SPOX: Sie sprachen die Finanzkraft von Bamberg an, das im Sommer überlegt hatte, Ihren Headcoach Sasa Obradovic abzuwerben. Vor allem der Aufsichtsratsvorsitzende und milliardenschwere Finanzgeber Michael Stoschek soll sich Obradovic gewünscht haben. Wie konnten Sie ihn vom Verbleib überzeugen?
Baldi: Andere Mütter haben ebenfalls schöne Töchter und es ist völlig legitim, dass sich Sasa informiert hat. Allerdings sprach ich mit ihm nie über einen Weggang, daher haben wir uns auch nicht mit seinen anderen Möglichkeiten beschäftigt. Uns war von Anfang an klar, dass wir mit Sasa weiterarbeiten wollen. Wir wissen, was wir an ihm haben und was wir ihm bieten: Monetär stehen wir vielleicht nicht an der Spitze, aber infrastrukturell und organisatorisch bestimmt. Sasa hat bei uns Sportdirektor Mithat Demirel an der Seite und den ganzen Klub hinter sich. Er kann sich in Ruhe auf seine Aufgaben und das Coaching konzentrieren. Und was nicht vergessen werden darf: Vor einem Jahr hatten wir die gleiche Meinung über ihn, obwohl wir in der ersten Playoff-Runde ausgeschieden sind.
SPOX: Bei "Sport1" sagten Sie, dass Bambergs neuem Trainer Andrea Trinchieri jeder Wunsch erfüllt werden und der Klub finanziell unter den Top-15 in Europa liegen würde. Die Äußerung kam in Bamberg nicht gut an.
Baldi: Grundsätzlich ist es ein fantastisches Zeichen, dass mit Trinchieri ein Trainer kommt, der die gesamte BBL bereichern wird. In Kasan wäre ihm wirklich jeder Wunsch erfüllt worden und er hätte in Kaviar baden können, dennoch kommt er nach Deutschland, weil die Perspektive der BBL stimmt. Meine Äußerung wurde zu sehr ins Abfällige gezogen. Was ich sagen wollte: In Bamberg ist es aktuell ein anderes Arbeiten als in Berlin. Die Brose Baskets müssen gute Argumente besitzen, wenn es möglich ist, Wunschspieler wie Trevor Mbakwe oder Carlon Brown unter Vertrag zu nehmen, die selbst von Euroleague-Sieger Maccabi Tel Aviv umworben waren.
SPOX: Die Euroleague führt das Financial Fair Play ein, um das Mäzenatentum vieler europäischer Topvereine zu beenden. Die BBL unterstützt das Vorhaben vehement. Ketzerisch gefragt: Wo liegt der Unterschied zwischen einem von einem Oligarchen unterstützten russischen Klub und Bamberg mit einem Milliardär im Hintergrund?
Philipp Neumann im SPOX-Interview
Baldi: Vorweg: Ich kenne keine wirtschaftlich solidere Basketball-Liga als die BBL - die NBA mal ausgenommen. Im europäischen Ausland gibt es Ligen, in denen Basketballer Millionen verdienen und vor 300 Zuschauern spielen. Das widerspricht jeder wirtschaftlichen Logik. Im europäischen Vergleich sind wir am weitesten, zusammen mit Frankreich und Spanien, wo die Kommunen als wichtigster Partner in Schwierigkeiten stecken und daher eine wichtige Säule wegfällt. Die deutschen Klubs hingegen sind es gewohnt, auf dem Markt zu bestehen. Das gilt auch für Bamberg. Es ist alleine die Sache von Herrn Stoschek, so viel Geld in den Klub zu investieren, wie er Lust hat. Das Entscheidende: Selbst wenn er die Lust verliert, besitzt Bamberg ein solch stabiles Fundament in einer großen Basketball-Gemeinde, dass nicht alles zusammenbricht. Womöglich geht es nicht auf demselben Niveau weiter, doch sie wären auf einem sehr ordentlichen Niveau überlebensfähig. Das ist der Unterschied: In vielen europäischen Ligen stehen Klubs nur auf einem Standbein.
SPOX: Deutlich mehr Spannungen als zu Bamberg sind zum FC Bayern zu vernehmen. Zuletzt beim BBL-Kickoff-Meeting in Berlin ließ Volker Stix, der stellvertretende Geschäftsführer des FCB, mit deutlichen Forderungen zu einer besseren Arbeit des BBL-Präsidiums aufhorchen. Sie sind als Vizepräsident Teil des BBL-Präsidiums.
Baldi: Ich habe null Probleme, wenn die Bayern ihre Meinung öffentlich kundtun - ganz im Gegenteil. Obwohl es wichtiger wäre, wenn sie tatsächlich mitarbeiten würden, um sich für ihre Belange einzusetzen. Wenn man etwas bewegen möchte, geht das nicht über die Medien, sondern effektiv nur in den Bundesliga-Gremien, wo sie zur aktiven Mitarbeit und Übernahme von Verantwortung eingeladen sind.
SPOX: Wie lässt sich das Verhältnis zwischen Alba und Bayern beschreiben?
Baldi: Ende der 90er Jahre war ich in München mit dem Bestreben, die damaligen Verantwortlichen vom Basketball zu überzeugen, weil die Sportart aus meiner Sicht perfekt ins Profil passt. Basketball ist global, modern, jung und komplementär zum Fußball. Daher befürworte ich das gesamte Bayern-Basketball-Projekt. Ich sage einfach nur meine Meinung und sie ihre. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, halten sich die Entgleisungen im Rahmen.
Vasilije Micic im SPOX-Interview
SPOX: Nun ja: Svetislav Pesic wütete in den letztjährigen Playoffs ziemlich. Unter anderem hätten er und Emir Mutapcic die Alba-Dynastie begründet und verglich Sie mit einem Trittbrettfahrer mit den Worten: "Der Hund, den du fütterst, beißt dich am Ende." Waren Sie verletzt?
Baldi: Svetislav Pesic hat einen ordentlichen Anteil an der Entwicklung von Alba. Er kam 1993 zu uns und wir benötigten vier Jahre zur ersten Meisterschaft. Mit ihm folgten drei weitere Meisterschaften und wir gewannen zusammen den Korac Cup 1995. Ein Durchbruch für den gesamten deutschen Profi-Basketball. Ihm gebührt ein Ehrenplatz bei Alba. Was das Persönliche anbelangt: Svetislav Pesic genoss in Berlin eine hohe Anerkennung. Die hat er durch seine abstrusen, persönlichen Anfeindungen größtenteils eingebüßt. Ich werde öffentlich sicher nicht weiter darauf eingehen, das verbietet mir meine Erziehung. Richtig geärgert hat mich, dass er Emir Mutapcic in seine Tirade miteinbezogen hat. Ich habe Muki 1991 am Flughafen Schönefeld abgeholt, lange bevor Svetislav Pesic zu uns kam. Er war bei uns Spieler, Spielertrainer bei der zweiten Mannschaft, Talentförderer, dann Headcoach beim Profiteam mit drei gewonnenen Meisterschaften. Er ist einer der wichtigsten Architekten unseres Klubs. In der Öffentlichkeit wird das vielleicht anders gewichtet, weil er ein feiner, zurückhaltender Charakter und kein Lautsprecher ist. Innerhalb unseres Vereins wissen die Leute sehr genau einzuschätzen, von wem welche Beiträge geleistet wurden.
SPOX: Kaum versöhnlich scheint die Beziehung zwischen Alba und Ex-Spieler Heiko Schaffartzik, der 2013 nach München wechselte. Machte Berlin im Umgang mit ihm Fehler?
Baldi: Das sehe ich anders. Heiko ist ein Berliner Junge und hat schon dadurch viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Er hat einen eigenen Kopf und es ist sicher kein Zufall, dass er in seinen ersten zehn Profijahren praktisch jede Saison zu einem neuen Verein ging. Er scheint mittlerweile als Spieler und als Mensch gereift zu sein und fand in München offenbar das, was er gesucht hat. Das freut mich aufrichtig für ihn. Es sind einige Dinge hochgekocht wie die Vorrichtung, die einige als Kreuz interpretiert haben, oder seine Verbeugungsaktion vor den Fans. Das sollte man alles als das sehen, was es ist, und nichts aufbauschen.
SPOX: Ist das möglich? Der "Berliner Kurier" geht so weit, dass er den FC Bayern häufig nicht mit dem Vereinsnamen nennt, sondern als Synonym das Wort "Mordor" nutzt. Die Gleichsetzung mit dem Ort des Bösen aus den "Herr der Ringe"-Büchern geht vielen Beobachtern zu weit.
Baldi: Das Phänomen, das vor allem im Boulevard Auseinandersetzungen im deutschen Basketball hochgekocht und verstärkt werden, ist neu. Da müssen wir aufpassen. In meiner Funktion als BBL-Vizepräsident wurde mir von den Bayern unterstellt, ich hätte es so eingefädelt, dass die Bayern ihr Playoff-Spiel in Ludwigsburg wiederholen müssen. Der Gedanke ist abstrus und bedeutet im Grunde, dass die Liga korrupt sei. Es darf sich niemand wundern, wenn so ein Vorwurf medial aufgenommen wird und Schaden anrichtet. Nicht jeder Zweck heiligt die Mittel.
Seite 1: Baldi über die Spurs und das Ende einer Dynastie