SPOX: Haben die Ausflüge zu Rennen Ihnen die nötige Lockerheit gegeben, die vorher in der DTM fehlte? Sie waren kurz vor dem Saisonfinale noch bei der TV Total Stock Car Crash Challenge unterwegs.
Scheider: Fakt ist, mit der Sperre zu Hause zu sitzen, während die anderen bei der DTM in Moskau fahren, war eine Belastung. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir das egal gewesen wäre. Ich bin Racer, seit 15 Jahren in der DTM. Dann sehe ich von der Couch aus mein Auto fahren. Das war sehr hart und frustrierend. Durch Rallycross und TV Total konnte ich an etwas anderes denken, Spaß haben und auf anderem Terrain etwas beweisen. Die Stock Car Crash Challenge hat keinen Wert für die Fahrerei bei der DTM. Das ist klar. Aber es ist ein Event, wo man Spaß hat. Das hatte also mit Sicherheit einen gewissen Einfluss.
SPOX: Wie ist denn Stefan Raab als Fahrer?
Scheider: Er ist sehr, sehr ehrgeizig, ein Perfektionist in allem, was er macht. Deswegen ist er in der Fernsehbranche so erfolgreich. Wenn es aber ums Auto geht, ist er vielleicht etwas über dem Durchschnitt, aber bei weitem keine Weltklasse. Da gibt es bei der Stock Car Crash Challenge bessere.
SPOX: Was an Raab sportlich faszinierend ist: Seine Fähigkeit, sich schnell auf neue Anforderungen einzustellen. Sie selbst fahren Auto, Ski, Motorrad und sind einer der besten Fußballer im Fahrerlager. Gibt es irgendetwas, das Sie nicht können?
Scheider: Ich habe auch mal Handball in einer Mannschaft gespielt. Ich glaube, wenn etwas mit Bewegung und Körpergefühl zu tun hat, bin ich wie Stefan Raab. Ich greife alles relativ schnell auf und komme auf ein ordentliches Niveau. Ich habe auch sehr viel Meditation und Konzentration geübt, um mehrere Dinge gleichzeitig zu tun, mein Gehirn mit gewissen Dingen zu überfordern. Mathematische Aufgaben sind aber eine ganz andere Baustelle. (lacht)
SPOX: Sie betreiben seit mehreren Jahren ein Kart-Team und sind zur vergangenen Saison zudem in die Formel 4 eingestiegen. Ist das schon die Vorbereitung auf die Zeit nach der aktiven Rennfahrerkarriere?
Scheider: Ich kann mir gut vorstellen, dass das meine Zukunft sein wird. Mir macht der Job Spaß - auch wenn er nicht so groß ist, wie selbst Rennen zu fahren. Nachdem wir das Kart-Team aufgebaut hatten, stellte sich die Frage, was der nächste Schritt sein könnte. Ein richtiges Rennteam zu gründen, war immer in den Köpfen. Wir hatten einen Fahrer mit Budget, der mit uns in die Formel 4 wollte, also haben wir uns dazu durchgerungen. Bei 42 Autos am Start war klar, dass es gegen viele erfahrene Teams wie die aus der Formel-3-Euroserie am Anfang Schläge geben wird. Die haben wir eingesteckt. Aber wir haben uns bis zum letzten Wochenende immer gesteigert. Das macht mich stolz.
SPOX: Der Teamchef-Posten war nicht Ihre einzige Aufgabe. Sie haben das Auto beim Rollout selbst gefahren und waren Renningenieur. Als aktiver Fahrer einem Nachwuchspiloten ruhig zu erklären, wie er fahren soll, scheint schwierig.
Scheider: Die schwierigste Aufgabe war wirklich die als Renningenieur. Wenn man auf der anderen Seite steht und der Fahrer zu vermitteln versucht, was sein Problem ist und warum er nicht schneller fahren kann, kann man das grundsätzlich verstehen. Es gibt aber so oft den Punkt, an dem man keine Antwort hat. Man kann nur irgendetwas probieren, damit er plötzlich schneller wird. Das ist unglaublich schwierig. Zumal ich erfahren musste, was abseits der Setup-Arbeit noch dazugehört. Jeden Mechaniker, jeden Dateningenieur so zu beschäftigen, dass am Ende der richtige Reifen drauf ist, der Luftdruck passt und der Fahrer glücklich ist - ich war anfangs total überfordert. Dafür brauchte ich Erfahrung.
SPOX: Verändert sich dadurch die Zusammenarbeit mit dem eigenen Renningenieur in der DTM?
Scheider: Ich habe zu Laurent nur gesagt: "Ich bin froh, kein Renningenieur zu sein." Das ist kein Spaß. Man hat immer das Ziel, dem Fahrer das bestmögliche Paket zu liefern. Wenn das nicht klappt, stellt man sich Fragen: "Warum bekommt er es nicht hin?" Mein Laurent würde mir nie die Schuld geben, egal ob ich auf Platz 1 oder 24 stehe. Selbst wenn ich einen Fehler mache, sagt er: "Wenn ich dir das Auto gegeben hätte, das du brauchst, wäre der Fehler vielleicht nicht passiert." Das gibt einem nie das Gefühl, der Depp zu sein und schweißt zusammen.
SPOX: Verbunden sind Sie dem BVB. Ist das als Audi-Fahrer manchmal ein Problem?
Scheider: (lacht) Meine Eltern kommen ursprünglich aus Dortmund. Sie haben mich so geprägt, seit ich in Lahnstein aufgewachsen bin - mit allen Höhen und Tiefen. Wenn gerade Bayern gegen Dortmund läuft, gibt's schon mal Diskussionen am Tisch. Natürlich sieht man im Hause Audi gerne, wenn die Bayern gewinnen. Mir gefällt's aber schon, wenn sie mal verlieren (lacht).
SPOX: Ihr Schwiegervater in spe ist selbst berühmt: Hansi Hinterseer, Schlagersänger und ehemaliger Skiprofi. Fahren Sie eigentlich besser Ski oder er besser Auto?
Scheider: Wir haben mal ein Fahrsicherheitstraining zusammen gemacht, bei dem ich ihm was gezeigt habe. Er ist wirklich ein sehr guter Autofahrer. Die Erfahrung habe ich schon mit anderen Skifahrern gemacht: Sie haben eine sehr hohe Risikobereitschaft und ein Gefühl für den Moment, in dem der Grip abreißt. Das ist wie, wenn der Ski anfängt zu rutschen. Da hat der Hansi ein sehr hohes Niveau. Ich dagegen habe erst vor drei Jahren mit dem Skifahren angefangen. Ich bin groß geworden, als Snowboards cool waren. Ich komme mir beim Skifahren vor, als wäre ich ein Vollpfosten. Er stellt mir trotzdem noch gute Noten aus. Das kann ich nicht begreifen, weil ich mich schrecklich dabei fühle. (lacht)
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