Torrausch, Tiefpunkt und Albanien

Von Stefan Rommel
Die deutsche Nationalmannschaft 2003 nach dem 0:0 im EM-Quali Spiel gegen Island
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Die Beinahe-Katastrophe:

Elf Jahre später schien Deutschland zwei Spieltage vor dem Ende quasi schon für das Turnier in Frankreich qualifiziert. Österreich tat der deutschen Elf den Gefallen, mit 1:3 in der Türkei zu verlieren. Ein Sieg im Heimspiel gegen Nordirland hätte die vorzeitige Qualifikation bedeutet. An diesem Abend von Hamburg lief aber rein gar nichts beim Team von Jupp Derwall. Die Nordiren spielten unbequem und schroff - und sie erzielten kurz nach der Pause den einzigen Treffer des Abends durch ManUnited-Legende Norman Whiteside.

Plötzlich lagen die Briten zwei Punkte vor der deutschen Mannschaft, die aber das Glück hatte, am einzigen Spiel des letzten Spieltags noch die beiden nötigen Punkte aus eigener Kraft einfahren zu können. Auf Grund des besseren Torverhältnisses reichte selbst ein 1:0. So weit, so gut - allerdings hieß der Gegner in Saarbrücken einmal mehr Albanien.

Und tatsächlich wurden die schlimmsten Befürchtungen schnell wahr: Genc Tomori schoss die Gäste nach 23 Minuten in Front. Deutschland wankte nur wenige Sekunden, als Karl-Heinz Rummenigge im Gegenzug der Ausgleich gelang. Als sich dann die Gäste mit dem Pausenpfiff wegen einer Tätlichkeit gegen Rudi Völler noch dezimierten, schien alles perfekt für einen glatten Sieg. Aber die deutschen Spieler waren die gelähmt. Kein Briegel, kein Matthäus, kein Littbarski, kein Rummenigge oder Völler - keiner vermochte den Riegel der Albaner zu knacken.

Bis dann elf Minuten vor dem Ende eine Flanke von der rechten Seite in den Strafraum segelte. Der aufgerückte Libero Gerd Strack warf sich vehement in die Flugbahn und wuchtete den Ball zum 2:1 ins Netz. Deutschland zog gewissermaßen im letzten Moment nochmal den Kopf aus der Schlinge. Für Strack blieb es das wichtigste Tor seiner Karriere.

Die gesamtdeutsche Premiere:

Deutschland ging in der Qualifikation zur Endrunde 1992 in Schweden als Weltmeister ins Rennen und wurde nach der Wiedervereinigung verstärkt durch die besten Spieler der ehemaligen DDR. Franz Beckenbauers Bonmot von der Unbesiegbarkeit der Mannschaft war noch nicht recht verhallt, die hätte sich die Mannschaft im ersten Pflichtspiel nach der Zusammenlegung beider Verbände und dem ersten von Berti Vogts als Nationaltrainer beinahe bis auf die Knochen blamiert.

Im 6000-Zuschauer-Stadion Josy Barthel in Luxemburg spielte und traf Deutschland an jedem 31. Oktober 1990 zunächst standesgemäß und führte kurz nach der Pause mit 3:0. Die Amateure aus Luxemburg waren bis dahin nur Staffage, lehnten aber urplötzlich gegen den Weltmeister auf, bei dem kein Spieler aus der ehemaligen DDR-Auswahl zum Einsatz kam. Zwei schnelle Tore ließen Deutschland bis zum Abpfiff zittern, am Ende stand ein schwer erkämpfter 3:2-Sieg zum Auftakt der Qualifikationsrunde, die der DFB dann aber letztlich doch überstehen konnte.

Der tiefere Tiefpunkt:

Die Qualifikationsgruppe zur EM 2004 in Portugal las sich vergleichsweise leicht: Schottland, Island, Litauen und die Färöer waren die Gegner. Aber der Vize-Weltmeister rumpelte sich nur so durch die Gruppe, hatte bereits zu Hause gegen die Färöer (2:1), gegen Litauen (1:1) und in Schottland (1:1) enttäuscht, als es im September 2003 nach Rejkjavik ging.

Neben vier Gelben Karten brachten Kahn, Friedrich, Wörns, Bauman, Ramelow, Ballack, Schneider, Kehl, Rahn, Klose, Neuville, Hartmann und Deisler rein gar nichts zustande.

Die Partie dürfte wohl als die langweiligste aller Zeiten in die Geschichte des DFB eingegangen sein. Auch deshalb war die Kritik danach vernichtend. In der ARD zog Experte Günther Netzer über den Schlafwagen-Fußball der Deutschen her, der Boulevard brachte sich bereits in Stellung.

Da platzte Teamchef Rudi Völler im Interview bei Waldemar Hartmann der Kragen. "Scheißdreck!", "Tieferer Tiefpunkt!", "Drei Weizenbier getrunken...". Das aufregendste am Spie war Völlers Ausbruch danach. Bis heute eine Perle deutscher TV-Unterhaltung.

Der Torrekord:

Die Partie in San Marino im Rahmen der Qualifikation zur EM 2008 in Österreich und der Schweiz wurde zur torreichsten in der Pflichtspiel-Geschichte des DFB nach dem zweiten Weltkrieg.

In der Trostrunde der Olympischen Spiele 1912 gab es mal ein 16:0 gegen Russland, mit dem zehnfachen Torschützen Gottfried Fuchs. Die 13 Treffer von Serravalle bleiben aber eher im Gedächtnis.

Auf 78 Minuten Spielzeit verteilte Deutschland seine Tore, zwischen der 11. und 89. Minute rappelte es im Schnitt alle sechs Minuten.

Die Tore: 0:1 Podolski (11.), 0:2 Schweinsteiger (29.), 0:3 Klose (30.), 0:4 Ballack (35.), 0:5 Podolski (43.), 0:6 Klose (45.), 0:7 Schweinsteiger (47.), 0:8 Podolski (64.), 0:9 Hitzlsperger (66.), 0:10 Podolski (73.), 0:11 Hitzlsperger (73.), 0:12 Friedrich (87.), 0:13 Schneider (89., Elfmeter).

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