These: Dragic wird jetzt auch in der NBA ein Star.
Sierra: Ich glaube nicht, dass Goran Dragic jemals ein NBA-Star wird. Er ist schon jetzt ein guter NBA-Profi - aber ein Star? Nein. Er ist mir zu eindimensional: Ein Scorer, der eigentlich als Shooting Guard spielen müsste, aber die Größe eines Point Guards hat. Und die Situation nächste Saison in Phoenix wird ihm nicht entgegenkommen. Letztes Jahr hatte er die Hauptrolle inne, doch jetzt wurde von den Clippers mit Eric Bledsoe jemand verpflichtet, der der gleiche Spielertypus ist. Und die Vergangenheit zeigt, dass in der NBA zwei Combo-Guards nie gemeinsam aufblühen können. Damals in den 70er Jahren bei den Knicks mit Earl Monroe und Walt Frazier war eine Ausnahme. Deswegen glaube ich nicht, dass Dragic ein besonders gutes Jahr spielt. Vielmehr erwarte ich, dass er im Laufe der Saison weggetradet wird, weil er nach dem Bledsoe-Wechel überflüssig ist.
Gruber: Das ist mir zu drastisch, Jorge. Dragic hat mir im EM-Viertelfinale auch nicht gefallen, als er krass überdreht hat im Wunsch, der Held für Slowenien zu sein. Das war way too much! Aber: Ansonsten war die EM von ihm nicht so, als ob es Phoenix Sorgen machen müsste. Im Gegenteil: Ich fand Dragic nicht herausragend, aber insgesamt hat er überzeugt. Zumal er sich direkt nach der Frankreich-Niederlage sehr reflektiert und selbstkritisch gezeigt hat. Das gefiel mir. Bei der EM hat Dragic nach der guten Saison in Phoenix den nächsten Schritt getan. Warum soll die Entwicklung jetzt stoppen? Wenn er auf die 14,7 Punkten und 7,4 Assists aus dem Vorjahr ein bisschen was draufpackt, kann er im Bereich von 18/9 landen. Und damit wäre er zumindest ein All-Star-Kandidat. Zumal ich nicht weiß, ob Bledsoe wirklich so stark ist. Er ist vielleicht talentiert - aber in seinen ersten 3 NBA-Saisons kam mir da zu wenig. Da hat Dragic schon etwas bewiesen.
Sierra: Dem Zahlen-Argument von Dir folge ich nur bedingt. Auch wenn Dragic All-Star-Stats auflegen würde, wäre er für mich kein Star. Monta Ellis kann jedes Jahr 25 Punkte erzielen, dennoch macht es aus ihm keinen guten Spieler, der die richtigen Spielzüge ansagt. Deswegen sehe ich Dragic als einen klassischen Combo-Guard - und in der Rolle bringt Bledsoe mehr Potenzial mit. Er ist athletischer und vor allem ist er vier Jahre jünger. Ich glaube, dass wir das Beste von Bledsoe noch sehen werden. Bei den Clippers wurde er von Chris Paul ausgebremst. In Phoenix könnte er explodieren.
Dornhegge: Also Moment mal: Dragic soll kein Spielmacher sein? Diese Meinung ist für mich überhaupt nicht nachvollziehbar. Er ist nicht auf Steve Nashs Level, hat aber viel von ihm gelernt und ist absolut einer, der das Spiel seiner Mannschaft lenken kann - und der das schon seit geraumer Zeit tut. Slowenien hatte in diesem Jahr Chris Thomas als Assistant Coach auf der Bank, der sonst bei den Warriors als Scout beschäftigt ist. Er kannte Dragic also vorher schon gut, hat kürzlich aber gemeint: "Mir war nicht klar, was er für ein großartiger Leader ist. Unsere Jungs schauen wirklich zu ihm auf." Wie Thomas bemerkt, mag viel damit zusammenhängen, dass er für sein Land vor heimischer Kulisse gespielt hat. Wie auch immer hat er gezeigt, dass er ein Anführer sein kann - und genau das brauchen die Suns im kommenden Jahr. In Phoenix gibt es schlicht niemanden, der strategisch das kann, was Dragic kann. Auch ein Eric Bledsoe ist spielgestalterisch weit davon entfernt. Insofern sollte Dragic der unumstrittene Leader auf dem Court sein. Bei so einem schlechten Team wird es natürlich schwer, sich national oder gar international groß ins Rampenlicht zu spielen. Aber vielleicht spielt Phoenix mit Coach Hornacek ja auch weit über seinen Verhältnissen: Und dann steht für mich außer Frage, dass der Erfolg vor allem mit Dragic in Verbindung gebracht würde. Offenbar will Hornacek wieder Tempobasketball spielen lassen wie zu Nash-Zeiten und wie Dragic das aus Slowenien kennt. Das würde ihm gut tun - und könnte ihn aus meiner Sicht absolut zum Star machen.
Regelmann: Ich gehe noch ein Stück weiter und sage: Dragic war schon im letzten Jahr in der zweiten Saisonhälfte allein von seinen Zahlen (16,1 Punkte, 9,5 Assists) her ein Star. Aber er wird in der nächsten Saison noch ein größerer Star, völlig klar. Er war in der zweiten Saisonhälfte einer der Top-10-Point-Guards der NBA, und wenn er so weitermacht, wird er vielleicht schon diese Saison beim All-Star-Game dabei sein. Er hat schon immer großes Potenzial gehabt als großer und athletischer Scoring-Guard, aber er hat sich auch gerade im Decision-Making und in der Regieführung extrem verbessert, das zeigt schon die Tatsache, dass er nach dem All-Star-Break in der letzten Saison 15 Spiele mit mindestens 10 Assists verbuchte. Dass auch schlechte Spiele dabei waren oder die Dreierquote so mies war, lag vor allem daran, dass einfach viel zu viel Last auf ihm lag in der letzten Saison in Phoenix, ähnlich wie in der Nationalmannschaft. Jetzt hat er mit Jeff Hornacek einen Trainer, der ihn noch mal weiterbringen wird und mit Eric Bledsoe einen Mitspieler, mit dem er super zusammenpasst. Die beiden werden eher zusammenspielen, als dass sie sich gegenseitig ausschließen. Defensiv wird das sicher Schwierigkeiten mit sich bringen, wenn beide zusammen auf dem Feld stehen, aber das Positive überwiegt klar. Sie können sich das Ballhandling teilen und mit den beiden Transition-Monstern werden die Suns einen unfassbar schnellen Basketball spielen, das steht mal fest. Es ist sehr interessant, dass Hornacek schon gesagt hat, dass er will, dass Dragic noch eine größere Shooter-Mentalität entwickelt und noch aggressiver wird. Es zeigt auch, wie sehr er auf ihn setzen wird. Dragic wird außerdem auch sehr von der EM-Erfahrung profitieren. Was da auf ihn eingeprasselt ist, war ja der Wahnsinn. Er wurde wie ein Rockstar gefeiert, es wurden nur Heldentaten erwartet. Damit ist er echt gut umgegangen als Leader. Dragic ist ein tougher Junge. Ich erwarte wie Phil eine große Saison von ihm.
Dornhegge: Ich bin übrigens der Meinung, dass jede Kritik an seinem Spiel bei der EM völlig überzogen war. Unser Kommentator Frank Buschmann ist ja beim Spiel gegen Frankreich auch diese Schiene gefahren, dass Dragic überdreht hätte. Er wollte es vielleicht etwas zu sehr, aber abgesehen von seinem Bruder Zoran hatte er in dieser Partie praktisch keine Hilfe. 6/16 aus dem Feld und 4 Turnover sind nicht berauschend, aber auch kein Grund, draufzuhauen. Und er hatte am Ende immer noch 18 Punkte und 6 Assists, hat dazu unzählige Fouls gezogen. Parker hatte jetzt im Finale 6/17 Field Goals, 2 Ballverluste und 3 Assists - aber eben viel mehr Hilfe. Und schon ist die Wahrnehmung eine ganz andere.
These 1: Pleiß sollte sofort zu den OKC Thunder wechseln
These 2: Dragic wird jetzt auch in der NBA ein Star
These 3: Datome wird bei den Detroit Pistons scheitern
These 4: Ein Euro-All-Star-Team würde Team USA locker schlagen