Litauen punktet sich die Finger wund und hat eine Legende im Team. Doch was macht sie sonst für Deutschland (19.45 Uhr im LIVE-TICKER) so gefährlich? Der Gastgeber im Porträt vor dem Abschluss der Zwischenrunde. Die Ausfangslage: Nach dem Sieg Serbiens gegen die Türkei muss Deutschland Litauen mit elf Punkten Vorsprung besiegen, um ins Viertelfinale einzuziehen.
Center
Robertas Javtokas (31, Zalgiris Kaunas)
Wirkt im Vergleich zu den eleganten Big Men der EM wie ein grobschlächtiger Baumfäller - doch genau auf dieser rohen Körperlichkeit gründete Javtokas eine Karriere, die ihm einen NBA-Draft-Platz (2001 als 55. von den Spurs gezogen) sowie Verträge bei etlichen europäischen Top-Klubs wie Panathinaikos und zuletzt in Valencia einbrachte. Guter Rebounder, blockt jedoch zu selten, offensiv limitiert.
So kann das Deutschland schaffen: Die vier Wege zur Sensation
Jonas Valanciunas (19, Toronto Raptors)
Der neue Golden Boy des litauischen Basketballs. Die Parallelen zu Tim Ohlbrecht sind offensichtlich, und doch könnten sie unterschiedlicher nicht sein.
Beide sind gleich groß (2,11 Meter), verfügen über eine NBA-reife Athletik, blocken häufig und gerne, können als Center oder Power Forward auflaufen und nennen sogar einen weichen Wurf ihr Eigen.
Nur: Während Ohlbrecht mit 23 noch immer in der Talente-Nische steckt, wird Valanciunas zukünftig in der NBA spielen - mit 19.
Der Nummer-5-Pick ist bei der EM der Favorit der Massen und bekam zusehends mehr Minuten, weil er für Spektakel bürgt (9,7 Punkte bei 74,2 Prozent Quote). Muss aber seinen Leichtsinn ablegen (3,0 Turnover in 17,3 Minuten).
Ksistof Lavrinovic (31, Montepaschi Siena)
Nicht der Allerschnellste, kompensiert dies aber mit seiner klugen Spielweise und der weiten Wurf-Range. Sprich: ein typischer Center/Power Forward der europäischen Schule. Bei Final-Four-Klub Montepaschi eine der Säulen der Offensive. Zwillingsbruder Darius musste, wie so viele Leistungsträger, verletzt absagen.
Die Statistiken zur EM: Topscorer, Rebounder und Passgeber
Power Forward
Darius Songaila (33, Galatasaray)
Der lebende Beweis, dass man sich auch in der NBA etablieren kann, ohne eine besondes ausgeprägte Spezial-Fähigkeit mitzubringen und obwohl die Größe dagegen spricht. Mit 2,04 Metern eigentlich zu klein für die Power-Forward-Position und gleichzeitig zu ungelenk und zu unathletisch als Small Forward, erarbeitete sich Songaila immer wieder einen neuen Vertrag. Nach 8 Jahren und 495 NBA-Spielen geht er nach der EM als Free Agent zu Galatasaray.
Paulius Jankunas (29, Zalgiris Kaunas)
Wechselt sich mit Songaila in der ersten Fünf ab und vertritt im Grunde auch den gleichen Spielertyp: tough, gut ausgebildet, fleißig. Seine größte Stärke ist wohl das Rebounding, gegen die französischen Überathleten griff er sich 9 Bretter ab.
Marijonas Petravicius (31, Besiktas)
Ist der letzte aus einer Reihe von Ausfällen. Nach zwei Spielen wurde beim ehemaligen BBL-Profi (Mitteldeutscher BC) eine Lungenembolie diagnostiziert, weswegen er nicht mehr zum Einsatz kommt.
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Small Forward
Simas Jasaitis (29, Türk Telekom)
Small Forwards sind im litauischen Basketball nicht erst wegen der Absage von Go-to-Guy Linas Kleiza ein seltenes Gut, eine entsprechende Bedeutung kommt Jasaitis zu. Ist ein klassischer Swingman, der von allem etwas erledigt, zu sehen auch bei der EM: 10,0 Punkte, 50,0 Prozent Dreier, 4,7 Rebounds, 0,9 Steals.
Teil II: Die Shooting Guards und Point Guard
Shooting Guard
Rimantas Kaukenas (34, Montepaschi Siena)
Spielte vor 8 Jahren in Bonn - und hat sich seitdem zu einem der Premium-Combo-Guards Europas entwickelt. Spürt jedoch zunehmend das Alter und den körperlichen Verschleiß, daher auch seine dreijährige Auszeit von der Nationalmannschaft. Ist vom Charakter das Gegenteil von Jasikevicius: Immer um Ruhe und Anstand bemüht - nur um dem Gegner eiskalt seine Dreier einzunetzen. Seine für einen Guard unfassbare Wurfqote bei der EM: 73,2 Prozent.
Martynas Pocius (25, Real Madrid)
Ähnliches Modell wie bei den Power Forwards: In der Starting Five steht je nach Bedarf Kaukenas oder der athletischere und besser verteidigende Pocius. Spielte vier College-Jahre für Duke unter Coach K. Die Distanz zu den USA könnte ein Grund sein, warum er in Litauen lange unbeachtet blieb: Erst 2010 debütierte er für die Nationalmannschaft. Fällt nie besonders auf, macht aber auch nicht viel falsch - vom Frankreich-Spiel abgesehen (2/11 Würfe, 3 Turnover).
Point Guard
Mantas Kalnietis (25, Zalgiris Kaunas)
Weiß immer noch nicht recht, ob er mehr Shooting Guard oder Point Guard ist - worunter eine Zeitlang sein Spiel litt. Verrichtet seinen Job bei der EM jedoch hervorragend und bildet mit Jasikevicius eines der besten Tandems auf der Eins - was einer der Hauptgründe dafür ist, dass Litauen so viel und hochprozentig punktet wie kein anderes Team. Seine Statistiken: 10,7 Punkte, 48,0 Prozent Dreier, 4,0 Assists, 3,0 Rebounds.
Saras Jasikevicius (35, Fenerbahce)
Kehrte zusammen mit Kaukenas zurück und ist beseelt von einem einzigen Wunsch: EM-Gold im eigenen Land. Sein Körper ist nicht stählern und sein erster Schritt der eines Basketball-Fast-Rentners, doch seine Brillanz reicht bis unter das Hallendach. Beginnt von der Bank und wütet und schimpf wie zu besten Zeiten, aber dann wird er eingewechselt und lässt einen Zauberpass (4,9 Assists) oder einen Dreier (52,9 Prozent) raus, als ob nichts geschehen sei. Aber: Noch mehr als Kaukenas ein defensives Risiko.
Tomas Delininkaitis (29, Zalgiris Kaunas)
Hatte Anteil am Gewinn von WM-Bronze 2010, doch bei der EM wird er ganz hinten in der Rotation versteckt: nur 4 Einsätze. Wäre bei vielen Nationen ein Starter, in Litauen aber chancenlos gegen einen kommenden europäischen Star (Kalnietis) und eine europäische Legende (Jasikevicius).
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