Sechs Mal in ihrer Geschichte starteten die Mavs bisher mit nur einem Sieg aus den ersten sechs Partien, sechs Mal waren es Katastrophen-Jahre. Am Ende dieser Saisons hatte Dallas im Durchschnitt mickrige 18 Siege auf dem Konto.
Auch diese Spielzeit kam Dallas schnaufend wie ein verrosteter Güterzug aus den Startlöchern, nun fehlen auch noch Dirk Nowitzki und Deron Williams. Vor Saisonbeginn als sicheres Playoff-Team gehandelt, ist die Postseason-Hoffnung der Fans schon früh arg geschrumpft - und das trotz des ersten Sieges.
Am Sonntag schlugen die Mavs die Milwaukee Bucks in einem äußerst schwachen Spiel. Immerhin zeigten sie Nervenstärke und entschieden die Partie in der Verlängerung für sich. Darüber hinaus erzielte Neuzugang Harrison Barnes 34 Punkte (Career High). Das war's aber auch mit den positiven Erkenntnissen. Denn gut gespielt haben die Mavericks nicht.
Früher war alles besser
Die Offensive war mit 74 Punkten nach der regulären Spielzeit unterirdisch, die Trefferquote von 37,5 Prozent alles andere als Mavs-würdig. Doch diese Zahlen passen ins derzeitige Bild: Während sich die Verteidigung ungewohnt solide präsentiert (Platz sechs in Defensiver Effizienz), kommt die Abteilung Attacke überhaupt nicht in die Gänge.
Das Team von Rick Carlisle liegt in Sachen Punkte pro Spiel (95,5) auf Rang 28, die Offensive Effizienz ist mit Platz 26 kaum besser (97 Punkte pro 100 Possessions). Sicher, die Stichprobe ist klein, doch drei der sechs Partien spielte Dallas gegen die defensivschwachen Houston Rockets und Indiana Pacers.
In den letzten 14 Jahren erzielte die Truppe aus Big D lediglich in zwei Saisons weniger als 100 Punkte pro Spiel. Ebenfalls nur in zwei Spielzeiten gehörten sie in der Kategorie Offensive Efficiency nicht zu den Top 10 Teams der Liga.
"Es hat keinen Sinn"
Während Williams nur mit einer Wadenverletzung zu kämpfen hat und bald wieder einsatzbereit sein dürfte, schlägt sich Dirk Nowitzki mit einer Entzündung der Achillessehne herum. Mindestens eine Woche, so die Prognose. Doch dieser Zeitplan mutet reichlich optimistisch an. Schließlich ist der Mann 38 Jahre alt und sein Heilfleisch nicht mehr das Beste.
"Sobald ich auf dem Feld bin und versuche, mich zu bewegen, also zu rennen, beim Pick-and-Roll rauszukommen, rückwärts zu laufen, merke ich es", so der Würzburger: "Also haben wir entschieden, mich erst mal aus den Spielen rauszuhalten. Es hat keinen Sinn, es wochenlang in so einem Zustand zu versuchen. Es ist einfach nicht besser geworden."
Gerade mit der Achillessehne sollte und wird Nowitzki äußerst vorsichtig sein. Denn würde sie reißen, wäre die Reha äußerst langwierig. Falls er dann nicht gleich auf einen Comebackversuch verzichtet und seinen Fadeaway-Jumper direkt an den Nagel hängt.
Eine klaffende Lücke
Der Superstar fehlt als Fixpunkt in der Offense deutlich mehr als andere Franchise-Player ihren Teams. Um Dirk baut sich bei Carlisle jeglicher Angriff auf - auch, wenn er den Ball nicht einmal berührt. Viele Plays beginnen mit einer Bewegung von Nowitzki, auf die die Defense reagieren muss und die den Mavs - je nach Verteidigung - unterschiedliche Optionen eröffnet.
Die dadurch fehlende Struktur im Halfcourt führte in den Spielen ohne die Nummer 41 zu etlichen Notwürfen am Ende der Shotclock. Die Dreierquote von Wes Matthews kann ein Lied davon singen (24,1 Prozent bei satten 9 Versuchen pro Spiel).
Da Andrew Bogut keine wirkliche Inside-Option ist, stieg ohne Dirk auch der generelle Dreier-Anteil der Mavs. 38,6 Prozent ihrer Würfe kommen aktuell von Downtown, nur drei Teams halten häufiger vom Perimeter drauf. Und nur in Ausnahmefällen sind es freie Würfe.
Geschuldet ist das der fehlenden Fähigkeit, Würfe zu kreieren. Bis auf Barnes ist niemand in der Lage, seinen Mann im Eins-gegen-Eins zu schlagen und dadurch Räume zu schaffen. Das spiegelt sich besonders in den schwachen Assistzahlen und -quoten wider. 17,7 Vorlagen pro Partie sind nur einen Platz von der Roten Liga-Laterne entfernt, zudem geht nur jedem zweiten Fieldgoal der Mavs ein Assist voraus (Rang 27).
"Wir müssen Stolz zeigen"
"Situationen dieser Art sind nie einfach für ein Team", so Coach Carlisle: "Aber wir müssen uns durchbeißen, indem wir auf die Ausführung wertlegen, zusammenhalten und uns noch mehr reinhängen. Und wir müssen Stolz zeigen. Stolz als Person, als Spieler und als gesamtes Team. So kommen wir da durch."
Die sonst so tiefe Bank der Mavericks trägt aktuell leider nicht viel zur Entlastung bei. J.J. Barea musste bereits drei Mal als Starter aushelfen, ohne ihn fehlt das Energiebündel der Second Unit. Seth Curry kann bisher noch nicht an seine Form aus den letzten Monaten der vergangenen Saison anknüpfen. Devin Harris plagen mal wieder Zehenprobleme.
Zum Glück ist Dallas nicht Los Angeles oder New York, noch bleibt das Umfeld relativ ruhig. Wie so oft heißt das Motto "Next man up": "Wir waren alle schon in einer solchen Lage", sagte Sophomore Justin Anderson: "Ich glaube wirklich, dass es genau diese Situationen sind, die dich nicht nur zu einem Mann machen, sondern auch zu einem professionellen Sportler."
Die Worte, die der athletische Forward fand, werden seinem Coach gefallen: "Wir sind bereit, die Herausforderung anzunehmen. Wir müssen einfach weiter auf die nächste Aufgabe fokussiert sein. Den Kurs halten und uns nicht ablenken lassen, das ist der Schlüssel."
Zweifelhaftes Öl
In dieser Hinsicht hat Mark Cuban seinem Team einen Bärendienst erwiesen. Denn mit der Fehde zwischen dem Eigentümer und ESPN hat er in einer schwierigen Situation unnötig für Zündstoff gesorgt.
Carlisle wird versuchen, das Thema so weit wie möglich vom Team fernzuhalten. Er fordert schlichtweg mehr von seinen Jungs: "Niemand mag es, zu verlieren. Jeder von uns hasst es. Aber wir müssen besser spielen und einige Dinge ein bisschen härter und ein bisschen besser machen."
Doch woher soll es kommen, dieses "härter" und "besser"? Mehr als die 34 Punkte gegen Milwaukee kann man von Barnes nicht erwarten. Und dass ein Gegner den Mavs mit 27 Ballverlusten bereitwillig zum Sieg verhilft, wird so schnell wohl nicht wieder passieren.
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Auf großer Fahrt
Als wäre es nicht gerade schwierig genug, steht für Dallas ein kräftezehrender Auswärtstrip an. Erst warten zwei Spiele in Kalifornien gegen die L.A. Lakers und Golden State Warriors, anschließend folgt der Trip an die Ostküste zu den New York Knicks und Boston Celtics.
Bei der Verletzung von Nowitzki wurde bewusst kein Zeitplan genannt, doch die Ungewissheit seiner Rückkehr macht es für Carlisle nicht einfacher. Ohne Dirk fehlt den Mavericks der Antrieb, ohne D-Will vermissen sie ihren Denker und Lenker. Was bleibt, ist ein alter Güterzug abzüglich Lokomotive und Zugführer. So ein bisschen wie bei Jim Knopf. Nur eben ohne Lukas und Emma.
Die bevorstehende große Reise wird der Gradmesser sein, ob Dallas sich vom schwachen Start erholen kann. Theoretisch kann man einen rostigen Güterzug auch mit einem kämpfenden Kollektiv aus einem Tal schieben. Es ist nur eben deutlich schwieriger als mit einer Emma namens Dirk.