Mit Kevin Durant, Russell Westbrook, Jeff Green oder Thabo Sefolosha hat der General Manager das wohl talentierteste Team der NBA zusammengestellt, zuletzt wurde am Draft-Tag der deutsche Nationalspieler Tibor Pleiß verpflichtet, der sich nächste Saison erstmal in Bamberg weiterentwickeln soll.
Wie wichtig ihm Pleiß ist, zeigte sich bei der WM in der Türkei. Presti flog eigens ins zentral-anatolische Kayseri, um Pleiß beim Abschlussspiel gegen Jordanien zu beobachten.
In Kayseri traf er sich auch zum exklusiven Interview mit SPOX und sprach über seinen unglaublichen Werdegang, seine Bedeutung für Tony Parkers Weltkarriere und den Zustand des deutschen Basketballs.
SPOX: Verraten Sie uns, wie es einem 33-Jährigen gelingt, der beste General Manager der NBA zu sein?
Sam Presti: Wir sollten nicht übertreiben. Es stimmt, dass ich 33 Jahre alt bin und als General Manager arbeite - aber ob ich der Beste oder einer der Besten bin, weiß ich nicht.
SPOX: Dann anders gefragt: Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Presti: Meine Philosophie basiert auf mehreren Grundsätzen. Zum einen sollen alle Entscheidungen, die ich treffe, in sich konsistent sein. Alles ist dem Ziel des langfristigen und nachhaltigen Erfolgs untergeordnet. Zum anderen setze ich im zwischenmenschlichen Bereich auf Teamwork. Mehr als auf alles andere verlasse ich mich auf meine Mitarbeiter und ich lege Wert darauf, so viele verschiedene Meinungen wie möglich zu hören. Und: Zufall spielt eine große Rolle. Ich bin der Erste, der zugibt, dass ich es ohne Glück nicht so weit geschafft hätte.
SPOX: In Deutschland gibt es die Redewendung: "Glück hat nur der Tüchtige."
Presti: Ich glaube nicht, dass ich und meine Mitarbeiter härter arbeiten als die Konkurrenz. Wir versuchen, besonders gut organisiert zu sein und extrem auf Details zu achten, damit wir auf alle Eventualitäten so gut wie möglich vorbereitet sind.
SPOX: Indem Sie zum Beispiel extra nach Kayseri ins Niemandsland der Türkei zum letzten WM-Spiel der Deutschen gegen Jordanien fliegen, um vor Ort Tibor Pleiß zu beobachten?
Presti: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man vor allem bei internationalen Talenten ein Gefühl dafür entwickeln muss, in welchen Systemen sie spielen und welche Entwicklungsschritte sie genommen haben. Außerdem wollte ich mit der Reise Tibor zeigen, dass wir ihn in allen Belangen unterstützen, auch wenn er kommende Saison in Bamberg bleibt.
SPOX: Ein anderer europäischer Spieler hätte es ohne Ihre Unterstützung wohl nie in die NBA geschafft: Tony Parker. Stimmt es, dass Sie als damaliger Praktikant in San Antonio Coach Gregg Popovich davon überzeugt haben, Parker nicht auszusortieren?
Presti: Es stimmt, dass Pop kurz davor war, Tony nach seinem ersten Workout in San Antonio nach Europa zurückzuschicken. Es war jedoch nicht so, dass ich alleine verantwortlich für Tonys Durchbruch wäre. Ich habe etliche DVDs von ihm gesehen und den Coach und General Manager R.C. Buford mit so vielen Informationen wie möglich versorgt. Am Ende gebührt den beiden der Respekt, denn sie hätten auch die Konsequenzen tragen müssen, wenn es mit Tony schief gegangen wäre.
SPOX: Dennoch keine schlechte Leistung für einen 23-jährigen Praktikanten, der 250 Dollar pro Monat verdient hat.
Presti: Bitte nicht vergessen, dass von den 250 Dollar noch die Steuern abgezogen wurden. (lacht)
SPOX: Wie sind Sie überhaupt als Praktikant bei den Spurs gelandet?
Presti: Dafür muss ich etwas weiter ausholen: Im Basketball-Team des Emerson College hatte ich damals einen Mitspieler, der sich in seinem ersten Jahr gleich schwer verletzt hatte. Ich habe mich mit den anderen Seniors um ihn gekümmert und ihm das Gefühl gegeben, dass er noch zur Mannschaft gehört. Der Zufall wollte es, dass sein Vater der Oberstudiendirektor des Schuldistrikts in Aspen/Colorado war, wo auch jedes Jahr ein Basketball-Camp stattfindet.
SPOX: Und dann?
Presti: Der Vater des Mitspielers wusste, dass R.C. Buford jedes Jahr dieses Camp besucht und ich ihn gerne kennenlernen wollte. Um sich zu revanchieren, hat er mich daraufhin nach Aspen eingeladen. Ich wurde mit R.C. bekanntgemacht, wir kamen in ein nettes Gespräch - und auf einmal hatte ich die Praktikanten-Stelle in der Tasche. An dem Tag passte einfach alles.
SPOX: Bereits nach einem Jahr waren Sie fester Bestandteil der Scouting-Abteilung, haben vor allem in Europa Spieler beobachtet und sich den Spitznamen "Indiana Jones" verdient.
Presti: So richtig verstehe ich den Spitznamen aber nicht. Ich bin gar kein Abenteurer-Typ und sonstige Ähnlichkeiten zu Harrison Ford sehe ich auch nicht, außer vielleicht, dass wir beide die Indiana-Jones-Filme sehr mögen.
SPOX: Vielleicht kommt Ihr Spitzname davon, dass Sie gerne ungewöhnliche Wege gehen?
Presti: Ich möchte mich nicht so herausstellen. Es ist ja nicht so, als ob ich etwas neu erfunden hätte. Ich habe einfach nur sehr viele Menschen in dem Geschäft beobachtet, deren Stärken zusammengemischt und daraus einen eigenen Stil entwickelt. Nicht mehr, nicht weniger.
SPOX: Mit 30 Jahren wurden Sie von Thunder-Vorgänger Seattle Supersonics als einer der jüngsten General Manager aller Zeiten abgeworben - und machten sich sofort Feinde, weil Sie die beiden Stars Ray Allen und Rashard Lewis überraschend wegtradeten. Hatten Sie Befürchtungen, dass Sie womöglich falsch liegen und Ihren Ruf zerstören könnten?
Presti: Sicher kann man in diesem Business leider nie sein, egal wie durchdacht eine Entscheidung sein mag. Uns war dennoch klar, dass wir etwas verändern müssen. Jede Franchise hat einen Lebenszyklus, an deren Ende schwere Entscheidungen getroffen werden müssen. In Seattle hatten wir das Ende erreicht und wir waren gezwungen, eine neue Richtung einzuschlagen und eine junge Mannschaft aufzubauen, um langfristig Erfolg zu haben.
Presti über Titelträume, Pleiß und das deutsche WM-Aus: Hier geht's zum zweiten Teil!