SPOX: Wie bewerten Sie das Auftreten des FC Bayern?
Niemeyer: Im Grunde hat es mich belustigt. Das war die typische, alte Art von Rummenigge und Hoeneß. So haben sie es schon immer gemacht und ich habe keine Hoffnung, dass sie anders werden. Klar hatten sie andere Vorstellungen, wie sie das veröffentlichen wollen, aber so ist das nun mal heutzutage. Die Journalisten machen ihren Job und in dem Fall haben sie ihn sehr gut gemacht und das herausgefunden. Ich war einfach froh, dass die Entscheidung gefallen ist. Und ich war froh, dass es nicht Tuchel wird.
SPOX: Warum?
Niemeyer: Ich halte ihn fachlich für exzellent, aber er hätte wesentlich mehr Unruhe gebracht, als der Verein vertragen hätte. Insofern war ich nicht unzufrieden. Hoeneß und Rummenigge sind eben Hoeneß und Rummenigge. Klar rollt man da manchmal die Augen, aber man schätzt auch, wohin sie den Verein gebracht haben. Die Außendarstellung von Salihamidzic ist fürchterlich, aber er ist nun mal ein Lehrling. Man sollte ihn dennoch nicht unterschätzen. Ich habe noch keine Klagen gehört, dass er intern nur ein Grüßaugust und ein billiger Erfüllungsgehilfe wäre. Mittel- und langfristig muss man sehen, ob er sich freischwimmen kann. Das müssen wir auch bei Kovac abwarten.
Bayern: "Wenn das mit Kovac nicht klappt, ist Nagelsmann fällig"
SPOX: Wie schätzen Sie seine Eignung als Bayern-Trainer ein?
Niemeyer: Das ist für mich völlig offen. Er ist extrem ehrgeizig und fleißig. Er hat sich technisch und taktisch weiterentwickelt und kann ein internationales Team mit schwierigen Charakteren zu einer schlagkräftigen Truppe formen. Die offene Frage ist, ob er die Dreifachbelastung meistern kann. Außerdem hat er eine ganz andere nationale und internationale mediale Aufmerksamkeit als in Frankfurt. Wenn er sich schon in dieser Situation so unglücklich verhalten hat, könnte das in München schwierig werden. Der FC Bayern ist aber in der bequemen Lage, sagen zu können: Wenn das mit Kovac klappt, wunderbar, ansonsten ist 2019 die Ausstiegsklausel von Nagelsmann fällig.
SPOX: Das klingt, als würden Sie ihn jetzt schon abschreiben.
Niemeyer: Nein, so ist das nicht gemeint. Es kann durchaus sein, dass er in München ein großer Held wird. Es kann aber auch sein, dass es nach hinten losgeht. Müller hat in seiner Widmung für Heynckes ja geschrieben: "Trainer, wir sehen uns im Oktober." Wer weiß...
FC Bayern: "Viele vertrauen blind auf Hoeneß"
SPOX: In sozialen Medien waren die Bayern-Fans anfangs nicht begeistert. Wie ist die Stimmung an der Basis?
Niemeyer: Jeder weiß, dass er in München die dritte Wahl ist. Andererseits muss ihm ja irgendwer empfohlen haben, diese Klausel in den Vertrag schreiben zu lassen, und das war sicher nicht der kroatische Fahrer von Uli Hoeneß. Der Klub hat ihm das also zugetraut. Ich habe den Eindruck, dass viele Bayern-Fans positiv gestimmt sind. Viele vertrauen blind auf Hoeneß. Jedoch haben alle gesehen, wie schwach die Eintracht in München gegen unsere C-Elf aufgetreten ist. Und sie werden sehen, wie es am Samstag läuft. Entsprechend kann das für Kovac ein schwerer Rucksack werden.
Roth: Die Frage ist, was Bayern will. Ich traue Kovac zu, dass er dort das Double holt. Aber ich weiß nicht, was passiert, wenn es nicht läuft. Kovac hat eine kleine Vorerkrankung, so will ich es mal nennen. Die Bayern-Fans waren nicht alle einverstanden, weil es eben keine große Lösung ist. Ich glaube, dass Tuchel mehr Erfolg garantieren würde. Und Kovac muss all das erst beweisen. Allerdings muss man fairerweise auch sagen, dass er in München ein deutlich besseres Spielermaterial zur Verfügung hat. In Frankfurt hat er lange das Maximum herausgeholt. Wenn er das mit den Bayern schafft, wird es wild. Trotzdem werden die Leute ihn aufgrund der letzten Wochen anfangs kritischer beäugen. Und ich bezweifle stark, dass es für die absolute europäische Spitze reicht. Es kann ja aber auch sein, dass Bayern einen ganz anderen Plan hat.
Experiment Kovac "kann schnell vorbei sein"
SPOX: Erklären Sie.
Roth: Vielleicht können und wollen sie finanziell nicht mithalten, also wollen sie sich über mehrere Jahre etwas aufbauen. Es ist schwierig. Kovac wird eine faire Chance bekommen, aber dort wird niemand so nachsichtig sein, wie wir in seiner ersten Rückrunde waren, als er gar nichts mehr gewonnen hat. Das Experiment Kovac kann schnell vorbei sein, weil es 2019 eben Optionen gibt. Bayern muss einen Plan haben. Die Nummer mit Heynckes war zwar erfolgreich, aber so etwas steht ja in keinem Fünfjahresplan. Ich bin gespannt, ob Kovac der Fünfjahresplan oder nur eine Übergangslösung ist. Für mich wirkt es jedenfalls nicht so, als ob Kovac die erste Wahl war.
Niko Kovac: Bisherige Stationen als Trainer
Amtsantritt | Amtsaustritt | Verein | Funktion | Punkteschnitt |
01.07.2018 | - | FC Bayern München | Trainer | - |
08.03.2016 | 30.06.2018 | Eintracht Frankfurt | Trainer | 1,56 (84 Spiele) |
16.10.2013 | 09.09.2015 | Kroatien | Trainer | 1,84 (19 Spiele) |
21.01.2013 | 16.10.2013 | Kroatien (U21) | Trainer | 3,0 (5 Spiele) |
08.04.2011 | 24.06.2012 | RB Salzburg | Co-Trainer | - |
17.06.2009 | 08.04.2011 | RB Juniors | Trainer | 1,56 (54 Spiele) |
SPOX: Möchten Sie zum Abschluss Ihre Prognose für das Finale geben?
Roth: Ich habe gerade meinen Tippschein ausgefüllt, da steht 6:1 für Bayern drauf.
Niemeyer: (lacht) So deutlich wird es sicher nicht. Aber wir gewinnen. Ich tippe auf 4:2 für die Bayern.