"Wo kommt denn dieser Tuchel her?"

Andreas Ivanschitz spielt mittlerweile in den USA
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SPOX: Sie haben in Ihrer ersten Saison unter Tuchel bestens funktioniert, nach elf Partien standen Sie bei sechs Toren und sechs Assists. Wie sah Ihre persönliche Beziehung zueinander aus?

Ivanschitz: Dieser Start war für uns beide sehr wichtig, wir haben voneinander profitiert. Ich wurde auf Anhieb zum Führungsspieler, er hatte zum Start in seine erste Profistation sofort Erfolg. Natürlich ist es dann so, dass man in vier Jahren enger Zusammenarbeit an manchen Stellen auch mal aneckt oder Meinungsverschiedenheiten hat. Tuchel gab viel Feedback an die Spieler ab, war sich aber auch nicht zu schade, Rückmeldungen aus der Mannschaft zuzulassen und sich wenn nötig anzupassen.

SPOX: Tuchel hat zügig viele Dinge verändert und mit einigen Konventionen gebrochen. Wie nahmen Sie das wahr?

Ivanschitz: Jede Trainingswoche unter ihm war sehr fordernd und anspruchsvoll, auch für den Kopf. Man musste immer aufmerksam und konzentriert sein, um das für das kommende Wochenende ausgelobte System zu verstehen und zu verinnerlichen. Das war ihm auch sehr wichtig. Er hat es uns aber dahingehend leicht gemacht, indem er vorab per Videositzungen genau erklärt hat, weshalb er in diesem oder jenem System gegen den nächsten Gegner antreten möchte. Die Trainingseinheiten waren teilweise sehr speziell, aber ich denke, dass das einfach seine Methode war, um die Bereitschaft der Spieler hochzuhalten.

SPOX: Wurde darüber innerhalb des Teams gesprochen?

Ivanschitz: Wir haben das im Mannschaftskreis gar nicht diskutiert, sondern einfach umgesetzt, weil es eben sehr viel Spaß gemacht hat. (lacht) Tuchel hat uns viele Wege aufgezeigt, wie wir die Gegner schlagen können. Er hatte eigentlich immer Recht, so dass wir ihm auch bereitwillig gefolgt sind.

SPOX: Tuchels berühmt gewordene Matchpläne orientierten sich sehr stark an der Analyse von Stärken und Schwächen des Gegners. Stand der Matchplan zu Beginn einer Woche fest, baute der Rest darauf auf. Wie sah der genaue Ablauf aus?

Ivanschitz: Er hat zunächst der gesamten Mannschaft die Verhaltensweisen des kommenden Gegners per Video aufgezeigt, so dass wir wussten, wo Stärken und Schwächen liegen. Das war sehr gut aufbereitet und vor allem enorm detailliert. Es wurde aber auch erklärt, wie man sich individuell auf seiner Position zu verhalten hat. Manche Dinge hat er dann auch erst auf dem Trainingsplatz genauer verdeutlicht. Im Anschluss wusste dann aber eigentlich jeder, was auf ihn in unterschiedlichen Spielsituationen zukommen wird.

SPOX: Wie ist Tuchel ansonsten gegenüber der Mannschaft aufgetreten?

Ivanschitz: Er war sehr offen und direkt. Man hatte nie das Gefühl, er würde gegenüber der Truppe etwas verbergen. Wenn die Mannschaft sich etwas hat hängen lassen oder er einfach mehr von ihr verlangte, dann hat er das sofort auf den Punkt gebracht und ohne Umschweife angesprochen - ob mit einzelnen Spielern oder in Gruppen. Er ist als Trainer sehr professionell und erfolgsorientiert.

SPOX: In Ihrer zweiten Saison unter ihm ließ Tuchel noch mehr rotieren als zuvor. Für Sie standen dann nur noch drei Spiele über 90 Minuten zu Buche. Tuchel meinte, dass Sie auch immer mal den berühmten Arschtritt bräuchten, um ihr volles Potential abrufen zu können.

Ivanschitz: In gewisser Weise schadet es wohl keinem Profi, wenn er mal angestachelt wird. Tuchels Arschtritte haben mich provoziert, aber damit hatte ich keine Probleme. Im Gegenteil, ich habe das vollkommen akzeptiert, weil ich unter dem Strich ja genauso wie er nur den Erfolg im Sinn hatte. Und es hat ja in vielen Fällen auch der Mannschaft und mir geholfen. Das war also ein probates Mittel des Trainers. (lacht)

SPOX: Mit Seattle sind Sie Anfang November im Halbfinale um die MLS-Meisterschaft gescheitert, für die österreichische Nationalelf standen Sie seit Beginn der EM-Qualifikation nicht mehr im Aufgebot. Ist die EM im kommenden Jahr dennoch Ihr großes Ziel?

Ivanschitz: Ich habe nach wie vor Kontakt zu Trainer Marcel Koller und stehe auf Abruf. Ich bin absolut bereit und werde da sein, wenn man mich brauchen sollte. Das weiß der Trainer auch. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mich auf meine Leistungen zu konzentrieren.

SPOX: Einen Rücktritt wird es aber nicht geben?

Ivanschitz: Aktuell nicht. Solange ich gesund bin, ist der Wunsch weiterhin da, wieder für das Nationalteam aufzulaufen. Dieses Kapitel werde ich nicht frühzeitig beenden.

Seite 1: Ivanschitz Spanien, die USA und den Trainerwechsel

Seite 2: Ivanschitz über Tuchel, die Gegenwart und einen etwaigen Rücktritt

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