"Bayern ist an mich herangetreten"

Max Marbeiter
04. Dezember 201315:11
Tibor Pleiß (l.) hat in der aktuellen Saison der Liga ACB in acht Spielen im Schnitt 14,9 Punkte erzieltgetty
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Am Wochenende wurde Tibor Pleiß in Spanien zum Spieler der Woche gewählt, in der Euroleague steht er mit Laboral Kutxa kurz vor dem Einzug in die Top 16. Allerdings gab es in dieser Saison auch Probleme. Ein Gespräch über ungewohnte Verletzungssorgen, seine neue Rolle im Team und Avancen des FC Bayern.

SPOX: Herr Pleiß, in der spanischen Liga haben Sie drei der ersten vier Spiele verloren, zuletzt aber vier Mal in Folge gewonnen. Was war der Grund für die Startschwierigkeiten?

Tibor Pleiß: Wir hatten unglaublich viele Verletzungen. So etwas habe ich noch nie erlebt. Viele Spieler sind ausgefallen und die, die stattdessen für einige Monate verpflichtet wurden, haben sich dann auch direkt verletzt. Teilweise mussten wir sogar Jugendspieler einsetzen. Das war eine sehr schwere Zeit für alle, da wir uns als Team nicht wirklich finden konnten. Die Systeme mussten ständig angepasst werden. Die Neuen mussten sie dann erst mal lernen. Jetzt hat sich das Ganze aber ein wenig beruhigt.

SPOX: Mit Sergio Scariolo haben Sie zudem einen neuen Coach bekommen. Hat das die Situation noch einmal zusätzlich erschwert, da man ihn und seine Art des Basketballs auch erst einmal kennenlernen musste?

Pleiß: Wir hatten ja ein Vorbereitungscamp, das den Coach dem Team definitiv schon mal ein wenig nähergebracht hat. Deshalb war das auch kein großes Problem. Natürlich hat er eine eigene Philosophie, eigene Systeme, die erst einmal eingeübt werden mussten - auch in der Defense. Das haben wir aber relativ schnell hinbekommen. Die Verletzungsproblematik hat uns deutlich mehr zugesetzt.

SPOX: Was hat sich unter Scariolo denn generell verändert?

Pleiß: Hauptsächlich die Systeme und die Art der Defense. Jeder Coach setzt seinen Fokus auf einen bestimmten Aspekt. Zan Tabak waren die Rebounds zum Beispiel extrem wichtig. Waren wir dort am Ende des Spiels vorne, haben wir meistens auch gewonnen. Was eigentlich alle gemeinsam haben, ist die starke Gewichtung der Defense. Auch Scariolo will, dass wir aggressiv verteidigen.

SPOX: Als spanischer Nationalcoach hat Scariolo mit den Gasol-Brüdern oder auch Serge Ibaka die besten Big Men Europas trainiert. Was konnten Sie in den wenigen Monaten basketballerisch lernen?

Pleiß: Immer aggressiv und stabil unter dem Korb zu sein. Darauf legt er sehr viel wert. Er möchte, dass man sich vielleicht ein wenig mehr Zeit lässt, um dann aber einen sicheren Abschluss zu haben. Allerdings hatte ich mit ihm natürlich kein Einzeltraining, das übernehmen eher die Assistenten. Scariolo ist es zudem wichtig, dass die Innenspieler innen spielen und die Außenspieler außen. Letztes Jahr zum Beispiel habe ich noch Dreier genommen, jetzt bleibe ich unter dem Korb.

SPOX: In der Euroleague spielen Sie zudem regelmäßig gegen die besten und erfahrensten Big Men in Europa. Wie schwer ist das? Und wie viel lernt man da?

Pleiß: Man lernt definitiv. Ich spiele jetzt auch schon meine vierte Euroleague-Saison. Da gewöhnt man sich langsam dran. Gegen einen wie Sofoklis Schortsanitis von Maccabi habe ich allerdings vorher noch nie gespielt. Er ist ja etwas massiger. Da muss man erst einmal herausfinden, wie man sich gegen ihn durchsetzt. Die übrigen Center kenne ich inzwischen eigentlich relativ gut. Am meisten lerne ich momentan aber dadurch, dass ich den Ball häufiger bekomme und mich dann gegen sie durchsetzen muss. Es geht weniger ums Abschauen, als darum, es selbst auszuprobieren.

SPOX: Apropos größere Spielanteile. Grundsätzlich nehmen Sie in dieser Saison eine wichtigere Rolle ein, spielen meistens in der Starting Five. Vergangenen Spieltag wurden Sie in Spanien sogar zum Spieler der Woche gewählt. Wo liegt der Schlüssel?

Pleiß: Meine Rolle hat sich definitiv geändert. Ich bekomme viel mehr Bälle. Meine Mitspieler versuchen nun deutlich häufiger, den Ball zu mir unter den Korb zu bringen. Das macht mich natürlich glücklich, da ich in den vergangenen Jahren hart dafür gearbeitet habe. Auch im Einzeltraining. Allerdings habe ich dann kaum Bälle bekommen. Ich war für Defense und Rebounds zuständig, für die Offense allerdings weniger. Jetzt bekomme ich den Ball häufiger, kann die Moves, die ich den vergangenen Jahren trainiert habe, umsetzen und mache so auch offensiv einen Schritt nach vorne. SPOX

SPOX: Liegt das vielleicht auch ein wenig an Maciej Lampes Abgang? Schließlich hat er vergangene Saison eine ziemlich große Rolle gespielt.

Pleiß: Ich denke schon. Zwar stand ich letztes Jahr auch hin und wieder in der Starting Five, im Endeffekt war er aber schon der Schlüsselspieler und Scorer. Natürlich weiß man nicht, wie es unter Zan Tabak ausgesehen hätte. Jetzt haben wir einen neuen Coach mit neuer Philosophie, der die Spieler anders einsetzt.

SPOX: Allgemein macht es den Anschein, als hätten Sie die Enttäuschungen der EuroBasket nicht mit nach Spanien genommen. Haben Sie alles, was in Slowenien schief gelaufen ist, abgehakt?

Pleiß: Natürlich war das Turnier enttäuschend. Ich wäre gerne eine Runde weitergekommen. Gerade, weil wir die Möglichkeit hatten. Wir haben sehr viele Spiele knapp verloren, die wir leicht hätten gewinnen können - zum Beispiel gegen Belgien. Zum Glück hat man kaum Zeit, sich darüber wirklich Gedanken zu machen. Der Übergang von der EM in die neue Saison war ja fast fließend. Ich habe hier eine neue Situation vorgefunden mit neuen Mitspielern, einem neuen Coach. Da musste ich mich dann auch einfach auf andere Sachen konzentrieren.

Seite 1: Pleiß über seine neue Rolle unter Sergio Scariolo und die EuroBasket

Seite 2: Pleiß über Erfolge in der Euroleague, Bamberg und die Bayern

SPOX: Im Endeffekt hilft einem der enge Terminkalender also.

Pleiß: Genau. Man macht sich vielleicht in den ersten Tagen einige Gedanken. Wenn man dann aber wieder zum Team stößt, muss man den Schalter einfach umlegen. Das gehört zum Profidasein dazu. Manchmal musst du eine Niederlage einfach hinnehmen. Dann darfst du nicht den Kopf hängen lassen, sondern musst nach vorne schauen, um dem Team zu helfen.

SPOX: Trennen Sie denn strikt zwischen Nationalmannschaft und Verein?

Pleiß: Definitiv. Die Systeme, die man im Verein während der Saison gelaufen ist, vergisst man zum Beispiel relativ schnell, wenn man zur Nationalmannschaft stößt. Deshalb schiebe ich alles, was passiert ist, zur Seite, sobald die Saison vorbei ist und konzentriere mich auf das Hier und Jetzt und das, was gerade ansteht. Das war in diesem Sommer die Nationalmannschaft. Da muss man definitiv differenzieren.

Tibor Pleiß im Steckbrief

SPOX: Zurück zur Euroleague. In Ihrer Gruppe liegen Sie derzeit auf Rang drei, würden damit in die Top16 einziehen. Klappt das am Ende?

Pleiß: Das kann ich jetzt natürlich noch nicht sagen. Es sind ja noch drei Spiele. Der Sieg gegen Panathinaikos am Freitag war aber extrem wichtig. Zumal Pana momentan nicht schlecht drauf ist und wir gegen Lokomotive Kuban und Roter Stern Belgrad zuvor bereits zwei Spiele verloren haben, die wir hätten gewinnen können oder sogar müssen. Unser Ziel sind aber definitiv die Top16. Jetzt findet sich das Team auch langsam und deshalb hoffe ich, dass es am Ende klappt.

SPOX: Im Endeffekt ist die Gruppe, abgesehen von Lokomotive ja relativ ausgeglichen. Sind Sie ein wenig überrascht, dass ausgerechnet die Russen mit nur einer Niederlage ein wenig vorne weg marschieren?

Pleiß: Das hätte ich wirklich nicht gedacht. Bis vor zwei Wochen war ja auch Maccabi vorne. Dann haben wir sie schon zum zweiten Mal in dieser Saison geschlagen. Dennoch ist Maccabi extrem stark. Gegen Lokomotive haben wir allerdings nur mit einem Punkt verloren. Schlagbar sind sie also definitiv.

SPOX: Ihre alten Kollegen aus Bamberg haben derzeit relativ große Probleme. Bekommen Sie das noch mit?

Pleiß: Auf jeden Fall. Ich stehe mit den Coaches noch regelmäßig in Kontakt, da bekomme ich schon einiges mit. Ich habe auch das Spiel gegen Strasbourg gesehen. Das war natürlich nicht ganz glücklich. In der zweiten Halbzeit sind sie ziemlich eingebrochen. Mit D'or Fisher bekommen sie jetzt aber einen neuen Center, der ihnen sicherlich helfen kann. Mit Novica Velickovic kommt ein weiterer Spieler zurück. Auch sie sind wahrscheinlich noch ein wenig in der Findungsphase.

SPOX: Am Donnerstag verlor Bamberg zum zweiten Mal gegen Real, das momentan irgendwie alles dominiert. Sie selbst haben in der Liga gegen Madrid gespielt. Was macht das Team aus - abgesehen von den herausragenden Einzelspielern?

Pleiß: Sie haben sich im Vergleich zum vergangenen Jahr nicht großartig verändert, sind sehr ausgeglichen und harmonieren als Team sehr gut. Keiner spielt einfach nur für sich. Jeder versucht, seine Rolle optimal auszufüllen. Zudem ist die Mannschaft sehr vielseitig, besitzt für jede Aufgabe den richtigen Spieler. Real ist schon extrem stark. SPOX

SPOX: Auch die Bayern sind sehr gut in die Euroleague gestartet, haben zuletzt allerdings drei Mal in Folge verloren. Wie beurteilen Sie ihre Leistung als Euroleague-Neuling?

Pleiß: Sie machen schon einen sehr guten Job, dominieren ja auch in der BBL. Bayern hat sich extrem gut verstärkt. Viele Topspieler sind dazugekommen. Deshalb haben sie ein sehr hohes Niveau. Es ist aber auch eine Kunst von Svetislav Pesic, all diese Spieler, die natürlich auch individuell glänzen wollen, unter einen Hut zu bekommen, sodass alle für das gleiche Ziel kämpfen und nicht jeder für sein eigenes.

SPOX: Zu Saisonbeginn gab es Gerüchte, Sie könnten selbst in München landen. Woher kam das und wie ist das Ganze tatsächlich abgelaufen?

Pleiß: Eigentlich möchte ich dazu nicht allzu viel sagen. Das liegt schon zu weit zurück. Der Coach wollte mich gerne haben, da er mich bereits von der Nationalmannschaft kannte. Sie sind dann an meinen Agenten und mich herangetreten und haben ihr Interesse geäußert. Ich habe mich dann aber entschieden, in Spanien zu bleiben und meinen Weg weiterzugehen.

SPOX: In Zukunft steht für Sie vielleicht auch noch ein Wechsel in die NBA an. Dennis Schröder hat den Schritt bereits jetzt gewagt. Verfolgen Sie seinen Weg bei den Atlanta Hawks?

Pleiß: Ja. Mich freut es, dass er immer wieder eingesetzt wird. Natürlich hat er es als Neuling nicht leicht. Da muss man sich dann ein wenig hintenanstellen.

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