Serie A
von Oliver Birkner
Silberlinge des Spieltags: Judas Ischariot hatte für das Zählen seiner 30 Silberlinge freilich keine 70 Minuten benötigt. Experten analysierten, dass die 30 Taler heute ungefähr 10.000 Euro entsprächen, und dafür würde sich Gonzalo Higuain womöglich nicht einmal die Schuhe schnüren. Juve zahlt natürlich mehr und so stach der Argentinier für den neuen Arbeitgeber gegen den alten Arbeitgeber Napoli in der 70. Minute fatal zum Sieg zu. Vielmehr Brutus' Dolchstoß also. Ob nun Judas oder Brutus, in Neapel war gute Laune jedenfalls streng untersagt. Die mitgereisten Tifosi hätten sich den Abend mit Cocktails in einem der zahlreichen Lapdance-Schuppen der Fiat-Stadt freilich sprudelnder versüßen können.
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So aber erlebten sie 90 Minuten lang den dröhnenden Juventini-Singsang "Wir sind keine Neapolitaner", "Napoli merda, Napoli Cholera", "Ihr seid der Abschaum und die Schande Italiens", "Oh Vesuv, reinige sie mit Feuer!", eine 1:2-Niederlage beim Erzrivalen und zur Krönung den Gegentreffer durch ihren einstigen Heros Higuain. Öffne dich, Büchse der Pandora. Wie mittlerweile handelsüblich, unterließ Higuain eine Jubelpose. Das linderte freilich ungemein den Schmerz. Man muss sich fragen, wer diesen angestrengt inszenierten Humbug eigentlich begonnen hat. Christian Vieri beispielsweise hätte nach gefühlten 122657 Wechseln gegen keinen Klub der Welt mehr jubeln dürfen. Higuain jagte 70 Minuten lang besessen nach seinem Tor und hätte er tatsächlich schmachtende Amore für Napoli verspürt, wäre er schließlich nicht umgezogen. Jeder mag über das moderne Calcio-Business denken wie er mag, das Nicht-Jubeln hingegen ist ein enervierender Anachronismus. Der kostet aktuell allerdings selbst umgerechnet meist mehr als 30 Silberlinge.
Kindergarten des Spieltags: Immerhin durfte ein Teil des Südens Jubeln, denn endlich feierte Crotone seinen ersten Serie-A-Sieg der Vereinsgeschichte. Ganz so einfach wollten es sich die Kalabrier aber nicht machen. Vor der Führung gegen Chievo stritten sich die beiden Stürmer Trotta und Falcinelli wie Kindergartengören um die Ausführung des Elfmeters . "Hauptsache das Ding war drin. Bei einem verschossenen Elfer wären wir jedoch die Clowns der Nation gewesen", sagte Coach Davide Nicola. Beide Angreifer entwickelten im Anschluss für die Zukunft einen kongenialen Plan der Harmonie: "Den nächsten Elfmeter schießen wir zusammen."
Altro? Die Geduld ist aufgebraucht. Nach der erneuten Inter-Pleite bei Sampdoria gab es kaum noch Einträge unter den Hashtags "Wir glauben an Frank de Boer" und "De Boer soll bleiben". Im Trend liegen nun "DeBoerOut" und "Ich war mal für de Boer". Die Klubführung sucht noch in dieser Woche einen Nachfolger für den Niederländer und hat sie offenbar schon im Bruder gefunden. Zumindest laut Gianluca Vialli, der sein Sky-Interview so begann: "Ciao Ronald..." Ist ja auch praktisch, so müssen die Hashtags nicht geändert werden.