SPOX: Sie haben gerade gesagt: "wenn die Knicks erfolgreich sind". Das traf in den vergangenen 10, 15 Jahren nur sehr bedingt zu. Hand aufs Herz: Wie viel Spaß hatten Sie in diesem Zeitraum tatsächlich, die Partien zu kommentieren?
Breen: Es ist schon hart - wobei ich vor allem mit den Fans mitfühle. Die Knicks-Anhänger sind ungemein leidenschaftlich und zugleich richtig hungrig auf Erfolg. Sie kommen jedes Jahr! Egal, ob die Knicks in einer Saison 16 oder 60 Spiele gewinnen - die Partien im MSG sind immer ausverkauft. Sie wollen sehen, dass ihr Team in jeder Partie hart arbeitet, alles für den Erfolg tut und dann auch eine Chance hat, als Sieger das Parkett zu verlassen. Wie gesagt, für die Fans hat es mir in diesen vielen Jahren am meisten leid getan, da sie einfach unglaublich loyal zur Mannschaft und Organisation stehen.
SPOX: Jemand, der den Erfolg zurückbringen soll, ist Phil Jackson. Im März 2014 wurde er als Team-Präsident mit weitreichenden Befugnissen verpflichtet. Sie begleiteten und verfolgten den mittlerweile 71-jährigen Hall-of-Famer auch schon während seinen Trainer-Tätigkeiten bei den Bulls und Lakers - sehen Sie bei ihm jetzt noch die gleiche Leidenschaft und Hingabe wie in seiner Zeit als Coach?
Breen: Ja, auf alle Fälle! Phil geht definitiv mit einer riesengroßen Leidenschaft an diese Herausforderung und Aufgabe heran - wobei man aber sicherlich sagen muss, dass es für ihn natürlich eine sehr große Umstellung war und ist. Als Coach war er eine Legende. Das sagen ja alleine schon seine Statistiken und Erfolge aus. Nun befindet er sich mehr oder weniger auf der anderen Seite dieses Geschäfts. Er steht jetzt nicht mehr an der Seitenlinie und coacht ein Team, sondern muss dieses wie ein Puzzle Stück für Stück zusammensetzen. Phil muss erkennen, auf welcher Position oder an welcher Stelle noch etwas fehlt beziehungsweise wer der richtige Trainer für diese Mannschaft ist, um seine Philosophie umzusetzen. Ich denke, dass es für ihn eine spannende Herausforderung ist, die er mit sehr viel Herzblut zu meistern versucht.
SPOX: Im NBA-Draft 2015 sorgte Jackson für eine - gelinde ausgedrückt - faustdicke Überraschung, als er sich an vierter Stelle für den eher unbekannten Letten Kristaps Porzingis entschied. Wie sehr hat Sie diese Entscheidung überrascht - und wie sehen Sie die Entwicklung des heute 21-Jährigen?
Breen: Ich glaube, dass in der Tat sehr viele Leute von diesem Pick überrascht waren. Das lag aber hauptsächlich daran, dass ihn bis dahin kaum jemand spielen gesehen hat. Man musste zu diesem Zeitpunkt lediglich, dass er wohl über ein großes Potenzial verfügt, aber nicht, was sich hinter seinem Namen tatsächlich verbirgt. Von dem her waren die Reaktionen etwas zögerlich. (lacht) Heute, nachdem Kristaps seine erste komplette Saison in der NBA absolviert hat und sich in einer Art und Weise entwickelt, die schlichtweg unglaublich ist, kann man sicherlich sagen, dass die Knicks mit ihm den Hauptgewinn aus dieser Lottery gezogen haben. Das bezieht sich in meinen Augen nicht nur auf die Tatsache, dass er ein großartiger Spieler ist. Was mich fast noch mehr beeindruckt, ist seine mentale Fähigkeit und Stärke, mit Höhen und Tiefen auf dem Basketball-Court sowie dem ganzen Drumherum, das abseits des Feldes auf einen NBA-Akteur einprasselt, umzugehen. Trotz des großen Rummels um seine Person ist er immer freundlich, zuvorkommend und höflich. Kristaps ist wirklich ein außergewöhnlicher junger Mann.
SPOX: Viele Experten sehen in ihm ja bereits den "neuen" Dirk Nowitzki - würden Sie sich dieser Einschätzung anschließen?
Breen: Ich denke, dass es Kristaps gegenüber unfair wäre, ihn zum jetzigen Zeitpunkt schon mit Dirk zu vergleichen. Dirk wird als einer der größten und besten Spieler in die Geschichte eingehen. Man muss nur einmal auf seine bisherige Karriere zurückblicken: Da sind nicht nur seine beeindruckenden Zahlen und Statistiken sowie seine gewonnene Meisterschaft mit den Mavericks. Vielmehr ist es die Art und Weise, wie er seine Position und damit letztlich auch das gesamte Spiel im Laufe der Jahre komplett revolutioniert hat. Mittlerweile drückt nahezu jeder Big Man von der Dreier-Linie ab, nachdem Dirk einst damit begonnen hat. Von dem her schlage ich vor: Lasst uns noch eine Weile warten, bevor wir tatsächlich einen Vergleich zwischen Kristaps und Dirk ziehen.
SPOX: Zwischen Dirk Nowitzki und Ihnen gibt es im Übrigen eine Gemeinsamkeit: Beide haben Sie im Jahr 2006 Ihre ersten NBA-Finals bestritten. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Serie?
Breen: Nun, ich erinnere mich vor allem an Spiel eins in Dallas. Ich war noch nie in meinem Leben nervöser als vor und zu Beginn dieser Partie. Als dann die erste Auszeit kam und Werbung eingespielt wurde, hat mein damaliger Partner Hubie Brown meinen Arm genommen und zu mir gesagt: 'Mike, komm' runter, beruhige dich und mache einfach das, was du sonst auch tust.' Diese kleine Geste hat mir wirklich enorm geholfen, danach war ich wesentlich ruhiger. Was mir sonst noch in Erinnerung geblieben ist, war die unfassbare Leistungssteigerung von Dwyane Wade. Mit seinem unglaublichen Willen hat er sein Team zuerst in diese Final-Serie zurückgebracht und sie dann letztlich auch gedreht. Er war sicherlich hauptverantwortlich dafür, dass die Heat ihre erste Meisterschaft einfahren konnten.