SPOX: Ein erstaunliches Zitat nach dem Großbritannien-Spiel kam von Per Günther: "Nach der dritten Niederlage in Serie müssen wir sagen, dass wir nicht besser sind als Großbritannien, Ukraine und Belgien. Das Frankreich-Spiel war offenbar ein Ausreißer nach oben." Warum macht es sich selbst ein Günther so einfach? Warum sagt er nicht: "Wir sind besser als die drei anderen Teams, aber wir haben versagt."
Buschmann: Versagen ist kein Wort, das im deutschen Basketball existiert. Es ist nicht der Per, den wir aus Ulm kennen, dafür passt die Aussage zu Pers Sommer mit dem DBB. Das Schlimme ist: Ähnliches höre ich häufiger aus dem direkten Umfeld. Wenn man wirklich so weit ist zu sagen, dass wir nicht besser sind als Großbritannien, Ukraine und Belgien, höre ich wirklich auf mit dem Basketball kommentieren.
SPOX: Eine Facette, die selbst im Vergleich zu den vermeintlich zweitklassigen Gegnern auffiel: der körperliche Zustand der deutschen Spieler. Es gibt seit längerem eine Fitness-Debatte. Zur Recht?
Buschmann: Über Tibor Pleiß wird ja gerne hergezogen, dennoch nehme ich ihn da raus. Er sieht zwar aus wie ein Hemd mit seinen 2,18 Metern, trotzdem ist er breit. Und es gibt keinen Menschen auf der Welt, der bei so einer Größe eine athletische Muskelmasse mitbringt wie Michael Jordan. Ansonsten ist die Fitness-Debatte legitim. Warum sind denn die Slowenen, die Letten oder die Kroaten athletischer und physischer?
SPOX: Weil sie älter und weiter sind?
Buschmann: Bullshit! Schaut Euch den Edo Muric an. Slowene, 21 Jahre alt, durchtrainiert bis zum geht nicht mehr und mit dem Herz eines Löwen. Er spielt nicht bei FC Barcelona oder den Memphis Grizzlies. Ich formuliere es krass: Solche Spieler können nur über Novo Mesto, Maribor oder wenn überhaupt Partzian Belgrad den Schritt aus dem Dreck schaffen. Dadurch besitzen sie eine andere Einstellung zum Job.
SPOX: Ist das nicht ein Klischee? Niels Giffey kann athletisch mithalten.
Buschmann: Aber Niels geht aufs College. Wenn jemand in einem Programm locker lässt, ist die Profi-Karriere vorbei, bevor sich begonnen hat. Nehmen wir doch das Beispiel Christian Standhardinger. Deswegen ist die intrinsische Motivation entscheidend - und die ist bei Giffey offenbar vorhanden. Außerdem nutzt er die sehr guten Rahmenbedingungen eines Top-Colleges wie UConn. Es muss sehr viel aus dir selbst herauskommen. Vielleicht werden im Gegensatz die Deutschen, die in der BBL bleiben, zu schnell zu großen Stars, obwohl der Weg nach ganz oben noch weit ist. Ich möchte nicht pauschal allen den Fleiß absprechen. Allerdings ist die fehlende Athletik und Physis auffällig.
SPOX: Bist Du zumindest bei Robin Benzing nach einer bisher gelungenen EM mittlerweile milder?
Buschmann: Gerade in der Anfangszeit bekam Robin von mir auf die Ohren, aber es stimmt, ich fand seine ersten drei EM-Spiele gut. Dennoch höre ich nicht auf zu sagen: Ich weiß, dass es keinen Spaß macht, kneif trotzdem die Pobacken zusammen, lass dir einen Trainingsplan entwickeln, gehe in die Kraftkammer und pack dir 10 Kilo Muskelmasse drauf, ohne dabei die typische Spielweise zu verlieren.
SPOX: Dennis Schröder ist eine Ausnahme: Auch aufgrund der athletischen Voraussetzungen wurde er von Atlanta an Platz 17 gedraftet. Könnte er das Gesicht des neuen DBB-Teams sein - ungeachtet der Probleme, die er mit dem Verband früher hatte?
Buschmann: Was ich mitbekomme aus der Entfernung: Es scheint eine sehr positive Entwicklung im Gange zu sein. Sein Berater Ademola Okulaja macht einen guten Job. Dennis wird im DBB-Team nicht automatisch eine Führungspersönlichkeit, nur weil er in der NBA spielt. Wenn er allerdings tatsächlich 20, 25 Minuten bekommt und als Persönlichkeit reift und eine Aura des NBA-Profis ausstrahlt, wird er in der Hierarchie eine andere Nummer sein. Dem werden sich Heiko und Per fügen müssen. Wenn Dennis es bei den Hawks schafft, dann haben sich verdammt noch mal alle dem unterzuordnen und ihm zu beglückwünschen. Wer dazu nicht bereit ist, wird zur Not rausgeschmissen.
SPOX: Welche Rolle bleibt dann Schaffartzik?
Buschmann: Es ist wirklich nicht böse gemeint: Aus Heiko wird nie ein Calderon oder Spanoulis. Als Shooting Guard ist er zu klein und als reiner Point Guard fühlt er sich nicht wohl. Nochmal, damit wir uns nicht falsch verstehen: Dank seines Wahnsinns und Irrsinns ist er der ideale Scorer und Passgeber in bestimmten Phasen eines Spiels. Aber nur, wenn er begreift, dass es nicht mit Zwang funktioniert. Er selbst und wir alle erwarten viel zu viel!
Hier geht's zu Teil I: "Lasst Dirk Nowitzki endlich in Ruhe!"
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