Jahr nach einer langwierigen Schambeinentzündung verletzte sich Bender am Meniskus und verpasste große Teile der Rückrunde.
Gegen Ende der Spielzeit kam er noch auf ein paar Partien. Beim Pokalfinale in Berlin saß er aber 90 Minuten auf der Bank.
Unter dem neuen Trainer Thomas Tuchel haben sich die Vorzeichen für den verletzungsanfälligen Ex-Nationalspieler stark verändert.
Neuzugang Julian Weigl hat Bender aus seinem angestammten Gebiet im defensiven Mittelfeldzentrum verdrängt, weil dieser fußballerisch wie strategisch die Nase vorn hat und eine höhere Passsicherheit an den Tag legt.
"Natürlich ist es für mich nicht ganz so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt habe", gibt Bender zu. "Aber ich komme ja immer wieder rein. Ich habe schon das Gefühl, dass ich ein wichtiger Teil der Mannschaft bin. Meine persönliche Situation stelle ich gerne hinten an, wenn es uns Erfolg bringt."
Tuchel scheint in Bender zudem auch eine veritable Alternative für die Innenverteidigung zu sehen. Angesichts der aktuellen Situation um Neven Subotic hat sich Bender zum Innenverteidiger Nummer drei hinter Mats Hummels und Sokratis gemausert.
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In der Bundesliga ließ ihn Tuchel im Spitzenspiel gegen den FC Bayern sowie gegen Augsburg hinten ran, seine überzeugendste Partie auf dieser Position spielte Bender im Europa-League-Rückspiel gegen Qäbälä. Gegen einen allerdings auch wenig herausfordernden Gegner glänzte Bender mehrfach mit frühen Balleroberungen, die schon in den frühen Jahren unter Jürgen Klopp zu seinem Markenzeichen gehörten.
Von diesen Charakterzügen und Teamplayerfähigkeiten ist Tuchel enorm angetan: "Es ist ein Privileg, ihn trainieren zu dürfen. Er hat eine hohe Sozialkompetenz und ist ein Vorbildcharakter. An ihm können sich die anderen Spieler orientieren."
Benders Situation ist derzeit festgefahren. Er kam lediglich in 14 von 22 Pflichtspielen zum Einsatz, nur sechs Mal stand er in der Startelf. Trotz Tuchels lobender Worte dürfte klar sein, dass sich Bender genau überlegen wird, ob er auf Dauer mit dieser Art von Teilzeitarbeit und seiner neuen Rolle als Innenverteidiger leben kann. Er befindet sich schließlich im besten Fußballalter.
Neven Subotic (26, im Verein seit 2008)
Die steilste Abwärtskurve unter Tuchel hat Subotic genommen. Er ist mittlerweile nur noch Innenverteidiger Nummer vier - sollte sich der Trainer im Fall der Fälle nicht sogar für den als Innenverteidiger groß gewordenen Matthias Ginter entscheiden, den Tuchel zum Rechtsverteidiger umschulte.
Dabei waren die Vorzeichen zum Ende der Vorsaison noch ganz andere. Damals hatte sich Subotic einen Vorsprung gegenüber Sokratis erarbeitet, der so groß war, dass sich der Grieche ernsthafte Wechselgedanken machte. Ende Mai dehnte der BVB Subotics Vertrag vorzeitig bis 2018 aus.
In dieser Spielzeit jedoch kommt sein Arbeitszeugnis ziemlich mickrig daher: Nur zwei Einsätze und 180 Minuten Spielzeit stehen zu Buche (am 23. August beim 4:0 in Ingolstadt und am 1. Oktober beim 1:1 in Saloniki).
Zu allem Überfluss fiel seine Vorstellung gegen PAOK auch noch unglücklich aus. Subotic hing beim einzigen Gegentreffer des Abends mit drin.
"Im Moment stehen zwar andere Leute vor mir. Aber ich gehe fest davon aus, dass diese Reihenfolge nicht in Stein gemeißelt ist", gibt sich der bald 26-Jährige kämpferisch.
Das Problem des Serben: Tuchel bevorzugt einen relativ kleinen Kader von 15 bis 16 Spielern, deren Belastungen er angesichts der vielen Pflichtspiele bislang erstaunlich gut verteilte.
Subotic allerdings schaute oftmals in die Röhre, da beispielsweise ein Konkurrent wie Bender eine gewisse Polyvalenz mitbringt und auf zwei unterschiedlichen Positionen einsetzbar ist. Zudem hinderten den Serben mehrfach auftretende Rückenprobleme daran, mit dem Fitnessstand der Konkurrenz Schritt zu halten.
"Neven ist zurzeit mit Sicherheit in einer Rolle, die ihm nicht gefällt. Es entstehen immer wieder Härtefälle. Neven ist so einer. Er trainiert sehr gut, hat auch in seinen Spielen sehr gut gespielt. Wir haben uns in Serie dafür entschieden, mit Papa und Mats zu beginnen. Wir haben uns in Serie dafür entschieden, Manni als dritten Innenverteidiger und möglichen Sechser zu nominieren. Neven ist der Leidtragende", erklärt Tuchel.
Nicht überraschend, dass es um Subotic prompt erste Wechselgerüchte gab. Die Premier League reize ihn, hat der Innenverteidiger schon oftmals gesagt. Da dort mittlerweile sein Ziehvater Jürgen Klopp angestellt ist, wird diesem in der englischen Presse bereits Interesse an einer Verpflichtung Subotics nachgesagt.
Auch bei Hannover 96 soll er auf dem Zettel stehen. Wenn auch nach derzeitigem Stand der sportliche Verlust des 26-Jährigen auffangbar wäre, als Fan-Liebling und Identifikationsfigur ist Subotic kaum zu ersetzen. Das nachhaltige soziale Engagement seiner Stiftung in Afrika hat Subotics Popularität in Dortmund in den letzten Jahren extrem in die Höhe schnellen lassen.
Lukasz Piszczek (30, im Verein seit 2010)
Für Piszczek gilt dasselbe wie für Bender: 2015 lief für ihn ganz anders als geplant. Ein Syndesmosebandanriss ließ ihn große Teile der vergangenen Rückrunde aussetzen, in den letzten Partien - unter anderem im Pokalendspiel - durfte er dann wieder einige Minuten Spielpraxis sammeln.
Was seitdem passierte, lässt sich schlicht mit dem Wort Pech zusammenfassen. Aufgrund von Problemen mit seiner im Sommer 2013 operierten Hüfte verpasste Piszczek zunächst das Playoff-Spiel bei Odds BK (4:3) in der Europa League.
Nach einer katastrophalen ersten Dortmunder Halbzeit reagierte Tuchel, nahm den als Rechtsverteidiger indisponierten Gonzalo Castro vom Feld und stellte Ginter auf diese Position. In der Folge mauserte sich der Weltmeister dort zu einem in der Offensive enorm effektiven Stammspieler - und Piszczek bleibt seither außen vor.
"Wenn Matthias Ginter in dieser Form ist, dann wird er spielen", so Piszczek zu polnischen Medien. "Ich habe meine Chance am Donnerstag bekommen, 90 Minuten gespielt und mich darüber sehr gefreut", richtete er nach dem Rückspiel gegen Qäbälä aus.
Seit der Versetzung von Ginter an den äußeren Platz der Viererkette kam der Pole, der zwischenzeitlich mit einer Muskelverhärtung im Adduktorenbereich zehn Tage pausieren musste, nur noch in acht Pflichtspielen zum Einsatz (drei Mal von Beginn an). Zwar konnte er dabei einen Treffer und zwei Vorlagen beisteuern, Piszczek muss sich dennoch weiterhin hinten anstellen.
"Seine aktuelle Situation ist nicht leicht. Lukasz muss jetzt kämpfen, jederzeit bereit sein und auf seine Chance warten", riet ihm Jakub Blaszczykowski im SPOX-Interview.
Der 30-jährige Piszczek, jahrelang unumstrittener Stammspieler, wirkt angesichts seiner so plötzlich veränderten Perspektive unzufrieden. Zwar lieferte er bei seinen Kurzeinsätzen zuletzt tadellose Leistungen ab. Dass ein Umschüler wie Ginter, der im Vorjahr noch keine Konkurrenz für ihn darstellte, auf einmal vor ihm steht, wurmt naturgemäß.
Klar ist: Wäre Tuchel nicht grundsätzlich von ihm überzeugt, hätte Piszczek angesichts der EM im kommenden Jahr wohl ähnlich wie sein Kumpel Blaszczykowski reagiert und einen Vereinswechsel erwogen.
Ob in der Winterpause ein Umdenken stattfinden wird, ist fraglich. Piszczek ist noch bis 2017 an den Verein gebunden. "Ich werde Zeit haben, mit Nationaltrainer Adam Nawalka über dieses Thema zu sprechen", sagt er über einen möglichen Wechsel. "Was dann kommt, werden wir sehen. Das ist Fußball, man hat nicht immer eine Stammplatzgarantie. Man muss um sie kämpfen."
Pflichtbewusst schob er hinterher, dass er vorhabe, seinen im Oktober 2012 vorzeitig verlängerten Vertrag zu erfüllen.
Jonas Hofmann (23, im Verein seit 2011)
"Hauptsache, ich spiele. Dass ist das, was für mich zählt. Dieses Jahr wird für mich extrem wichtig. Ich will Stammspieler werden - wie jeder andere auch. Darauf arbeite ich hin. Ich möchte mich richtig in der Mannschaft festbeißen und nach dieser Saison sagen können, dass ich ein gestandener Bundesligaspieler geworden bin." Jonas Hofmann machte aus seinen Zielen für die aktuelle Spielzeit im SPOX-Interview vor Saisonstart keinen Hehl.
Nach einem mehr als ordentlichen Start im Sommer, wo ihn Tuchel mehrfach von Beginn an von der Leine ließ und unter anderem als einzige Sturmspitze testete, ist Hofmann mittlerweile völlig außen vor. Die Gründe? Unbekannt. Tuchel, der Hofmann schon als Mainzer Coach zum FSV holen wollte, äußerte sich zu dessen ernüchternder Situation noch nicht öffentlich.
Es ist daher nur eine Randgeschichte, dass Tuchel Hofmann nur wenige Zeigerumdrehungen vor seinem 1:0-Führungstreffer am 5. Spieltag gegen Leverkusen ein von den TV-Mikrofonen deutlich vernehmbares "Jonas, reiß' dich endlich zusammen" entgegen schleuderte.
Seitdem durfte der 23-Jährige nur noch die ersten 45 Minuten des darauffolgenden Spiels in Hoffenheim absolvieren. Nach Spieltag sechs kam keine Bundesligaminute mehr auf seinen Arbeitszettel, gegen Bremen schaffte es Hofmann nicht einmal in den Kader. Chancen erhielt er seitdem nur noch bei zwei Europa-League-Partien, auch beim Rückspiel gegen Qäbälä stand Hofmann nicht auf dem Mannschaftsbogen.
Dabei lassen sich seine Leistungsdaten für einen Reservisten sehen: elf von 22 Pflichtspielen absolviert, sieben von Beginn an, zwei Tore, sechs Assists. Dass Hofmann in vielen anderen Bundesligateams Stammspieler wäre, macht ihn für zahlreiche Vereine interessant.
Hannover 96 soll dazu gehören, die größte Liebeserklärung kam kürzlich allerdings von seinem Jugendverein aus Hoffenheim: "Jonas war mein Lieblings-Spieler in der Jugend. Manchmal bin ich nur wegen ihm zu Jugendspielen gefahren. Dass er nun woanders spielt, tut mir unendlich weh", schwärmt TSG-Boss Dietmar Hopp. Und macht deutlich: "Wir wären bereit, eine angemessene Ablösesumme zu bezahlen, Dortmund wird aber wohl englische Preise aufrufen."
Dass Tuchel seinen einstigen Wunschspieler ziehen lässt, ist trotz der momentan unbefriedigenden Perspektive allerdings unwahrscheinlich. Die Alternativen im Mittelfeld sind nicht besonders umfangreich, Hofmann ist kein schlechter Einwechselspieler.
"Ich will gebraucht werden", sagte Hofmann zu Saisonbeginn. Dieser Wunsch hat in den vergangenen Wochen jedoch einen herben Dämpfer erlitten.
Moritz Leitner (22, im Verein seit 2011)
Im Sommer kehrte Leitner nach einem zweijährigen Leihgeschäft vom VfB Stuttgart nach Dortmund zurück. Bereits im Schwabenland bekam der bald 23-Jährige kein Bein auf den Boden, VfB-Coach Huub Stevens sprach ihm öffentlich die richtige Einstellung für den Abstiegskampf ab.
Leitner galt beim BVB als sicherster Kandidat für einen Wechsel, die Konkurrenz erschien schlicht zu groß. Der Mittelfeldakteur gab jedoch frühzeitig bekannt, sich nicht erneut auf eine Leihe einlassen zu wollen. Es hatte den Anschein, als sei letztlich kein passender Verein an Leitner herangetreten.
Zwar äußerte er sich auch nach Ablauf der Transferperiode kämpferisch, doch Tuchel griff auf ihn bereits während der Testspiele in der Vorbereitungsphase nicht zurück und meldete Leitner auch nicht für die beiden EL-Qualifikationsspiele gegen Wolfsberg und Odds BK. Bis zum heutigen Tag stehen bei ihm lediglich sechs Spielminuten für die Profis zu Buche - gesammelt beim 1:1 in Saloniki.
Als die Dortmunder Amateure in der Regionalliga West immer tiefer in die Krise schlitterten, berief ihn der damalige Trainer David Wagner zu seiner Mannschaft. Dort absolvierte Leitner sechs Partien (zwei Tore, zwei Vorlagen) und verhalf der Truppe zu einem deutlichen Aufwärtstrend.
"Moritz spielt unbeschwert auf, er ist ballsicher und technisch versiert, dazu auch torgefährlich. In unserem Spiel ist er ein wichtiger Faktor", lobte Wagner gegenüber den "Ruhr Nachrichten". Die positiven Schlagzeilen hielten allerdings nicht lange an: im kleinen Revierderby gegen Schalke sah Leitner unmittelbar nach Spielschluss wegen Schiedsrichterbeleidigung die Rote Karte.
Am Ende standen drei Spiele Sperre, erst am kommenden Wochenende gegen Velbert darf Leitner wieder ran - sollte auch der neue Coach Daniel Farke auf ihn setzen.
Leitner teilte zwar mit, dass er wieder Freude am Fußball gefunden habe und ihm die regelmäßigen Einsätze in der U23 mehr Spaß bereiteten als das bei den Profis aussichtslose Training, langfristig sieht er sich allerdings wenig verwunderlich nicht in der vierten Liga.
"Kein Dauerzustand" solle seine Versetzung werden. Werder Bremen wird Interesse am ehemaligen U21-Nationalspieler nachgesagt. Die Borussia, bei der Leitner noch bis 2017 unter Vertrag steht, wäre sicherlich verhandlungsbereit - auch zum frühstmöglichen Zeitpunkt.