SPOX: Herr Friedrich, die deutsche Nationalmannschaft spielt am Donnerstag gegen die USA. Sie haben zum Ende Ihrer Karriere in der Major League Soccer gespielt. Wie haben Sie die Zeit bei Chicago Fire erlebt?
Arne Friedrich: Ich muss vorweg schicken, dass ich ein riesiger Amerika-Fan bin. Ich liebe Chicago. Deshalb war es eine der schönsten Erfahrungen in meinem Leben, dieses Land, die Menschen und die Mentalität dort kennenzulernen. Der Fußball steht nicht so im Fokus wie Football, Basketball, Baseball oder Eishockey. Dementsprechend ist der Druck nicht so groß. Und man kann außerdem in keiner amerikanischen Profiliga absteigen. Für mich war es am Ende meiner Karriere wunderschön, dort zu spielen. Natürlich sehr professionell, aber nicht mit dem Druck in der Bundesliga. Ich kann jedem nur empfehlen, nach Amerika zu gehen, wenn er die Möglichkeit hat.
SPOX: Auch Klinsmann hat es in die USA gezogen. Er lebt in Kalifornien und trainiert die Nationalmannschaft. Wie waren Ihre Erfahrungen mit ihm im DFB-Team?
Friedrich: Klinsmann hat beim DFB und in der Nationalmannschaft alles revolutioniert. Er hat neue Trainingsmaßnahmen aufgegriffen und uns anders vorbereitet, als das noch unter Rudi Völler der Fall war.
SPOX: Wie kam das bei den Spielern an?
Friedrich: Als Spieler ist man offen für solche Dinge. Im Nachhinein war ja auch alles gut und richtig. Heutzutage trainieren alle nach den Methoden der Amerikaner, die erst skeptisch beäugt wurden. Aus diesem Grund hat Klinsmann sehr viel für den deutschen Fußball getan. Der Höhepunkt seiner Amtszeit war natürlich die WM 2006 im eigenen Land. Wir waren in meiner Stadt Berlin untergebracht, haben gute Spiele geliefert, sind Dritter geworden und haben das silberne Lorbeerblatt bekommen. Insgesamt ein Riesenereignis. Bis auf die Niederlage gegen Italien.
SPOX: Was auch hängen geblieben ist, ist der Spruch im Sommermärchen Film: "Arne, der spürt deinen Atem".
Friedrich: Den Spruch kann ich nicht mehr hören. Das war eine ganz normale Ansprache, wie sie Klinsmann immer gehalten hat. Er hatte immer motivierende Sprüche, das war und ist auch seine Stärke.
SPOX: Ihre Stärke auf dem Platz lag eigentlich in der Innenverteidigung. Da durften sie allerdings in der Nationalmannschaft nicht so häufig spielen.
Friedrich: Deshalb war die WM 2010 auch für mich persönlich das schönste Turnier. Ich habe in der Innenverteidigung, wo ich immer schon am stärksten war, eine sehr gute WM gespielt und beim 4:0 über Argentinien im Viertelfinale mein erstes Tor geschossen. Zuvor habe ich 69 Spiele in der Nationalmannschaft auf rechts gespielt, auf einer Position, die mir nicht so gut liegt, aber ich habe trotzdem gute Spiele gemacht. Leider sind wir wie schon bei der EM 2008 an Spanien gescheitert, diesmal schon im Halbfinale.
SPOX: Die Europameisterschaften 2004 und 2008 liefen beide nicht optimal für Sie.
Friedrich: Die EM 2004 war mein erstes Turnier und schon deshalb ein Erlebnis, aber wir waren als Mannschaft nicht erfolgreich und nach drei Spielen war schon wieder Schluss. Bei der EM 2008 habe ich die ersten zwei Spiele verletzungsbedingt nicht gespielt, bin dann im letzten Gruppenspiel gegen Österreich in die Mannschaft gekommen und habe ein sehr gutes Turnier gespielt, unter anderem auch gegen Cristiano Ronaldo. Im Finale haben wir den ganz großen leider Wurf nicht geschafft. Die Spanier kamen zur falschen Zeit, da begann ihr Jahre dauernder Höhepunkt.
SPOX: Sie verbrachten die beste Zeit Ihrer Karriere bei Hertha BSC. Haben Sie es mal bereut, nicht zu einem Top-Verein gewechselt zu sein?
Friedrich: Die Frage habe ich mir hin und wieder gestellt. Die Angebote waren da. Aber ich habe mich immer wieder dafür entschieden, in Berlin zu bleiben, weil ich mich da unglaublich wohl gefühlt habe und die Stadt liebe. Deshalb gibt es nichts, was ich bereuen könnte.
SPOX: Stimmt es, dass Sie der FC Bayern 2009 verpflichten wollte?
Friedrich: Die Bayern haben sich bei mir erkundigt, ob das Interesse an einem Wechsel da wäre. Karl-Heinz Rummenigge hat mich damals auf dem Golfplatz angerufen. Aber das hat sich dann zerschlagen und ich bin bei Hertha geblieben. Ich bin froh, zum Ende meiner Karriere nochmal im Ausland gespielt zu haben. Das kann ich jedem Spieler nur empfehlen. Man kann die Sprache verbessern, eine andere Kultur und neue Menschen kennenlernen. Es gibt viele positive Nebeneffekte. Ich habe jetzt beispielsweise eine Green Card.
SPOX: Sie schwärmen ja richtig von Ihrer Zeit in den USA.
Friedrich: Als ich zum ersten Mal nach Chicago gereist bin, habe ich mich sofort in die Stadt verliebt. Das ging mir mit Berlin genauso. Ich habe direkt in der Nähe vom Sandstrand am Michigan See gelebt. Außerdem bin ich großer Eishockey-Fan und Fan der Chicago Black Hawks, die vor zwei Jahren den Stanley Cup gewonnen haben. Ich war aber auch bei den Bears beim Football und bei den Bulls, auch wenn Basketball nicht ganz so meins ist. Bei den Cubs durfte ich den First Pitch werfen und das Seventh-Inning-Stretch singen. Das waren alles sehr schöne Momente.
Seite 1: Friedrich über die Zeit in den USA, Klinsmann und ein Angebot des FCB
Seite 2: Friedrich über Rückenprobleme, seinen Experten-Job und Hermann Gerland