Hamburg rennt vergeblich an

Von Florian Bogner / Jochen Tittmar
Hamburgs Paolo Guerrero (rechts) im Zweikampf mit Galatasaray-Verteidiger Emre Asik
© Getty

Der Hamburger SV hat im Hinspiel der Runde der letzten 16 im UEFA-Cup einen herben Dämpfer abbekommen und muss um das Weiterkommen ins Viertelfinale bangen. Gegen Galatasaray Istanbul kam der HSV vor heimischem Publikum trotz 37-minütiger Überzahl nicht über ein 1:1 (0:1)-Unentschieden hinaus.

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Die Gäste, die vor wenigen Wochen Michael Skibbe als Trainer entlassen hatten, gingen nach einem blitzsauber vorgetragenen Konter durch Kapitän Ayhan Akman in Führung (32.).

Marcell Jansen gelang kurz nach dem Seitenwechsel der Ausgleich (49.), anschließend musste der Istanbuler Emre Asik nach einer Notbremse gegen Mladen Petric vom Feld (53.).

Der verunsicherte HSV schaffte es jedoch nicht, daraus Kapital zu schlagen, und braucht am nächsten Donnerstag am Bosporus einen Sieg oder ein Remis (2:2, 3:3, usw.) zum Weiterkommen.

"In der ersten Halbzeit haben wir keinen Fußball gespielt. In der zweiten Halbzeit ging es dann, wir hatten vier oder fünf Chancen. Aber wenn man den Ball nur in der Abwehr hin und her schiebt, dann passiert vorne eben nichts. Aber das Ergebnis ist okay", urteilte HSV-Coach Martin Jol.

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Spiel: Beim HSV darf sich Boateng mal in der Innenverteidigung probieren, Alex Silva rückt dafür ins defensive Mittelfeld. Benjamin und Guerrero sind zudem für Tavares und Olic im Team.

Galatasaray tritt nahezu in Bestbesetzung an; nur den Ex-Stuttgarter Fernando Meira vermisst man - er ist am Mittwoch in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zu Zenit St. Petersburg gewechselt.

3.: Petric legt im Sechzehner auf Guerrero ab. In der Folge kommt Trochowski halbrechts an die Kugel und schießt - drüber.

28.: Trochowski schnappt sich aus halblinker Position den Ball, zieht nach innen und knallt drauf: De Sanctis rettet in letzter Not zur Ecke.

32., 0:1, Ayhan: Dem HSV fliegt ein eigener Eckball um die Ohren. Drei Türken stehen gegen zwei Hamburger, Boateng verlängert den Ball im Zweikampf mit Lincoln unglücklich zu Ayhan, der Rost aus 13 Metern keine Chance lässt.

36.: Petric wird im Strafraum freigespielt und steht völlig frei vor De Sanctis. Doch der Kroate schiebt den Ball dem Keeper in die Arme.

49., 1:1, Jansen: Flanke Guerrero von links. Petric im Kopfballduell mit Asik, der Ball fällt Jansen am linken Fünfereck genau auf den Schlappen. Trockener Volleyschuss - 1:1!

51.: Lincoln spielt mit einem No-Look-Pass von halbrechts Nonda frei. Der Stürmer taucht allein vor Rost auf, doch hebt die Kugel deutlich über das Tor.

53., Rot für Emre Asik: Guerrero steckt in die Sturmspitze auf Petric durch, der kommt im Laufduell mit Asik zu Fall. Klar, Asik war letzter Mann, der Ball aber auch sehr steil gespielt. Rot ist eine harte Entscheidung.

67.: Trochowski zieht einen Freistoß von links aus spitzem Winkel direkt aufs Tor. De Sanctis klatscht ab, aus dem Hintergrund schießt Benjamin und der eingewechselte Güven rettet auf der Linie. Die Latte war auch mit im Spiel.

88.: Langer Ball auf Petric, der per Kopf auf Olic ablegt. Olic spielt quer - aus dem Hintergrund kommt Trochowski angestürmt, schießt den Ball aber aus zwölf Metern weit über den Kasten.

90.: Mathijsen verlängert den Ball im Strafraum auf Petric. De Sanctis kommt aus seinem Tor. Petric legt rüber zu Olic, der mit rechts das leere Tor verfehlt - Außenpfosten!

So lief das Spiel: Eine ereignisarme erste Halbzeit, in der der HSV mit den technisch starken Gästen überhaupt nicht zurecht kam. Galatasaray war ungemein ballsicher und kontrollierte über weite Strecken das Geschehen, hatte mehr Ballbesitz. Der HSV war nur nach Standards gefährlich, einer davon führte jedoch zum Konter in dessen Folge das 0:1 fiel. Petric vergab anschließend die Chance zum Ausgleich kläglich.

Aus der Halbzeit kam der HSV dann endlich mit mehr Zug. Die Außen wurden besser mit einbezogen, das Umschalten von Abwehr auf Angriff klappte besser. Der Ausgleich fiel prompt, danach spielte der umstrittene Platzverweis für Asik den Hausherren noch mehr in die Karten. Mit zehn Gegnern rund um den eigenen Strafraum versammelt, kam das Offensivspiel der Hausherren jedoch wieder zum Erliegen. Auch die Hereinnahme von Olic bewirkte nichts mehr.

Der Star des Spiels: Harry Kewell. Der Ex-Liverpooler spielte im ersten Durchgang eine passable Partie, machte über den rechten Flügel Schwung und verteilte die Bälle klug. Seine große Stunde schlug dann nach Asiks Roter Karte: Da steckte Trainer Bülent den Offensivspieler nämlich kurzerhand als Notnagel in die Innenverteidigung. Der Australier nahm das ohne Murren hin und stellte sich mit starker Zweikampfführung in den Dienst der Mannschaft - Hut ab.

Die Gurke des Spiels: Lincoln. Der Ex-Schalker hat offenbar auch in Istanbul nichts dazu gelernt. Lincoln spielte eine mäßige Partie und war so nach Asiks Platzverweis die logische Option für eine Auswechslung. Lincoln sah das nicht so und erging sich an der Seitenlinie in wüsten Beschimpfungen für seinen Trainer. Absolut unprofessionell.

Die Lehren des Spiels: Eine starke Phase von 15 Minuten nach der Pause reicht nicht! Dem Hamburger SV mangelte es auch auch gegen Galatasaray an brauchbaren Ideen im Offensivspiel, zudem präsentierte sich die Hintermannschaft einmal mehr anfällig für schnell vorgetragene Konter - wie beim 0:1. Nach einem eigenen Eckball in der Defensive in Unterzahl zu geraten, darf dem HSV nicht passieren.

Das Offensivspiel krankte im ersten Durchgang vor allem über die Außen. Jansen und Trochowski zogen zu oft in die Mitte, wo allerdings schon sieben Gäste warteten und die Räume geschickt eng machten. Hinten hatte die nicht eingespielte Innenverteidigung Mathijsen/Boateng ihre Müh und Not, den agilen Nonda in Zaum zu halten.

Erst in der zweiten Halbzeit fighteten sich die Hausherren mit gesteigerter Laufbereitschaft und Entschlossenheit in den Zweikämpfen ins Spiel zurück und trugen ein paar vernünftige Angriffe - meist über Jansen oder Guerrero - nach vorne. Nach dem Platzverweis für Istanbul nahm Bülent Korkmaz mit Lincoln, Nonda und Arda die Offensive vom Feld und beschränkte sich aufs Ergebnis-Halten; Hamburg rannte hilflos gegen die weiße Mauer an und hatte am Schluss auch noch Pech.

Hamburger SV - Galatasaray Istanbul: Daten & Fakten