Vor zwölf Tagen war noch nicht einmal sicher, ob er es in den Kader schaffen würde. Gegen Dänemark stand Marco Richter dann überraschend in der Startelf und avancierte beim 3:1-Auftaktsieg der deutschen U21 zum Matchwinner.
"Hvem er egentlig han fyren?" Das war Dänisch. Es bedeutet: "Wer genau ist der Typ?" Doch diese Frage stellten sich nicht nur die dänischen Fans im Stadio Friuli, als sie den Namen Marco Richter in der Startaufstellung der deutschen U21 sahen. Richter ist fast gänzlich unbekannt in Europa.
Doch spätestens jetzt sollte der Angreifer des FC Augsburg auch außerhalb der deutschen Grenzen bei Google-Suchanfragen zugelegt haben. "Ich will bei solchen Spielen natürlich auf mich aufmerksam machen", sagte der Doppeltorschütze nach seiner Gala-Vorstellung.
Das war ihm gelungen. Ganz glauben konnte er es zwar nicht, doch die DFB-Junioren mit zwei Toren und einer Vorlage zum Auftaktsieg geführt zu haben, "ist ein extrem geiles Gefühl", sagte Richter.
Deshalb stand Marco Richter in der Startelf
Das Wort "geil" nahm er danach noch häufiger in den Mund. Eine "geile Überraschung" sei sein Startelfeinsatz gewesen. Der kam nicht nur für ihn etwas unvorhergesehen. Die Konkurrenz im Team ist groß, Richter galt als einer der Wackelkandidaten, die um einen Platz im deutschen Kader bangen mussten. Und plötzlich spielte er von Beginn an.
"Er hat diesen Startplatz nicht geschenkt bekommen. Er hat in den letzten Saisonspielen bei Augsburg überragend gespielt, an seiner körperlichen Fitness gearbeitet - das war nicht leicht, das weiß ich - und ist topfit ins Trainingslager gekommen. Er hat ganz klar gezeigt, dass er in die erste Elf will. Das hat er mit Leistung unterstrichen", erklärte U21-Trainer Stefan Kuntz seine Entscheidung.
Richter erzielte schon im Saisonendspurt mit Augsburg zwei Doppelpacks. Zuvor hatte er kein einziges Saisontor erzielt. Vielmehr war er Protagonist von Negativschlagzeilen. Doch seit der Ankunft von FCA-Coach Martin Schmidt läuft es bei Richter. Er hat mehr Freiheiten - und vor allem an sich gearbeitet.
Stefan Kuntz schwärmt von Marco Richter
"Ich bin widerstandsfähiger geworden, bin nach dem Training häufiger noch draußen geblieben und habe auch mal einen Kraftraum aufgesucht. Das hat mir auf jeden Fall weitergeholfen", erzählte Richter mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Das Spiel gegen Dänemark war erst Richters fünftes im DFB-Trikot. Zuvor flog der Angreifer unter dem Radar und spielte erst ab der U20 eine kleine Rolle bei der Nationalmannschaft.
Nun ist er angekommen - sowohl sportlich als auch im Team. "Wie er sich in der Mannschaft bewegt, ist überragend", sagte Kuntz über Richter. Was der Trainer damit explizit meinte, ließen Richters Teamkollegen durchblicken.
"Er ist ein toller Spieler, ich freue mich sehr für ihn", sagte etwa Amiri gegenüber SPOX und Goal. Auch Benjamin Henrichs hält große Stücke auf Richter. Er sei "ein toller Spieler" mit einem starken Abschluss. "Im Training ist es hart, gegen ihn zu spielen", sagte Henrichs.
gettyLuca Waldschmidt: "UNO muss er noch ein bisschen üben"
Ein weniger harter Gegner ist Richter offenbar auf anderem Terrain: Kartenspiel. Luca Waldschmidt scherzte: "UNO spielen muss er noch ein bisschen üben, aber ansonsten ist er ein guter Typ."
Waldschmidt und Richter verstehen sich besonders gut - nicht nur auf dem Platz. "Wir sind gute Kumpels - da triezt man sich natürlich und verarscht sich, aber ich spiele auf jeden Fall besser UNO als Luca", sagte Richter zu SPOX und Goal.
Der Shootingstar kommt gut an im DFB-Team und fühlt sich selbst spürbar wohl: "Wir chillen gern in kleineren Gruppen. Es gibt eine FIFA-Station, da kann man auch mal zeigen, was man draufhat. Ansonsten sitzen wir viel zusammen und trinken Cappuccino." Richter genießt seine Zeit beim DFB. Es sei schließlich nicht selbstverständlich, das deutsche Trikot zu tragen.
Das von Montagabend will er sich aber nicht mehr überstreifen: "Das gebe ich nicht mehr her. Es muss jetzt erst einmal in die Wäsche und dann werde ich es wahrscheinlich aufhängen."