Javier Hernandez (64.) und Cuauhtemoc Blanco (79.) per Elfmeter schossen in einem unterhaltsamen Spiel vor 35.370 Zuschauer die Tore für El Tri. Mexiko muss nach seinem ersten WM-Sieg über Frankreich nun im nächsten Match gegen Uruguay auf Efrain Juarez verzichten, der seine zweite Gelbe Karte im Turnier sah. Gleiches gilt für Jeremy Toulalan auf Seiten der Franzosen.
So diskutierten die mySPOX-User während der Partie
Nachbetrachtung:
Frankreich ist zwar noch nicht ausgeschieden, dennoch ist nach der ernüchternden Pleite nun in aller Deutlichkeit das eingetreten, was die Experten im Land vor dem Turnier befürchteten: eine zerstrittene Mannschaft, trainiert von einem hilflosen Coach, offenbart eklatante spielerische Mängel und verliert mit zunehmender Spieldauer divenhaft die Lust. Es fehlt eine teaminterne Hierarchie. Die Equipe Tricolore ist weit davon entfernt, eine Einheit auf dem Platz darzustellen und erweckt mit erschreckend schwachen Leistungen den Eindruck, gegen Domenech zu spielen.
Ganz anders dagegen die Mexikaner, die über 90 Minuten eine starke Leistung abriefen und sich mit dem verdienten Sieg berechtigte Hoffnungen auf den Einzug ins Achtelfinale machen dürfen. Die Mittelamerikaner spielen belebenden Fußball, der auf einem gesunden Fundament fußt: taktische Disziplin in allen Mannschaftsteilen, konsequentes und aggressives Verschieben gegen den Ball und blitzschnelles Umschalten in die Offensive. Macht Mexiko so weiter, stellen sie für jeden Gegner eine harte Nuss da. Dennoch: Auch gegen Uruguay sollte El Tri siegen, um Favorit Argentinien aus dem Weg zu gehen.
Reaktionen:
Raymond Domenech (Trainer Frankreich): "Ich habe dafür keine Worte. Es ist eine echte Enttäuschung für all jene, die an uns geglaubt haben. Wir wussten nicht, wie wir reagieren sollen. Es ist schade. Wir hatten gute Absichten, aber es gab immer etwas, was nicht funktioniert hat. Dafür fehlen mir die Worte. Es ist mehr als enttäuschend. Ich weiß nicht, was ich meinen Spielern sagen werde. Es bleibt uns ein Spiel, da muss ein Wunder her. Wir müssen für die Ehre spielen. Wir müssen reagieren. Wir müssen zumindest in diesem letzten Spiel etwas zeigen. Heute bin ich deprimiert."
Florent Malouda (Frankreich): "Wir müssen unsere Ehre retten, weil es eine Schande ist, so zu verlieren. Was auch immer geschieht, wir können nicht aus dem Wettbewerb gehen, ohne ein Spiel zu gewinnen."
Rafael Marquez (Mexiko): "Wir sind super zufrieden. Wir haben uns angestrengt und wie besprochen das Potenzial abgerufen. Die Verdienste gehören der ganzen Mannschaft. Jetzt müssen wir das genießen, aber den Blick schon aufs nächste Spiel richten. Wir wollen nie aufstecken. Jetzt müssen wir weiter Schritt für Schritt denken, das ganze erstmal auf uns wirken lassen und weiter arbeiten."
Der SPOX-Spielfilm:
Vor dem Anpfiff: Frankreichs Trainer Domenech änderte sein Team im Vergleich zum 0:0 gegen Uruguay auf einer Position: Malouda ersetzt den im ersten Spiel schwachen Gourcuff. Ribery rückt damit vom linken Flügel in die Zentrale.
Auch bei Mexiko nur eine Änderung: Moreno rückt für Aguilar in die Elf und spielt neben Rodriguez innen in der Viererkette. Osorio rückt daher auf die Rechtsverteidigerposition. Überraschung am Rande: Mexiko-Coach Aguirre wechselt den Kapitän, Marquez trägt statt Torrado die Binde.
8.: Weiter Ball aus dem Mittelfeld von Marquez in den Lauf von Vela, der alleine durch ist. Mit links drischt er die Kugel jedoch von halblinks in die Wolken.
12.: Franco nimmt die Kugel an der Strafraumgrenze technisch herausragend an, schüttelt Abidal mit einem Haken ab und versucht's aus 17 Metern mit dem Schlenzer - knapp drüber.
18.: Govou lässt Salcido viel zu viel Freiraum. Mexikos Linksverteidiger kann sich den Ball in aller Ruhe auf seinen starken linken Fuß legen und aus 23 Metern abziehen. Am langen Eck rauscht die Kugel vorbei ins Aus.
27.: Salcido zieht von links nach innen, tunnelt Sagna und hält aus spitzem Winkel drauf. Lloris klatscht nach vorne ab, doch Frankreichs Abwehr schlägt das Leder aus der Gefahrenzone.
54.: Endlich der erste echte Torschuss der Franzosen. Malouda zimmert die Kugel mit rechts aus 17 Metern auf den Kasten. Perez reisst eine Hand nach oben und klatscht den Ball über den Querbalken.
64., 0:1, Hernandez: Frankreichs Abseitsfalle schnappt beim langen Ball von Marquez nicht zu. Hernandez taucht blank vor Lloris auf. Mexikos Angreifer umkurvt den Schlussmann und schiebt die Kugel ins leere Tor. Frankreich reklamiert Abseits, doch Hernandez stand hauchdünn nicht drin.
79., 0:2, Blanco (Elfmeter): Barrera taucht rechts in den Strafraum ein und wird von Abidal plump von den Beinen gebracht. Blanco tritt an und schiebt die Kugel direkt neben den linken Pfosten.
Fazit: Ein hoch verdienter Sieg der Mexikaner gegen offensiv schwache Franzosen, die nichts anderes taten, als den Eindruck zu erwecken, gegen den Trainer zu spielen.
Der Star des Spiels: Carlos Salcido (SPOX-Note 1). Mexikos Linksverteidiger hatte defensiv seine Seite vollkommen unter Kontrolle und mit Govou nicht das geringste Problem. Wie es seine Aufgabe im offensiven 4-3-3 erfordert, schaltete sich der Mann vom PSV Eindhoven häufig in die Offensive ein und agierte dabei äußerst flexibel: manchmal zog es ihn als Anspielstation in die Mitte, manchmal setzte er Sagna mit gezielten Flankenläufen unter Druck. Zudem mit einer guten Chance in der 18. Minute.
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Die Gurke des Spiels: Eric Abidal (SPOX-Note 5). Der gelernte Linksverteidiger wird mit der Position im Zentrum einfach nicht warm. Offenbarte Abstimmungsprobleme mit Nebenmann Gallas, so dass einer der beiden ab und an zu hoch stand und mit langen Pässen schnell überrumpelt wurde. Rückte beim 0:1 Mexikos zu spät aus der Zentrale und verschuldete mit einem dummen Foul den Elfmeter, der zum 0:2 führte. Ganz schwacher Tag des 30-Jährigen.
Die Pfeife des Spiels: Khalil Ibrahim Al-Ghamdi aus Saudi-Arabien zeigte Franco bei seinem WM-Debüt nach vier Minuten Gelb und reihte sich damit in die etwas kleinliche Linie der WM-Schiedsrichter ein. Dennoch ohne große Fehler, ein umsichtiger Leiter.
Analyse: Die Equipe Tricolore rotierte viel im Spiel nach vorne, passte schnell in die Spitze und war sowohl spielerisch als auch physisch deutlich präsenter als zuletzt. Vor allem Ribery wich auf seiner ungeliebten Position in der Zentrale immer wieder auf die Flügel aus und riss damit das ein oder andere Loch in Mexikos Abwehrverbund. Torgefahr entstand dabei allerdings nie, einige vielversprechende Angriffe versackten im Nichts.
Mexiko zeigte sich anfangs abgesehen von ein paar zu hastigen Ballverlusten wenig beeindruckt und ließ die Franzosen bewusst kommen, um gut 30 Meter vor dem eigenen Tor ein engmaschiges Netz zu spinnen. Bei Ballgewinn wurde blitzschnell in die Offensive umgeschaltet. Wie schon gegen Südafrika rückten dabei die äußeren Mittelfeldspieler und vor allem auch Linksverteidiger Salcido immer wieder auf und erarbeiteten sich somit Überzahlsituationen, die in einem leichten Plus echter Chancen resultierten.
Im zweiten Durchgang änderte sich an diesen Gegebenheiten nicht viel. Frankreichs Gefahr ging - wenn überhaupt - nur durch Standardsituationen aus. Die Franzosen agierten weiterhin zu fahrig und berechenbar für die disziplinierten Mexikaner.
Deren Coach Aguirre witterte die Chance und wechselte zweimal offensiv. Dieser Mut wurde nur wenig später durch den Führungstreffer belohnt, als die wie in einigen Situationen zuvor zu hoch stehende Innenverteidigung der Franzosen mit einem einzigen klugen Pass aus dem Mittelfeld heraus völlig entblößt wurde.
Nach dem Rückstand spielte Frankreich nur noch Alibifußball und hatte kaum mehr Offensivaktionen. Es schien, als ab die Elf um Ribery und Co. den Abpfiff herbeisehnte. Mexiko machte auch in der Folge kaum Fehler, wurde allerdings auch nicht vor große Probleme gestellt - ein hochverdienter Sieg nach einer taktisch reifen Leistung Mexikos.
Frankreich - Mexiko: Daten zum Spiel