"Sie haben in der NBA triumphiert!"

Von SPOX
Tibor Pleiß (r.) bei der EM 2011 in Litauen mit Dirk Nowitzki
© Imago

Statt zum NBA-Vizemeister Oklahoma City Thunder wechselt Tibor Pleiß von den Brose Baskets Bamberg zum spanischen Topklub Caja Laboral. Und damit zur vielleicht besten Talentschmiede Europas - und zum härtesten Schleifer des Kontinents. Sein neuer Coach Dusan Ivanovic über seinen Plan mit Deutschlands Center-Hoffnung und dessen berühmte Vorgänger.

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SPOX: Alles deutete darauf hin, dass Tibor Pleiß im Sommer von Bamberg zum NBA-Finalisten Oklahoma City Thunder wechselt. Stattdessen unterschreibt er bei Caja Laboral. War Ihr Angebot so gut?

Dusko Ivanovic: Ich habe mit Tibor genau in dem Moment gesprochen, als er ins Grübeln kam, ob er nach Oklahoma gehen soll oder nicht. Ich erklärte ihm, warum ich davon überzeugt bin, dass Caja Laboral als Übergang in die NBA der richtige Schritt für ihn wäre. Ich glaube fest, dass sich Tibor hier verbessert, sodass er als fertiger Spieler und nicht als junger Spieler ohne Erfahrung in die NBA geht. Das ist uns schon bei drei, vier Spielern vor Tibor gelungen. Und diese haben nicht nur in der NBA gespielt - sie haben triumphiert! Ich glaube, dass war ein ausschlaggebender Punkt, warum er Caja Laboral den Zuschlag gab.

SPOX: Oklahoma draftete Tibor Pleiß 2010 und besitzt die Rechte an ihm. Unter welchen Umständen darf er aus seinem 4-Jahres-Vertrag bei Caja Laboral aussteigen?

Ivanovic: Ganz ehrlich, ich kenne die Details seines Vertrages nicht. Aber er wird sicherlich eine Ausstiegsklausel besitzen.

SPOX: Caja Laboral wurde bereits 2011 Interesse an einer Verpflichtung von Pleiß nachgesagt.

Ivanovic: Das stimmt, ich wollte ihn am liebsten schon letztes Jahr. Der Grund, dass es nicht geklappt hat, ist ganz einfach: Tibor war es wichtig, seinen Vertrag in Bamberg zu erfüllen.

SPOX: Warum wollten Sie gerade Pleiß?

Ivanovic: Wieder eine ganz einfach Antwort: Weil er mir als Spieler sehr gut gefällt. Ich beobachte Tibor seit drei Jahren und ich bin der Meinung, dass er auf seiner Position ein Ausnahme-Talent ist und in Zukunft noch viel besser wird.

SPOX: Könnte Pleiß Ihre Geheimwaffe sein, um den FC Barcelona und Real Madrid anzugreifen?

Ivanovic: Eine Geheimwaffe wird er nicht: In der Euroleague, auf diesem hohen Niveau, weiß jeder ganz genau, welcher Spieler einen guten Schuss mitbringt und welcher nicht. Von daher werden wir niemanden überraschen können, so wie es in Deutschland vielleicht noch gewesen war. Dennoch wird Tibor eine große Hilfe sein. In der spanischen Liga sind alle großen Spieler auch gute Dreier-Schützen wie zum Beispiel Mirza Teletovic.

SPOX: Das Klischee lautet: Spanier sind locker, Deutsche diszipliniert. Könnte es zum Kulturclash kommen?

Ivanovic: (lacht) Da fragen Sie genau den Falschen, bei mir ist es schlimmer als bei jedem Deutschen, wenn es um Disziplin geht. Aber im Ernst: Bei jedem Klub von mir standen und stehen Disziplin und Arbeitswille an oberster Stelle. Tibor kommt aus einem Land, das genau diese Werte verkörpert, sodass es in dieser Hinsicht keine Umstellung für Tibor bedeuten wird. Um beim Klischee zu bleiben: Man kann getrost sagen, dass Caja Laboral wohl der untypischste spanische Verein ist...

SPOX: Die spanische Liga Endesa gilt als die schnellste Liga der Welt, zumindest als die schnellste Liga Europas. Wie schwer wird die Integration?

Ivanovic: Die Liga Endesa ist die stärkste Liga Europas, es wird schnell, aggressiv, mit harter Defense gespielt, es geht anders zu als in Deutschland. Trotzdem gehe ich davon aus, dass er nicht viel Zeit benötigen wird. Wir haben ihn geholt, damit er sofort spielt, und nicht von der Bank aus zuschaut. Er wird spielen, lernen und sich verbessern. Mit seiner Größe und Koordination wird er sich gut anpassen. Er muss sich gut anpassen, wir brauchen ihn.

SPOX: Der deutsche Basketball fragt sich, warum vor Pleiß kein deutscher Spieler bei einem europäischen Topverein unter Vertrag genommen wurde. Woran liegt das?

Ivanovic: Typisch deutsche Eigenschaften wie Aufrichtigkeit und Fleiß sind immer noch wichtige Qualitäten eines Spielers. Ich habe als Coach gegen sie alle gespielt, Ademola Okulaja, Mithat Demirel und wie sie alle heißen, das war eine besondere Generation, die das Glück hatte, im Ausland spielen zu dürfen. Allerdings sind solche Durststrecken nach Hochphasen kein ausschließlich deutsches Phänomen. Vielleicht ist Tibor der Anfang einer neuen Serie deutscher Spieler im Ausland.

SPOX: Was passiert, wenn Tibor nicht gleich die Erwartungen erfüllt? Der Trend, weniger Geduld mit Talenten zu haben, ist nicht von der Hand zu weisen.

Ivanovic: Das ist definitiv kein Trend, der von Vereinen ausgeht. Falls es diesen Trend geben sollte, dann kommt er von den Trainern, die abhängig sind von guten Resultaten. Ich arbeite jedoch für einen Klub, wo es diesen Trend definitiv nicht gibt - was genau meiner Einstellung entspricht. Caja Laboral ist vielleicht der einzige Klub in Europa, der eine Mannschaft um junge Spieler baut wie Tibor oder früher Tiago Splitter. Sie alle werden zu gereiften, fertigen Spielern und sind NBA-tauglich. Die Strategie hat natürlich damit zu tun, dass Caja Laboral nicht über das Budget wie ZSKA Moskau, Real Madrid und Barcelona verfügt, die sich für viel Geld die besten Spieler leisten.

SPOX: Wie konkurrenzfähig ist Caja Laboral im Vergleich zu Meister Barcelona und Vizemeister Real?

Ivanovic: Es fehlte schon im Vorjahr nicht viel. Wir haben in den Playoffs hauchdünn gegen Real Madrid im fünften Spiel verloren. Zumal die ganze letzte Saison sehr merkwürdig verlief. Aufgrund des NBA-Lockouts konnten wir einige US-Spieler verpflichten, die wussten, dass sie bald wieder zurückkehren. Wir konnten so keine richtige Mannschaft sein. Wir hatten Probleme mit Maciej Lampe, der verletzt kam und erst nach sechs Monaten einsatzbereit war. Erst mit seinem Comeback waren wir eine echte Mannschaft. Das alles sollen aber keine Ausreden sein, ich will nur erklären, dass sich Caja Laboral eigentlich die ganze Saison im Übergang befand. Vor drei Jahren hatten wir Barcelona, den damals frischgebackenen Euroleague-Champion, aus den Playoffs geworfen. Dieses Jahr hat es knapp nicht gereicht. Es lag nur an kleinen Details.

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