"Erst einmal musste ich die Deadlines der verschiedensten Anlässe lernen. Wann muss das Roster stehen? Wann können Zehntagesverträge unterschrieben werden? Ab wann sind Verträge für den Rest der Saison garantiert? Solche Dinge. Dazu musste ich lernen, wen ich im Ligabüro anrufen muss, wenn ich etwas finalisiert haben möchte. Auch mit Agenten hatte ich zuvor nie etwas zu tun. Und um Trades einzufädeln, musste ich natürlich auch lernen, wie ich mit meinen Kollegen der anderen Teams umgehen muss."
Ehrliche Worte. Denn es war einfach vieles neu für Phil Jackson. Natürlich kannte er die NBA, ein Team geführt hatte Jackson zuvor allerdings noch nie. Gecoacht? Klar! Aber Verträge ausgehandelt, eine Mannschaft zusammengestellt, die Geschicke einer Franchise gelenkt - alles Neuland.
Das war auch den Knicks bewusst. Euphorie machte sich dennoch breit, als man Jackson im März 2014 als neuen Teampräsidenten präsentierte. Endlich hatte in New York wieder einer das Sagen, der weiß, wie man Basketballspiele, wie man Meisterschaften gewinnt. Mit Jackson sollte das Chaos der vergangenen Jahre ein Ende finden, das stolze New York endlich wieder um den Titel mitspielen.
Hoffnung war alles, was zählte. Jacksons mangelnde Erfahrung störte da kaum. Wieso auch? Der Zen-Meister wird es schon richtig machen, den Knicks eine neue Identität verleihen. Immerhin hat er in der NBA bereits alles gesehen, Titel gesammelt wie kein Zweiter. Den Rest würde er schon lernen.
Eine Idee ohne Wirkung
Im Grunde verschrieben sich die Knicks mit der Verpflichtung Jacksons also einem Prozess. Und das ausgerechnet in New York, einer Sportstadt, die für ihre Geduld in etwa so bekannt ist wie Shaquille O'Neal für verbale Zurückhaltung. Jacksons Vorteil: die Erfahrung und die damit einhergehenden festen Vorstellungen. Die Knicks würden ab sofort Jacksons so innig geliebte Triangle Offense spielen, so viel war klar.
Irgendwann soll sie den Knicks Erfolg bringen. Irgendwann. Denn der Anfang verlief alles andere als vielversprechend. Ganze 17 Spiele gewannen die Knicks, machten sich damit zum zweitschwächsten Team der gesamten Association. Nun hatten wohl die wenigsten erwartet, dass Jackson direkt im ersten Jahr den ganz großen Erfolg zurückbringen würde, ein wenig besser hätten die Knicks in der allgemeinen Wahrnehmung allerdings durchaus abschließen dürfen.
"Nicht genug Talent, um so zu gewinnen"
Irgendwie schien das Team jedoch nicht den Vorgaben seines neuen Präsidenten und des ebenfalls neuen Coaches Derek Fisher zu folgen. Von Dreiecken war relativ wenig zusehen. Ebenso wenig von Ballmovement und Teambasketball. Dafür wurde fleißig die Isolation, der eigene Abschluss gesucht.
Das Problem: "Wir haben nicht genug Talent, um so zu gewinnen", sagte Jackson bereits während der Saison zu seinem ehemaligen Assistenten Charley Rosen. "Würden wir die Triangle richtig ausführen, gewännen wir mehr Spiele. Aber die Spieler widersetzen sich."
Sie widersetzten sich so lang, bis sie am Ende der Saison die zweitschlechteste Offense (97,1 Punkte pro 100 Possessions), die drittmieseste Defense (107,2 Punkte pro 100 Possessions zugelassen) sowie das drittschwächste True Shooting (50,8 Prozent) der gesamten Liga aufgelegt hatten. Sicherlich keine einfache Situation für einen wie Jackson, der während seiner Zeit bei den Bulls und Lakers 70,4 Prozent seiner Spiele gewonnen hatte, der als Spieler und Trainer insgesamt dreizehn Ringe angesammelt hat.
Shumps Persönlichkeit und Smith' "dunkle Wolke"
Am Ende stellte Jax' erste volle Saison allerdings ohnehin das klassische Trial-and-Error-Szenario dar. Wer passt ins Team? Wer versteht die Triangle? Wer wird gehalten? Wer kann gehen? J.R. Smith und Iman Shumpert erwischte es beispielsweise noch während der Saison. Für die beiden ging es nach Cleveland. Ein Geschäft, das Jackson angesichts des geringen Gegenwerts, den der Trade einbrachte, nicht wenig Kritik einbrachte.
Dabei hatte der Zen-Meister gute Gründe, zwei vermeintlich wichtige Rollenspieler abzugeben. So erzählte er Rosen von Einzelgesprächen mit Smith und Shumpert, die zu keinem Ergebnis geführt, nach denen sich nichts geändert hätte.
Shumps laute Persönlichkeit sei gerade in schweren Zeiten nicht förderlich gewesen. Smith sei laut Coach Derek Fisher stets "von einer dunklen Wolke" umgeben gewesen. Dass die Leistungen ebenfalls nicht stimmten, spielte selbstverständlich ebenfalls eine Rolle.
In der Konsequenz mussten beide gehen. Allerdings nicht, weil sich die Knicks nach den Abgängen plötzlich steigern würden, nein, wir sind wieder beim Prozess angekommen. Schneller Erfolg wäre schön, klar, nur ist er mit diesen Knicks derzeit schlicht nicht möglich.
Kein Aldridge, kein Gasol, kein DJ, kein Monroe
Nun wäre New York jedoch nicht New York, hätte man nicht dennoch auf den plötzlichen Turnaround spekuliert. Immerhin war doch massig Cap Space vorhanden. Jedenfalls genügend, um einen der begehrten Free Agents in den Big Apple zu locken. Nun ja, Geld ist eben nicht mehr alles. Weder LaMarcus Aldridge noch Marc Gasol oder DeAndre Jordan zeigten gesteigertes Interesse an einem Wechsel zu den Knicks. Was also tun?
In der Vergangenheit wäre sicherlich niemand vor Überraschung vom Stuhl gekippt, hätten die Knicks nun ihr Geld in die Hand genommen, einfach die zweite Garde der Free Agents mit Dollars zugeschüttet und sich einige eher weniger optimale Verträge aufgehalst. Das taten sie diesmal nicht.
Natürlich taten sie aber auch nicht nichts. Sie versuchten es beispielsweise bei Greg Monroe, den Jackson angesichts seiner Passfähigkeiten bereits im Januar als potenziell gewinnbringendes Puzzlestück für seine Triangle ausgemacht hatte. Doch Monroe entschied sich für Milwaukee und gegen New York.
Namen? Uninteressant!
Jackson verfiel nicht in Panik, er folgte weiter seinem Vorsatz aus dem Januar. Damals sprach er davon, Veteranen verpflichten zu wollen, die dem Team mit ihrer Erfahrung weiterhelfen würden. Um Namen ging es dabei nicht. Passen musste es.
Also nahmen die Knicks Arron Afflalo und Robin Lopez unter Vertrag. Zudem gewährten sie Derrick Williams die Chance, zu beweisen, weshalb er von den Wolves einst an Nummer 2 gepickt worden war. Mit Kyle O'Quinn kam zudem ein unauffälliger, dafür sicherlich wertvoller Rollenspieler. Noch mal: keine großen Namen. Dafür allerdings Spieler, die den Knicks weiterhelfen können.
Schnäppchen Afflalo?
So ist Afflalo sicherlich nicht mehr ganz auf der Höhe seines Schaffens, andererseits besser als die schwache Halbsaison in Portland vermuten lassen würde. Die statistisch beste Saison seiner Karriere liegt schließlich erst ein Jahr zurück. Während der Spielzeit 2013/14 legte der Zweier für die Magic Karrierebestwerte in Sachen Punkte (18,2) und Assists (3,4) auf und traf so gut von draußen (42,7 Prozent 3FG) wie überhaupt erst einmal zuvor (43,4 Prozent 3FG in der Saison 2009/10).
Ob Afflalo bei den Knicks an diese Werte wird anknüpfen können, lässt sich selbstverständlich schwer vorhersagen. Mit 29 Jahren wird er allerdings auch nicht jeden Morgen an das nahende Karriereende denken. Findet er seinen Touch von Downtown wieder, täte er der Offense der Knicks (34,7 Prozent 3G, Rang 15) nicht nur gut , Afflalo könnte sich auch bestens in die Triangle Offense einfügen, Langston Galloway wiederum auf die Eins ausweichen. Klar ist der Sophomore kein klassischer Playmaker, ein solcher ist in der Triangle allerdings auch nicht von Nöten. Ein dominanter Einser wäre sogar hinderlich.
Zudem stünde ein Guard-Duo Afflalo/Galloway der nicht zwingend gefürchteten Knicks-Defense sicherlich gut zu Gesicht, sollte gerade ersterer seinem Ruf als fähiger Flügelverteidiger wieder gerecht werden. Ein Upgrade zum nach Atlanta getradeten Tim Hardaway Jr. dürfte Afflalo so oder so darstellen.
Und am Ende wäre da noch der Vertrag. Für zwei Jahre bezahlen die Knicks ihrem neuen Shooting Guard 16 Millionen Dollar, sollte der seine Spieleroption für die zweite Saison nicht ziehen. Damit hat man sich nicht langfristig gebunden und all das zu einem annehmbaren Preis. In Zeiten verrückter Gehälter nicht selbstverständlich.