"Können großes Drama inszenieren"

Sir Nick Faldo ist optimistisch, dass Deutschland den Ryder Cup 2022 austragen darf
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SPOX: Die Entscheidung ist nicht mehr weit entfernt, wer den Ryder Cup 2022 austragen darf. Österreich, Italien und Spanien sind auch noch im Rennen. Wie schätzen Sie denn die Chancen Deutschlands ein?

Faldo: Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Die European Tour macht einen guten Job und gibt nicht viel an Informationen heraus. Aber ich weiß, dass Marco (Kaussler, Chef der deutschen RC-Bewerbung, Anm. d. Red.) einen hervorragenden Job macht. Mein Job liegt auf dem Platz, darauf fokussiere ich mich. Aber es ist klar, dass wir gute Chancen haben.

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SPOX: Gute Chancen hat Europa in letzter Zeit immer, wenn es um den Ryder Cup geht. Team Europe war in den letzten Jahren dominant und hat jetzt sechs der letzten sieben Duelle gewonnen. Was ist aus Ihrer Sicht der Hauptgrund dafür?

Faldo: Der entscheidende Punkt ist, dass die Europäer großartig gespielt haben. (lacht) Vielleicht haben wir Europäer ein bisschen mehr Leidenschaft für den Ryder Cup. Vielleicht stammt das noch aus meiner Zeit. Damals war es so, dass ein Ryder-Cup-Sieg die Zukunft der European Tour gesichert hat. Die Ryder-Cup-Triumphe haben die European Tour zu der Tour gemacht, die sie heute ist. Wir haben damals für die Tour gespielt, so gesehen auch darum, dass wir unseren Lebensunterhalt bestreiten konnten. Vielleicht hat sich dieser Spirit auf die nachfolgenden Generationen übertragen. Aber nochmal, Team USA war beim letzten Ryder Cup zusammengerechnet 74 unter Par. Europa? 110 unter Par. Man braucht keine Task Force, um herauszufinden, wie man den Ryder Cup gewinnt. Du musst mehr Birdies spielen, so einfach ist das.

SPOX: Es deutet sich auf jeden Fall an, dass die USA in den nächsten Jahren zurückschlagen werden. Wenn wir nicht nur an Jordan Spieth oder Rickie Fowler denken, sondern auch sehen, wie viele Youngster da nachkommen, z.Bsp. Justin Thomas oder Daniel Berger, dann muss Europa aufpassen, oder?

Faldo: Auf jeden Fall. Die USA werden im nächsten Jahr in Amerika ganz schwer zu schlagen sein. Sie werden alles versuchen, um einen Weg zu finden, das Ding mal wieder zu gewinnen. Es wird generell interessant, weil die Teams sich wandeln werden. Ich würde wetten, dass es im nächsten Jahr in beiden Teams sechs Rookies geben wird. Wir werden viele neue Gesichter sehen.

SPOX: Und dann haben die USA eben diesen Jordan Spieth...

Faldo: Ja, der ist ganz gut, oder? (lacht)

SPOX: Kann man so sagen. Spieth wurde jetzt zum Spieler des Jahres gewählt, was spätestens nach dem Gewinn des FedEx-Cups auch eine glasklare Geschichte war. Was sagen Sie zur Saison von Spieth?

Faldo: Er hat in 25 Events 20 Millionen Dollar verdient. Das sind 900.000 Dollar pro Event, für eine Woche Golf spielen. Also ich kann Ihnen sagen: Zu meiner Zeit war das noch anders. (lacht) Jordan Spieth hat dafür gesorgt, dass sich Golf in einer aufregenden Phase befindet. Aber nicht nur er, auch die anderen Jungs an der Spitze. Das Wichtigste ist, dass die Quoten in den USA in diesem Jahr um 30 Prozent gestiegen sind - und das alles ohne Tiger. Jeder hat gesagt, dass Golf untergehen wird, wenn das Zugpferd Tiger mal nicht mehr da ist. Aber jetzt sind diese Youngster gekommen und haben das komplett verändert. Da sie alle so jung sind, haben wir mindestens zehn Jahre großartigen Golfsport vor uns, darauf können wir uns wirklich freuen. Das Gute ist auch, dass es ein Ansporn für die Jugend ist. Wenn ich heute mit 18 am College bin und sehe, dass der Beste der Welt gerade mal 22 ist, warum sollte ich das nicht auch schaffen können? Früher musste man erstmal in die Lehre gehen. Es hieß, dass man ab 30 aufwärts seine besten Jahre vor sich hat. Jetzt hat man sein bestes Jahr gleich im ersten Jahr auf der Tour. Die Zeiten haben sich verändert.

SPOX: Das Beeindruckendste an Spieth ist definitiv, dass er unfassbar "clutch" ist. Wenn dein Leben auf dem Spiel steht und du brauchst jemanden, der für dich einen Putt locht, dann musst du Spieth nehmen.

Faldo: Es ist bei Spieth schon genauso, wie es früher bei Tiger war. Früher war Tiger der Mann für diesen Putt, jetzt ist es Spieth. Es ist generell unglaublich, wie sich Golf über die Jahre entwickelt hat. Wie alles ein bisschen besser geworden ist. Die Grüns werden ein bisschen besser gelesen. Die Qualität der Grüns ist besser. Das Equipment ist ein bisschen besser. Wir sind mit der Wissenschaft so weit, dass dein Putter perfekt auf deinen Stroke abgestimmt wird. Der Ball rollt perfekt. Wenn dann noch der Faktor Selbstvertrauen hinzukommt, sehen wir, wie jemand putten kann. Wenn du den Ball immer wieder ins Loch gehen siehst und anfängst an dich zu glauben, ist so etwas möglich. Vor allem für jemanden wie Jordan, der im Kopf so stark ist.

SPOX: Was erwarten Sie nach solch einem Monster-Jahr 2016 von Spieth?

Faldo: Man kann es nicht voraussagen. Als Rory unfassbar heiß war, haben alle gesagt, dass er jetzt absolut alles gewinnen wird. Aber dann ändern sich die Dinge wieder, man hat eine schlechtere Phase, man verletzt sich und ein anderer überholt dich. Das macht es so interessant. Ich will den ganzen Youngstern aber eines mitgeben: Ihr habt ein Zeitfenster, ob das fünf, zehn, 15 oder 20 Jahre sind, in dem ihr die Möglichkeit habt, alles aus eurer Karriere herauszuholen, was möglich ist. Verschwendet das nicht! Wenn sich dieses Fenster einmal geschlossen hat, weil der Körper oder der Kopf es nicht mehr zulassen, auf seinem früheren Niveau zu spielen, dann ist es für immer vorbei. Man hat ab 40 noch genügend Zeit, um die Dinge zu genießen und nachzuholen, die man vielleicht meint zu verpassen. Aber konzentriert euch so lange auf das Wesentliche und seid diszipliniert, dann müsst ihr euch später auch nichts vorwerfen. Wenn man mit 40 sagen kann, dass man wirklich alles investiert hat, ist das viel wert.

Seite 1: Faldo über den Ryder Cup und seine persönlichen Highlights

Seite 2: Faldo über Deutschlands Chancen, Team Europa und Spieth

Seite 3: Faldo über Day, Kaymer und die Big Four

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