Ebenso wenig, dass die Knicks nach all den Absagen am Ende doch ihren neuen Center gefunden haben. Einen mehr als soliden noch dazu. Denn das ist Robin Lopez mindestens. Zwar ragt der ehemalige Blazer nirgends richtig heraus, dafür gibt er den Knicks Präsenz unter dem Brett und weiß sich zudem im Lowpost zu behaupten.
Nun ist Lopez nicht so günstig wie Afflalo (4 Jahre, 54 Millionen), dafür hatte Jackson bereits während der vergangenen Saison betont, wie sehr er einen fähigen Center vermisst. Jax vermisste einen Fünfer sogar so sehr, dass er deshalb aus mehr oder weniger freien Stücken die Chance auf LaMarcus Aldridge aufgab.
So erklärte der Ex-Blazer gegenüber ESPN Radio, dass Jackson ihn "ausschließlich" als Center einsetzen wollte. Das wollte Aldridge wiederum nicht. Deshalb "wollten sie sich nicht mehr mit mir treffen. Einige sagen, dass es an mir lag. Am Ende waren wir uns aber beide einig, dass es wenig Sinn ergibt, wenn wir uns treffen."
Geduld ist gefragt
Sicherlich steht auch der Sinn von Jacksons Handeln in diesem Fall im Zentrum diverser kontroverser New Yorker Diskussionen. Interessieren wird es den Zen-Meister allerdings wenig. Er verfolgt weiter seinen Plan. Er folgt seiner Idee. Das mag nicht allen gefallen, andererseits kannte man planvolles Handeln rund um den Madison Square Garen in den vergangenen Jahren größtenteils nur aus begeisterten Erzählungen aus beispielsweise San Antonio.
Stets wollten die Knicks sofort gewinnen. Meist manövrierten sie sich beim Versuch allerdings in eine missliche Situation. Man erinnere sich nur an den Melo-Trade. Etwas mehr Geduld, und die Knicks stünden heute vermutlich deutlich besser da. Doch Geduld ist im Empire State eben keine gemeinhin praktizierte Tugend.
Der eine oder andere mag es deshalb sogar als Provokation aufgefasst haben, dass Jackson ausgerechnet beim Draft ebenjene Geduld gehörig auf die Probe stellte. Klar, weder Jahlil Okafor noch Karl-Anthony Towns oder D'Angelo Russell waren noch zu haben, als die Knicks an vierter Stelle endlich dran waren.
Ernsthaft Porzingis?
Aber es gab doch noch Emmanuel Mudiay, diesen Point Guard, den nicht wenige vor seinem China-Aufenthalt noch als potenziellen Top-Pick gesehen hatten. Oder Willie Cauley-Stein. Geworden ist es am Ende Kristaps Porzingis. Es wurde laut im Barcleys Center. Es schien, als senkte New York kollektiv den Daumen, als verleihe eine Stadt ihrer Abneigung im Kollektiv Ausdruck.
Hatten die Knicks soeben tatsächlich einen 19-jährigen Letten gedraftet, der sich bei 2,12 Metern Länge in der Breite wohl selbst hinter Earl Boykins hätte verstecken können? Einen 19-jährigen Letten, der laut Aussage vieler Experten zwar jede Menge Potenzial besitzt, der aber erst einmal Masse aufbauen muss (100 Kilogramm), um sich im harten NBA-Alltag behaupten zu können? Hatten die Knicks Porzingis tatsächlich Mudiay vorgezogen?
Sie hatten! Es war ein völlig untypischer Pick für die Knicks. Die Franchise, und damit Jackson, stellte Potenzial tatsächlich über (eventuell) schnelleren Erfolg. Sie hatte das große Ganze im Blick. Die Reaktionen der Öffentlichkeit waren dabei zweitrangig. Auch jene des Carmelo Anthony, der über den Pick seiner Knicks alles andere als erfreut gewesen soll.
Enttäuschter Melo
Einerseits ist das verständlich. Schließlich entschied sich Melo vergangene Saison für die Knicks - und damit gegen den (eventuell) schnellen Erfolg in Chicago. Er wollte dabei helfen, "seine" Knicks wieder nach oben zu führen. Viel Zeit bleibt dafür mit mittlerweile 31 Jahren allerdings nicht mehr. Melo habe sich von Jackson deshalb sogar verraten gefühlt, hieß es.
Anthony selbst bezeichnete Porzingis wenig später via Instagram allerdings als Steal und erklärte, "nicht darauf warten" zu können, ihn spielen zu sehen. Ob nun Resultat guter Medienschule oder nicht - am Ende muss sich Melo ohnehin mit der Entscheidung abfinden.
"Natürlich denke ich immer an Carmelo", sagte Jackson. "Er ist unser Lieblingssohn. Am zweitwichtigsten ist jedoch, was wir mit der Franchise machen. Auch daran müssen wir denken." Jax dachte an die Zukunft. Nicht unbedingt optimal für Melo, dafür umso besser für die Knicks.
Gasol beruhigt
Zumal Porzingis sicherlich auch direkt Spielzeit sehen und Anthonys Leben dank seiner Qualitäten als Shooter und Passer bereits in dieser Saison erleichtern sollte. So passt er auch besser in die Triangle als Mudiay, der kürzlich selbst Zweifel äußerte, ob er und das Dreieck optimal zusammengefunden hätten. Hinten hoffen die Knicks auf die Vielseitigkeit ihres Nummer-4-Picks, dass der Lette sowohl den Stretch Four verteidigen als auch den eigenen Ring beschützen kann.
Dass Porzingis dafür Gewicht zulegen muss, ist klar. Allerdings berichtete Jackson nach dem Draft von einem Gespräch mit Pau Gasol, der ihm von sich aus erzählte, ebenfalls lediglich 103 Kilogramm gewogen zu haben, als ihn die Grizzlies drafteten. "Er wollte mich wohl beruhigen", sagt Jackson.
Beruhigen muss Jax selbst die Knicks und ihre Anhänger wohl nicht. Noch vertrauen sie ihrem Zen-Meister. Doch die Fragen werden lauter. Die letzte Meisterschaft ist mittlerweile schließlich 42 Jahre her, der Geduldsfaden immer kürzer. Doch New York tut gut daran, Jackson zu vertrauen. Garantien gibt es selbstverständlich nicht, am Ende wirken die Deals dieser Offseason aber durchdacht.
Neue Zeiten in New York
Auch jener, der den Knicks noch am Draftabend Jerian Grant einbrachte. Einen großen Point Guard mit vier Jahren College-Erfahrung, der direkt weiterhelfen dürfte, der mit seiner Übersicht, seiner Qualität in Transition und seinem Shooting in die Triangle passen dürfte und sie während der Summer League bereits gut anleitete.
Früher hätten die Knicks Tim Hardaway Jr. wohl dennoch nicht abgeben, um einen unbeschrieben Rookie zu verpflichten. Die Zeiten haben sich geändert. Willkommen im Phil State of Mind.
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