Sir Nick Faldo ist der erfolgreichste europäische Ryder-Cup-Spieler aller Zeiten. Ein sechsmaliger Major-Champion. Eine absolute Golf-Legende. Jetzt will Faldo als Designer für den Kurs im A-Rosa-Resort in Bad Saarow vor den Toren Berlins mit dafür sorgen, dass der Ryder Cup 2022 nach Deutschland kommt. Wie sich der 58-Jährige den deutschen Ryder-Cup-Platz vorstellt? An welche Ryder-Cup-Momente er besonders gerne zurückdenkt? Was er über Jordan Spieth, Tiger Woods und Martin Kaymer denkt? SPOX traf Sir Nick Faldo in Berlin zum großen Interview.
SPOX: Sir Nick Faldo, niemand hat in mehr Ryder Cups gespielt als Sie, niemand hat mehr Matches gespielt, niemand hat mehr Punkte geholt. Was waren für Sie die größten Highlights?
Sir Nick Faldo: Da gab es zum Glück einige. Mein erster Ryder Cup 1977 war einfach unglaublich. Ich war damals 20 Jahre jung und hatte gerade mal seit sechs Jahren überhaupt Golf gespielt. Dann spiele ich an meinem zweiten Tag gleich ein Match gegen Jack Nicklaus - und wir gewinnen es auch noch 2&1. Mein erstes Match hatte ich zusammen mit Peter Oosterhuis auch schon gewonnen, obwohl wir nach 9 Löchern 3 down lagen. Ich schlug also Jack Nicklaus, ich schlug Raymond Floyd und am letzten Tag traf ich auf Tom Watson, den amtierenden Open Champion. Dieses Match holte ich mir auch noch mit 1 auf und so stand ich am Ende als Jungspund mit drei Punkten da. Nachdem die USA erst gegen Großbritannien und Irland und später Europa ständig gewonnen hatten, war ich dabei, als es sich wandelte. Europa gewann 1985 zum ersten Mal, 1987 gewannen wir das erste Mal in Amerika, das war auch fantastisch. 1995 folgte nochmal ein Triumph in den USA und 1997 war ich unter Captain Seve (Ballesteros) in Valderrama ein letztes Mal dabei. Ich habe 20 Jahre lang großartige Erfahrungen im Ryder Cup gesammelt und jede Menge tolle Erinnerungen.
SPOX: In Valderrama war es Colin Montgomerie, der mit seinem halben Punkt gegen Scott Hoch gerade noch den Sieg rettete. Drama gibt es bei praktisch bei jedem Ryder Cup. Wer wissen will, was der Ryder Cup bedeutet, muss ja alle zwei Jahre nur ins Gesicht von Ian Poulter schauen.
Faldo: Die Intensität macht den Ryder Cup so speziell. Die ganze Woche ist unglaublich intensiv. Die Anspannung kommt nicht mit dem ersten Match, du spürst sie die ganze Woche. Wir erleben jedes Mal unglaubliche Matches. Eines kann ich Ihnen sagen: Wenn du gut drauf bist, ist der Ryder Cup wundervoll. Du spielst gut, gehst mit deinem Partner raus und nimmst es mit den Anderen auf. Aber wenn du schlecht in Form bist, ist es eine verdammt harte Woche. Du willst natürlich niemanden im Stich lassen. Wenn es dann nicht läuft, ist es echt hart. Aber wenn du gut spielst, ist es einfach nur fantastisch.
SPOX: Bernhard Langer hat fast so viele Matches gespielt und Punkte geholt wie Sie. Sie haben mit Langer teilweise auch ein Team gebildet. Was ist Ihre liebste Bernhard-Langer-Story?
Faldo: Bernhard und ich waren 1983 Partner in Palm Beach Gardens und haben auch ordentlich zusammen gespielt, aber wenn ich an Bernhard denke, dann fällt mir sofort Muirfield Village 1987 ein. Es war am Nachmittag, die Sonne ging schon unter und Bernhard und Sandy Lyle waren auf der 18 und 1 auf gegen Lanny Wadkins und Larry Nelson. Wadkins hat den Ball dann unglaublich an den Stock gezimmert, aber was machte Bernhard? Der haute sein Eisen 5 einfach noch ein Stück näher hin, tot an die Fahne, was ein Konter! Ich war hautnah dabei und konnte alles genau mitverfolgen. Das war einer dieser besonderen Ryder-Cup-Momente, der das Momentum aufrechterhält und das Team unglaublich heiß macht. Es war irre.
SPOX: Während Langer als Captain Europa zum Sieg führte, gab es 2008 unter Ihrer Regie eine herbe Niederlage. Wie hart war es für Sie, mit der Pleite umzugehen?
Faldo: Die härteste Sache ist, dass der Kapitän am Ende immer schuld ist an der Niederlage. Ich bin old school und habe eine etwas andere Haltung dazu. Wenn du als Spieler nicht motiviert bist, um den Ryder Cup zu spielen, dann solltest du gar nicht erst dabei sein. Es sollte nicht so sein, dass es jemanden braucht, der dich motiviert. Du musst da rausgehen und für deinen eigenen Stolz gewinnen wollen. Es ist doch so: Wenn ein Spieler an der 14 einen 4-Meter-Putt lochen muss, um bei 1 down zu bleiben, dann kann ihm der Kapitän nicht helfen. Es liegt alles auf seinen Schultern. Wir haben damals verloren, weil wir die schlechtere Mannschaft waren, ganz einfach. So läuft es manchmal. Wenn der Ball von J.B. Holmes nicht durch die Bäume gegangen, sondern in ihnen hängen geblieben wäre, hätte es vielleicht in eine andere Richtung laufen können. Es ist faszinierend, dass du drei Tage und 28 Matches spielen kannst, aber oft ist es nur ein einziger Schlag, der das Pendel so oder so ausschwingen lässt. So knapp geht es zu. Die Presse hat dafür gesorgt, dass es hart war für mich, aber wie gesagt, am Ende sind die Spieler entscheidend. Sie müssen performen und gewinnen wollen, das ist der entscheidende Punkt.
SPOX: Spieler, Captain und jetzt Platz-Designer: Was sind Ihre Ideen, wie der Kurs für 2022 aussehen soll? Ein Ryder-Cup-Platz muss ja bestimmte Kriterien erfüllen. Er muss gut sein für Fans und Partner - und natürlich muss er vor allem für Drama sorgen.
Faldo: Absolut. Es ist eine sehr aufregende Möglichkeit für mich, diesen Kurs zu designen. Sowohl visuell muss der Platz einzigartig sein, als auch vom Sound her. Einer der Kernpunkte bei unserem Platz ist die Möglichkeit, großartige Spots zum Zuschauen anbieten zu können. Für die Fans, für die Sponsoren und natürlich auch fürs Fernsehen. Wir sprechen von 40.000 Zuschauern, die wir pro Tag erwarten. Weil der Platz so offen ist, werden wir Löcher haben, an denen wir Zelte und Tribünen aufbauen können. Von dort aus kannst du vier, fünf Löcher aus einsehen, gerade zwischen der 8 und 10 wird es coole Stationen geben können. Dazu kommt das Finish. Die 14, 15 und 17 haben alle die Sonne im Rücken, was für großartige Bilder sorgen wird. Der Platz sieht dann beleuchtet aus wie ein Weihnachtsbaum. Wenn das Wetter noch gut ist, werden wir sensationelle Bilder haben, die um die Welt gehen. Die Zuschauer müssen diese Bilder sehen und denken "wow", dann wird man sich an den Platz erinnern. Wir wollen ja, dass nach dem Ryder Cup mehr Turniere hier ausgetragen werden und mehr Leute zum Spielen kommen. Neben diesen Punkten werde ich den Platz auch so gestalten, dass er die Spieler ein bisschen nervös macht. Jeder will, dass Wasser im Spiel ist an den letzten Löchern, das werden wir auch haben. Wir können und werden ein großes Drama inszenieren.
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Seite 2: Faldo über Deutschlands Chancen, Team Europa und Spieth
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SPOX: Die Entscheidung ist nicht mehr weit entfernt, wer den Ryder Cup 2022 austragen darf. Österreich, Italien und Spanien sind auch noch im Rennen. Wie schätzen Sie denn die Chancen Deutschlands ein?
Faldo: Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Die European Tour macht einen guten Job und gibt nicht viel an Informationen heraus. Aber ich weiß, dass Marco (Kaussler, Chef der deutschen RC-Bewerbung, Anm. d. Red.) einen hervorragenden Job macht. Mein Job liegt auf dem Platz, darauf fokussiere ich mich. Aber es ist klar, dass wir gute Chancen haben.
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SPOX: Gute Chancen hat Europa in letzter Zeit immer, wenn es um den Ryder Cup geht. Team Europe war in den letzten Jahren dominant und hat jetzt sechs der letzten sieben Duelle gewonnen. Was ist aus Ihrer Sicht der Hauptgrund dafür?
Faldo: Der entscheidende Punkt ist, dass die Europäer großartig gespielt haben. (lacht) Vielleicht haben wir Europäer ein bisschen mehr Leidenschaft für den Ryder Cup. Vielleicht stammt das noch aus meiner Zeit. Damals war es so, dass ein Ryder-Cup-Sieg die Zukunft der European Tour gesichert hat. Die Ryder-Cup-Triumphe haben die European Tour zu der Tour gemacht, die sie heute ist. Wir haben damals für die Tour gespielt, so gesehen auch darum, dass wir unseren Lebensunterhalt bestreiten konnten. Vielleicht hat sich dieser Spirit auf die nachfolgenden Generationen übertragen. Aber nochmal, Team USA war beim letzten Ryder Cup zusammengerechnet 74 unter Par. Europa? 110 unter Par. Man braucht keine Task Force, um herauszufinden, wie man den Ryder Cup gewinnt. Du musst mehr Birdies spielen, so einfach ist das.
SPOX: Es deutet sich auf jeden Fall an, dass die USA in den nächsten Jahren zurückschlagen werden. Wenn wir nicht nur an Jordan Spieth oder Rickie Fowler denken, sondern auch sehen, wie viele Youngster da nachkommen, z.Bsp. Justin Thomas oder Daniel Berger, dann muss Europa aufpassen, oder?
Faldo: Auf jeden Fall. Die USA werden im nächsten Jahr in Amerika ganz schwer zu schlagen sein. Sie werden alles versuchen, um einen Weg zu finden, das Ding mal wieder zu gewinnen. Es wird generell interessant, weil die Teams sich wandeln werden. Ich würde wetten, dass es im nächsten Jahr in beiden Teams sechs Rookies geben wird. Wir werden viele neue Gesichter sehen.
SPOX: Und dann haben die USA eben diesen Jordan Spieth...
Faldo: Ja, der ist ganz gut, oder? (lacht)
SPOX: Kann man so sagen. Spieth wurde jetzt zum Spieler des Jahres gewählt, was spätestens nach dem Gewinn des FedEx-Cups auch eine glasklare Geschichte war. Was sagen Sie zur Saison von Spieth?
Faldo: Er hat in 25 Events 20 Millionen Dollar verdient. Das sind 900.000 Dollar pro Event, für eine Woche Golf spielen. Also ich kann Ihnen sagen: Zu meiner Zeit war das noch anders. (lacht) Jordan Spieth hat dafür gesorgt, dass sich Golf in einer aufregenden Phase befindet. Aber nicht nur er, auch die anderen Jungs an der Spitze. Das Wichtigste ist, dass die Quoten in den USA in diesem Jahr um 30 Prozent gestiegen sind - und das alles ohne Tiger. Jeder hat gesagt, dass Golf untergehen wird, wenn das Zugpferd Tiger mal nicht mehr da ist. Aber jetzt sind diese Youngster gekommen und haben das komplett verändert. Da sie alle so jung sind, haben wir mindestens zehn Jahre großartigen Golfsport vor uns, darauf können wir uns wirklich freuen. Das Gute ist auch, dass es ein Ansporn für die Jugend ist. Wenn ich heute mit 18 am College bin und sehe, dass der Beste der Welt gerade mal 22 ist, warum sollte ich das nicht auch schaffen können? Früher musste man erstmal in die Lehre gehen. Es hieß, dass man ab 30 aufwärts seine besten Jahre vor sich hat. Jetzt hat man sein bestes Jahr gleich im ersten Jahr auf der Tour. Die Zeiten haben sich verändert.
SPOX: Das Beeindruckendste an Spieth ist definitiv, dass er unfassbar "clutch" ist. Wenn dein Leben auf dem Spiel steht und du brauchst jemanden, der für dich einen Putt locht, dann musst du Spieth nehmen.
Faldo: Es ist bei Spieth schon genauso, wie es früher bei Tiger war. Früher war Tiger der Mann für diesen Putt, jetzt ist es Spieth. Es ist generell unglaublich, wie sich Golf über die Jahre entwickelt hat. Wie alles ein bisschen besser geworden ist. Die Grüns werden ein bisschen besser gelesen. Die Qualität der Grüns ist besser. Das Equipment ist ein bisschen besser. Wir sind mit der Wissenschaft so weit, dass dein Putter perfekt auf deinen Stroke abgestimmt wird. Der Ball rollt perfekt. Wenn dann noch der Faktor Selbstvertrauen hinzukommt, sehen wir, wie jemand putten kann. Wenn du den Ball immer wieder ins Loch gehen siehst und anfängst an dich zu glauben, ist so etwas möglich. Vor allem für jemanden wie Jordan, der im Kopf so stark ist.
SPOX: Was erwarten Sie nach solch einem Monster-Jahr 2016 von Spieth?
Faldo: Man kann es nicht voraussagen. Als Rory unfassbar heiß war, haben alle gesagt, dass er jetzt absolut alles gewinnen wird. Aber dann ändern sich die Dinge wieder, man hat eine schlechtere Phase, man verletzt sich und ein anderer überholt dich. Das macht es so interessant. Ich will den ganzen Youngstern aber eines mitgeben: Ihr habt ein Zeitfenster, ob das fünf, zehn, 15 oder 20 Jahre sind, in dem ihr die Möglichkeit habt, alles aus eurer Karriere herauszuholen, was möglich ist. Verschwendet das nicht! Wenn sich dieses Fenster einmal geschlossen hat, weil der Körper oder der Kopf es nicht mehr zulassen, auf seinem früheren Niveau zu spielen, dann ist es für immer vorbei. Man hat ab 40 noch genügend Zeit, um die Dinge zu genießen und nachzuholen, die man vielleicht meint zu verpassen. Aber konzentriert euch so lange auf das Wesentliche und seid diszipliniert, dann müsst ihr euch später auch nichts vorwerfen. Wenn man mit 40 sagen kann, dass man wirklich alles investiert hat, ist das viel wert.
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SPOX: Sie haben McIlroy gerade schon kurz angesprochen. Erwarten Sie, dass er im nächsten Jahr zurückschlagen wird nach seinem enttäuschenden Major-losen 2015?
Faldo: Auf jeden Fall. Rory wird natürlich wieder zu seiner alten Form zurückfinden. Was Golf so unglaublich schwierig macht, ist die Fragilität des ganzen Spiels. Wenn du großartig spielst, hast du das Gefühl, dass du keinen schlechten Schlag machen kannst. Aber wenn du das Gefühl dann nur ein bisschen verlierst, denkst du plötzlich, dass du jetzt überhaupt keinen guten Schlag mehr machen kannst. Es ist irrwitzig, wie schmal dieser Grat ist. Wie schnell wird so aus einer 69 eine 72. Das hört sich im ersten Moment noch nicht dramatisch an, aber wenn ich statt viermal eine 69 viermal eine 72 spiele, dann liegen dazwischen Welten.
SPOX: Während McIlroy kein einfaches Jahr hatte, erlebte Jason Day seinen ganz großen Durchbruch. Nach seinem Sieg bei der PGA Championship spielte er wochenlang wie vom anderen Planeten. Was sehen Sie in J-Day?
Faldo: Jason Day ist ein Fall, den sich viele Youngster zu Herzen nehmen sollten. Er ist nicht über Nacht an die Spitze geschossen. Wir haben gesehen, wie oft er an die Tür klopfen musste, bevor sie sich dann endlich für ihn geöffnet hat. Ich erinnere mich noch gut an seinen Sieg bei der Byron Nelson Championship in Dallas 2010. Dort war er unglaublich nervös und hat es gerade so nach Hause gebracht. Ich habe mit ihm darüber gesprochen und er sagt, dass er jetzt mental so viel stärker ist und dass es den alles entscheidenden Unterschied gemacht hat in den letzten Monaten. Natürlich ist seine Technik besser geworden, natürlich hat er hart an seiner Fitness gearbeitet und ist jetzt körperlich auch unglaublich stark, aber der Schlüssel liegt im mentalen Bereich. Ob Jason, Rory oder Jordan, alle sind auf ihre Weise Wahnsinn, wenn sie on fire sind. Hoffen wir, dass sie es alle gleichzeitig sind für die nächsten Jahre, dann wird es spannend.
SPOX: Jordan Spieth, Rory McIlroy und Jason Day sind aktuell eine Art Big Three, mit Rickie Fowler wären wir bei einer Big Four, auch wenn da Woche für Woche andere Leute noch in die Diskussion eindringen können. Glauben Sie, dass sich in den nächsten zehn Jahren einer der Jungs einen entscheidenden Vorteil verschaffen kann?
Faldo: Niemand wird sich mehr so absetzen können wie Tiger, dafür sind die Jungs jetzt alle viel zu gut. Als Tiger in seiner Blütezeit war, gab es den armen Ernie Els, der darunter zu leiden hatte und einige Male geschlagen wurde. Phil Mickelson wurde häufig geschlagen und ab und zu kam jemand, der Tiger für den Moment etwas fordern konnte. Aber jetzt haben wir zwölf Spieler, die Majors gewinnen können - und die das auch werden. Wenn ich heutzutage ein Major gewinnen will, dann heißt das: Ich muss den schlagen, und den, und den auch. Wir hatten in diesem Jahr drei Leute als Nummer eins der Welt. Aber nicht, weil einer schlecht gespielt hat, sondern weil wir Leute hatten, die zu unterschiedlichen Zeiten absolut überragend gespielt haben. Es sind fantastische Zeiten für den Golfsport.
SPOX: Über wen wir bis jetzt noch nicht eingehend gesprochen haben, ist Tiger Woods. Sein letzter Auftritt bei der Wyndham Championship war einigermaßen ermutigend, aber jetzt wurde er erneut von einer weiteren Rücken-Operation zurückgeworfen. Sehen wir nochmal den Tiger von früher?
Faldo: Nein, auf keinen Fall. Tiger wird Ende Dezember 40 Jahre alt. Er hat 20 Jahre lang, zwischen 15 und 35, unglaubliches Golf gespielt, aber in den letzten fünf Jahren hat sich alles verändert. Er kämpft, aber er spielt jetzt gegen Jungs, die nicht gegen Tigers Dominanz gespielt haben, sie nicht persönlich erlebt haben und ihn deshalb auch nicht mehr fürchten. Wenn du so viel Golf gespielt hast, ist 40 ein hartes Alter. Er kann nicht mehr so Golf spielen wie früher, weder physisch, noch technisch, noch mental. Irgendwann läuft deine Zeit ab, das ergeht allen Sportlern so. Wenn Usain Bolt einmal aufhört, dann hat er den Luxus, es aufs Alter zu schieben. Das geht im Golf nur leider nicht, das ist das Problem. Du denkst immer: "Hey, aber ich könnte doch morgen vielleicht eine 65 spielen." Und du kannst das auch morgen, aber übermorgen kannst du es schon wieder nicht mehr. (lacht) Golf ist eine Qual für den Kopf. Tiger wollte den Rekord von Jack Nicklaus brechen, aber diese Frage hat sich schon vor fünf Jahren erledigt. Es ist wirklich wirklich unwahrscheinlich, dass er nochmal ein Major gewinnen könnte.
SPOX: Wir haben vorhin über Spieth, McIlroy und Day gesprochen. Martin Kaymer könnte in diese Diskussion eigentlich auch gehören, wenn man bedenkt, dass er zwei Majors und die Players Championship auf seinem Konto hat, bereits die Nummer eins der Welt war und den entscheidenden Putt beim Ryder Cup gelocht hat. Wie sehen Sie ihn?
Faldo: Bei Martin sieht man einfach auch, wie im Golf immer alles auf des Messers Schneide steht. Als er die US Open gewann im letzten Jahr, war seine Präzision mit den Eisen so unfassbar, dass er den Ball aus jeder Entfernung hier auf dem kleinen Tisch vor uns hätte landen können. Er war der einzige Spieler, der das in dieser Woche konnte. Alle anderen haben die Grüns nicht getroffen und er hatte ständig Birdie-Putts, es war phänomenal. Aber du kannst nicht so weiterspielen, das ist im Golf nun mal so. Dafür verändern sich die ganze Zeit zu viele Dinge, vom Körper über den Schwung bis zum Kopf. Aber Martin ist und bleibt ein großartiger Spieler, der jederzeit jedes Turnier auf der Welt gewinnen kann. Er ist auch ein guter Junge. Ich hatte ihn ja 2008 zum Ryder Cup eingeladen, um ihn mal die Atmosphäre schnuppern zu lassen. Er hat das sehr zu schätzen gewusst.
SPOX: Ein ganz großes Problem des Martin Kaymer trägt den Namen Augusta.
Faldo: Ich habe keine Ahnung, warum das so ist. Aber wenn du dir immer weiter sagst, dass du nicht Augusta spielen kannst, dann wirst du es auch nicht können, welch Überraschung. (lacht) Es ist eine mentale Blockade, die er irgendwie lösen muss.
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