Stephan Bonnar saß zehn Minuten nach Ende seines Hauptkampfes von UFC 153 in seiner Kabine und schwieg. Sein Blick sprach Bände: Anderson Silva hatte ihn nach 4:40 Minuten der ersten Runde mit einem Knie zum Solar Plexus schachmatt gesetzt, obwohl Bonnar davor alles richtig gemacht hatte. Was war geschehen? Nach einiger Zeit begann er zu sprechen. "Das ist unglaublich. Ich hatte meine Taktik genau befolgt, und alles funktionierte. Nur es war, als würde ich gegen ein Phantom kämpfen. Wie soll man den Kerl bitte besiegen?", so Bonnar.
Tatsächlich drängen sich Parallelen zu Silvas Kampf gegen Forrest Griffin vor drei Jahren auf. Der Mittelgewichtsmeister spielte seinem Gegner genau in die Karten, um ihm zu demonstrieren, dass er gegen Silva nichts ausrichten könne. Gegen Griffin ging der Brasilianer in den Infight und wurde nicht getroffen. Gegen Stephan Bonnar stellte er sich mit dem Rücken zum Käfig und nahm die Hände runter. Er ließ Bonnar völlig freie Hand beim Grappling und gab sich kaum Mühe, den Schlägen des Amerikaners auszuweichen. Nach gut dreieinhalb Minuten ließ er sogar im Grappling von Bonnar ab, um seiner eigenen Ecke mit den Händen und einem schiefen Grinsen begreiflich zu machen, dass er alles unter Kontrolle hatte.
Stephan Bonnar ist ein guter, fähiger Kämpfer. Und doch ließ ihn Anderson Silva wie einen Anfänger aussehen. Er spielte mit Bonnar, verhöhnte ihn förmlich... und am Ende brauchte er nur einen Kniestoß zum Brustkorb, um den Kampf zu beenden. Er brach dem Mann, der - abgesehen von einem ärztlich bedingten Abbruch - noch nie vorzeitig besiegt worden war, zwei Rippen und raubte ihm den Atem. So etwas sieht man in der Königklasse des MMA-Sports nicht. Auf diesem Niveau kann es sich kaum jemand leisten, auch nur einen Moment unaufmerksam zu sein, geschweige denn dem Gegner buchstäblich sein Kinn anzubieten.
Wer soll Anderson Silva gefährden?
Anderson Silva macht Hollywood zur Realität. Im Mittelgewicht erwarten ihn noch Kämpfe gegen Michael Bisping, Chris Weidman und vielleicht Tim Boetsch, doch glaubt wirklich jemand, dass einer dieser drei Silva gefährlich werden kann? Am ehesten würde es Weidman noch zutrauen, aber das ist relativ gesprochen. Anderson Silva steht am Höhepunkt seiner Karriere.
Am Tag nach UFC 153 jährte sich sein Gewinn der Mittelgewichtsmeisterschaft zum sechsten Mal, und zur Belohnung sprach UFC Präsident Dana White davon, dass es zu einem Superfight zwischen Silva und Halbschwergewichtsmeister Jon Jones kommen werde. Momentan haben beide wenig Interesse an dieser Ansetzung, aber White werde "beiden so viel Geld bieten, dass sie nur noch ja sagen können."
Im zweiten Hauptkampf meldete sich der frühere Schwergewichtsmeister Antonio Rodrigo "Minotauro" Nogueira nur zwei Kilometer von seiner MMA-Akademie entfernt mit einem Aufgabesieg in der zweiten Runde gegen Dave Herman zurück. Herman hatte im Vorfeld getönt, dass Griffe aus dem Jiu-Jitsu bei ihm wirkungslos seien und dass Nogueira deswegen gegen ihn untergehen werde.
Tatsächlich sah der Brasilianer in der ersten Runde nicht sonderlich gut aus. Er bewegte sich langsam, hinter seinen Schlägen war wenig Pfeffer, und Herman verteidigte sich sehr gut gegen Takedowns und Aufgabegriffe. In der zweiten Runde gelang Nogueira der Takedown, und er versuchte einen Straight Armbar, gegen den sich Herman zunächst wie aus dem Bilderbuch verteidigte. Dann wurde er unachtsam und machte noch in der Bewegung einen Fehler, den der Lokalmatador dazu ausnutzte, den Griff doch durchzuziehen. Herman musste abklopfen, und Rio de Janeiro explodierte förmlich.
Glover Teixeira besiegt Fabio Maldonado
Die Halbschwergewichtshoffnung Glover Teixeira besiegte Fabio Maldonado nach der zweiten Runde, als der Ringarzt entschied, den Kampf abzubrechen. Gleich zu Beginn der ersten Runde schlug der hoch favorisierte Teixeira seinen Gegner zu Boden, ging in den Full Mount und bearbeitete ihn mit Schlägen und Ellenbogenstößen aus der Oberlage. Doch Maldonado bewies viel Durchhaltevermögen und arbeitete fast vier Minuten lang daran, sich aus der misslichen Lage zu befreien. Er steckte extrem viel ein, doch der Ringrichter ließ weiterlaufen, weil Maldonado aktiv verteidigte. Als er wieder auf die Beine kam, war es offensichtlich, dass er stehend k.o. war. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen den Zaun und verlagerte sich auf Schlagkonter. Tatsächlich klingelte Maldonado seinen überlegenen Gegner kurz vor dem Rundenende mit einem linken Haken an, doch ihm fehlten die Energie und die Stabilität im Stand, um nachzusetzen, und so fing sich Teixeira wieder.
Nach dieser Erfahrung hatte Glover Teixeira wenig Lust darauf, mit Maldonado weiterhin im Stand zu bleiben und brachte ihn abermals mit einem Takedown zu Boden. Teixeira bearbeite seinen Gegner abermals mit Ground and Pound, schien aber nichts zu erreichen, und so entschied Ringrichter Mario Yamasaki, die beiden Kämpfer wieder auf die Beine zu holen. Der Ringarzt kam ins Octagon, um sich die starke Schwellung über Maldonados linkem Auge anzusehen und wollte den Kampf abbrechen, doch Maldonado flehte ihn an, weitermachen zu dürfen. Der Ringarzt gab ihm noch bis zum Ende der Runde, und Maldonado ging deswegen sofort in den Schlagabtausch mit Teixeira. Als der Rundengong kam, war allerdings klar, dass der Fight jetzt abgebrochen werden würde.
Jon Fitch mit seinem besten Kampf
Der frühere Weltergewichtsherausforderer Jon Fitch meldete sich in Rio de Janeiro mit dem wohl besten Kampf seiner Karriere gegen den aufstrebenden Jungstar Erick Silva zurück. Fitch, der in den letzten acht Jahren nur zwei Kämpfe verloren hatte - nach Punkten gegen Weltmeister Georges St. Pierre und zuletzt durch schnellen K.o. gegen Johny Hendricks -, ging als Außenseiter in den Fight. Dies schien ein Feuer in ihm entfacht zu haben, das man lange Zeit nicht mehr in ihm gesehen hatte.
Schon in der ersten Runde brachte der Amerikaner seinen brasilianischen Gegner mehrfach in schwierige Situationen und schien ihm mit gezielten Aktionen am Boden die Luft zu rauben. Silva pumpte zwischen Runden eins und zwei schon heftig in seiner Ecke. In der zweiten Runde gelang Silva bei einem Takedownversuch von Fitch der Konter, und er setzte einen Rear-Naked Choke an.
Die meisten Kämpfe hätten an dieser Stelle geendet, doch Fitch verteidigte trotz fast aussichtsloser Situation perfekt und befreite sich aus dem Griff. Silva hatte beim Versuch, den Kampf zu beenden, den Großteil seiner noch verbliebenen Restenergie aufgebraucht. Fitch drehte sich und landete in der Oberlage. Er setzte einen Straight Armbar an, doch Silva konnte sich zum Rundenende daraus befreien.
Fitch übernahm in der dritten Runde das Ruder wieder und dominierte Silva bis auf einen kleinen Hoffnungsschimmer durch Guillotine Choke so sehr, dass ein Abbruch gerechtfertigt gewesen wäre. Vom Brasilianer kam gar nichts mehr, als Fitch auf ihm saß und ihn aus der Oberlage mit Schlägen eindeckte. Fitch holte sich den eindeutigen Punktsieg und darüber hinaus den mit 70.000 Dollar dotierten Bonus für den besten Kampf des Abends.
Davis deklassiert Prado
Phil Davis deklassierte Wagner Prado in ihrem Rückkampf deutlich und zwang ihn nach 4:29 Minuten der zweiten Runde mit einem Anaconda Choke zur Aufgabe. Der im Vorfeld hoch gelobte Prado hatte ihm nichts entgegenzusetzen.
Demian Maia fand gegen Rick Story zu alten Jiu-Jitsu-Qualitäten zurück und nahm den Amerikaner nach 2:20 Minuten der ersten Runde in einen Neck Crank, der ihn zehn Sekunden später zum Abklopfen brachte. Mit dieser grundsoliden Leistung meldete Maia im Weltergewicht Ansprüche auf einen Platz in der Top 5 an.
TUF Brasil-Sieger Rony Jason besiegte Sam Sicilia nach 4:16 Minuten der zweiten Runde durch technischen Knockout. Gleison Tibau gewann nach Punkten gegen Francisco Trinaldo. Diego Brandao holte sich einen Punktsieg gegen Joey Gambino. Sergio Moraes zwang Renee Forte nach 3:10 Minuten der dritten Runde mit einem Rear-Naked Choke zur Aufgabe. Chris Camozzi besiegte Luis Cane etwas überraschend nach Punkten. Im Eröffnungskampf bekam Cristiano Marcello einen geteilten Punktsieg gegen Reza Madadi aus Stockholm zugesprochen, der zumindest mal fragwürdig war.