SPOX: Herr Pleiß, in der spanischen Liga haben Sie drei der ersten vier Spiele verloren, zuletzt aber vier Mal in Folge gewonnen. Was war der Grund für die Startschwierigkeiten?
Tibor Pleiß: Wir hatten unglaublich viele Verletzungen. So etwas habe ich noch nie erlebt. Viele Spieler sind ausgefallen und die, die stattdessen für einige Monate verpflichtet wurden, haben sich dann auch direkt verletzt. Teilweise mussten wir sogar Jugendspieler einsetzen. Das war eine sehr schwere Zeit für alle, da wir uns als Team nicht wirklich finden konnten. Die Systeme mussten ständig angepasst werden. Die Neuen mussten sie dann erst mal lernen. Jetzt hat sich das Ganze aber ein wenig beruhigt.
SPOX: Mit Sergio Scariolo haben Sie zudem einen neuen Coach bekommen. Hat das die Situation noch einmal zusätzlich erschwert, da man ihn und seine Art des Basketballs auch erst einmal kennenlernen musste?
Pleiß: Wir hatten ja ein Vorbereitungscamp, das den Coach dem Team definitiv schon mal ein wenig nähergebracht hat. Deshalb war das auch kein großes Problem. Natürlich hat er eine eigene Philosophie, eigene Systeme, die erst einmal eingeübt werden mussten - auch in der Defense. Das haben wir aber relativ schnell hinbekommen. Die Verletzungsproblematik hat uns deutlich mehr zugesetzt.
SPOX: Was hat sich unter Scariolo denn generell verändert?
Pleiß: Hauptsächlich die Systeme und die Art der Defense. Jeder Coach setzt seinen Fokus auf einen bestimmten Aspekt. Zan Tabak waren die Rebounds zum Beispiel extrem wichtig. Waren wir dort am Ende des Spiels vorne, haben wir meistens auch gewonnen. Was eigentlich alle gemeinsam haben, ist die starke Gewichtung der Defense. Auch Scariolo will, dass wir aggressiv verteidigen.
SPOX: Als spanischer Nationalcoach hat Scariolo mit den Gasol-Brüdern oder auch Serge Ibaka die besten Big Men Europas trainiert. Was konnten Sie in den wenigen Monaten basketballerisch lernen?
Pleiß: Immer aggressiv und stabil unter dem Korb zu sein. Darauf legt er sehr viel wert. Er möchte, dass man sich vielleicht ein wenig mehr Zeit lässt, um dann aber einen sicheren Abschluss zu haben. Allerdings hatte ich mit ihm natürlich kein Einzeltraining, das übernehmen eher die Assistenten. Scariolo ist es zudem wichtig, dass die Innenspieler innen spielen und die Außenspieler außen. Letztes Jahr zum Beispiel habe ich noch Dreier genommen, jetzt bleibe ich unter dem Korb.
SPOX: In der Euroleague spielen Sie zudem regelmäßig gegen die besten und erfahrensten Big Men in Europa. Wie schwer ist das? Und wie viel lernt man da?
Pleiß: Man lernt definitiv. Ich spiele jetzt auch schon meine vierte Euroleague-Saison. Da gewöhnt man sich langsam dran. Gegen einen wie Sofoklis Schortsanitis von Maccabi habe ich allerdings vorher noch nie gespielt. Er ist ja etwas massiger. Da muss man erst einmal herausfinden, wie man sich gegen ihn durchsetzt. Die übrigen Center kenne ich inzwischen eigentlich relativ gut. Am meisten lerne ich momentan aber dadurch, dass ich den Ball häufiger bekomme und mich dann gegen sie durchsetzen muss. Es geht weniger ums Abschauen, als darum, es selbst auszuprobieren.
SPOX: Apropos größere Spielanteile. Grundsätzlich nehmen Sie in dieser Saison eine wichtigere Rolle ein, spielen meistens in der Starting Five. Vergangenen Spieltag wurden Sie in Spanien sogar zum Spieler der Woche gewählt. Wo liegt der Schlüssel?
Pleiß: Meine Rolle hat sich definitiv geändert. Ich bekomme viel mehr Bälle. Meine Mitspieler versuchen nun deutlich häufiger, den Ball zu mir unter den Korb zu bringen. Das macht mich natürlich glücklich, da ich in den vergangenen Jahren hart dafür gearbeitet habe. Auch im Einzeltraining. Allerdings habe ich dann kaum Bälle bekommen. Ich war für Defense und Rebounds zuständig, für die Offense allerdings weniger. Jetzt bekomme ich den Ball häufiger, kann die Moves, die ich den vergangenen Jahren trainiert habe, umsetzen und mache so auch offensiv einen Schritt nach vorne.
SPOX: Liegt das vielleicht auch ein wenig an Maciej Lampes Abgang? Schließlich hat er vergangene Saison eine ziemlich große Rolle gespielt.
Pleiß: Ich denke schon. Zwar stand ich letztes Jahr auch hin und wieder in der Starting Five, im Endeffekt war er aber schon der Schlüsselspieler und Scorer. Natürlich weiß man nicht, wie es unter Zan Tabak ausgesehen hätte. Jetzt haben wir einen neuen Coach mit neuer Philosophie, der die Spieler anders einsetzt.
SPOX: Allgemein macht es den Anschein, als hätten Sie die Enttäuschungen der EuroBasket nicht mit nach Spanien genommen. Haben Sie alles, was in Slowenien schief gelaufen ist, abgehakt?
Pleiß: Natürlich war das Turnier enttäuschend. Ich wäre gerne eine Runde weitergekommen. Gerade, weil wir die Möglichkeit hatten. Wir haben sehr viele Spiele knapp verloren, die wir leicht hätten gewinnen können - zum Beispiel gegen Belgien. Zum Glück hat man kaum Zeit, sich darüber wirklich Gedanken zu machen. Der Übergang von der EM in die neue Saison war ja fast fließend. Ich habe hier eine neue Situation vorgefunden mit neuen Mitspielern, einem neuen Coach. Da musste ich mich dann auch einfach auf andere Sachen konzentrieren.
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