Der Champion Golfer of the Year 2015 heißt nach einer dramatischen Open Championship in St. Andrews Zach Johnson. Dabei war doch alles angerichtet für den anderen Johnson! Das Par-10 erklärt, warum sich auch dieses Mal wieder zeigte, wie frustrierend Golf ist. Außerdem erlebten wir den langweiligsten Tag in der Geschichte der Welt.
10. Der Mann auf dem 147. Platz: "Ich dachte vor dem Turnier, dass ich gut genug spiele, um diese Woche zu gewinnen." (Es sprach Tiger Woods, Nummer 258 der Welt, neuerdings überholt von Patton Kizzire und Martin Piller).
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9. Wer ist Martin Kaymer? Auch nach mehrstündiger Meditation und fünf Tassen Kaffee ist dem Par-10 leider nichts eingefallen, was an Martin Kaymers Woche sonderlich spannend gewesen wäre. Die SPOX-Nachrichtenagentur schreibt: Deutschlands Top-Golfer hat bei der Open Championship im schottischen St. Andrews seinen Aufwärtstrend mit einem guten 12. Platz fortgesetzt, besonders am Finaltag wusste der Mettmanner mit einer 68er-Runde zu überzeugen.
Insofern alles gut, da könnten sehr bald wieder Siege kommen. Bei der PGA Championship geht es schließlich auch an die Stätte von Kaymers erstem großen Triumph vor fünf Jahren zurück: Whistling Straits. Da geht was!
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Die schlechte Nachricht: Wir haben am Wochenende bei Schlag den "Star" gelernt, dass weder Sophia Thomalla noch Fernanda Brandao wissen, wer er ist. Sehr fraglich, ob sich Kaymer bis zur PGA Championship von diesem Schock erholt, oder ob er jetzt überhaupt noch weiterleben möchte.
8. Wenn der Ball ins Hotel fliegt: Warum Golf der frustrierendste Sport der Welt ist? Einfach mal Eddie Pepperell fragen. In Runde drei liegt der junge Engländer nach einem überragenden Birdie an der 16 acht unter Par für den Tag. Euphorie fließt durch seinen Körper, er findet Golf richtig geil. Pepperell marschiert an den 17. Abschlag. Birdie-Birdie-Finish zur ersten 62 in der Major-Geschichte. Okay, das Road Hole ist brutal, wir nehmen auch die 63. Aber was macht Pepperell? Obwohl links 300 Kilometer Platz ist, fabriziert er einen Slice. Mitten rein ins Old Course Hotel. Ins Aus. Doppel-Bogey. Und jetzt findet er Golf plötzlich doch wieder absolut zum Kotzen!
Aber egal, erstens hat auch Phil Mickelson am Montag den Ball auf den Balkon von Zimmer 130 (Fore!) gehookt. Zweitens hat dieser Pepperell, auch wenn es hinten raus enttäuschend war (T49.), definitiv das Zeug zum Star und drittens ist er einer der interessantesten und reflektiertesten Sportler, die man so finden kann.
Nur ein Beispiel: Pepperell über das angeblich so glamouröse Tour-Leben: "Am Anfang war ich sehr einsam. Ich erinnere mich noch an ein Turnier in Italien. Ich war jeden Abend alleine zum Essen auf einer Autobahn-Raststätte, mit all diesen fetten italienischen Truckern. Da habe ich mich echt gefragt, was ich hier eigentlich mache."
7. Warum, DJ? Warum? Wir waren gerade bei Frust. Dustin Johnson muss nach Lage der Dinge aktuell auch zu den frustriertesten Menschen der Welt gehören. Dabei schien er nach 36 Löchern auf bestem Wege, das Drama der US Open vergessen zu machen und in St. Andrews endlich seinen ersten Major-Sieg einzufahren. 65, 69 - Johnson führte und hatte den Old Course so was von komplett im Griff, dass man DJ schon bei 20 unter Par sah.
Zumal der Moving-Day dann die einfachsten Bedingungen überhaupt brachte. Wir notierten 26 Runden von 68 Schlägen oder besser, die Putzfrau lag 4 unter nach 6, nur der bis dahin dominierende Dustin Johnson blieb als Einziger ewig ohne Birdie und kam mit einer gefühlten 85 ins Clubhouse.
Und am Finaltag? Da lief es auch nicht besser. DJ spielte die nächste 75. An den ersten beiden Tagen der beste Spieler im Feld, an den letzten beiden Tagen der schlechteste Spieler im Feld. Das kannst Du nicht erklären, vergiss es!
6. Tschüss, Tom und Nick! Es war Freitagabend, 21.54 Uhr Ortszeit, als Tom Watson seinen letzten Putt lochte und damit seine glorreiche Open-Karriere beendete. Nach 40 Jahren, 130 Runden und 5 Claret Jugs. Sky hatte seine Übertragung zu diesem Zeitpunkt schon beendet, aber es war klar: Da muss jetzt irgendwo ein Stream her, um diesen Gänsehaut-Moment nicht zu verpassen.
Es war logisch, dass sie Watson trotz der Dunkelheit diese Runde zu Ende spielen lassen müssen. Watson am nächsten Morgen in der Früh noch mal für ein Loch rausschicken, das wäre gar nicht gegangen. Also spielte Watson fertig, machte noch auf der Swilcan Bridge Halt und winkte ein letztes Mal. Am Grün warteten Familie, Freunde und Weggefährten. Matt Kuchar, der schon lange mit seiner Runde fertig war, kam extra vorbei. Billy Horschel zückte das Handy und filmte. Es war großes Kino.
Vor Watson hatte bereits Nick Faldo für ähnliche Emotionen gesorgt. Denn für Sir Nick war es die letzte Open in St. Andrews. Auch Faldo, der sogar zum Abschluss nochmal mit einer 71 die Zeit zurückdrehte, posierte zum letzten Mal auf der Swilcan Bridge. Passenderweise hatte er nochmal den Pullover übergestreift, den er bei seinem ersten Open-Sieg 1987 in Muirfield getragen hatte.
Apropos Pulli: Fast hätte Faldo zu seinen letzten 18 Löchern gar nicht antreten können. Beim Ausziehen seines Pullis war Faldo mit dem Finger an einem an der Wand hängenden Geweih vorbeigestreift und hatte sich eine klaffende Wunde am Mittelfinger zugezogen. Freitagmorgen brach die Wunde sogar noch einmal auf, sodass Faldo nach einem Zwischenstopp im Krankenhaus erst knapp 45 Minuten vor seiner Tee-Time am Old Course ankam. Der 58-Jährige selbst hatte gar keine große Lust mehr, aber seine Kids überredeten ihn zu seiner letzten Runde. Gute Entscheidung!
10-6: Aufgepasst im Hotel und DJs Horror-Wochenende
5-1: Der langweiligste Tag ever und Spieths Putterei
5. On the tee from USA... : Im Boxen gibt es Michael Buffer. Im Darts gibt es Russ Bray. Im Golf gibt es Ivor Robson. Der legendäre Starter auf der European Tour beendet in diesem Jahr seine Karriere. Nach 41 Jahren.
Als Robson in der Finalrunde als letzten Spieler Paul Dunne ankündigte, war das Nummer 18.995 bei der Open Championship. Irre. Dank des später folgenden Stechens feierte Robson sogar noch ein kurzes Comeback, dann war aber Schluss. In den Köpfen aller Golfer und Golf-Fans wird er aber weiter die Spieler ankündigen. I will let you go now. Mach's gut, Ivor!
4. Oh Mann, Dunne! Stell Dir vor, Du hast die ersten Tage verpennt, schaust Sonntagnachmittag aufs Leaderboard und wen siehst Du da ganz oben? PAUL DUNNE! So was gibt's nur im Golf! Die erste Frage ergibt sich von selbst: Wer ist der Freak? Was will der da oben auf dem Leaderboard? Und wann geht der da wieder weg?
Kurz zur ersten Frage: Dunne ist ein 22-jähriger irischer Amateur, der genau wie Graeme McDowell an der University of Alabama at Birmingham studierte und 2015 ins Profilager wechseln will. Seine Open-Teilnahme verdiente er sich durch einen Sieg beim Quali-Turnier in Woburn. Er ist die Nummer 80 der Weltrangliste. Der AMATEUR-Weltrangliste!
Dunne spielte mit seiner 66 an Tag drei die niedrigste Runde, die ein Amateur je bei einer Open in St. Andrews zustande brachte. Der erste Amateur-Champ seit Bobby Jones 1930 war im Bereich des Möglichen. Dass Dunne am letzten Tag unter all dem Druck einbrach, schmälerte seine traumhafte Woche überhaupt nicht. Es war insgesamt ein beeindruckender Auftritt der Amateure. Jordan Niebrugge holte sich als geteilter Sechster die Silver Medal und auch Olli Schniederjans und Ashley Chesters spielten brillant (T12.).
Gerade auf Schniederjans, der wie Spieth, Justin Thomas oder Daniel Berger zur unglaublichen 2011er High-School-Abschlussklasse gehört, darf man echt gespannt sein. Man kann seine Amateur-Karriere wirklich schlechter beenden als mit einer 67 auf dem Old Course...
3. Laaaaangweilig! Samstag, der 18. Juli 2015 war definitiv der langweiligste Tag in der Geschichte der Welt. Da hast Du dich vorbereitet auf zwölf Stunden Live-Golf im TV und was siehst Du? Die Wiederholung vom Vortag. Danach die Wiederholung vom Vortag. Und danach die Wiederholung vom Vortag. Deprimierend. Genauso deprimierend wie die stündlichen Updates aus St. Andrews. Immer wieder gibt es Annoucements, dass es bald wieder neue Announcements gibt.
Vor 13 Uhr wird nicht gespielt. Vor 14 Uhr wird nicht gespielt. Vor 15 Uhr... Die Kollegen der BBC setzen sogar kurzerhand ihre Gummi-Ente ans Mikro. Okay, in der Zwischenzeit hätte man jetzt die Möglichkeit gehabt, die Zeit sinnvoll zu nutzen. Man hätte rausgehen können, sich in die Sonne legen, mit Freunden treffen. Aber jetzt mal ganz im Ernst: Ich will mich an einem Open-Samstag doch nicht mit Freunden treffen, das kann ja nicht Sinn der Sache sein. Ich will Golf sehen!
Aber man kann eben nichts machen, wenn Mutter Natur nichts drauf hat. Die Idee mit brutalem Wind war ja an sich nicht schlecht und genau richtig für eine Open Championship, aber über 70 km/h halt ein bisschen viel. Das heißt aber nicht, dass man dann am nächsten Tag den Wind gleich komplett weglassen muss. Montag war es dann ja ganz okay.
Na ja, so hatten wir eben das erste Montagsfinish seit 1988. Der Twitter-Account der Open setzte wenigstens gleich eine Krankschreibung, unterzeichnet von Dr. T. Morris, legendär. Also wenn eine Krankschreibung jemals berechtigt war, dann ja wohl hier.
2. Spieth verputtet sich: Also dafür, dass sich der beste Putter auf dem Planeten in St. Andrews um Kopf und Kragen puttete, war er ganz schön dicht dran am dritten Part des Spieth-Slams. In Runde zwei brauchte Spieth 37 Putts (5 Dreiputts), in Runde vier leistete er sich an der 8 einen Vierputt. Und er hätte es eben dennoch fast gewonnen... Wie bei Arnie (1960) und Jack (1972) fehlte nur ein Schlag zum dritten Major in Folge.
Dabei war nach der gelochten Bombe an der 16 alles angerichtet. Par kratzen an der 17, Birdie 18 und der Champion hätte schon wieder den Namen Spieth getragen. Es kam anders, sein Birdie-Putt aus dem Valley of Sin war einen Tick zu weit links, aber das ändert nichts daran, dass dieser Jordan Spieth auch in dieser Woche wieder unfassbar war.
Dass er einer der ersten Gratulanten für Zach Johnson war, wundert niemanden. Wir wissen inzwischen alle, was Spieth für ein feiner Kerl ist. Für ihn war es am Ende bitter, noch bitterer war es aber für andere Herren. Louis Oosthuizen ist jetzt der erste Spieler seit einem gewissen Craig Wood in den 1930ern, der sowohl bei der Open als auch beim Masters Playoffs verloren hat. Sergio Garcia schnupperte mal wieder und schmiss es mal wieder weg. Leider kennen wir den Film.
Und zu Jason Day fällt einem bald auch nichts mehr ein. Day ist in jedem verdammten Major nahe dran, aber es reicht einfach nicht. Diesmal blieb Day die letzten 41 Löcher ohne Bogey, aber es nutzte alles nichts, weil er seinen Birdie-Putt zum Playoff auf der Linie zu kurz ließ. Mensch Junge, lass doch den Putt nicht zu kurz. Days Gesicht sagte mehr als alle Worte, es ist ein Jammer.
1. Champion Golfer of the Year - Zach Johnson! Er ist der Masters-Champion von 2007, er kam als Nummer 25 der Welt nach St. Andrews (jetzt ist er die 12) und spielt eine sehr solide Saison (schon 7 Top-10s vor der Open) - Zach Johnsons Open-Triumph ist alles andere als eine Überraschung. Johnson gehört zu der Kategorie an Spielern, die jederzeit jedes Turnier der Welt gewinnen können.
Aber wenn ein Johnson in nächster Zeit ein Major gewinnen würde, dann hätten einfach alle auf Dustin Johnson gesetzt, nicht auf Zach. Es war schon ein kurioser Verlauf. Denn als in Runde drei DJ wegzubrechen begann, war es ausgerechnet Zach Johnson, dem es eine ganze Weile ähnlich ging. Es gab eine Phase, da waren nur zwei Spieler auf dem Leaderboard ohne Birdie: Johnson und Johnson.
Zach berappelte sich dann noch, sodass er mit einer Siegchance in den Finaltag startete, aber er war nicht der, den man ganz oben auf dem Zettel hatte. Wen interessiert es: Wer sich zu Beginn der Woche auch von Pech beim Draw nicht entmutigen lässt, wer am 72. Loch so einen genialen Birdie-Putt locht, wer sich in einem 4-Loch-Stechen durchsetzt und Nerven aus Stahl beweist, wer in der Power-Ära mal eben zeigt, dass man nach wie vor auch mit einem überragenden Wedge-Spiel und einem heißen Putter fehlende Länge kompensieren kann, wer jetzt in St. Andrews und Augusta gewonnen hat (so wie Tiger, Jack, Sir Nick, Seve und Sam Snead), der hat es am Ende natürlich verdient. Zumal auch Johnson, der ganz normale Typ aus Iowa, zu den "good guys" gehört, das durften wir ja schon mal in einem SPOX-Interview erfahren.
Bestimmt 20-25 Leute hätten den Claret Jug gewinnen können. Es war auch ohne den verletzten Rory McIlroy wieder eine magische Woche im Home of Golf. Nächstes Jahr? Royal Troon! Die letzten drei Sieger waren dort übrigens auch US-Boys: Todd Hamilton, Justin Leonard und Mark Calcavecchia.
10-6: Aufgepasst im Hotel und DJs Horror-Wochenende
5-1: Der langweiligste Tag ever und Spieths Putterei
Die Golf-Weltrangliste