Vier Schanzen für ein Halleluja

Stefan Zieglmayer
23. Januar 201808:58
Michael Hayböck knackte auf dem Bergisel in Innsbruck im vergangenen den Schanzenrekordgetty
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Vom 28. Dezember bis zum 6. Januar findet die 64. Vierschanzentournee statt. Das Saisonhighlight des Jahres zieht die Aufmerksamkeit der Sportwelt auf sich. Acht Sprünge entscheiden über Ruhm und Blamage. SPOX zeigt Euch, was die Springer erwartet. Jede Tournee schreibt ihre eigenen, kuriosen Geschichten.

Oberstdorf

Schattenbergschanze (HS 137)

  • Erbaut 2003 (alte Schanze 1946)
  • Zuschauerplätze 27.000

Anlauf

  • Anlauflänge 108 m
  • Anlaufgeschwindigkeit 91,4 km/h

Aufsprung

  • Hillsize 137 m
  • Konstruktionspunkt 120 m
  • Juryweite 137 m

Rekorde

  • Schanzenrekord 143,5 m - Sigurd Pettersen (NOR), 29. Dezember 2003
  • Rekordsieger: 3x Dieter Thoma (GER), 3x Martin Schmitt (GER)
  • Rekordnationensieger: 20x Deutschland (8x DDR, 3 BRD)
  • Letzter Sieger: Stefan Kraft (AUT)

Das letzte Jahr

Das war eine schwere Geburt. Aufgrund widriger Wetterverhältnisse wurde das Springen abgebrochen und musste einen Tag später neu gestartet werden. Dann ging es schließlich doch noch los.

Es war nicht nur der Tourneestart. Das Springen war zugleich der Auftakt eines Siegeszugs, der so nicht abzusehen war: Stefan Kraft gewann überraschend vor Michael Hayböck. Im Gegensatz zu seinen Verfolgern kam Kraft nicht über die Weite, sondern die Sauberkeit. Der als Mitfavorit in die Tournee gestartete Peter Prevc musste sich mit dem dritten Platz zufrieden geben.

Die Deutschen legten all ihre Hoffnungen in Severin Freund. Rechtzeitig zum Saisonhöhepunkt kam der aber außer Form. So landete er in Oberstdorf auf dem zwölften Rang, Richard Freitag erreichte Platz 15.

Weitere Fakten

  • Von den aktiven Springern waren Gregor Schlierenzauer und Simon Ammann in Oberstdorf am erfolgreichsten. Je zwei Siege stehen für den Österreicher (2006/07, 2011/12) und den Schweizer (2008/09, 2013/14) zu Buche.
  • Der letzte deutsche Erfolg datiert vom 29. Dezember 2002. Sven Hannawald konnte damals vor dem Österreicher Martin Höllwarth und dem Finnen Janne Ahonen triumphieren.
  • Von den aktiven Deutschen sprang zuletzt Severin Freund bei der Tournee (2012/13) mit Platz drei auf das Podium in Oberstdorf.
  • Von den letzten neun Tourneespringen in Oberstdorf ging der Tagessieg acht Mal nach Österreich oder in die Schweiz. Einzig Anders Jacobsen konnte die Serie 2012/13 durchbrechen.
  • Japan, eine der erfolgreichsten Skisprung-Nationen der letzten Jahrzehnte, war in Oberstdorf nur zweimal erfolgreich: Kazuyoshi Funaki (1997/98), Yukio Kasaya (1971/72).
  • Dieses Jahr findet das Springen das erste Mal mit dem neuen 450 Quadratmeter großen Windnetz statt.

Garmisch-Partenkirchen

Große Olympiaschanze (HS 140)

  • Erbaut 2007 (alte Schanzen 1921, 1950, 1978, 1996, 2007)
  • Zuschauerplätze 35.000

Anlauf

  • Anlauflänge 103,5 m
  • Anlaufgeschwindigkeit ca 94,3 km/h

Aufsprung

  • Hillsize 140 m
  • Konstruktionspunkt 125 m
  • Juryweite 124 m

Rekorde

  • Schanzenrekord 143,5 m - Simon Ammann (SUI, 01. Januar 2010)
  • Rekordsieger: 4x Jens Weißflog (GER),
  • Rekordnationensieger: 14x Österreich
  • Letzter Sieger: Anders Jacobsen (NOR)

Das letzte Jahr

Wieder wurde Prevc letzten Endes Dritter. Auf dem Treppchen musste der Slowene zwei Oldies weichen. Anders Jacobsen dominierte die Schanze in Garmisch und war plötzlich als neuer Favorit auserkoren. Den zwei Sätzen über 135,5 Meter und 136,5 Meter konnte Simon Amman nicht Herr werden. Der Schweizer kam seinem eigenen Schanzenrekord mit 138 Metern im ersten Durchgang aber noch am nächsten.

Die Deutschen sprangen erstmals in die Top 10. Hinter Freitag reihte sich Freund auf Platz zehn ein. Marinus Kraus, der schon in Oberstdorf mit soliden Sprüngen überzeugte, flog auf einen starken 13. Rang. Stephan Leye reihte sich drei Plätze dahinter ein.

Weitere Fakten

  • Seit der Jahrtausendwende war Gregor Schlierenzauer in Garmisch am erfolgreichsten. Seinem ersten Sieg 2008 ließ der Österreicher 2010 und 2012 wieder Siege folgen.
  • Der letzte deutsche Erfolg datiert vom 1. Januar 2002. Sven Hannawald konnte damals vor dem Österreicher Andreas Wildhölzl und dem Polen Adam Malysz triumphieren.
  • Von den aktiven Deutschen sprang zuletzt Michael Neumayer 2008 mit Platz drei auf das Podium in Garmisch.
  • Von den letzten sieben Tourneespringen in Garmisch gingen fünf Tagessiege nach Österreich. Lediglich Anders Jacobsen (2013) und Simon Amman mit seinem Rekordsprung 2011 konnten die Serie durchbrechen.
  • 2009 erhielt die Olympiaschanze den IOC/IAKS Award in Gold, den einzigen internationalen Architekturpreis für bereits im Betrieb bewährte Sport- und Freizeitbauten.

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Innsbruck

Bergiselschanze (HS 130)

  • Erbaut 2001 (alte Schanze 1964)
  • Zuschauerplätze 26.000

Anlauf

  • Anlauflänge 90,7 m
  • Anlaufgeschwindigkeit 92,88 km/h

Aufsprung

  • Hillsize 130 m
  • Konstruktionspunkt 120 m
  • Juryweite 134 m

Rekorde

  • Schanzenrekord 138,0 m - Michael Hayböck (AUT), 4. Januar 2015
  • Rekordsieger: 3x Helmut Recknagel (GER), Matti Nykänen (FIN), Bjorn Wirkola (NOR), Andreas Goldberger (AUT), Kazuyoshi Funaki (JPN)
  • Rekordnationensieger: 15x Finnland
  • Letzter Sieger: Richard Freitag (GER)

Das letzte Jahr

Es war das verrückteste Springen der gesamten Tournee, zudem das erfreulichste aus deutscher Sicht. Richard Freitag sprang ganz nach oben aufs Treppchen. Fünf Punkte Vorsprung hatte der Deutsche nach dem zweiten Durchgang vor Stefan Kraft.

Der spätere Tournee-Sieger übertrumpfte mit seinem ersten Sprung den einstigen Schanzenrekord von Hannawald (134,5 Meter) um satte zweieinhalb Meter. Doch dem nicht genug, wurde die Weite doch noch ein zweites Mal geknackt. Unfassbare 138 Meter setzte Hyböck auf den Schnee - auf dem Bergisel ist das ein wahres Hexenwerk. "Ich war so hoch, ich hatte schon ein wenig Angst", sagte er nach seinem Sprung.

Kurioserweise hätte der Rekordsprung gar nicht zählen dürfen. Die Hand von Hayböck berührte bei der Landung den Schnee. Laut Regelwerk also ein Sturz. Die Jury hat das nicht einheitlich so gesehen. Da ein Sprung erst ab sieben Punkten Abzug als Sturz gelten darf, zählte der Rekord.

Auf dem Treppchen standen am Ende vier Springer: Noriaki Kasai und Simon Ammann teilten sich nämlich Platz drei. Severin Freund landete am Ende auf dem achten Rang, Kraus und Leyhe schafften es in die Top 15.

Weitere Fakten

  • In jüngster Vergangenheit war Schlierenzauer in Innsbruck der erfolgreichste Springer und triumphierte 2010 und 2013, 2009 und 2012 landete er immerhin auf dem zweiten Rang.
  • Der letzte deutsche Erfolg vor Freitag liegt schon über zehn Jahre zurück: Hannawald ließ bei seinem Rekordsprung 2002 Malysz und Martin Höllwarth hinter sich.
  • 2009 schaffte mit Martin Schmitt immerhin mal wieder ein Deutscher den Sprung aufs Podium. Es war das erste Springen mit dem neuen Windnetz. Kosten: 100.000 Euro.

Bischofshofen

Paul-Außerleitner-Schanze (HS 140)

  • Erbaut 1941
  • Zuschauerplätze 35.000

Anlauf

  • Anlauflänge 90 m
  • Anlaufgeschwindigkeit 93 bis 96 km/h

Aufsprung

  • Hillsize 140 m
  • Konstruktionspunkt 125 m
  • Juryweite 125 m

Rekorde

  • Schanzenrekord 143 m - Daiki Ito (JPN), 06. Januar 2005
  • Rekordsieger: 3x Jens Weißflog (DDR/GER), Bjorn Wirkola (NOR) und Jiri Raska (CSR)
  • Rekordnationensieger: 23x Österreich
  • Letzter Sieger: Michael Hayböck (AUT)

Das letzte Jahr

Den Gesamtsieg ließ sich Stefan Kraft nicht mehr nehmen. Zwar schnupperte Hayböck mit seinem Weltcup-Sieg in Bischofshofen noch am Triumph, der Rückstand war jedoch letztendlich zu groß. "Krafti ist kaum noch einzuholen", wusste Hayböck selbst.

Im Mittelpunkt stand ohnehin ein anderer. Noriaki Kasai schaffte mit seinen 42 Jahren mit seiner berühmten Ruhe im Flug den Sprung aufs Treppchen. Sein zweiter Sprung über 137 Meter katapultierte die lebende Legende auf den zweiten Platz vor Kraft.

Richard Freitag konnte sein Form-Hoch nicht ganz halten und rutschte auf Rang sechs ab. Freund landete auf acht und Michael Neumayer sprang überraschend auf den zwölften Platz.

Weitere Fakten

  • Trauriger Hintergrund: Den Namen erhielt die Schanze aufgrund eines Todesfalls. Paul Außerleitner stürzte am 5. Januar 1952 beim Training so schwer, dass er vier Tage später seinen Verletzungen erlag.
  • Partyschaden: Bei der Silvesterparty 2012 wurde die Schanzenanlage durch Bengalische Feuer beschädigt. Der Schaden belief sich auf 10.000 Euro. Mit viel Aufwand konnte sechs Tage später aber dann doch gesprungen werden.
  • 2004 erfolgte eine Generalsanierung und eine Vergrößerung der Schanze sowie die Belegung mit Matten für den Sommerbetrieb. Damit darf sich Bischofshofen als "größte Mattenschanze der Welt" ausweisen.

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