Russen-Rakete, Wüstensöhne & Barca-Bezwinger

Daniel Riedmüller
15. Juni 201112:25
Kevin Kuranyi sichtlich zufrieden im Kreise seiner neuen Teamkameraden bei Dinamo MoskauGetty
Werbung

Im vergangenen Sommer kehrten sie der Bundesliga den Rücken - doch was machen eine handvoll Deutsche, sowie Ex-Stars und Sternchen, bei ihren neuen Vereinen im Ausland? SPOX hat den Werdegang von 18 Spielern unter die Lupe genommen.

Teil 1) Die Deutschen im Ausland

Kevin Kuranyi (Dynamo Moskau/Russland): 16 Spiele, 9 Tore

Bilanz: Neun Tore in 16 Spielen können sich durchaus sehen lassen. Damit führt der SPOX-Kolumnist die vereinsinterne Torschützenliste an, obwohl er erst zur Rückserie kam. Dynamo schloss die Saison allerdings nur als Siebter ab, holte mit Kuranyi in der Rückserie aber immerhin zwei Punkte mehr als in der Hinrunde.

Standing: Nach anfänglichen Schwierigkeiten blüht der ehemalige Schalker immer mehr auf - von den Dynamo-Fans wurde er gar zum Spieler des Jahres gewählt. Zusammen mit Woronin bildet Kuranyi ein gefährliches Sturmduo mit ausreichend Bundesliga-Erfahrung. Dynamos Topverdiener spielt dabei als unangefochtene Nummer eins in vorderster Front.

SPOX meint: Russland-Rakete. Bei angeblich sechs Millionen Euro netto pro Jahr kann man sicher lächelnd einschlafen. Sportlich ist Dynamo in Russland jedoch nur ein Leichtgewicht, verpasste die internationalen Ränge deutlich.

Mesut Özil (Real Madrid/Spanien): 17 Spiele, 5 Tore

Hinrundenbilanz: Özil glänzte bei seinen insgesamt 28 Pflichtspiel-Einsätzen in zentraler Rolle vor allem als Vorlagengeber, der mit unvorhersehbaren Pässen seine Mitspieler einsetzt. Sieben Assists in der Liga und vier in der Champions League können sich durchaus sehen lassen. Allerdings fehlt es dem Ex-Bremer noch ein wenig an Konstanz.

Standing: Eigentlich war Özil bei den Königlichen erstmal nur als Backup für Kaka vorgesehen. Doch durch Kakas Verletzung wurde der DFB-Kicker in die erste Elf gespült und besticht dort durch gute Leistungen. Ist fester Bestandteil der Real-Offensiv-Power um Cristiano Ronaldo, auch wenn ihm Kaka nun im Nacken sitzt.

SPOX meint: Auf dem Weg zum Weltstar. Dass der 22-Jährige bereits nach den ersten Einsätzen mit Standing Ovations bejubelt wird, war nicht zu erwarten. Özil scheint nach einem halben Jahr menschlich gereifter, muss auf dem Platz aber noch konsequenter und konstanter werden, um Kaka weiter zu verdrängen. Dann winkt irgendwann vielleicht der Fußball-Olymp.

Sami Khedira (Real Madrid/Spanien): 16 Spiele, 0 Tore

Hinrundenbilanz: Khedira spielt seinen Part verlässlich, hat aber noch nicht die Klasse von Xabi Alonso erreicht und muss zulegen, will er sich seinen Stammplatz zurückholen - denn die Konkurrenz schläft nicht. Wartet immer noch auf seinen ersten Treffer und steuerte bislang auch erst einen Assist bei.

Standing: Ist nicht so glanzvoll eingeschlagen wie Özil, bekam aber auch schon ein Extra-Lob von Jose Mourinho ab. Verlor nach ein paar kleineren Verletzungen zuletzt seinen Stammplatz an Lass Diarra. Spielte zuvor in der Schaltzentrale neben Alonso solide, aber nicht überragend.

SPOX meint: Ausbaufähig. Khedira hat noch nicht ganz verinnerlicht, was es heißt, ein Königlicher zu sein. Da ist noch Luft nach oben. Auf dem Platz wirkt er manchmal noch ein wenig phlegmatisch. Das Vertrauen von Trainer Mourinho hat er aber.

Jerome Boateng (Manchester City/England): 12 Spiele, 0 Tore

Hinrundenbilanz: Stand in der Premier League zehn Mal in der Startelf, konnte dabei aber nie hundertprozentig überzeugen. Boateng kann zwar überall in der Viererkette eingesetzt werden, hat aber mit Kompany (innen), Kolo Toure (innen), Kolarov (links), Richards (innen/rechts) und Zabaleta (links/rechts) starke Konkurrenz.

Standing: Ist nach vielen kleinen Verletzungen noch einen Schritt davon entfernt, ein unumstrittener Stammspieler oder gar Leistungsträger zu sein.

SPOX meint: Nur Mitläufer. Einen echten Karriere-Boost hat dem Außenverteidiger der Wechsel bislang nicht eingebracht. Zwar steht der 22-Jährige nicht auf dem Abstellgleis, jedoch sollte langsam der Knoten platzen.

Thomas Broich (Brisbane Roar/Australien): 24 Spiele, 3 Tore

Bilanz: Glänzt Down Under als exzellenter Vorlagengeber, vor allem bei Standards. Stand in 24 von 25 Spielen in der Startelf und führt mit Roar die A-League unangefochten an. Bei nur einer Niederlage beträgt der Vorsprung auf den Zweiten Adelaide United bereits zwölf Punkte.

Standing: Ist der kreative Denker im offensiven Mittelfeld. Von seinen Mitspielern angesichts seiner Erfahrung und seiner Professionalität absolut akzeptiert und derzeit nicht aus der Mannschaft wegzudenken.

SPOX meint: Down under endlich glücklich! Genau das wollte Thomas Broich: Weg von dem hektischen Fußballer-Leben in Deutschland. In Australien verzichtet das ehemalige Top-Talent zwar auf viel Geld, ist in der drittklassigen Liga aber wieder ein Star auf dem Rasen. Alles richtig gemacht!

Roberto Hilbert (Besiktas/Türkei): 13 Spiele, 1 Tor

Hinrundenbilanz: Er hatte einen schweren Start in Istanbul, konnte in den ersten Auftritten nicht überzeugen und galt schnell als Fehleinkauf. Aber Hilbert kämpfte sich in die Mannschaft und ist inzwischen eine feste Größe auf der rechten Seite. Wird meistens rechts in der Viererkette eingesetzt, macht seine Aufgabe dort aber sehr gut.

Standing: Fans und Medien schätzen die fleißige und laufstarke Spielweise des Deutschen. Dürfte auch nach den namhaften Winterzugängen bei Besiktas seinen Stammplatz behalten.

SPOX meint: Alles richtig gemacht! Hilbert und Besiktas - eine Liebe auf den zweiten Blick. Nach der am Ende schwierigen Zeit in Stuttgart hat sich Hilbert wieder gefunden.

Teil 2: Toni, Bordon, Bance: Gestern Bundesliga-Star, heute...

Teil 3: Maniche, Sosa, Valdez: Was macht eigentlich...?

Teil 2) Gestern Bundesliga-Star, heute...

Luca Toni (Juventus Turin, FC Genua 1893): 16 Spiele, 3 Tore

Hinrundenbilanz: Wurde nach nur einem halben Jahr von Genua an Juve weitergereicht - bereits die dritte Station in Italien in nur einem Jahr. Zuvor brauchte er einige Spiele, um im Genua-Trikot warm zu werden. War mit drei Toren aber immerhin bester Goalgetter seines offensivschwachen Teams.

Standing: Kommt nach seinen bisherigen Leistungen nicht unbedingt als Heilsbringer nach Turin, hat nach Quagliarellas Kreuzbandriss aber erstmal gute Chancen auf einen Stammplatz. Sieht Turin nochmal als Chance, sich zu beweisen - verzichtete dafür auch auf Gehalt.

SPOX meint: Könnte es nochmal packen! War in der Hinrunde nicht mehr so verletzungsanfällig wie zuletzt, außerdem ist Juves Sytem mit offensiven Außen eigentlich maßgeschneidert für den Strafraumstürmer.

Marcelo Bordon (Al Rayyan Sports Club/Katar): 11 Spiele, 1 Tor

Hinrundenbilanz: Stand in jedem Spiel in der Startelf und ist bei seiner Erfahrung im Abwehrzentrum der Kataris natürlich gesetzt.

Standing: Stammspieler, Führungsspieler, Fels in der Brandung, Abwehrchef - all diese Attribute vereint der Ex-Schalker im Trikot von Al Rayyan. Allerdings ist dies auch im Hinblick auf das Niveau der Liga nicht gerade verwunderlich.

SPOX meint: Netter Karriere-Abend. Verdient sich im Land der unbegrenzten Gelder nochmal eine goldene Nase. Wer kann es ihm verübeln?

Rafinha (FC Genua 1893/Italien): 15 Spiele, 0 Tore

Hinrundenbilanz: Spielt in Genuas 3-4-3 deutlich offensiver als auf Schalke, brachte aber noch kein Tor und nur einen Assist zustande. Der Schlüssel gegen Genuas Offensivschwäche ist der Brasilianer bislang jedenfalls noch nicht.

Standing: Rafinha spielt immer - und immer woanders. Spielte bereits links im Mittelfeld, rechts im Mittelfeld, im defensiven Mittelfeld, rechts hinten und als rechter Außenstürmer. Zumindest hat er einen Stammplatz sicher.

SPOX meint: Der ehemalige Schalker spielt grundsolide in Genua, mehr aber auch nicht. Rafinha träumt von den Größen Europas - dazu muss er sich aber steigern. Derzeit eher ein Rückschritt in seiner Karriere.

Zvjezdan Misimovic (Galatasaray/Türkei): 9 Spiele, 0 Tore

Hinrundenbilanz: Erspielte sich sofort einen Stammplatz unter Frank Rijkaard, benötigte aber viel Anlauf, bis er überzeugen konnte. Unter dem neuen Trainer Gheorghe Hagi erst als Linksaußen eingesetzt und später suspendiert. Der Rumäne warf dem Bosnier Diszplinlosigkeit und mangelnde Einsatzbereitschaft vor. Dabei benötigt Gala genau einen Spieler wie Misimovic.

Standing: Der Vorstand versuchte lange, Hagi umzustimmen. Doch der Rumäne blieb hart und ließ keine Diskussionen zu: Misimovic musste als Sündenbock für die Krise herhalten. Für einen sofortigen Wechsel müsste Misimovic nach Russland oder Katar, weil er nicht zweimal innherhalb einer laufenden Saison wechseln darf. Doch der Bosnier hat wenig Lust darauf. Im Sommer ist das Kapitel Istanbul abgeschlossen.

SPOX meint: Zur falschen Zeit am falschen Ort! Misimovic war der Wunschspieler Rijkaards, doch der musste schnell gehen. Misimovic wird bald folgen, doch Zwetschge trifft die kleinste Schuld an der gescheiterten Ehe in Istanbul.

Carlos Eduardo (Rubin Kazan/Russland): 6 Spiele, 2 Tore

Bilanz: Hatte bei seinem Debüt gegen Perm mit zwei Treffern einen überragenden Einstand, kam in der verbleibenden Saison aber nie über den Joker-Status hinaus. Am Ende wurde Kasan nur Dritter und verpasste so den dritten Meistertitel in Folge.

Standing: Die abenteuerliche Ablöse von 20 Millionen Euro rechtfertigte Eduardo in Russland noch nicht.

SPOX meint: Aus Hoffenheim nach vielen Querelen wegzugehen, war wohl der richtige Schritt. Aber ob Russland das richtige Ziel war? Das muss Eduardo erst noch beweisen.

Aristide Bance (Al-Ahli/Dubai): 4 Spiele, 1 Tor

Hinrundenbilanz: Der Mann aus Burkina Faso ist beim Scheich-Klub als Stürmer gesetzt, hatte aber ein paar Verletzungsprobleme und mal wieder seine Nerven nicht im Griff. Bance flog Mitte der Vorrunde mit Rot vom Platz, weil er einen Gegenspieler beleidigt hatte und wurde für drei Spiele gesperrt.

Standing: Neben Fabio Cannavaro einer der ganz wenigen echten Profis bei Al-Ahli. Steht deswegen auch immer in der Startelf und hat seinen Stammplatz sicher.

SPOX meint: Tauschte Bundesliga-Ruhm gegen Wüstensand ein. Selbst schuld, wenn man sich mit 26 Jahren schon fürs Geld entscheidet.

Teil 1: Kuranyi, Boateng, Hilbert: Die Deutschen im Ausland

Teil 3: Maniche, Sosa, Valdez: Was macht eigentlich...?

Teil 3) Was macht eigentlich...?

Selim Teber (Kayserispor/Türkei): 17 Spiele, 0 Tore

Hinrundenbilanz: Unglaublich konstant und das auf hohem Niveau. Der Ex-Bundesliga-Profi ist der Dreh- und Angelpunkt bei Kayseri und wurde von SPOX in die Elf der Hinrunde gewählt. Liegt mit seinem neuen Verein sogar auf Europa-League-Kurs.

Standing: In Frankfurt aussortiert, in der Türkei zum Leistungsträger mutiert - Teber spielt gerade vielleicht den besten Fußball seiner Karriere. Wird in der türkischen Presse sogar schon mit Schweinsteiger verglichen.

SPOX meint: Richtiger Schritt. Tolle und vor allem bemerkenswerte Entwicklung des 29-Jährigen, der in Deutschland zuletzt nicht mehr richtig glücklich war.

Maniche (Sporting Lissabon/Portugal): 12 Spiele, 1 Tor

Hinrundenbilanz: Zurück in seiner Heimatstadt stand Maniche in jedem Spiel in der Startelf und wurde auch nur einmal ausgewechselt (einmal sah er Rot). Ließ vor allem mit seinen Auftritten in der Europa League (Tore gegen Gent und Sofia) aufhorchen.

Standing: Zwar stammt der 52-fache Nationalspieler eigentlich aus der Benfica-Jugend, ist nun aber bei Sporting unumstrittener Mittelfeldmotor. Am 16. Dezember absolvierte der Portugiese bereits sein 20. Pflichtspiel im Sporting-Jersey, wodurch sich sein Vertrag automatisch bis Juni 2012 verlängerte.

SPOX meint: Zurück zu alter Stärke. Der 33-Jährige blüht im Spätherbst seiner Karriere in seiner Heimat nochmal richtig auf - das hätte er in Köln nie geschafft.

Obafemi Martins (Rubin Kazan/Russland): 12 Spiele, 2 Tore

Bilanz: In 19 Pflichtspielen traf Martins bislang erst dreimal ins gegnerische Tor. Zu wenig für den als Topstar verpflichteten Ex-Wolfsburger. Seine Torquote in der Bundesliga war sogar noch besser.

Standing: Zwar ist Martins unumstrittene Stammkraft, seine Leistungen rechtfertigen die zehn Millionen Euro Ablöse aber bislang noch nicht.

SPOX meint: Martins Karriere kommt irgendwie nicht mehr so richtig in Fahrt. Der Nigerianer hat den Schritt vom Talent zum Leistungsträger einfach nicht hinbekommen. Fraglich, ob Russland das richtige Klima für ihn ist.

Jose Ernesto Sosa (SSC Neapel/Italien): 14 Spiele, 0 Tore

Hinrundenbilanz: Wurde als Ergänzung geholt und kam in der Hinrunde nicht über die Joker-Rolle raus. Immerhin vier Startelf-Einsätze sprangen raus, 90 Minuten spielte der Ex-Bayern-Spieler jedoch noch nie.

Standing: Erfüllt seine Rolle als Backup zu Hamsik, Lavezzi und Co. - mehr nicht. Fühlt sich in der Südamerika-Clique aber sichtlich wohler als noch in München, wo er nie richtig Fuß fassen konnte.

SPOX meint: Richtiger Schritt für Sosa, der mittelfristig bestimmt noch was mit Napoli reißen könnte. Mit argentinischen Mittelfeldspielern hat man dort ja gute Erfahrungen gemacht...

Ricardo Osorio (CF Monterrey/ Mexiko): 14 Spiele, 0 Tore

Hinrundenbilanz: Bestritt bislang 14 von 17 Liga-, fünf Pokal- und zwei CONCACAF-Champions-League-Spiele. Das nennt sich dann Stammspieler.

Standing: Ist in seiner Heimat als Nationalspieler anerkannt und als Rechts- bzw. Innenverteidiger bei Monterrey eine feste Größe. Die Hinrunde (Apertura) schloss Monterrey mit Osorio wie im Vorjahr als Meister ab.

SPOX meint: Kehrte als Europa-Legionär gereift nach Mexiko zurück und lässt es sich dort als Starspieler gut gehen. Gibt Schlimmeres...

Nelson Valdez (Hercules CF/Spanien): 12 Spiele, 6 Tore

Hinrundenbilanz: Feierte mit einem Doppelpack beim 2:0-Sieg beim FC Barcelona einen perfekten Einstand und traf für Alicante auch sonst öfter als zuletzt in Dortmund. Steht damit Teamkollege Trezeguet in fast nichts nach.

Standing: Valdez genießt als WM-Teilnehmer beim Aufsteiger großes Ansehen und trifft als Stammspieler regelmäßig. Wurde zuletzt sogar schon mit Real Madrid in Verbindung gebracht.

SPOX meint: Perfekter Einstand! Das Vertrauen von Alicante tut dem Paraguayer sichtlich gut - sein Spielstil passt ohnehin besser zur Primera Division.

Teil 1: Kuranyi, Boateng, Hilbert: Die Deutschen im Ausland

Teil 2: Toni, Bordon, Bance: Gestern Bundesliga-Star, heute...