"Kann Currys Moves nicht genießen"

Marc-Oliver Robbers
24. Mai 201615:41
Stephen Currygetty
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Brandon Payne ist der Begründer von Accelerate Basketball Training und arbeitet seit fünf Jahren als Personal Coach mit Stephen Curry. Im Interview gibt Payne Einblick in seine Trainingsmethoden und erklärt, warum Curry noch besser werden wird. Außerdem spricht er über die Methoden von Nowitzki-Mentor Holger Geschwindner und prophezeit Dennis Schröder eine Starterrolle in der NBA.

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SPOX: Mr. Payne, Sie sind seit fünf Jahren der Personal Coach von Stephen Curry. Wie fing eigentlich alles an?

Payne: Wir haben uns während des Lockouts 2011 kennengelernt. Er hatte eine Knöchelverletzung und absolvierte in Charlotte sein Aufbautraining. Ich arbeitete parallel gerade mit Gerald Henderson. Da schrieb Gerald mir eines Morgens eine SMS und fragte, ob es okay wäre, wenn er Steph Curry mitbringen würde. Ich habe mich dann an dem Tag viel mit ihm beschäftigt, ihm einiges abverlangt und er hatte Spaß. Ich habe ihm dann meine Nummer gegeben und gesagt, dass er sich melden soll, wenn er Lust hat, das Ganze zu intensivieren. Er hat mich dann noch am gleichen Abend angerufen und gefragt, ob wir uns am nächsten Morgen um 7 Uhr in der Halle treffen können. Und seitdem arbeiten wir zusammen.

SPOX: Vielleicht können Sie uns ein bisschen Ihre Trainingsphilosophie näherbringen. Was macht Ihre Methoden so einzigartig?

Payne: Wir haben uns eine Menge Gedanken gemacht, viele Sachen recherchiert und uns einen eigenen Plan gemacht. Wir nähern uns der Spielerentwicklung aus jedem Winkel. Dabei geht es nicht allein darum, was wir auf dem Platz machen, sondern auch im Kraftraum. Wir arbeiten viel an der Verbindung zwischen Hirn und Körper. Wir fassen das unter dem abstrakten Begriff "Neuromuskuläre Effizienz" zusammen. Unser Ziel ist es, dass Hirn und Körper so gut es geht zusammenarbeiten. Wir nutzen dafür jede Menge Technik und arbeiten mit sehr anspruchsvollen Drills, die vielleicht auch mal überfordern können.

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SPOX: Das klingt alles sehr wissenschaftlich.

Payne: Ja, aber eigentlich geht es gar nicht so sehr darum, was an unseren Methoden so einzigartig ist, sondern vielmehr darum, was an Steph so einzigartig ist. Er ist so detailversessen, ein absoluter Profi bei allem, was er macht. Er verschwendet nicht eine Sekunde im Training und deswegen verbessert er sich kontinuierlich. Mit dem gleichen Hunger, den er auf dem Feld hat, saugt er neues Wissen auf. Er nimmt sich Zeit zu verstehen, was wir von ihm wollen, stellt Fragen und erkennt so den Nutzen hinter manchmal merkwürdig anmutenden Drills.

 Stephen Curry trainiert unter Anleitung von Brandon Payne Brandon Payne

SPOX: Ich habe über den FitLight-Trainer gelesen, den Sie entwickelt haben. Wie funktioniert der?

Payne: Wir versuchen damit, eine Spielsituation zu simulieren. Steph sieht sich in einem Spiel so vielen Situationen ausgesetzt. Verschiedene Verteidiger, die verschiedene Sachen probieren - das FitLight gibt uns die Möglichkeit, Entscheidungen bei ihm zu forcieren. Er muss einfach schnell reagieren. Wir gehen meistens zwischen unseren Shooting Drills für rund eine Minute an den FitLight Trainer. Er muss auf die verschiedenfarbigen Lichter reagieren und dann das abspulen, was bei den verschiedenen Lichtern von ihm verlangt wird. Wir können dann beeinflussen, wie schnell er reagieren muss und ihn somit immer weiter pushen.

SPOX: Und dann gibt es noch die Strobe Glasses, eine verdunkelte Brille. Was hat es damit auf sich?

Payne: Wir nutzen die Brille bei verschiedenen Drills. Uns ist ganz wichtig, dass wenn wir Technologie in unseren Workouts verwenden, wir dabei nicht langsamer werden. Mit der Brille werden alle Drills natürlich schwieriger. Der Spieler konzentriert sich dadurch aber mehr auf die Übung und verinnerlicht die Abläufe besser. Das kann er dann in sein Spiel transportieren und es macht alles ein wenig einfacher. Steph nutzt die Brille auch gerne in Shooting Drills, um Contested Jumper zu simulieren.

SPOX: Sind Sie eigentlich auch erstaunt, über die Entwicklung, die Curry von der letzten zur aktuellen Saison genommen hat?

Payne: Erstaunt? Nein! Wir haben im Sommer so viel gearbeitet und er ist jeden Tag besser geworden. Das war unser Ziel. Ich habe vielen Leuten vor der Saison gesagt, dass Steph um einiges besser sein wird als in der Vorsaison und sie wollten mir nicht glauben. Aber wir haben so hart gearbeitet und hatten eine Menge Zeit. Von daher war das für mich keine große Überraschung. Ich wäre auch nicht geschockt, wenn er sich im Sommer noch mal stark verbessern würde. Er kommt jetzt in ein Alter, in dem ihm die Dinge physisch einfacher fallen. Er wird jetzt physisch stärker, ohne weiter den ganzen großen Aufwand im Kraftraum betreiben zu müssen. Steph hat Blut geleckt. Er hat den Titel und zwei Mal die MVP-Trophäe gewonnen. Das treibt ihn weiter an. Deswegen werden wir im Sommer noch härter arbeiten.

SPOX: Jedes Dribbling von Curry sieht so einfach aus. Es ist immer eine flüssige Bewegung vom Dribbling bis zum Wurf. Sind Sie manchmal auch überrascht über einige Moves, die er zeigt? Oder ist das nach all den Jahren Training völlig normal für Sie?

Payne: Wenn man es jeden Tag im Training sieht, ist man nicht mehr geschockt, aber das macht es nicht weniger beeindruckend. Es ist immer noch total beeindruckend, gerade wenn er so einen Run startet wie in Game 2 und das Spiel in zwei Minuten entscheidet. Ich kann es vielleicht nicht so genießen, wie die anderen Leute es können, weil es für mich Arbeit ist. Aber ich habe mir wirklich vorgenommen, es zu tun, denn es ist wirklich einzigartig.

SPOX: Eigentlich wollten Sie Ihre Methoden während der Coaches Clinic im Rahmen des Final Fours in Berlin vorstellen, aber Sie konnten nicht kommen, weil Sie mit Curry gearbeitet haben.

Payne: Ja, nach der Knieverletzung wollte ich bei ihm in Golden State sein. Daher ging das nicht. Ich bin verantwortlich für ihn und will immer da sein, wenn er meine Hilfe benötigt. Für ihn ging es einfach darum, so schnell wie möglich zurückzukommen und dabei andere Dinge wie sein Ballgefühl nicht zu vernachlässigen.

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SPOX: Nachdem Sie Curry auf ein neues Level gebracht haben, sind Ihnen doch bestimmt andere NBA-Spieler die Bude eingerannt.

Payne: Da gab es durchaus einige, aber es ist nun mal so, dass sich NBA-Spieler immer wohl beim Training fühlen wollen und unsere Drills sind manchmal unangenehm. Daher ist unser Training sicher nicht für jeden Spieler geeignet. Man braucht eine besondere Hingabe und das Verständnis, dass man mit diesen Übungen wirklich weiterkommt. Aber es haben sich viele NBA-Teams gemeldet, um sich mit uns auszutauschen. Auch Agenten melden sich bei uns, damit wir mit Prospects arbeiten, die im Draft gezogen werden könnten. Es kommen teilweise auch europäische Spieler rüber, um mit uns zu arbeiten. Es ist ein bunter Mix hier.

SPOX: Verraten Sie ein paar Namen?

Payne: Draymond Green und Harrison Barnes arbeiten hier, Henderson hatte ich ja bereits erwähnt. Brian Roberts, John Jenkins, Anthony Morrow, Nazr Mohammed, Anthony Tolliver... Mir fallen gerade gar nicht alle ein. (lacht) Steph' Bruder Seth ist auch hier. Wir haben hunderte Highschool-Spieler, die in unseren Einrichtungen trainieren und man kann sogar online mit uns trainieren. Gerade in Frankreich nutzen viele Spieler diesen Online-Service.

SPOX: Ihre Methoden funktionieren also nicht nur bei Guards?

Payne: Genau, das funktioniert mit Fünfjährigen genauso gut, wie mit Spielern, die seit 20 Jahren in der NBA unterwegs sind. Antawn Jamison hat zum Beispiel erst in den letzten vier Jahren seiner Karriere mit uns zusammengearbeitet. Die Drills sind natürlich unterschiedlich, aber die Philosophie bleibt immer gleich.

SPOX: Jeder Amateurspieler oder Basketballfan mag Curry, weil er so ein normaler Typ ist. Er ist nicht sonderlich groß oder kräftig - einfach der Typ von nebenan. Es könnte der Eindruck entstehen, dass man allein mit hartem Training der nächste Steph Curry werden kann.

Payne: Absolut! Man muss einfach schauen, welche genetischen Voraussetzungen man hat und wie man daraus das Beste machen kann. Steph presst alles raus aus seinem Körper und arbeitet einfach immer weiter. Viele können sich nicht bis zu diesem Punkt quälen. Bei Steph legen wir die Latte jedes Jahr höher, sodass er sich da wieder hinkämpfen muss. Viele Spieler schaffen es nicht, sich so weit zu treiben, ihr maximales Potenzial abrufen zu können. Steph hat gelernt, wie er sich gegen größere Spieler durchsetzen kann, wie er sich aus kniffligen Situationen befreien kann und wie seine Schnelligkeit zu einer Waffe wird. Gerade mit seinen Tempowechseln verschafft er sich den Raum, den er braucht. Wir haben trainiert, dass er Verteidiger in bestimmte Winkel lockt, aus denen er sich dann mit seinen Skills und Moves befreien kann und dann den nötigen Platz bekommt. Er ist ein Genie darin, diese Situationen zu lesen und das macht es so schwierig für jeden Spieler, ihn zu verteidigen.

SPOX:Dirk Nowitzki hat mit Holger Geschwindner auch einen Mentor und Personal Coach, der mit ungewöhnlichen Methoden arbeitet. Jedes Mal wenn Nowitzki Probleme hat, kommt Geschwindner nach Dallas und hilft ihm aus der Krise. Kommt es auch bei Steph vor, dass er Sie anruft, wenn es gerade nicht so läuft?

Payne: Ja, das kommt schon vor, aber die Warriors haben auch einen großartigen Trainerstab. Bruce Fraser und Nick U'Ren sind die Jungs, die tagtäglich mit Curry arbeiten und einen tollen Job machen. Aber wenn es darüber hinaus noch Fragen gibt, ruft er mich an. Ich bin auch während der Saison häufig bei ihm und sauge auf, was das Team mit ihm macht und von ihm verlangt. Das können wir in der Offseason aufgreifen und wiederholen. So verlieren wir weniger Zeit, können mehr Arbeit in neue Sachen investieren und neue Reize setzen.

SPOX: Was wissen Sie über die Methoden von Geschwindner? Gibt es unter Personal Trainern auch einen Austausch?

Payne: Ich habe einiges von ihm gesehen und fand es unglaublich interessant. Eine Sache, die ich gesehen habe, war sein Balance-Training mit dem Ziel dabei die Augen so zu trainieren, dass sie aus jeder Position direkt den Korb fixieren - egal wo und in welcher Position sich Dirk auf dem Feld befindet. Das ist einfach genial. Wir machen einige Dinge ähnlich, wenn auch nicht zu 100 Prozent. Aber ich schätze jeden, der es schafft, einen Spieler auf so ein Niveau zu heben. Davon lasse ich mich inspirieren und bin froh, dass es diese Menschen gibt. Sie sind so sehr daran interessiert, den Basketball besser zu machen. Wenn du dann jemanden wie Dirk siehst, der so gut betreut wird, schaust du dir das natürlich an und versuchst, davon etwas mitzunehmen. Ich hoffe doch auch, dass jemand von mir lernt und dann versucht, es besser zu machen.

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SPOX: Gibt es irgendeinen Spieler außer Curry, den Sie gerne trainieren würden, weil er so ein großes Potenzial hat?

Payne: Oh, die Liste ist sehr lang. (lacht) Wenn du ein Spieler bist, der das Zeug zum Profi hat und dich unbedingt verbessern willst, dann will ich mit dir arbeiten.

SPOX: Vielleicht abschließend noch ein paar Worte zu Dennis Schröder. Wie beurteilen Sie sein Potenzial?

Payne: Das ist auf jeden Fall groß! Ich mag seinen Speed, seine Aggressivität und seine Fähigkeiten am Ball. Er muss seinen Wurf noch weiter verbessern, aber ich bin überzeugt, dass er für lange Zeit ein Starting Point Guard in der Liga sein wird. Seine physischen Voraussetzungen sind überwältigend. Er hat zudem in Atlanta ein richtig gutes Umfeld mit sehr guten Trainern. Zusammen mit Teague versteht er es super, diese Combo-Guard-Rolle auszufüllen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er ein Team finden wird, wo er lange Zeit starten wird. Das kann sogar in Atlanta sein. Er hat alle Fähigkeiten dazu.

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