Dennis Wise: Der Entscheidungsträger vor Ort
Malerisch direkt am Wasser liegt hier übrigens auch das Stadio Giuseppe Sinigaglia mit seinen knapp 14.000 Plätzen. Sorgt das Geschehen auf dem Rasen nicht für die erwünschte Unterhaltung, kann der gelangweilte Zuschauer seine Blicke hinter den Tribünen über den kleinen Hafen mit seinen weißen Schiffchen, den See und die umliegenden Berge schweifen lassen. Wer Glück hat, sieht sogar Paragleiter oder Wasserflugzeuge.
Die indonesischen Eigentümer haben auf diesen Luxus bisher aber offenbar verzichtet. "Soweit ich weiß, waren sie noch nie in Como. Sie sind die Art Eigentümer, die alle Aufgaben delegieren", sagt Iaria. Mit ihren verschiedenen Unternehmungen haben sie selbstverständlich viel zu tun - und Michael Bambang muss auch noch seine Bridge-Karriere vorantreiben. Bei den Asienspielen 2018 holte er mit der indonesischen Auswahl im Alter von 78 Jahren immerhin eine Bronzemedaille.
Der wichtigste Entscheidungsträger vor Ort ist Sportvorstand Dennis Wise, als Spieler einst Teil von Wimbledons Crazy Gang, später Kapitän des FC Chelsea und immer Typ Krawallmacher. "Er würde sogar in einem leeren Raum einen Streit anzetteln", unterstellte ihm mal Trainerlegende Sir Alex Ferguson. Nach seiner aktiven Karriere arbeitete Wise in verschiedenen Rollen für englische Klubs und trainierte unter anderem Leeds United, ehe er 2019 im Zuge der Hartono-Übernahme nach Como kam.
Thierry Henry und Cesc Fabregas bei Como 1907
Ihre guten Beziehungen nach London ließen die Brüder wohl auch bei den Engagements der Arsenal-Legenden Henry und Fàbregas spielen - wobei deren exakten Rollen als Investoren unklar sind. "Bis jetzt haben sie offiziell keine Anteile", sagt Iaria. "Wir wissen noch nicht, wie viele sie bekommen werden und wann das passieren wird."
Während der 44-jährige Henry weiterhin als Co-Trainer der belgischen Nationalmannschaft fungiert und in Como sowieso nur im Hintergrund tätig sein soll, ist Fàbregas auch als Spieler eingeplant. Er kam ablösefrei von der AS Monaco, wo er 2018 kurzzeitig unter Trainer Henry kickte, in der vergangenen Saison verletzungsbedingt aber nur 117 Pflichtspielminuten absolvierte. "Es war nicht nur das schlimmste Jahr meiner Karriere, sondern meines ganzen Lebens", gestand Fàbregas.
Trotz lukrativer Angebote aus der nordamerikanischen MLS entschied er sich für Como, weil "ich Teil eines Projekts werden wollte, das mich begeistert. Geld interessiert mich nicht." Am Geld scheitern wird es in Como aber wohl auch nicht. Während ihrer ersten beiden Jahre steuerten die Hartonos 14 Millionen Euro bei, seitdem sind die Zahlen unbekannt. Auf "finanzielle Exzesse" verzichteten die Eigentümer laut dem Journalisten Iaria bisher aber: "Das Projekt soll mittelfristig wachsen."
In Ablösesummen flossen die bereits investierten Millionen jedenfalls nicht, abgesehen vom 50.000 Euro teuren ehemaligen albanischen U-Nationalspieler Elvis Kabashi gab es unter ihrer Regentschaft nur ablösefreie Transfers. Außer Fàbregas stehen aktuell keine international bekannten Spieler im Kader. In indonesischen Medien kursierende Gerüchte, wonach die Hartonos indonesische Talente in Como formen wollen, bewahrheiteten sich bisher nicht.
Como 1907 gilt als Aufstiegsfavorit
Angedacht sind unterdessen Investitionen in das Trainingszentrum sowie das fast 100 Jahre alte und durchaus baufällige Stadion. Zum Heimauftakt gegen Cagliari Calcio kamen vergangene Woche rund 5000 Zuschauer. Darunter auch Bürgermeister Alessandro Rapinese, der sich unter die Ultras in der Fankurve mischte. Wobei, Kurve ist relativ: Eigentlich handelt sich um eine Stahlrohrtribüne, die bei gemeinschaftlichem Hüpfen bedenklich wackelt.
Ultras und Bürgermeister im Stadion und die Hartonos womöglich bei Mola TV sahen jedenfalls ein 1:1 - noch ohne Fàbregas übrigens, aber dafür mit sieben ehemaligen U-Nationalspielern ihrer jeweiligen Länder in der Startelf. Auch das zweite Ligaspiel beim SC Pisa endete remis. Nach dem 13. Platz in der vergangenen Saison als Liga-Neuling zählt Como in dieser Spielzeit gemeinsam mit den bisherigen Gegnern Cagliari und Pisa, dem CFC Genua, Parma Calcio, SPAL Ferrara, Reggina 1914 und Benevento Calcio zu den Aufstiegsfavoriten.
Sollte der angepeilte Serie-A-Aufstieg misslingen, wäre Como immerhin der Titel als reichster Klub des Landes nicht zu nehmen. An die zusammengerechnet 44,8 Milliarden Euro der Hartono-Brüder kommt auch in der Serie A kein Eigentümer ran. Abgeschlagener Zweiter im Ranking ist übrigens der Besitzer des diesjährigen Serie-A-Aufsteigers AC Monza: Silvio Berlusconi mit einem Vermögen von sieben Milliarden Euro.