WM

Cristiano Ronaldo in Galaform gegen Spanien: Der Beste auf Vollendungs-Mission

Cristiano Ronaldo hat gegen Spanien drei Tore erzielt.
© getty

Cristiano Ronaldo hat Portugal zum WM-Auftakt gegen Spanien mit einem Dreierpack ein 3:3 gerettet. Der Weltfußballer wirkte motiviert wie lange nicht. Seine Motivation zieht er aus der einzigen Trophäe, die ihm in seiner beeindruckenden Sammlung noch fehlt. Er ist auf besonderer Mission.

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Cristiano Ronaldo hat alles gewonnen, was man im Fußball gewinnen kann. Fast alles.

Ronaldo ist Weltfußballer, Europas Fußballer des Jahres, Torschützenkönig in sämtlichen Wettbewerben, er gewann nationale Meisterschaften, fünf Champions-League-Titel, die Europameisterschaft. Er hat Rekorde um Rekorde gebrochen. Nur ein Titel fehlt auf der Rückseite seiner Autogrammkarte: der wichtigste überhaupt, die Weltmeisterschaft.

Solange er diese nicht gewonnen hat, ist Ronaldo unvollendet. Besonders für einen so vom Ehrgeiz zerfressenen Spieler fühlt es sich so an.

Wie sehr er alles dafür tun möchte, diesen Umstand zu ändern, zeigte Ronaldo beim Auftakt der portugiesischen Nationalmannschaft am Freitagabend gegen Spanien: Von der ersten Minute an sprühte er nur so vor Tatendrang.

Cristiano Ronaldo: Andere Körpersprache als im Endspurt mit Real Madrid

Die Körpersprache war eine völlig andere als zuletzt im Saisonendspurt mit Real Madrid, als Ronaldo nach torlosen Auftritten im Halbfinale und im Finale der Champions League in die Kritik geriet. In den wichtigen Partien im Mai hatte der 33-Jährige unzufrieden, phlegmatisch, teilweise teilnahmslos gewirkt. Erste Stimmen wurden laut, dass eben auch diesem Ausnahmeathleten langsam die Puste ausgehe.

Davon war in Sotschi nichts zu sehen. Ronaldo lieferte. Er ackerte, war spritzig, mannschaftsdienlich, holte sich tief die Bälle und strahlte bei portugiesischen Kontern eine riesige Gefahr aus. Und im Gegensatz zu den überlegenen Spaniern war er vor allem eines: effizient.

Ronaldo traf per Foulelfmeter, per Fernschuss (unter gütiger Mithilfe des patzenden David De Gea) und kurz vor Schluss auch noch per direkt verwandeltem Freistoß. Und hätte Goncalo Guedes nach einem Konter Ronaldos starke Ablage nicht so naiv verdaddelt, wäre wohl auch noch ein Assist dazugekommen. Der fünffache Weltfußballer war der Mann des Abends, das stand überhaupt nicht zur Disposition.

Cristiano Ronaldo trifft im achten großen Turnier in Serie

Ronaldo krönte sich zum ersten Spieler in der Geschichte, der im achten großen Turnier (Welt- und Kontinentalmeisterschaften) in Folge mindestens ein Tor erzielte. Das war umso bemerkenswerter, da er besonders bei Weltmeisterschaften bislang nie zu seiner absoluten Topform gefunden hatte. Schon jetzt - nach nur einem Spiel - ist die WM 2018 die torreichste für ihn persönlich. In den Endrunden 2006, 2010 und 2014 hatte er jeweils "nur" einmal getroffen.

Die Verantwortung auf seinen Schultern ist riesig. Immer, in jedem Spiel. Aber in den ganz großen Spielen - und dazu zählt der WM-Auftakt gegen den absoluten Topfavoriten Spanien definitiv - besonders.

Cristiano Ronaldo: Alles unter Exzellenz ist Ausschuss

Aufgrund jahrelanger Spitzenleistungen ist alles unter Exzellenz für Ronaldo Ausschussware. In der öffentlichen Wahrnehmung, aber auch in seiner Selbstwahrnehmung.

Dass eine gerichtliche Quelle kurz vor dem portugiesischen Turnierstart eine zweijährige Haftstrafe auf Bewährung für Ronaldo wegen Steuerhinterziehung bestätigte, verminderte den Druck nicht unbedingt.

Doch Ronaldo lieferte. Entsprechend erleichtert wirkte er nach Schlusspfiff in der Gewissheit, dass sein Dreierpack immerhin zu einem Punkt gegen Spanien gereicht hatte. Ein respektables Ergebnis, schließlich hatte Portugal vor vier Jahren in Brasilien zum Auftakt eine üble 0:4-Abreibung gegen Deutschland kassiert.

Cedric Soares: Cristiano Ronaldo "ist der beste Spieler der Welt"

"Es ist unglaublich", befand Ronaldo: "Ich habe in den letzten Jahren so sehr auf diesen Moment hingearbeitet. Einige haben nicht an mich geglaubt, aber ich habe immer an mich geglaubt."

Seine Teamkollegen feierten Ronaldo in höchsten Tönen. Cedric Soares etwa geriet ins Schwärmen: "Ronaldo gibt uns Sicherheit. Er ist der beste Spieler der Welt, das hat er nochmals allen bewiesen."

Doch Ronaldo wollte nichts von einer One Man Show wissen: "Wir haben als Mannschaft nie aufgegeben - auch nicht nach dem Rückstand. Deswegen ist das Unentschieden gerecht." Er weiß: Will er in Russland endlich sein großes Ziel erreichen, muss er sein Team stark reden. Stärker als es womöglich ist.

Jedenfalls ließ er keinen Zweifel daran, wo es für Portugal im Turnierverlauf hingehen soll: "Ich glaube, dass die WM richtig gut für uns wird. Wir sind davon überzeugt, dass wir bis zum Ende dabei sein werden."

Portugal hat ähnliche Stärken wie bei der EM 2016

Aber ob es dafür wirklich reicht? Immerhin zeigte Portugal über weite Strecken der Partie gegen Spanien, dass die Mannschaft ähnliche Stärken auszeichnet wie vor zwei Jahren. Zwar gelang es aufgrund von zwischenzeitlicher Passivität im Anlaufen nicht, das spanische Passspiel komplett lahmzulegen. Insgesamt standen die beiden Viererketten gegen den Ball jedoch stabil und bei Ballgewinn konterte Portugal stark.

Allerdings wird eine Leistung wie bei der EM in diesem Jahr nicht genügen, um den nächsten großen Titel einzufahren.

Zur Erinnerung: Seinerzeit wurde Portugal in der Gruppenphase Dritter und kam nur wegen des neuen EM-Modus überhaupt ins Achtelfinale. Sich auf diesem Wege durchzumogeln, ist bei der WM nicht drin. Zumal auf dem Weg ins Finale in diesem Jahr deutlich höhere Hürden warten als in Frankreich.

Es ist nur schwer vorstellbar, dass ein Ronaldo in Galaform in diesem Jahr reichen wird, um dessen Titelsammlung zu komplettieren. Um den einen verdammten Titel, der noch auf der Rückseite seiner Autogrammkarte fehlt, zu holen.

Schaden wird die Form für die Vollendungs-Mission aber jedenfalls nicht.

Die Torschützenkönige der vergangenen Weltmeisterschaften

WMTorschützenkönigTore
1978Mario Kempes (Argentinien)6
1982Paolo Rossi (Italien)6
1986Gary Lineker (England)6
1990Salvatore Schillaci (Italien)6
1994Oleg Salenko (Russland), Christo Stoitschkow (Bulgarien)6
1998Davor Suker (Kroatien)6
2002Ronaldo (Brasilien)8
2006Miroslav Klose (Deutschland)5
2010Thomas Müller (Deutschland)5
2014James Rogriguez (Kolumbien)6
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