Ein Kapitän, der ihn überstimmt. Ein Team, das nicht belastbar ist. Ein Führungsstil, der verwundert. Ist Frank Menz nach dem peinlichen EM-Aus in der Vorrunde der richtige Bundestrainer? Welches Problem hat er mit Heiko Schaffartzik? Und warum wäre Dirk Nowitzkis Comeback ein kapitaler Fehler? Frank Buschmann im Experten-Interview.
SPOX: Ein Tag nach der Niederlage gegen Großbritannien: Hast Du das vorzeitige EM-Aus der deutschen Nationalmannschaft bereits verdaut?
Frank Buschmann: Für mich persönlich geht die Welt nicht unter. Für den deutschen Basketball hingegen ist es ein Schlag ins Gesicht. Die Einschaltquoten bei der "ARD" mit 3,7 Prozent Marktanteil kann man nur als Katastrophe bezeichnen. Es war eine Riesenchance, mit dem Frankreich-Sieg etwas für den Basketball zu machen. Ob es der große Durchbruch für die Sportart geworden wäre, wage ich zu bezweifeln. Im Nachhinein jedoch, weil die restlichen Spiele so enttäuschend verliefen, war die EM kein Fortschritt, sondern im Gegenteil ein Rückschritt. Was mich dabei befremdet: das Schönreden. Die Art und Weise ist mir zu krass. Es ist nicht alles schlimm, aber es ist auch nicht alles gut.
SPOX: Du hattest dich direkt nach dem Großbritannien-Spiel moderater geäußert.
Buschmann: Fakt ist, dass im deutschen Basketball eine extreme Dünnhäutigkeit herrscht. Das ist einfach so. Wenn man jemanden sachlich-fachlich härter angeht, ist gleich Holland in Not. Wobei ich sagen muss: Ingo Weiss stellt sich nach bitteren Niederlagen den Fragen und ich kann den DBB-Präsidenten aus seiner Perspektive sogar fast verstehen, dass für ihn alles auf die EM 2015 und die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2016 ausgerichtet ist. Für den Basketball-Kosmos ist seine Argumentation sogar nachvollziehbar. Das Problem: Diese Argumentation greift ausschließlich bei Basketballern. Einem normalen Sport-Fan kann ich nicht erklären, dass die EM 2013 und die WM 2014 eigentlich egal sind. Das funktioniert nicht in der Verkaufe nach außen. Deswegen läuft für mich einiges falsch. Man beschwert sich, dass die Medien kein Interesse haben. Aber warum sollen die Medien interessiert sein an einer Sportart, bei der eine EM oder eine WM für den nationalen Verband nicht von Bedeutung ist? Ein Fußballer versteht das nicht.
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SPOX: Du sagst, dass Weiss' Argumentation im Basketball-Kosmos verständlich wäre. Wobei das nur für den nationalen Basketball-Kosmos gilt, international wird die FIBA verwundert sein ob solcher Äußerungen, beispielsweise wenn die Vergabe der 4 Wild Cards für die WM 2014 anstehen.
Buschmann: Ich weiß nicht, wie viel Politik bei Ingo dabei ist und ob sich der DBB um eine Wild Card bewirbt. Vielleicht laufen im Hintergrund schon Dinge, von denen wir nichts wissen. Aber warum sollte sich der DBB um eine Wild Card bemühen und die FIBA sie genehmigen, wenn sehr wahrscheinlich ist, dass Dirk Nowitzki und womöglich Dennis Schröder nicht teilnehmen. Wenn ich ehrlich bin: Ich stehe zum 21. Mal an dem Punkt zu sagen: "Irgendwie ist es mit der Nationalmannschaft echt schwierig, sie zu verkaufen." Ich glaube, die Sportart Basketball verkauft sich medial in erster Linie über die NBA und internationale Erfolge deutscher Klubs. Deswegen orientieren wir uns wohl eher Richtung Euroleague und weg vom DBB.
SPOX: Die "ARD" ist entsetzt ob der Quoten. Ist es ein Szenario: Keine deutsche Basketball-Nationalmannschaft mehr im Free-TV?
Buschmann: Es rennen alle den Namen hinterher und wenn Nowitzki seine Zusage für die EM 2015 gibt, wird sich schon ein TV-Sender finden. So ist das Business. Aber sonst? Der DBB thematisiert es gerne, dass die "ARD" zu wenig Werbung gemacht hätte zur EM. Doch wenn zweimal im Vollprogramm zu guten Sendezeiten jeweils nur 600.000 Menschen einschalten, muss man sich hinterfragen, ob Basketball als Sportart einfach nicht mehr Fans hat? Ist es nicht ein Kampf gegen Windmühlen? Müssen wir uns nicht damit abfinden, dass es insgesamt in Deutschland nur 1 Million Basketball-interessierte Fans gibt? Mir tut das total weh zu sagen, dennoch muss man sich den Fragen stellen. Es müssen neue Wege aufgezeigt werden.
SPOX: Ein nicht ganz so geheimer Weg, den der DBB gehen möchte: Nowitzki von einem Comeback zur EM 2015 überzeugen, damit dieser das Team zu Olympia 2016 führt. Warum steht Du dieser Idee so kritisch gegenüber?
Buschmann: Natürlich wäre es schön und ich würde mich freuen, wenn ich die Spiele als Kommentator begleiten dürfte. Allerdings haben wir alle doch mehrmals vom DBB erklärt bekommen, dass man eine neue Mannschaft aufbauen will und ihr das Vertrauen geschenkt wird. Diese Entwicklung würde gebremst werden von einem Nowitzki. Es ist offenbar geplant, den großen Blonden als sechsten Mann mitzunehmen. Selbst dann werden die anderen Spieler nicht so selbstbewusst sein, als ob sie auf Augenhöhe mit ihm spielen könnten. Am Ende landet bei jeder schwierigen Situation der Ball in Nowitzkis Händen. Wir haben bei der EM 2011 leider gesehen, dass die Gegner das mittlerweile auch wissen, sich in den Passweg stellen, Danke sagen und den Fastbreak laufen.
SPOX: Nie wieder Nowitzki im DBB-Trikot?
Buschmann: Klipp und klar: Das Kapitel Nowitzki und DBB sollte geschlossen werden. Dirk hat Tolles geleistet und sich immer den Hintern aufgerissen. Trotzdem müssen wir hochrechnen: Bei der EM 2015 wird er 37 Jahre alt sein. Seine Knochen schmerzen immer mehr und er wurde Papa. Daher sage ich: "Lasst Nowitzki endlich in Ruhe!" Wenn er unbedingt schreit, dass er dabei sein will, dann darf sich der DBB dem nicht widersetzen. Ansonsten liegt mir ein Nowitzki-Comeback schwer im Magen.
SPOX: Einwand: Die Grundkonstellation wäre doch vielversprechend. Dennis Schröder, Robin Benzing und Tibor Pleiß könnten in zwei Jahren fertige Stars sein, die von Sixth Man Nowitzki unterstützt werden.
Buschmann: Von den Namen her würde es passen, das stimmt. Ich habe auch nie behauptet, dass der Nowitzki-Plan dumm ist. Was ich sage: Wenn wir endlich etwas ändern wollen, müssen wir es konsequent angehen und das mit den Spielern, die sich zur Verfügung stellen, so vermitteln. Wenn aber der Name Nowitzki vor sich hin wabert und er sich tatsächlich bereit erklärt, wird er wieder das Frontschwein sein. Dann kann man als Jüngerer gar nicht befreit aufspielen.
SPOX: Doch selbst wenn das aktuelle Kernteam bestehen bleibt, bekam der Beobachter bei der EM 2013 den Eindruck, dass die interne Struktur nicht passt. In der "FAZ" sprach Per Günther von einer "extremen Hierarchie" und implizierte, dass sich zu viel auf Spielmacher Heiko Schaffartzik konzentrieren würde und dies geändert werden müsse. Wie ist Dein Eindruck?
Buschmann: Die Frage muss man differenzieren. An sich ist es gut, dass überhaupt ein Spieler dabei war, der will, der macht. Ich kann nicht beurteilen, wie Heiko seine Kapitänsaufgaben außerhalb der Halle nachkommt und junge Spieler mit ins Boot holt. Auf dem Parkett habe ich mir hingegen eine klarere Meinung gebildet: Manchmal ist Heiko ein genialer Spieler, manchmal ist er ein Wahnsinniger, der Dinge kaputt macht.
SPOX: Immer noch? Ist er nicht gereift?
Buschmann: Immer noch, ja. Wir sahen doch bei der EM häufig genug diesen Hero-Ball, wenn Heiko unbedingt der Held sein wollte. Er spielte insgesamt ein gutes Turnier und gab tolle Assists, doch es gibt einen Pferdefuß, und dem muss er sich stellen und darf nicht einfach Interviews verweigern, weil er Herrn Buschmann, Herrn Gruber von "SPOX", Herrn Witte von der "ARD" oder Herrn Lehmann vom "WDR" nicht mag. Er kann wie einige andere Spieler ganz offensichtlich nicht damit umgehen, wenn Leute Kritik üben. Und bei Heiko muss man konstatieren: Er wollte die Mannschaft führen und helfen. Dieses Ziel hat er auf eine Weise versucht zu erreichen, die in die falsche Richtung ging. Ich möchte die ominöse Auszeit vom Ukraine-Spiel nicht überbewerten, aber so etwas hemmt die Autorität eines Trainers, wenn plötzlich der Kapitän dazwischen quatscht und ein anderes System ansagt.
SPOX: Kommt so etwas im Spitzenbasketball häufiger vor?
Buschmann: Nein! Ich habe es noch bildlich vor mir, wie damals der 25-jährige, heißblütige Sarunas Jasikevicius sich in den Auszeiten extrem eingeklinkt hat. Aber: Wenn der Coach eine klare Ansage traf, hat er sie nicht abgeändert wie jetzt Heiko bei Frank.
Hier geht's zu Teil II: "Schaffartzik will der Held sein"
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SPOX: Menz nahm dies in der Öffentlichkeit erstaunlich locker.
Buschmann: Ich bin mir sicher, dass hinter verschlossenen Türen deutliche Worte gefallen sind. Der Bundestrainer hatte schon vor der EM zwischen den Zeilen deutlich angesprochen, dass es gerade zu Beginn bei der A-Nationalmannschaft ordentlich zur Sache ging zwischen beiden. Das ist in Ordnung, das gibt es häufig zwischen Kapitän und Coach. Es wird allerdings schwierig, wenn ein Trainer neu auf dem Level arbeitet und bewusst versucht, die Mannschaft mitzunehmen. Heiko hingegen wird getrieben vom Antrieb, dass er das Team anführt und die Richtung vorgibt. Aus diesem Wunsch heraus tat Heiko sicherlich Dinge, die ich nicht gut fand. Die Auszeit-Story. Oder die Diskutier-Story mit dem Schiedsrichter.
SPOX: Schaffartzik beschwerte sich gegen die Ukraine im Angriffsspielzug darüber, dass der Ball nass sei, wodurch er so abgelenkt war, dass er ein folgenschweres Offensivfoul beging.
Buschmann: Pascal Roller hatte in der "ARD" gesagt, dass der Ballverlust angesichts des Zeitpunkts, 2:59 Minuten vor dem Ende, nicht entscheidend gewesen wäre. Sorry, wenn ich so deutlich werden muss, aber ich kann bei so einer Aussage nur den Kopf schütteln. Dieser Ballverlust drehte das Momentum. Deswegen bin ich erstaunt, dass diese Aktion von Heiko eher wenig thematisiert wurde. Für mich ist es kein Zufall, dass dieser Ballverlust dem Spieler unterläuft, der der Held, der Hero sein möchte. Mir tut es leid, das so zu sagen, ich habe ihn bei der EM 2009 auch abgefeiert. Heiko jedoch drängt bei dieser EM extrem darauf, der Führungsspieler zu sein. Vielleicht erwartet er von sich zu viel. Als echte Persönlichkeit muss man kein Hero Ball spielen.
SPOX: Als Hero Ball bezeichnet man den Spielstil, wenn jemand glaubt, zu Höherem berufen zu sein, und dabei aus Selbstüberschätzung gnadenlos überzieht.
Buschmann: Für einen Leader gehört es dazu, nach außen Enttäuschungen zu verarbeiten. Doch das ist ebenfalls fehlerhaft. Wenn es stimmt, dass im Team eine "extreme Hierarchie" herrscht, wie es Per sagt, dann zeigt das eine Menge auf. Mein lieber Scholli, Heiko muss sich selbst unter einen monstermäßigen Druck gesetzt haben.
SPOX: Was die deutschen Journalisten irritierte: Nach der Großbritannien-Niederlage verweigerte Schaffartzik jeden Kommentar - und das als Kapitän der Nationalmannschaft. Im Fußball ist das undenkbar. Verstehst Du Schaffartzik?
Buschmann: Einerseits ja, weil ich ansatzweise nachvollziehen kann, wie schwierig es ist nach einer solch extremen Situation. Andererseits möchte ich es nicht entschuldigen. Als Kapitän gilt kneifen nicht, Punkt. Da sind wir wieder bei der Diskussion, ob die Führungsrolle angesichts seiner Persönlichkeitsstruktur vielleicht nicht die richtige ist. Lass ihn den Helden sein in der Crunchtime, aber lass andere die Gemeinschaft lenken. Eventuell würden wir alle Heiko einen Gefallen erweisen, ihn nicht zum vorneweg laufenden Eber der Wildschweinhorde zu ernennen.
SPOX: Was verwundert: Wie genau ist das Verhältnis zwischen Menz und Schaffartzik? Warum lässt sich Menz seine Autorität untergraben - und gerät so noch heftiger in die Kritik als ohnehin schon?
Buschmann: Frank hat sich diese Linie auf die Fahne geschrieben und wie ich ihn kenne, möchte er sie konsequent durchziehen. Im Großen und Ganzen finde ich es in Ordnung. Allerdings gab es bei der EM Situationen, in denen er hätte lauter werden müssen. Du kannst ein ruhiger Coach sein und dennoch deine Linie beibehalten, wenn Du in einer entscheidenden Auszeit dich lautstark verständigst. Manchmal brauchen junge Mannschaften klare Ansagen als Anker.
SPOX: In Internet-Foren wird mehrheitlich die Menz-Entlassung gefordert.
Buschmann: Ich finde es erschreckend, dass der gleiche Reflex einsetzt wie im Fußball. Wir haben uns doch geeinigt, dass die EM unwichtig ist, daher kann Menz nicht wegen des sportlichen Misserfolgs gefeuert werden.
SPOX: Das ist zu einfach.
Buschmann: Damit wir uns nicht falsch verstehen: Nach einem Auftakterfolg gegen Frankreich muss die Zwischenrunde erreicht werden. Womöglich sollte Frank etwas forscher sein, ich möchte ihm trotzdem nichts vorschreiben. Jeder Trainer muss seinen Stil finden und ich bin mir sicher, dass Frank die richtigen Lehren zieht.
SPOX: Welche Alternativen gibt es überhaupt zu Menz? Die Spieler schwärmen noch immer von Bayern-Trainer Svetislav Pesic.
Buschmann: Es geht nicht gegen Frank Menz. Aber ja, mein Wunsch wäre es gewesen, wenn Svetislav Pesic nach der gelungenen EM-Qualirunde im Vorjahr der Bundestrainer geblieben wäre. Man hat immer nur gehört, wie toll das Verhältnis zwischen Trainer und Spieler war. Sorry BBL, ich halte nach wie vor die Selbstbeschränkung für Unsinn. Allerdings haben wir eben das Verbot der Doppelfunktion und unter dieser Prämisse sprach ich mich schon vor einem Jahr für Frank Menz aus.
SPOX: Wäre Pesic bereit für das DBB-Team, wenn die Doppelfunktion von der BBL erlaubt werden würde?
Buschmann: Wer ihn kennt, weiß, dass er gerne mit jungen, unfertigen Spielern arbeitet. Und wer ihn noch besser kennt, weiß, dass er es geil gefunden hätte, mit dieser Mannschaft bei der EM anzutreten. Ich hätte es mir gewünscht.
SPOX: Die Meinung von Svetislav Pesic und vieler anderer BBL-Trainer über die Leistungen des DBB-Teams kann man sich vorstellen. Öffentlich will niemand kritisieren. Steht die Basketball-Familie zu eng beisammen?
Buschmann: Wir Journalisten machen das Spiel doch genauso mit, obwohl wir untereinander genauso kontrovers diskutieren wie viele Verantwortliche der Klubs. Die Frage ist, ob es immer so richtig ist, dass die teils sehr kritischen Meinungen nicht öffentlich gemacht werden und vieles unter den Teppich gekehrt wird. Ein sehr schwieriges Thema. 20 Jahre mache ich den Kram und vielleicht ist die Zeit gekommen, Gas zu geben und den DBB aufzufordern, wach zu werden.
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SPOX: Ein erstaunliches Zitat nach dem Großbritannien-Spiel kam von Per Günther: "Nach der dritten Niederlage in Serie müssen wir sagen, dass wir nicht besser sind als Großbritannien, Ukraine und Belgien. Das Frankreich-Spiel war offenbar ein Ausreißer nach oben." Warum macht es sich selbst ein Günther so einfach? Warum sagt er nicht: "Wir sind besser als die drei anderen Teams, aber wir haben versagt."
Buschmann: Versagen ist kein Wort, das im deutschen Basketball existiert. Es ist nicht der Per, den wir aus Ulm kennen, dafür passt die Aussage zu Pers Sommer mit dem DBB. Das Schlimme ist: Ähnliches höre ich häufiger aus dem direkten Umfeld. Wenn man wirklich so weit ist zu sagen, dass wir nicht besser sind als Großbritannien, Ukraine und Belgien, höre ich wirklich auf mit dem Basketball kommentieren.
SPOX: Eine Facette, die selbst im Vergleich zu den vermeintlich zweitklassigen Gegnern auffiel: der körperliche Zustand der deutschen Spieler. Es gibt seit längerem eine Fitness-Debatte. Zur Recht?
Buschmann: Über Tibor Pleiß wird ja gerne hergezogen, dennoch nehme ich ihn da raus. Er sieht zwar aus wie ein Hemd mit seinen 2,18 Metern, trotzdem ist er breit. Und es gibt keinen Menschen auf der Welt, der bei so einer Größe eine athletische Muskelmasse mitbringt wie Michael Jordan. Ansonsten ist die Fitness-Debatte legitim. Warum sind denn die Slowenen, die Letten oder die Kroaten athletischer und physischer?
SPOX: Weil sie älter und weiter sind?
Buschmann: Bullshit! Schaut Euch den Edo Muric an. Slowene, 21 Jahre alt, durchtrainiert bis zum geht nicht mehr und mit dem Herz eines Löwen. Er spielt nicht bei FC Barcelona oder den Memphis Grizzlies. Ich formuliere es krass: Solche Spieler können nur über Novo Mesto, Maribor oder wenn überhaupt Partzian Belgrad den Schritt aus dem Dreck schaffen. Dadurch besitzen sie eine andere Einstellung zum Job.
SPOX: Ist das nicht ein Klischee? Niels Giffey kann athletisch mithalten.
Buschmann: Aber Niels geht aufs College. Wenn jemand in einem Programm locker lässt, ist die Profi-Karriere vorbei, bevor sich begonnen hat. Nehmen wir doch das Beispiel Christian Standhardinger. Deswegen ist die intrinsische Motivation entscheidend - und die ist bei Giffey offenbar vorhanden. Außerdem nutzt er die sehr guten Rahmenbedingungen eines Top-Colleges wie UConn. Es muss sehr viel aus dir selbst herauskommen. Vielleicht werden im Gegensatz die Deutschen, die in der BBL bleiben, zu schnell zu großen Stars, obwohl der Weg nach ganz oben noch weit ist. Ich möchte nicht pauschal allen den Fleiß absprechen. Allerdings ist die fehlende Athletik und Physis auffällig.
SPOX: Bist Du zumindest bei Robin Benzing nach einer bisher gelungenen EM mittlerweile milder?
Buschmann: Gerade in der Anfangszeit bekam Robin von mir auf die Ohren, aber es stimmt, ich fand seine ersten drei EM-Spiele gut. Dennoch höre ich nicht auf zu sagen: Ich weiß, dass es keinen Spaß macht, kneif trotzdem die Pobacken zusammen, lass dir einen Trainingsplan entwickeln, gehe in die Kraftkammer und pack dir 10 Kilo Muskelmasse drauf, ohne dabei die typische Spielweise zu verlieren.
SPOX: Dennis Schröder ist eine Ausnahme: Auch aufgrund der athletischen Voraussetzungen wurde er von Atlanta an Platz 17 gedraftet. Könnte er das Gesicht des neuen DBB-Teams sein - ungeachtet der Probleme, die er mit dem Verband früher hatte?
Buschmann: Was ich mitbekomme aus der Entfernung: Es scheint eine sehr positive Entwicklung im Gange zu sein. Sein Berater Ademola Okulaja macht einen guten Job. Dennis wird im DBB-Team nicht automatisch eine Führungspersönlichkeit, nur weil er in der NBA spielt. Wenn er allerdings tatsächlich 20, 25 Minuten bekommt und als Persönlichkeit reift und eine Aura des NBA-Profis ausstrahlt, wird er in der Hierarchie eine andere Nummer sein. Dem werden sich Heiko und Per fügen müssen. Wenn Dennis es bei den Hawks schafft, dann haben sich verdammt noch mal alle dem unterzuordnen und ihm zu beglückwünschen. Wer dazu nicht bereit ist, wird zur Not rausgeschmissen.
SPOX: Welche Rolle bleibt dann Schaffartzik?
Buschmann: Es ist wirklich nicht böse gemeint: Aus Heiko wird nie ein Calderon oder Spanoulis. Als Shooting Guard ist er zu klein und als reiner Point Guard fühlt er sich nicht wohl. Nochmal, damit wir uns nicht falsch verstehen: Dank seines Wahnsinns und Irrsinns ist er der ideale Scorer und Passgeber in bestimmten Phasen eines Spiels. Aber nur, wenn er begreift, dass es nicht mit Zwang funktioniert. Er selbst und wir alle erwarten viel zu viel!
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