NBA

"Es wäre ein Alptraum für die Europäer"

Von Haruka Gruber, Florian Regelmann und Philipp Dornhegge
Die EuroBasket 2013 in Slowenien hat viele Erkenntnisse gebracht - und Fragen aufgeworfen
© getty
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These: Die EuroBasket war für die Spurs eine "Katastrophe".

Regelmann: Wenn ich mich in Gregg Popovich und R.C. Buford hineinversetze, kann ich natürlich verstehen, dass sie es mit einer gewissen Sorge sehen, wenn Tony Parker bei der EuroBasket so viele Minuten auf dem Court steht. Parker hat jetzt 11 der letzten 12 Monate intensiv auf höchstem Niveau Basketball gespielt, er war in dieser Zeit immer wieder gesundheitlich angeschlagen und hat in Slowenien selbst von einer gewissen Müdigkeit gesprochen. Die Spurs haben in der aktuellen Besetzung eben auch nicht mehr viel Zeit, eine weitere Championship zu gewinnen. Klar, dass man es als Franchise da gerne hätte, wenn der wichtigste Spieler die einzig mögliche längere Periode der Erholung auch nutzen würde. Man darf die Belastung der EuroBasket nicht unterschätzen, aber meiner Meinung nach sollten es die Spurs von einer ganz anderen Seite sehen. Parker liebt es, für sein Land zu spielen. Er ist dieser Goldmedaille hinterhergerannt und hat sich jetzt einen Traum erfüllt. Er wird eine Unmenge an positiver Energie daraus ziehen. Die Finals-Pleite war so übel und kaum zu verkraften, dass San Antonio heilfroh sein kann, wenn ein durch die EM so aufgepumpter Parker zum Training Camp erscheint. Dazu kommt, dass Popovich Parkers Minuten in der Regular Season genau managen wird - und er es auch kann, weil die Spurs so tief besetzt sind. Da sehe ich gar keine Probleme. Die EuroBasket war weit weg von einer Katastrophe für die Spurs, sie könnte sich vielmehr als Segen entpuppen.

Sierra: Wir hatten bei "Hoopshype" vor einigen Wochen einen Artikel über die Spieler, die sich am meisten zu ihrer Nationalmannschaft bekennen. Darunter waren viele Profis der Spurs. Entsprechend können FIBA-Einsätze nicht so hinderlich sein für den Erfolg eines NBA-Teams. Ich bin auch überzeugt davon, dass es für viele Spieler gut ist in der Entwicklung, statt der normalen Vorbereitung ein großes Turnier zu bestreiten, wo sie unter Druck stehen. Solange keine schweren Verletzungen passieren, sehe ich nichts Negatives. Für einen Nando De Colo ist es genau das richtige. Ich fand ihn etwas blass bei der EM, aber diese Erfahrung wird ihm bei den Spurs helfen. Und selbst für einen Tony Parker sehe ich keine Probleme. Er wird in der kommenden Regular Season so geschont werden wie Tim Duncan und das wird vom sehr tiefen Kader aufgefangen. Durch einen De Colo. Oder einen Marco Belinelli, den ich trotz seiner teils wilden Würfe sehr gut finde und der wie Kawhi Leonard, ein Star der Zukunft, den Ball vortragen kann.

Gruber: Da muss ich einhaken, Jorge. Bei De Colo mache ich mir wie du keine Sorgen. Aber speziell bei Parker sehe ich es deutlich kritischer für die Spurs. Dirk Nowitzki sollte ein mahnendes Beispiel sein: 2005 gewann er mit Deutschland EM-Silber, spielte dann eine überragende NBA-Saison für Dallas und wurde 2006 MVP. Allerdings war er damals deutlich jünger. Nach der Championship 2011 nahm er an der EM teil und wurde in der Folgesaison nie wieder richtig fit. Okay, Dirk war damals 33, Parker ist jetzt 31. Dennoch ist das Thema Regeneration sehr schwierig. Duncan und Manu Ginobili konnten sich in den letzten Jahren etwas zurücklehnen, weil eben Parker zur ersten Option wurde. Wenn jetzt auch noch Parker häufiger pausieren muss, wer soll die Last tragen? Ein Leonard ist mir zu wenig. Zumal mir die Alternativen für Parker als Backup-Point-Guards fehlen: De Colo hat bei der EM gezeigt, dass er ein Combo-Guard ist und kein klassischer Spielmacher. Von Belinelli bin ich nicht überzeugt, weil er dann doch ein reiner Shooter ist. Ich glaube nicht, dass er Gary Neal vom Scoring abgesehen ersetzen kann. Und Cory Joseph und Patty Mills sind bestenfalls solide. Wenn Gregg Popovich es irgendwie gelingt, Parker nicht zu überlasten und die Spurs dennoch ganz oben zu halten, dann ist er endgültig ein Magier.

Dornhegge: Leute, Ihr macht es Euch viel zu einfach, wenn Ihr Euch nur auf Parker und mit Abstrichen De Colo konzentriert. Das Wort Katastrophe klingt natürlich hart, aber ich glaube schon, dass die Spurs den Saisonstart fast vergessen können. Belinelli hat übrigens selbst auch 11 EM-Partien gespielt und sich schon mal gar nicht mit seiner neuen Heimat beschäftigen können. Der wird eine Weile brauchen, sich zurecht zu finden. Und die EM nach drei fiesen Pleiten zum Ende und der verpassten WM mental zu verdauen, wird auch nicht leicht. Dazu kommen eben die Franzosen: Neben Parker hat auch Boris Diaw extrem viele Minuten gefressen, beide sind sicher müde und auch Nando De Colo dürfte nicht taufrisch sein. Gregg Popovich ist bekanntermaßen ein Coach, der seine Stars bereitwillig schont, und genau das wird er unter Umständen verstärkt machen müssen, damit Parker im Laufe der Saison zu voller Leistungsstärke findet und keine Verletzungen riskiert. Wie gesagt: Katastrophe ist ein starkes Wort, und natürlich sind Pop und Buford so gestrickt, dass sie ihren Spielern - anders als Mark Cuban - nicht die Chance nehmen wollen, für ihr Land zu spielen. Aber diese EM war lang, sie war hart und sie dürfte sehr viel Kraft gekostet haben. Und darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass Cory Joseph mit Kanada in Venezuela WM-Quali gespielt hat, was ganz bestimmt auch kein Spaziergang war. Joseph hat da sehr viele Minuten bekommen. Und Patty Mills hat in Australien WM-Quali gespielt, wenn auch nur zwei Spiele. Es ist deshalb nicht so, dass die Spurs hinter Parker und De Colo noch ein paar bestens erholte Spielmacher in der Hinterhand haben, ganz und gar nicht.

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