James Harden hat ein Kopfproblem
Stefan Petri: Ganz ehrlich: Ich bin einfach nur überfragt, was Harden angeht. Funktioniert das Zusammenspiel wegen Ty Lawson nicht? Ist Dwight Howard Opfer oder Mitverursacher der Probleme? War Kevin McHale schlechter als Nachfolger J.B. Bickerstaff? Hat Harden nach seiner Fast-MVP-Saison den Fuß vom Gas genommen, weil er es in seinen Augen allen gezeigt hat? Kam er in so schlechter körperlicher Verfassung aus der Sommerpause? Fehlt ihm der Arschtritt aus dem Team-USA-Trainingslager. Vielleicht von allem ein bisschen, vielleicht aber auch ein Grund, den keiner auf der Rechnung hat. Ich würde sagen: Wer von Harden einen abendlichen Auftritt a la Westbrook erwartet, der wird zwangsweise enttäuscht. Ich glaube eher, dass die vergangene Saison der Ausreißer nach oben war, derzeit befinden wir uns eben im Ausreißer nach unten. Und irgendwo in der Mitte ist der echte Harden: zwar ehrgeizig, aber ohne dieses schwelende Feuer in der Brust, das ihn nach vorn treibt. Und mit einer eher lässigen Attitüde in der Defense. Das Gute ist: Im mäßigen Westen ist Platz vier und damit Heimvorteil in der ersten Playoff-Runde absolut in Reichweite. Wenn Daryl Morey und Co. mehr wollen, müssen sie etwas tun. Trades ist der gute Mann ja nicht abgeneigt.
Chris Fleming: Wir haben mit Denver schon drei Mal diese Saison gegen die Rockets gespielt und was sich auch jetzt immer noch bemerkbar macht, ist, dass sie keine gute Vorbereitung hatten. Sie haben sich einfach noch immer nicht wieder erholt. Sicherlich fängt man immer beim besten Spieler an, wenn es nicht läuft, aber Harden ist noch der Alte. Er ist genau so gut wie letzte Saison. Houston bewegt den Ball schlecht, das ist auffällig. Aber im dritten Spiel gegen uns war es schon besser als im ersten. Aber schauen wir auf letztes Jahr: Da haben sie auch eine Weile gebraucht, bis sie sich gefunden haben und am Ende standen sie in den Western Conference Finals. Das Potenzial ist definitiv da.
Ole Frerks: "Genau so gut wie letzte Saison"? Das sehe ich nun gar nicht. Natürlich scort er sich immer noch einen Wolf, die Quoten sind aber allesamt runter gegangen - und von der Defense müssen wir gar nicht erst reden, das übernehmen schon Vine und Twitter. Ich glaube, dass Harden nach der letzten Saison einfach enorm selbstzufrieden in den Sommer gegangen ist und im Gegensatz zu beispielsweise Steph Curry nicht an seinem Spiel gearbeitet, sondern lieber gefeiert und sich mit einer Kardashian eingelassen hat. Das ist ja auch sein gutes Recht nachdem er eine tolle Saison gespielt hat, Zweiter bei der MVP-Wahl wurde und dann im Sommer noch seinen riesigen Werbe-Deal unterschrieben hat. Ich will das auch nicht verurteilen. Aber es sendet eben auch bestimmte Zeichen ans Team, wenn der beste Spieler außer Form zum Training Camp erscheint und keine Defense spielt. Ein Leader macht das nicht, ein Superstar erst recht nicht. Shaq war damals ja berühmt dafür, aber selbst er hat erst wirklich mit dem Faulenzen angefangen, als er seinen ersten Ring in der Tasche hatte. Und so talentiert Harden auch ist, er ist beim besten Willen kein Shaq. Seinen Kapriolen ist bereits Kevin McHale zum Opfer gefallen. Ich hoffe, dass Harden diese Saison eine Lehre sein wird, spätestens ab dem kommenden Sommer spielt er vermutlich ja auch nicht mehr mit Howard zusammen. Dann wird er der alleinige Anziehungspunkt sein müssen, der andere Free Agents von Houston überzeugt. Da sollte seine Visitenkarte besser nicht sagen: "Vom Talent her ein Superstar, vom Kopf her nicht."
Martin Klotz: Da machst du es dir zu einfach, Ole. Man kann die Misere des Teams nicht nur an Harden festmachen. Klar ist es nicht vorbildlich, wie er zum Training Camp kam, aber was ist mit Howard? Auch er will ein Leader des Teams oder zumindest eines Teams sein. Bringt er jede Nacht vollen Einsatz? Nein. Da sehe ich ja sogar in Hardens Augen mehr Feuer. Wichtiger ist für mich, dass es Harden mit vier Litfaßsäulen im Team einfach schwer hat. Sie alle schauen inzwischen viel lieber zu, welchen Move ihr Suppenkoch/kasper auspackt, anstatt sich zu bewegen und die Automatics zu laufen. Dementsprechend schwieriger ist es, gegen fünf Verteidiger in die Zone zu ziehen. Und die Kausalkette geht noch weiter: Mit dem Wissen, dass ihre Kollegen aushelfen können, da außer Trevor Ariza derzeit niemand richtig gefährlich ist, verteidigen gegnerische Guards den Beard an der Dreierlinie ebenfalls enger. So wird das Spiel für Harden eindeutig schwerer. Die Rockets sollten sich schnellstmöglich eingestehen, dass das Experiment Lawson gescheitert ist. Und zwar heftiger als der zweite Teil von Matrix. Ein Trade ist unumgänglich, denn in der derzeitigen Verfassung macht Houston niemandem im Titelkampf Angst. Nicht mal Kevin McHale allein zu Haus. Ach ja - und beim Trade bitte dieses Mal auf die Chemie achten. In Oakland munkelt man, dass die einen gewissen Einfluss auf die Team-Performance hat.
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